Tagebücher
Die Tagebucheinträge sind nach der Gesamtzahl der Sitzungen beider Gruppen strukturiert. Jedes Buch erzählt eine durchgehende Geschichte aus der jeweiligen Sichtweise des Charakters, der es geschrieben hat.
Gemeinsam ergeben diese Bücher die Zusammenfassung aller Ereignisse der Kampagne.
Sitzung 112
Als ich wieder zurück zum Compound kam fand ich dort auch Ava vor. Mein Ausflug sie zu finden war also irgendwie als erfolgreich zu betrachten, auch wenn ich es mir genau genommen hätte sparen können. Doch konnte ich zumindest noch ein wenig Zeit mit dem Rätsel zubringen. Den ganzen Rückweg über hatte es mich weiterhin in den Bann gezogen. Aber es half alles nichts, es fiel mir einfach keine Lösung ein. Sowieso der Abend war angebrochen und Erschöpfung machte sich zunehmend breit.
Dann fing Krathus an zu jammern er müsse zur Toilette. Um weitere Probleme zu vermeiden ließ ich ihn erneut unsichtbar werden. Meine Skepsis war aber immens, als er alleine hinaustrat. Und sie sollte natürlich zurecht gewesen sein. Es dauerte viel zu lange. Zu allem Überfluss brach dann auch der Zauber verfrüht ab. Wo trieb sich der Kerl rum? Doch nicht wieder bei Razora? Ava bot an nach ihm zu suchen. Ihr Weg führte natürlich als erstes zu Krathus’ Ziehmutter. Als sie zurück kam, erzählte sie aber, dass von ihm keine Spur zu entdecken gewesen war. Er war scheinbar woanders hin gegangen. Dieser kleine schuppige Vollidiot … welches Chaos verbreitete er nun schon wieder?
Plötzlich klopfte es an der Tür. Garret und ich versteckten uns, während Ava sich mit dem unbekannten Störenfried abgab. Hoffentlich war es Krathus, dachte ich. Leider stellte sich heraus, dass es der andere Vollidiot war. Steffge, Gefolgsmann des dritten Vollidioten. Unter Berücksichtigung der bisher angetroffenen absoluten Hirnrissigkeit wunderte ich mich, wie wir eigentlich noch am Leben sein konnten. Ebenso wunderte ich mich, wie Steffge in den Compound gelassen wurde und den Weg zu uns fand. Lediglich Ava war aktiv von anderen gesehen worden. Er berichtete, dass er Krathus gesehen habe und dieser nun tot sei. Ich erstarrte kurz.
Schon wollte er sich umdrehen und abhauen, da ergriffen wir ihn kurzerhand am Kragen. Auf die Nachfrage was genau geschehen war erklärte er kurzum, dass Krathus mit dem Rätsel der Yuan-ti rumgespielt hatte. Was ihm an Intelligenz fehlte, machte er durch seine chaotische Natur wett. Offenbar dudelte er ein eher weniger harmonisches Musikstück vor sich hin und trommelte wild auf den Kerzen umher. Plötzlich öffnete sich eine Art Portal und der Hornochse ging direkt hindurch. Steffge war von uns mit dem Gedanken zurückgelassen worden, dass das Rätsel potentiell tödlich sein könnte. Also ging er folglich von Krathus’ Tod aus.
Seine Neuigkeiten ließen mich aber zudem in einem anderen Sinne fragend zurück … wie kam Steffge überhaupt an der Wache vorbei? Ich war unsichtbar hindurchgeschlüpft. Zumal wir ihm deutlich gemacht hatten sich von dem Ort fern zu halten. Jetzt hieß es herausfinden, wohin es den Schuppigen verschlagen hatte, da wir davon ausgingen, dass es sich um ein hoffentlich weniger tödliches Portal handelte. Ich malte mir aus, wie ich dieses kleine Ungeheurer bestrafen sollte. Ein Gedanke gefiel mir dabei besonders: Ihn an Steffge binden, Garret oben drauf schnallen und sie gemeinsam bei Sycora versenken.
Meine Erschöpfung war gigantisch und es kostete mich einige Kraft Garret und mich erneut unsichtbar zu machen. Wir gingen direkt zum Rätsel zurück. Die Wache ließ Ava und Steffge passieren, Garret und ich schlichen vorbei. Steffge war kaum eine Hilfe das Geheimnis um die Reihenfolge zu lösen, wie wir die Kerzen alle zum Leuchten bringen konnten. Nach zahlreichen Versuchen gelang es dann aber doch. Im Anschluss schnappte ich mir Steffge am Kragen, schubste ihn durch die Tür und brüllte der Wache entgegen, dass dieser Kerl hier nichts mehr drin zu suchen hatte. Unter der Maßgabe, dass ich ihn hier und jetzt hätte zerfleischen wollen, war das höflich gewesen. Zumal er inzwischen schon zwei Goldstücke von mir bekam – eines um seine Zunge zum Reden zu bringen und eines als „Dank“. Lieber hätte ich sie ihm in den Rachen gestopft.
Das Portal waberte in einem etwas ekeligen Gelbton vor uns. Hoffend nicht in unser Verderben zu gehen schritten wir hindurch. Hier erwartete uns ein kleiner Raum, in welchem ein albino-artiger Yuan-ti stand. Instinktiv wollte ich schon Magie bündeln, aber ausgehend von unserer Umgebung wäre ein Angriff wohl das dümmste Vorgehen. Dann sprach die Schlange und begrüßte uns in Sshistana. Irgendetwas an der Stimme kam mir vertraut vor. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das musste Harkis gewesen sein! Unsere Tage wurden wirklich schlimmer und schlimmer. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich Garret. In Gedanken zählten die Sekunden. Schließlich wurde es auch ihm klar und in typischer Garret Manier setzte er zum Schlag an. Es war ein netter rechter Haken, aber kaum eine brauchbare Verhandlungsbasis.
