Sitzung 111

Tueddelig
0 Kommentare

Während uns der Sieg zwar etwas Respekt eingebracht hatte, brachte es uns in unserem eigentlichen Anliegen, die Überfälle auf Notherhall zu beenden, nicht wirklich weiter. Bargle gestand, dass er zwar der Größte und Stärkste war, aber nunmal keinerlei Befehlsgewalt. Dazu brauchte es wohl eine Art Krone oder Helm, die den Träger zum echten Anführer machte. Er selbst sah sich ganz offenbar nicht in der Lage, sie von ihrem derzeitigen Aufbewahrungsort - einer Feste im Norden - zu holen, aber uns traute er es zu. Oder wir waren einfach nur nützliche Idioten… in jedem Fall war es einen Versuch wert. Es gab noch ein bisschen Gerangel, wie er denn Anführer werden wolle, wenn doch wir die rechtmäßigen Besitzer des Helms wären, aber er schlug einen kleinen Showkampf vor, bei dem er natürlich siegreich wäre. Ich hielt davon nicht viel - es war unehrlich und missachtete die Traditionen seines eigenen Volkes. Doch angesichts der Umstände war es möglicherweise die beste Möglichkeit.

Bevor wir aufbrachen, gab er uns noch mit, dass wir einen Schutz brauchen würden, anderenfalls würden wir dort sofort sterben. Der Schamane des Stammes könne diesen weben - und tatsächlich kannten wir ihn wohl schon: Als wir ihn aufsuchten, entpuppte sich der dicke Wächter von dem Weg hierher entpuppte sich als ebenjener. Dieser erklärte sich auch bereit, den Zauber zu weben, da er aber nicht ewig halte, müsse er uns begleiten und alle Vorräte mitnehmen. Die wir natürlich erst besorgen müssten…

Interessanterweise schien sein Schamanismus sich vor allem auf die Verwendung und den Konsum alkoholhaltiger Substanzen zu konzentrieren, in Mischungen und Tinkturen, die ich noch nie gesehen hatte, aber häufig sehr bunt waren. Während die anderen aufgrund dessen sofort skeptisch wurden, war ich unbesorgt. Sein Weg, die vættr anzurufen, mochte ungewöhnlich sein, aber wir waren Schamanen. Jeder von uns hatte seine ganz eigene Art, dies war nunmal seine. Dennoch riss auch mir irgendwann der Geduldsfaden, als er nach 3 Tagen unterwegs noch einmal zurück wollte, weil dieses eine Getränk fehlte, dass er zwar nicht für den Zauber brauchte, aber ganz wichtig für ihn wäre. Wir machten ihm relativ eindrücklich klar, dass die Zeit drängte und wir deswegen nicht umkehren würden, was er grummelnd akzeptierte.

Niemand musste uns sagen, wann wir angekommen waren. Irgendwann überquerten wir einen weiteren schwarzen Hügel und standen plötzlich auf grellgelbem Sand, von dem der unangenehme Geruch von Schwefel ausging. Dies sei der Ort, erklärte uns unser Begleiter überflüssigerweise und begann mit dem Weben des Schutzzaubers. Der, auf Nachfrage, glücklicherweise recht lange hielt… trödeln sollten wir wohl dennoch nicht. Die vættr schützten niemanden, der sich allein auf sie verließ und nichts zurückgab. Das Ritual war derweil recht interessant und hätte meiner Familie vermutlich viel Freude und einen ausgelassenen Abend beschert. Die Methoden dieses Orcschamanen waren zugegeben wirklich sehr merkwürdig, aber unbestreitbar wirksam.

Nachdem er es sich mit einer weiteren bunten Tinktur (und warum diese Schirmchen?) bequem gemacht hatte, wünschte er uns alles Gute, allerdings war es offensichtlich, dass er nicht wirklich an unsere Rückkehr glaubte.