Harkis machte keine Anstalten sich dagegen zu wehren. Garret’s Ausbruch war erschreckend lahm gewesen. Nach all dem Gejammer über Harkis’ „Verrat“ und wie er es ihm heimzahlen wollte, war dies alles gewesen? Irgendwie musste ich ob dieser Situation trotzdem in mich reinlachen. Armer Cuu, hätte er das gewusst, wäre er seinem Schicksal wohl entgangen, indem er Garret einfach persönlich beleidigt und eine Backpfeife kassiert hätte.
Die Schlange ließ uns aber nun wissen, dass sie ein Angebot für uns hätte. Sie schien aber ob Garret’s Verhalten nicht sicher, ob das Angebot noch unterbreitet werden sollte. Wir waren nunmehr hier und das Portal war geschlossen. Es blieb uns scheinbar nichts anderes übrig, als seiner gespaltenen Zunge wieder einmal zu lauschen. Daher versicherten wir, dass wir bereit wären zuzuhören.
Ich blickte noch kurz aus dem Fenster und erspähte eine umfassende Siedlung inmitten der Wüste. Es grünte überraschend viel und Unmengen an Personen waren auf den Straßen unterwegs. Wie es von dem Ausblick schien, waren wir derzeit weit oberhalb der Stadt gelagert. War es ein großer Palast oder ein Gebäude auf einer Anhöhe? Die Anderen waren schon ein Stück voraus und folgten Harkis einen Gang entlang. Ich huschte hinterher und stolperte direkt in eine Fallgrube, auf die keiner hingewiesen hatte. Wenigstens Ava erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden nach dem harten Aufschlag. Die Kammer war erstaunlich hochkarätig eingerichtet vermisste aber jedweden Ausgang. Das schummrige Licht war aber hilfreich. Ich verschmolz kurzerhand mit den Schatten und tauchte neben meinen Gefährten wieder auf.
Unsere Gefolgschaft gegenüber Harkis war kurz, denn schon wenige Augenblicke später waren wir in einer Art Speiseraum angekommen. Dort saß Krathus und stopfte sich den Wanst voll. Hinter ihm eine weitere Yuan-ti, die gerade dabei auszuhelfen schien sein Essen klein zu schneiden. Garret huschte plötzlich an uns vorbei und schlug die weibliche Schlange harsch. Und wie ich die drei später im Loch Meriander versenken würde, dachte ich so bei mir.
Der Irrtum ließ sich zum Glück schnell aufklären und dank noch mehr Glück sollte es keine direkten Folgen haben. Harkis stellte uns nunmehr „Frau Caulde“ vor. Innerlich zuckte ich mit den Schultern. Ava hingegen reagierte gar erschrocken. Sie schien dieses geschuppte Etwas zu kennen. Scheinbar handelte es sich um ihre verschollene Freundin Arina, wenngleich ich sie mir irgendwie anders vorgestellt hatte – eher … elfisch!?
Arina erläuterte kurzum wie sie hier gelandet war. Die Yuan-ti fanden sie fast tot und mit einem Blutfluch belegt. So wie sie es beschrieb retteten die Schlangen sie davor ihren letzten Atemzug machen zu müssen. Das klang ja ganz nett, aber aus Erfahrung wusste ich, dass hier keiner etwas aus Nächstenliebe tat. Aus Dank blieb sie dann hier und half Harkis.
Im Detail berichtete sie von einer Exkursion in Ravengrove in die Nähe des Anwesens der Baronesse. Warum dies so ein Akt sein sollte entzog sich mir. Dabei wurde sie verflucht, gefangen genommen und alterte im rasanten Tempo. Sie entkam wohl, aber aufgrund des Fluchs wandten sich alle von ihr ab. Niemand wollte ihr helfen. Sie erinnerte sich an eine gefiederte Besucherin, welche vor einiger Zeit in Ravengrove Unterschlupf fand und hielt es wohl für sinnig dieser Spur zur Folgen. Es musste sich allen Anschein nach um diese Sina handeln, von der Garret erzählte. Auf dem Weg stieß sie dann auf besagte Yuan-ti. Spannend dabei war die Tatsache, dass diese Schlangen die Blutmagie bannen konnten.
Ich bekam leider aber auch nicht alles mit, da Krathus wieder und wieder versuchte mich abzulenken. Dies endete darin, dass er mich mit zum Raum nahm, wo wir mit dem Portal erschienen waren. Erneut blickten wir durch das Fenster. Er Bestand darauf, dass ich einmal nach Magie Ausschau halten sollte von hier. Ich gab nach, obgleich er unlängst wusste, dass diese Sicht begrenzt war. Mein Erstaunen war groß, dass trotz allem ein wilder Mix an magischen Feldern, interkonnektiven Fäden und etliche Vergebungen magischer Energie in der ganzen Siedlung sichtbar wurden. Der ganze verschlänget Ort war wie eine gigantische magische Quelle – der Boden, die Gebäude, die Personen. Bedenkt man, dass diese Oase eigentlich ein Ödland hätte sein müssen, dann war magischer Einfluss keine schlechte Erklärung. Manchmal erstaunte Krathus mit seiner Bauernschläue – trotzdem überlegte ich zeitgleich bereits welche Seefahrerknoten ich nutzen wollte die drei Chaoten zu fesseln.
Offenbar hatte uns niemand wirklich vermisst, als wir zurück im Speiseraum angekommen waren. Arina war gerade dabei uns etwas zeigen zu wollen. Eine Treppe tiefer in einem ähnlichen Raum, mit jedoch gänzlich anderer Einrichtung, fanden wir so etwas wie eine Brutstätte vor. Überall waren merkwürdige Eier aufgestellt. Ausgehend von ihrer Beschreibung waren diese Eier „nicht lebendig“, also nicht befruchtet. Und mehr noch handelte es sich um Eier von Kenku. Diese wurden in einem Labor aufbereitet, oder verändert. Eine merkwürdige grüne Flüssigkeit wurde den Eiern injiziert. Irgendwie erinnerte mich diese Farbe ungemein an das Zeug, dass Semiazas injiziert worden war. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter.
Arina verdeutlichte aber, dass dies der Grund für ihr Überleben war. Zwar verwandelte es sie als Nebenwirkung in eine Yuan-ti, doch bannte es auch den Blutfluch. Auch sei der ganze Prozess der Aufwertung der Eier nur durch das Zutun des Imperators Ssai Sardak möglich. So genau wollte ich mir aber nicht ausmalen was er genau dabei tat …
Zunächst gingen wir wieder nach oben. Harkis erklärte, dass er uns eine Allianz anbieten wolle, da Garret ja so nützlich bei der Wiederauferstehung der Sardak gewesen war. Bedenkt man die schwarze Wolke über Garret’s Kopf, seinen stoischen Blick und die stille Leichenbittermiene, dann konnte man sich kaum vorstellen, dass sie ihm im übertragenen Sinne eine Statue zu seinen Ehren bauen wollten. Ava wollte gern eine Nacht darüber schlafen. Harkis stimmte zu und ich war so glücklich endlich ein Bett sehen zu dürfen. Mein Kopf dröhnte und die Erschöpfung lief durch meinen ganzen Körper. Ausserdem konnten wir so noch etwas über die Situation beraten.
Wir wurden in ein wahrlich herrschaftliches Zimmer geführt. Der Prunk war immens und ich glaube kaum je etwas Gemütlicheres gesehen zu haben. Nachdem wir alleine waren stellten wir Krathus zur Rede. Der Geschuppte wand sich wie eine dieser Schlangen. Sein Ausflug hierher war aber nicht ganz seine Absicht. Offenbar hatte ihn Harkis durch das Portal hineingezogen. Ob ich das so glauben sollte wusste ich nicht. Zumindest kam heraus, dass die Yuan-ti Informationen wollten. Man hatte bereits ein bisschen mit ihm gesprochen. Primär ging es um Zoica. Hier hielt er sich bedeckt, doch plauderte er über Mundi’s Vorhaben die Sardak zu „besuchen“. Vielleicht sollte ich noch eine Stahlkette mit Schloss besorgen, für den Fall, dass sie die Seile wider Erwarten überwinden konnten bei ihre Abstieg in ihr nasses Grab …
Was Shadar anging waren die Yuan-ti aber wenig besorgt. Das wiederum irritierte wohl auch ihn. Hatten sie einen Deal mit ihm laufen, nahmen ihn nicht ernst oder gar eine effektive Verteidigung?
Krathus ließ uns dann noch wissen, was es seiner Meinung nach mit dem Blutfluch auf sich hatte. Gespannt spitzten wir die Ohren. Laut seiner Ansicht sei auch seine Mutter betroffen, mindestens einmal im Monat. Es klickte sofort, bei allen …
Wie ernst die Situation auch war, hierzu gab es von mir dumme Kommentare und selbst Ava ließ sich dazu herab ein wenig einzusteigen. Zur Abwechslung gab es etwas Amüsantes an diesem Ort.
Ich ließ es mir auch nicht nehmen dem stummen Garret auf’s Brot zu schmieren, wie lächerlich ich sein ganzes Gehabe fand. All das Gezeter wegen Harkis und mehr als einen Klaps und Schmollen kam dann nicht. Natürlich wäre mir ein Kampf unter diesen Umständen kaum gelegen gewesen, aber diese „Reaktion“ war erbärmlich. Und genau genommen konnte er eigentlich niemand anderem einen Vorwurf machen, als sich selbst. Sturheit gepaart mit Blind- und Taubheit machten ihn zu einem perfekten Werkzeug. Wünschte ich wäre so perfide wie Harkis gewesen, dann wären meine Ziele sicher leichter erreichbar gewesen.
Krathus erwähnte auch noch, dass die Yuan-ti mit dem Rätsel höchst magiebegabte Personen zu sich locken wollten. Offenbar hofften sie auf Chrylax. Mir schien, dass ihr Angebot uns gegenüber ihnen durch Umwege ermöglichen sollten, was ihnen zunächst verwehrt geblieben war durch unser Eintreffen.
Auf mein dringendes Anraten nun über unser weiteres Vorgehen zu sprechen, wurde ich jäh abgebügelt. Da ich es leid war konstant auf das Offensichtliche aufmerksam zu machen beließ ich es dabei. Würden wir morgen halt wieder in einen Fettnapf treten. So startete ich meine Reise in die Traumwelt, obgleich noch so ein lästiges hartes Objekt unter den Kissen störte. Eine Art Kette hervorziehend wunderte ich mich ob des Wertes, entschied aber zugunsten des dringend nötigen Schlafes, dass ich keine Lust hatte wegen Diebstahls noch mehr in Gefahr sein zu müssen und schleuderte sie in eine Ecke.
In der Nacht weckte uns Ava unsanft, als sie versuchte durch die Tür zu gehen. Das Dummerchen hatte nur vergessen sie zuvor zu öffnen. Was sowieso hinfällig war, da sie lautstark hinter uns verschlossen wurde. Zwischen genervt und amüsiert drehte ich mich wieder um und schlief.
Kaum waren wir alle wach, da stand auch schon Harkis in der Tür, um uns zum Frühstück zu geleiten. Ich war so froh, dass wir die Zeit gestern Abend sinnvoll genutzt hatten, dass ich voller Übermut beim Hindurchtreten durch die Tür nur die Augen rollen konnte. Zumindest würde es etwas zu Essen geben. In solchen Situationen musste man halt die kleinen Dinge zu schätzen wissen. Die Ernüchterung trat aber schnell ein, als auf dem Tisch lediglich vier Eier standen. Es wirkte etwas mager. Und handelte es sich dabei nicht um die Eier, die wir gestern sahen?
Weil wir bisher offiziell im Unklaren waren, was den Deal anging, forcierte Ava das Gespräch in diese Richtung. Krathus blickte voller Gier auf die Eier und ich konnte es ihm angesichts des knurrenden Magens kaum verdenken, trotzdem hatte er sich zusammenzureißen. Im Kern sollten wir die Untaten aufhalten und dafür böten sie uns Unterstützung. Die Eier seien eine Belohnung für vergangene nützliche Taten und würden unsere „Macht“ erhöhen. Letztere Information war keine Hilfe dabei Krathus zurückzuhalten. Nun war seine maximale Gier entfesselt. Da wir nichts über die Konsequenzen wussten, war es aber zu diesem Zeitpunkt nicht klug sich an den Eier zu vergehen.