Auch meine Begleiter waren diesbezüglich recht vorsichtig, einzig Gorok und ich schienen der Sache etwas optimistischer entgegenzublicken - Gorok fast schon zu sehr. Zumindest blieb festzuhalten, dass der Schutzzauber wirkte… je näher wir der Festung kamen, desto heißer wurde die Luft und ich war mir sicher, dass wir unter gewöhnlichen Umständen längst erstickt wären, stattdessen blieben unsere Lungen gut gefüllt. Dicht vor dem Tor entdeckten wir schließlich die ersten Lebewesen in dieser feurigen Einöde, zwei schlangenartige Wesen, doch gänzlich anders als die Yuan-Ti. Beide kamen auf uns zu, Waffen im Anschlag, doch wirkten auf mich mehr wie Wächter, die wissen wollten, wer da kam. Ich machte also ein paar Schritte vor mir, doch mehr als ein paar Sätze kamen wir nicht (die Schlangewesen sprachen leider eine Sprache, die niemand von uns verstand), denn Gorok hatte die Situation offenbar gänzlich anders eingeschätzt und stürmte brüllend und Flegelschwingend auf die Wesen zu. Innerlich seufzend nahm ich seine Axt in die Hand und überließ mich in ihrer Führung den vættr. Ich hätte eine andere Lösung bevorzugt, doch es war nun nicht mehr zu ändern. Nachdem beide Schlangenwesen erschlagen vor uns lagen, war damit auch klar, das eine diplomatische Lösung nicht mehr möglich war. Zugegeben war das von Beginn an nicht besonders wahrscheinlich gewesen, aber nun, man durfte ja hoffen. Nichtsdestotrotz kamen wir überein, dass wir nach Möglichkeit weiteren Konfrontationen aus dem Weg gehen sollen - der Kampf zerrte offenbar an unseren inneren Reserven, die den Schutzzauber des Schamanen speisten.

So begannen wir deutlich vorsichtiger mit der Erkundung der Feste, die deutlich kleiner war, als es zunächst den Anschein hatte. Ein Raum mit Kisten brachte praktisch nichts brauchbares zu Tage, doch wenig später wurde es interessanter, als wir einen Raum öffneten, der eine Art Altar beinhaltete. Dort begrüßte uns ein weiteres dieser Schlangenwesen, dass merkwürdigerweise unsere Sprache sprach. Darüber hinaus erwies es sich durchaus als einigermaßen kooperativ, so erfuhren wir zum Beispiel, dass der Helm hier war, aber gut bewacht, näheres wollte es nicht preisgeben. Wir wollten es schon ziehen lassen, doch dann machte es Anstalten, eine Falle auszulösen. Notgedrungen kam es erneut zum Kampf und mit seinen Kumpanen, doch irgendetwas stimmte hier nicht - wenig später bemerkten wir auch, was. Nachdem das uns begrüßende Schlangewesen fiel löste sich die Illusion, die offenbar von seinem bunten Umhang her stammte und es erwies sich eher als eine Art überdimensionierter Vogel. Es tat mir Leid, was hier passiert war - vermutlich war es kaum freiwillig hier gewesen, warum sonst die Verkleidung und Täuschung? Ich nahm zumindest den Umhang an mich, um sein Andenken zu würdigen.

Dann inspizierten wir den Altar etwas genauer. Die Form war die eines Wesens, dass mir unbekannt war, aber unbestreitbar dämonisch aussah. Unter der Statue stand eine Schale, offenbar für Opfergaben. Immer begierig darauf, neue Dinge herauszufinden, testeten wir, was es tat. Anfangs nichts, doch als sich Layaras Arm mit einem Mal in eine Art Krebsschere verwandelte, beschlossen wir, es lieber sein zu lassen.