Ava lenkte den Deal in eine Richtung, wo Zoica den Yuan-ti erlaubt an der Akademie zu studieren und im Gegenzug die Yuan-ti Zoica’s Kämpfer ausbilden. Nun bekamen sie ja doch Zugang zu Chrylax. Ava ließ es so erscheinen, als seien die Krieger besonders in Schutz zu nehmen bei dem Deal, da sie gegebenenfalls Kämpfe für die Yuan-ti bestreiten würden. Wir wussten nur zu genau, dass sie lieber andere Bluten lassen wollten. Aber ich musste innerlich grinsen, bei dem Gedanken wie Chrylax einige von ihnen zu gerösteter Schlange verarbeiten würde bei seinen „Lehrmethoden“. Wen galt es hier am Ende vor wem zu schützen?
Insgesamt ließ mich aber seit dem Eintreffen dieses kalte Gefühl von Sorge und Angst nicht los. Trotz all der sarkastischen Kommentare war es dies, was mein Handeln derzeit primär steuerte. Wir waren so verdammt machtlos und jeder nutzte uns zu seinem Zweck aus. Es machte selten den Eindruck, dass wir wirklich einen Sieg zu verbuchen hatten. Irgendwie ließ man uns stetig aus Glück oder Gutmütigkeit gewähren. Und mein Gefühl sagte dazu nichts Gutes.
Wir entlockten Harkis dann aber tatsächlich noch eine Information, die er scheinbar nur widerwillig gab. Im Norden hatten die Yuan-ti mit der Insektennation von Krakatar zu kämpfen. Sie empfanden, dass diese eine echte Bedrohung waren. Nicht wie die Untaten, die nur „lästig“ seien und unnötig Aufwand bedeuteten. Sie waren der festen Überzeugung keinerlei Schwierigkeiten mit denen zu haben, aber wollten sich einfach nicht drum kümmern, da es im Zweifel natürlich auch ein paar Opfer und Ressourcen fordern würde.
Das war nunmehr auch der Moment wo Krathus nicht mehr stillhalten konnte. Er griff sich inmitten der Unterredung eines der Eier und vertilgte es in einem Happs. Dieser gottverfluchte Narr …
Was Shadar anging, so dachten sie, dass sie sicher seien. Solange der Drache abgelenkt ist und keine Aufmerksamkeit auf die Yuan-ti fiele, betrachteten sie ihn ohne Sorge. Auf die Einwürfe seines Machtausbaus und was das bedeuten könne verhielt sich Harkis eher zurückhaltend neutral. Ich kaufte ihm das nicht ab, auch er musste erkennen, welche Gefahren dies barg. Und nicht zuletzt hatten wir eine sehr prophetische Vorhersage erhalten, in derer die Yuan-ti über Zoica herrschen … im Namen ihres Gittes Shadar Logoth. Skepsis umschrieb nicht im Mindesten, was ich empfand.
Krathus schien es direkt nach dem Verzehr des Eies nicht schlecht zu gehen. Ava machte bereits Anstalten das Ei zu essen. In meinem Kopf waberten so viele widersprüchliche Gefühle und Informationen umher. Arina hatte für den positiven Effekt eine Garantie ausgesprochen. Ava schien ihr zu vertrauen. Und ich fühlte mich sowieso schwach. Also griff ich zu. Erst beim Herunterschlucken kam mir wieder in den Sinn, dass meine ganze Historie auf Blutmagie basierte … ein dumpfes Gefühl machte sich breit. Was würde nun passieren, wenn es bei Arina die Blutmagie entfernt hatte – und sie zudem noch verwandelte. Na ja, mit einem Schwanz kannte ich mich bereits aus, aber auf meine Beine verzichten wollte ich nicht.
Garret weigerte sich beharrlich das Ei anzunehmen. Er war wie gestern bereits lediglich am Schmollen und bitter Dreinblicken. Keine Stimme am Tisch half dabei ihn zu überzeugen, dass wir definitiv mehr Potential brauchten, um in Zukunft erfolgreich sein zu können.
Am Ende kamen wir überein, dass wir die Untaten aufhalten würden. Im Gegenzug aber hatte ich ein Zugeständnis erhalten, dass die Yuan-ti uns bei der Beseitigung eines Problems helfen würden. Ich hielt es kryptisch – und entgegen unseres Plans hatten wir auch keinerlei Machtdemonstration mit dem Nexus gezeigt. Doch es bedeutete, dass wir mit ihrer Hilfe hoffentlich erfolgreich sein könnten den Wächter am Heart of Rage zu beseitigen. Zwei Nexi für uns klang doch gar nicht verkehrt.
Doch als Nächstes musste ich erst einmal dringend Arina aufsuchen. Es war notwendig, dass sie mich untersuchte, ob und wie das Ei eventuell negativ auf meinen Hintergrund mit Blutmagie reagieren würde. Oder auf dieses manchmal ziehende Gefühl, dass ich seit meinem ersten Besuch im Dreadspire mit mir rumführte.
Sitzung 111
Während uns der Sieg zwar etwas Respekt eingebracht hatte, brachte es uns in unserem eigentlichen Anliegen, die Überfälle auf Notherhall zu beenden, nicht wirklich weiter. Bargle gestand, dass er zwar der Größte und Stärkste war, aber nunmal keinerlei Befehlsgewalt. Dazu brauchte es wohl eine Art Krone oder Helm, die den Träger zum echten Anführer machte. Er selbst sah sich ganz offenbar nicht in der Lage, sie von ihrem derzeitigen Aufbewahrungsort - einer Feste im Norden - zu holen, aber uns traute er es zu. Oder wir waren einfach nur nützliche Idioten… in jedem Fall war es einen Versuch wert. Es gab noch ein bisschen Gerangel, wie er denn Anführer werden wolle, wenn doch wir die rechtmäßigen Besitzer des Helms wären, aber er schlug einen kleinen Showkampf vor, bei dem er natürlich siegreich wäre. Ich hielt davon nicht viel - es war unehrlich und missachtete die Traditionen seines eigenen Volkes. Doch angesichts der Umstände war es möglicherweise die beste Möglichkeit.
Bevor wir aufbrachen, gab er uns noch mit, dass wir einen Schutz brauchen würden, anderenfalls würden wir dort sofort sterben. Der Schamane des Stammes könne diesen weben - und tatsächlich kannten wir ihn wohl schon: Als wir ihn aufsuchten, entpuppte sich der dicke Wächter von dem Weg hierher entpuppte sich als ebenjener. Dieser erklärte sich auch bereit, den Zauber zu weben, da er aber nicht ewig halte, müsse er uns begleiten und alle Vorräte mitnehmen. Die wir natürlich erst besorgen müssten…
Interessanterweise schien sein Schamanismus sich vor allem auf die Verwendung und den Konsum alkoholhaltiger Substanzen zu konzentrieren, in Mischungen und Tinkturen, die ich noch nie gesehen hatte, aber häufig sehr bunt waren. Während die anderen aufgrund dessen sofort skeptisch wurden, war ich unbesorgt. Sein Weg, die vættr anzurufen, mochte ungewöhnlich sein, aber wir waren Schamanen. Jeder von uns hatte seine ganz eigene Art, dies war nunmal seine. Dennoch riss auch mir irgendwann der Geduldsfaden, als er nach 3 Tagen unterwegs noch einmal zurück wollte, weil dieses eine Getränk fehlte, dass er zwar nicht für den Zauber brauchte, aber ganz wichtig für ihn wäre. Wir machten ihm relativ eindrücklich klar, dass die Zeit drängte und wir deswegen nicht umkehren würden, was er grummelnd akzeptierte.
Niemand musste uns sagen, wann wir angekommen waren. Irgendwann überquerten wir einen weiteren schwarzen Hügel und standen plötzlich auf grellgelbem Sand, von dem der unangenehme Geruch von Schwefel ausging. Dies sei der Ort, erklärte uns unser Begleiter überflüssigerweise und begann mit dem Weben des Schutzzaubers. Der, auf Nachfrage, glücklicherweise recht lange hielt… trödeln sollten wir wohl dennoch nicht. Die vættr schützten niemanden, der sich allein auf sie verließ und nichts zurückgab. Das Ritual war derweil recht interessant und hätte meiner Familie vermutlich viel Freude und einen ausgelassenen Abend beschert. Die Methoden dieses Orcschamanen waren zugegeben wirklich sehr merkwürdig, aber unbestreitbar wirksam.
Nachdem er es sich mit einer weiteren bunten Tinktur (und warum diese Schirmchen?) bequem gemacht hatte, wünschte er uns alles Gute, allerdings war es offensichtlich, dass er nicht wirklich an unsere Rückkehr glaubte.
Auch meine Begleiter waren diesbezüglich recht vorsichtig, einzig Gorok und ich schienen der Sache etwas optimistischer entgegenzublicken - Gorok fast schon zu sehr. Zumindest blieb festzuhalten, dass der Schutzzauber wirkte… je näher wir der Festung kamen, desto heißer wurde die Luft und ich war mir sicher, dass wir unter gewöhnlichen Umständen längst erstickt wären, stattdessen blieben unsere Lungen gut gefüllt. Dicht vor dem Tor entdeckten wir schließlich die ersten Lebewesen in dieser feurigen Einöde, zwei schlangenartige Wesen, doch gänzlich anders als die Yuan-Ti. Beide kamen auf uns zu, Waffen im Anschlag, doch wirkten auf mich mehr wie Wächter, die wissen wollten, wer da kam. Ich machte also ein paar Schritte vor mir, doch mehr als ein paar Sätze kamen wir nicht (die Schlangewesen sprachen leider eine Sprache, die niemand von uns verstand), denn Gorok hatte die Situation offenbar gänzlich anders eingeschätzt und stürmte brüllend und Flegelschwingend auf die Wesen zu. Innerlich seufzend nahm ich seine Axt in die Hand und überließ mich in ihrer Führung den vættr. Ich hätte eine andere Lösung bevorzugt, doch es war nun nicht mehr zu ändern. Nachdem beide Schlangenwesen erschlagen vor uns lagen, war damit auch klar, das eine diplomatische Lösung nicht mehr möglich war. Zugegeben war das von Beginn an nicht besonders wahrscheinlich gewesen, aber nun, man durfte ja hoffen. Nichtsdestotrotz kamen wir überein, dass wir nach Möglichkeit weiteren Konfrontationen aus dem Weg gehen sollen - der Kampf zerrte offenbar an unseren inneren Reserven, die den Schutzzauber des Schamanen speisten.
So begannen wir deutlich vorsichtiger mit der Erkundung der Feste, die deutlich kleiner war, als es zunächst den Anschein hatte. Ein Raum mit Kisten brachte praktisch nichts brauchbares zu Tage, doch wenig später wurde es interessanter, als wir einen Raum öffneten, der eine Art Altar beinhaltete. Dort begrüßte uns ein weiteres dieser Schlangenwesen, dass merkwürdigerweise unsere Sprache sprach. Darüber hinaus erwies es sich durchaus als einigermaßen kooperativ, so erfuhren wir zum Beispiel, dass der Helm hier war, aber gut bewacht, näheres wollte es nicht preisgeben. Wir wollten es schon ziehen lassen, doch dann machte es Anstalten, eine Falle auszulösen. Notgedrungen kam es erneut zum Kampf und mit seinen Kumpanen, doch irgendetwas stimmte hier nicht - wenig später bemerkten wir auch, was. Nachdem das uns begrüßende Schlangewesen fiel löste sich die Illusion, die offenbar von seinem bunten Umhang her stammte und es erwies sich eher als eine Art überdimensionierter Vogel. Es tat mir Leid, was hier passiert war - vermutlich war es kaum freiwillig hier gewesen, warum sonst die Verkleidung und Täuschung? Ich nahm zumindest den Umhang an mich, um sein Andenken zu würdigen.
Dann inspizierten wir den Altar etwas genauer. Die Form war die eines Wesens, dass mir unbekannt war, aber unbestreitbar dämonisch aussah. Unter der Statue stand eine Schale, offenbar für Opfergaben. Immer begierig darauf, neue Dinge herauszufinden, testeten wir, was es tat. Anfangs nichts, doch als sich Layaras Arm mit einem Mal in eine Art Krebsschere verwandelte, beschlossen wir, es lieber sein zu lassen.