Doch nun war es Zeit - wir wussten, wo unser Ziel war, und natürlich lag es genau hinter den riesigen, metallenen Türen, die wir schon beim Hereinkommen gesehen hatten. Die sich zu unserer Verblüffung relativ leicht öffnen ließen und den Blick auf einen riesigen Kuppelsaal freigaben, der in jeder anderen Umgebung vermutlich prächtig gewirkt haben müsste. Als wir eintraten, war unser Blick jedoch ganz auf die andere Seite des Raums geheftet. Dort war der gesuchte Helm - er ruhte aus dem Kopf eines großen, dämonenartigen Wesens mit Scherenhänden, nicht unähnlich jener, die Layara nun besaß. Ob dies wohl das Wesen war, dem der Altar geweiht war. Viel Zeit, uns darüber auszutauschen gab es jedoch nicht, denn nachdem wir unser Anliegen kundgetan hatten, war das Wesen nicht länger gewillt, uns Eindringlinge in seinem Palast zu dulden. Brüllend erhob es sich und rauschte mit einer unglaublichen Schnelligkeit und einem gewaltigen Sprung heran, während es unzählige Wachen aus den Nebenkammern zu sich rief.

Ein Kampf entbrannte, doch dieser war weitaus brutaler und gefährlicher als alles, was wir bis dahin gekannt hatten. Während wir uns der Wachen recht leicht erwehren konnte, war das große Wesen überall, schnappte mit seinen Klauen und drängte uns zurück. Wenig später musste ich erfahren, wie gefährlich diese Klauen tatsächlich waren, als es mir nach einem gelungenen Angriff schlicht den Fuß oberhalb des Knöchels abtrennte. Unter Anrufung der vættr gelang es mir, diesen wieder anzusetzen, doch wir waren gewarnt. Entschlossen setzten wir unsere Angriffe fort, die endlich eine gewisse Wirkung zeigten.

Doch in die Enge getriebene Gegner waren die gefährlichsten - und das traf auch auf diesen zu. Wild entschlossen, dem Treiben ein Ende zu Setzen, drang vor allem Gorok rücksichtslos auf das Wesen ein - und in einem furchtbaren Hieb trennte das Wesen ihm den Kopf ab. Die Welt schien sich zu verlangsamen, als wir zusehen mussten, wie der Körper unseres hünenhaften Kumpanen, der mir von den vættr zum Schutz anvertraut worden war, leblos zur Seite sackte und der Kopf mit starrem Blick daneben kullerte. Ich fühlte mich einfach nur taub. Ich hatte versagt. War meinem Auftrag nicht gerecht geworden. Wie konnte das geschehen?

Layaras Reaktion auf den Tod ihres engsten Freundes war praktisch gegensätzlich zu meinem. Sie fing an, verzweifelt zu Brüllen und entlud Feuerzauber um Feuerzauber in unseren Kontrahenten, blind vor Wut und Trauer. Ich registrierte hingegen kaum, dass die Kreatur unter diesem magischen Ansturm und den Attacken von Fin und Valaria zusammenbrach, doch raffte genug meines Verstandes zusammen, um Goroks Körper und Kopf aufzusammeln und die rasende Layara über die andere Schulter zu werfen, wobei auch ich Ziel einiger Feuerzauber wurde. Doch es half nichts, wir mussten hier raus, der Kampf hatte den Schutzzauber des Schamanen an seine Grenzen gebracht. Valaria und Fin sammelten noch den Helm und einige andere Gegenstände ein, die das Monstrum fallen gelassen hatten, dann rannten wir heraus.

Und trotz all dessen konnte ich nicht anders, als immer wieder daran zu denken, dass ich versagt hatte. Der Tod war etwas Natürliches, Selbstverständliches, doch die vættr hatten andere Pläne mit Gorok gehabt. Es wäre meine Verantwortung gewesen, diese Pläne voranzutreiben, was nun nicht länger möglich war. Wie konnte das nur passieren?

Als wir endlich von diesem schrecklichen Ort entkommen waren (sehr zur Überraschung des Schamanen, der dort tatsächlich auf uns gewartet hatte), legte ich Goroks Körper und Kopf behutsam auf den Boden, während Layara über ihm zusammenbrach und hemmungslos weinte. Ratlos standen wir um sie herum. Wir hatten bekommen, weswegen wir hergekommen waren - doch wir hatten unendlich viel mehr verloren…