Doch nun war es Zeit - wir wussten, wo unser Ziel war, und natürlich lag es genau hinter den riesigen, metallenen Türen, die wir schon beim Hereinkommen gesehen hatten. Die sich zu unserer Verblüffung relativ leicht öffnen ließen und den Blick auf einen riesigen Kuppelsaal freigaben, der in jeder anderen Umgebung vermutlich prächtig gewirkt haben müsste. Als wir eintraten, war unser Blick jedoch ganz auf die andere Seite des Raums geheftet. Dort war der gesuchte Helm - er ruhte aus dem Kopf eines großen, dämonenartigen Wesens mit Scherenhänden, nicht unähnlich jener, die Layara nun besaß. Ob dies wohl das Wesen war, dem der Altar geweiht war. Viel Zeit, uns darüber auszutauschen gab es jedoch nicht, denn nachdem wir unser Anliegen kundgetan hatten, war das Wesen nicht länger gewillt, uns Eindringlinge in seinem Palast zu dulden. Brüllend erhob es sich und rauschte mit einer unglaublichen Schnelligkeit und einem gewaltigen Sprung heran, während es unzählige Wachen aus den Nebenkammern zu sich rief.
Ein Kampf entbrannte, doch dieser war weitaus brutaler und gefährlicher als alles, was wir bis dahin gekannt hatten. Während wir uns der Wachen recht leicht erwehren konnte, war das große Wesen überall, schnappte mit seinen Klauen und drängte uns zurück. Wenig später musste ich erfahren, wie gefährlich diese Klauen tatsächlich waren, als es mir nach einem gelungenen Angriff schlicht den Fuß oberhalb des Knöchels abtrennte. Unter Anrufung der vættr gelang es mir, diesen wieder anzusetzen, doch wir waren gewarnt. Entschlossen setzten wir unsere Angriffe fort, die endlich eine gewisse Wirkung zeigten.
Doch in die Enge getriebene Gegner waren die gefährlichsten - und das traf auch auf diesen zu. Wild entschlossen, dem Treiben ein Ende zu Setzen, drang vor allem Gorok rücksichtslos auf das Wesen ein - und in einem furchtbaren Hieb trennte das Wesen ihm den Kopf ab. Die Welt schien sich zu verlangsamen, als wir zusehen mussten, wie der Körper unseres hünenhaften Kumpanen, der mir von den vættr zum Schutz anvertraut worden war, leblos zur Seite sackte und der Kopf mit starrem Blick daneben kullerte. Ich fühlte mich einfach nur taub. Ich hatte versagt. War meinem Auftrag nicht gerecht geworden. Wie konnte das geschehen?
Layaras Reaktion auf den Tod ihres engsten Freundes war praktisch gegensätzlich zu meinem. Sie fing an, verzweifelt zu Brüllen und entlud Feuerzauber um Feuerzauber in unseren Kontrahenten, blind vor Wut und Trauer. Ich registrierte hingegen kaum, dass die Kreatur unter diesem magischen Ansturm und den Attacken von Fin und Valaria zusammenbrach, doch raffte genug meines Verstandes zusammen, um Goroks Körper und Kopf aufzusammeln und die rasende Layara über die andere Schulter zu werfen, wobei auch ich Ziel einiger Feuerzauber wurde. Doch es half nichts, wir mussten hier raus, der Kampf hatte den Schutzzauber des Schamanen an seine Grenzen gebracht. Valaria und Fin sammelten noch den Helm und einige andere Gegenstände ein, die das Monstrum fallen gelassen hatten, dann rannten wir heraus.
Und trotz all dessen konnte ich nicht anders, als immer wieder daran zu denken, dass ich versagt hatte. Der Tod war etwas Natürliches, Selbstverständliches, doch die vættr hatten andere Pläne mit Gorok gehabt. Es wäre meine Verantwortung gewesen, diese Pläne voranzutreiben, was nun nicht länger möglich war. Wie konnte das nur passieren?
Als wir endlich von diesem schrecklichen Ort entkommen waren (sehr zur Überraschung des Schamanen, der dort tatsächlich auf uns gewartet hatte), legte ich Goroks Körper und Kopf behutsam auf den Boden, während Layara über ihm zusammenbrach und hemmungslos weinte. Ratlos standen wir um sie herum. Wir hatten bekommen, weswegen wir hergekommen waren - doch wir hatten unendlich viel mehr verloren…
Sitzung 111
Bargle stand scheinbar unter genug Druck von außen, dass er sein Wort halten musste. Die Menge blickte interessiert zu uns. Dann erklärte er uns zu den Gewinnern. Der Jubel, welcher uns entgegnete, war immens. Meine Abneigung gegen diesen Ork wuchs.
Zurück im Zelt wurden wir bewirtet und er erzählte uns davon, wie man die Orks vereinen könnte. Es gab einen Anführer, der über ein Artefakt verfügte, welches seine Autorität sicherte. Einen magischen Helm. Dieser ging aber verloren, als besagter Anführer gegen die Insekten aus Krakatar vorging und nicht wiederkehrte. Der Helm des Ork Herrschers, nannte er diesen. Geformt wie ein Schädel an dem Hörner befestigt waren. Bargle führte aus, dass wenn wir ihm diesen brächten, er willens wäre die Stämme zu einen und einen Deal mit uns einzugehen. Im Grunde sollten wir ihm die Drecksarbeit abnehmen und es gefiel mir nicht. Er erwähnte, dass wir einen schamanistischen Schutzzauber erhalten würden, damit wir den Auftrag auch nur ansatzweise ausführen könnten.
Auf die Nachfrage warum dies notwendig war, erläuterte er die Umstände genauer, die zu dem Verlust des Helms führten. Ein Überfall in der Nacht, bei welchem Yaks gestohlen wurden ließ sie aufhorchen. Eine Gruppe dieser Insekten samt eines Anführers wurden dabei gesichtet. Der damalige Herrscher der Orks brach auf die Diebe zu verfolgen und zu stellen. Als er nicht wiederkam ließ Bargle ihre Heimat verfluchen. Seither war es kompliziert sich ihnen zu nähern. So kompliziert und gefährlich ,dass scheinbar nicht einmal der große Bargle selbst den Mut aufbrachte, schoss es mir durch den Kopf.
Doch wir wollten Frieden zwischen Notherhall und den Orks. Mehr noch brauchten wir neue Alliierte, auch wenn sich bei dem Gedanken mein Magen verkrampfte.
Am nächsten Morgen brachen wir auf. Unser erster Stopp sollte beim Schamanen sein, der den Schutzzauber wirken musste. Dies schien der Orks auf dem Hochstand gewesen zu sein, der sich eine Tagesreise Richtung Süden befand. Dort angekommen erklärte er, dass wir nicht wirklich nach Krakatar gehen würden. Dies sei vielmehr ein Code und unser echtes Ziel läge woanders. Wollte Bargle etwa den Aufenthaltsort der Krone geheim halten?
Auch würden wir noch Zutaten benötigen, damit der Schamane den Schutzzauber wirken könnte. So reisten wir einen Tag nach Norden zurück nach Bargleton, um die entsprechenden Zutaten zu erwerben. Warum wir diese nicht gleich hatten mitbringen können erschloss sich mir nicht. Doch sollten wir von hieran auch weiter nach Norden reisen. Unser schamanistischer Führer trank derweil unentwegt Alkohol. Einen weiteren Tag ging es nach Nordwesten.
Hier wandelte sich langsam die Landschaft. Die schwarze Färbung der Schwarzen Hügel wich auf extreme Weise einem Wüstenfarbton. Wir erreichten einen auffälligen großen Hügel. Der Schamane gab uns nun den „Schutzzauber“. Ein widerwärtiges Getränk, versetzt mit mehr Alkohol, als mein Körper vertrug. Sogleich kam es mir wieder hoch. Es machte klar, dass es nötig war, dieses Gesöff zu sich zu nehmen und ich besser mein Erbrochenes wieder zu mir nähme. Ich traute meinen Ohren nicht, aber eine andere Wahl blieb mir kaum. Keine Ahnung wie es mir gelang, aber unter heftigem Würgen brachte ich es dann doch hinunter.
Mein Kopf drehte sich und meine Wahrnehmung schien mir Streiche zu spielen. Da erschienen Schemen vor meinen Augen und ich hörte Flüstern. Es hatte Ähnlichkeiten zu dem, was wir in Mocny erlebt hatten. Dann glaubte ich eine Stimme zu hören, die sich von den anderen zu unterscheiden schien. Eine Frau … meine Mutter? „Entschuldige mein Kind, doch so musste es sein.“ Ein Schaudern durchfuhr mich. Aber auch eine gewisse Zuversicht, dass Mocny wirklich ein Pullzeteil meiner Vergangenheit sein mochte. Vielleicht würde es helfen Antworten zu erhalten.
Doch jetzt hieß es erst einmal sich der Aufgabe zu stellen, die direkt vor uns lag. Nachdem wir alle geschützt waren gingen wir Richtung des Eingangs. Eine alte Festung schien in den Hügel eingebettet zu sein. Zudem umschloss ein riesiger Zirkel das Gebiet, in dem alles einen sandfarbenen Ton hatte. Langsam traten wir dem entgegen und schritten in den Zirkel. Kaum setzten wir einen Fuß hinein änderte sich alles um uns herum.
Irgendwie hatten wir die Ebene gewechselt. Vor uns lag nunmehr eine Art Schwefelebene. Extreme Hitze und giftige Gase strömten uns entgegen. Lavafelder waren zu sehen. Und weiter in der Ferne sahen wir monströse Gestalten. Sie waren ein merkwürdiger Mix aus Schlange und Käfer. Ich versuchte zunächst einen friedfertigen Kurs einzuschlagen, doch schlug das ob der Natur einiger meiner Gruppenmitglieder fehl. So waren wir direkt in einen Kampf verwickelt, bei dem wir die beiden Wächter töteten.
Da meine Aufmerksamkeit auf ihre Speere fiel, beschloss ich einen davon mitzunehmen. Seine Machart war ungewöhnlich und er wirkte recht gefährlich und durchaus effektiv. Auch hatte ich den Eindruck gewonnen, dass meine Feuermagie hier eventuell weniger Einfluss haben könnte. Schließlich war diese Ebene in Feuer gebadet und seine Einwohner offenbar daran gewöhnt.
Wir betraten die Feste und sahen uns drei Wegen gegenüber. Eine große Tür direkt geradezu und zwei Gänge jeweils einen rechts und links. Um keine Aufmerksamkeit auf uns zu lenken erkundeten wir zunächst unsichtbar die Optionen. Voraus standen erneut zwei Wachen an der Tür. In einem Seitengang bewegte sich ein Elementar. So versuchten wir unser Glück mit dem rechten Gang. Hier gab es einen Fluss aus Lava. Kisten lagen an dessen Ufer, wovon wir eine öffneten. Fast explosionsartig poppte eine Unmenge an Mais aufgrund der Hitze auf. Ansonsten gab es hier nichts zu sehen.
So schlichen wir zurück und folgten dem linken Gang, als dieser gerade frei war. Ein Vorhang war an dessen Ende gespannt und dahinter war eine Stimme zu hören, die offenbar von einem angrenzenden Raum zu kommen schien. Vorsichtig blickten wir hinein und erkannten eine Art Feuerelementar, das zu einer Insektenstatue betete. Vor ihm stand eine Opferschale, in der ein merkwürdiges Feuer brannte. Sein Farbenspiel erstreckte sich von lila zu grün zu rot. Ein Schriftzug war darunter eingraviert, der in etwa „Gib mir Schätze und erhalte meinen Segen“ lautete. Auf das eine Gold, dass ich hineinwerfe geschieht nichts.
Gorok entschied sich dann aber das Wesen anzugreifen. In Gemeinsprache hisste es, dass wir das schwächste Glied seien. Es ergab für mich keinen Sinn. Als wir es töteten wandelte es sich in ein Insekt um, welches einen merkwürdigen Umhang bei sich trug. Ich steckte diesen ein, da er eventuell noch einmal nützlich sein konnte.
Bei genauerer Untersuchung der Opferschale und des Raumes bemerkte ich ein eigenartiges Ziehen in meinem Arm. Er verdrehte und verformte sich mit einem Mal. Völlig verstört blickte ich ihn an und musste feststellen, dass er sich in eine Art Insektenextremität verwandelt hatte. Was geschah hier bloß? Meiner Verstörung zum Trotz mussten wir erst einmal weiterziehen. Es musste sich später eine Lösung dafür finden lassen.
Beim Weitergehen kamen wir in einen Raum, der einem ehemaligen Schlafgemach ähnelte. Hier fanden wir das Skelett eines Menschen. Der Aufmachung nach zu urteilen konnte es sich eventuell um einen Priester gehandelt haben. Nebendran lag ein altes Holzbein, dass aus unerfindlichen Gründen trotz der Verhältnisse hier nicht verbrannt war. Vala entschied es einzustecken.
Hinter einer weiteren Tür hörten wir erneut Geräusche. Eine längere Diskussion entbrannte, wie wir vorgehen sollten. Es hatte schon zu viel Blutvergießen gegeben fand ich. Doch gab es auch Stimmen, die sich eher für ein weiteres Durchmetzeln aussprachen. Irgendwann hatte ich von alledem genug und schritt einfach durch die Tür. Dort standen zwei Salamanderwachen. Doch als ich versuchte in Infernal mit ihnen zu reden, drehten diese durch und griffen uns an. Wieder pflasterten Leichen unseren Weg. Und bisher wusste ich nicht einmal wieso. Waren diese Wesen denn unsere Feinde? Bargle hatte viele Details ausgelassen und in mir wuchs das Gefühl, dass wir eventuell dem falschen halfen.
Vor uns lag nun ein großes Bronzetor. In einer weiteren Diskussion um das Vorgehen entschied die Gruppe, dass wir mit höchster Gegenwehr vorgehen wollten. Auch wenn ich dieses Vorhaben nicht teilte. Schließlich waren wir die Eindringlinge hier und diese Wesen verteidigten bloß ihre Heimat.
Als wir das Tor öffneten, fanden wir dahinter einen Altarraum. Ein großer Wandteppich hielt das Konterfei der Königen, wie sie über den Insektoiden thronte, welche gegen Yuan-ti kämpften. Von hier aus führte ein weiters Tor in eine riesige Halle. Zuvor hörten wir dahinter bereits Feuer lodern und ein eigenartiges Klackern. Eine erhöhte Ebene mit einem Bronzethron war zu sehen. Ein riesiges rotes Insekt war dort und es trug scheinbar die gesuchte Krone. Myriaden von Insekten liefen ihr über den Körper. Diese Kreatur hatte zudem Klauen und einen Arm, der an eine Peitsche erinnerte. Und mehr noch, schien es uns zu verstehen.
Es reagierte in Gemeinsprache auf uns, wobei es eine irreguläre Dualität in seiner Stimme hatte. Es wirkte, als sei ein Teil Individuum und ein Teil eine Form von Schwarmbewustsein. Das zuvor wahrgenommene Kleckern kam von dem Chitin ihres Körperpanzers, wenn es sich bewegte. Und es war keinesfalls gut auf uns zu sprechen, da wir seine Untergebenen getötet hatten. So entbrannte erneut ein Kampf, einer den ich eigentlich hatte verhindern wollen.
Die Angriffe dieses Wesens und seiner gerufenen Insektoiden waren gefährlich und setzten uns ziemlich zu. Erschrocken vernahm ich wie Astreth der Fuß abgeschnitten wurde, sie ihn aber dank ihrer Magie wieder anheilen konnte. Meine Magie hingegen schien wirkungslos. Diese Ebene hatte diese Kreaturen gegen Feuer gewappnet, oder waren sie es vielleicht von ihrer Physiologie her zuvor schon gewesen? Das wilde Hin und Her setzte mehr uns mehr zu.
Verzweifelt versuchte ich etwas beizusteuern. In meiner Wut über all das Geschehene entließ ich meine Magie in Form des Brüllens eines Drachen, was sich durch ein feuriges Abbild zusätzlich manifestierte. Dies zeigte unerwartet Wirkung und verängstigte die Kreatur kurzzeitig. Es erkaufte uns wertvolle Sekunden. Doch es kam umso aggressiver wieder auf uns zu, nachdem es sich gefangen hatte. Gleichzeitig hatten wir den Eindruck, dass es nicht mehr lange durchzuhalten vermochte.
Doch dann geschah das unfassbare. In einer letzten Attacke griff es Gorok mit seiner scherenartigen Klaue am Hals und presste zu. Zunächst wandte er sich noch und versuchte dem Griff zu entkommen. Und dann mit einem Mal klappten die Scheren zu und Goroks Körper wurde schlaff. Sein Kopf fiel einfach von seinen Schultern. Das war auch der Moment wo Vala ihren finalen Streich ausführte und ebenfalls das riesige Insekt köpfte. Ich konnte nicht glauben, was meine Augen mir zeigten.
Ich bekam Garn nicht mit, wie der Schutzzauber ausgerechnet jetzt zu versagen begann, oder wie Fin und Vala die Krone und anderes rumliegendes Zeug schnellstmöglich ergriffen und zur Flucht ansetzten. Auch nur bedingt, wie Astreth Goroks Körper schulterte.
All meine Zweifel, meine Wut und Trauer brachen sich bahnen. Förmlich explosionsartig entlud sich meine Magie und ich brannte lichterloh. Doch ich spürte keine Hitze mehr. Da war kein Feuer, da war nur … ich. Aufbrüllend über den Verlust meines Freundes entließ ich Welle um Welle an Flammen über diesen Ort. Ich wusste, dass ich weinte, aber keine Träne konnte sich meiner Glut entziehen und verpuffte sofort zu Dampf.
Irgendwann spürte ich einen festen Griff um meinen Körper. Dieser zog mich hinaus aus der Halle, aus der Feste, aus dieser Ebene. Mein Feuer erlosch. Meine Emotionen nicht.