Tagebuch: Arem
Sitzung 101 - Part 1
Die Frage, ob es klug war magisch verzauberte Objekte von dieser dem Licht fernen Gestalt anzunehmen war auch in den Köpfen der anderen eine nicht unerhebliche Fragestellung. Wenngleich der Kobold etwas weniger überlegt wirkte. Ava war pragmatisch und blieb beim Erfragen von Informationen. Das als „Seehexe“ bezeichnete Wesen schien ihre Neugier erregt zu haben. Nachvollziehbar, bedachte man von der berichteten Macht. Doch anders als erwartet wusste Mundi selbst nicht so genau, was es mit ihr auf sich hatte. Nur, dass sie scheinbar schon seit vielen Jahrzehnten im Loch Meriander aktiv war.
Ich ließ Vorsicht walten und beobachtete das Geschehen. Viel ergab sich jedoch nicht mehr. Zuletzt war dem Lich aber daran gelegen, dass sein Deal erfolgreich in die Tat umgesetzt wurde. So bestand er darauf uns jemanden an die Seite zu stellen, der seine Interessen vertreten würde. Eine große Gestalt trat aus den Schatten heraus. Ein Drachengeborener stand vor uns. Er stellte sich als Cals Meier vor, seines Zeichens Söldner. Sicherlich war diese Person hilfreich im Sinne seiner Kampferfahrung, aber würde der Wunsch nach Bezahlung größer als seine Moral sein?
Recht schnell stellte er klar, dass es bei seinem Auftrag um die Sicherheit der Gruppe ging – nicht die Rückführung von Lia. Jener Auftrag war der unsrige, seine Handlungen würden lediglich die Chancen verbessern. Insgesamt war dies eine unerwartete Wendung. Es bot aber auch Optionen.
Nachdem Mundi in wenig uneindeutigen Worten zur Eile mahnte, da sonst unsere Vereinbarung gefährdet wäre, brachen wir auf. Schon auf dem Weg hinab vom Dreadspire trat Ava an mich heran. Sie äußerte Bedenken ob der berichteten Hintergründe meines Glaubens und der potentiellen Gefahr aus der Ebene der Träume. Viele reagierten zunächst so. Nicht zu unrecht, bedachte man die Gesamtheit aller Zusammenhänge. Wir übten uns in Offenheit gegenüber jedem der fragte, jedoch gab es auch gewisse Einschränkungen. Die Menge an weitergegebener Information richtete sich stets nach dem zu erwarteten Verständnis unseres Gegenüber. In diesem Fall glaubte ich, dass sie bereit war mehr zu erfahren … mit der Zeit. Ihr Konflikt mit sich selbst ähnelte in vielen Punkten dem unserem und dies war vermutlich gar nützlicher für sie herauszufinden.
So entsprach ich ihrem Wunsch gemeinsam mit ihr in meine Heimat zu ziehen, so dass sie sich ein Bild von der „bedrohlichen“ Situation machen konnte. Wir informierten die Gruppe über unseren Aufbruch. Wobei ich Garret versicherte meinem Versprechen mit dieser Reise weiterhin nachzukommen. Geblieben war ich um zu helfen und die Stadt war für den Augenblick sicher. Meine Talente waren in der Bürokratie sowieso wenig nutzbringend eingesetzt gewesen. Mehr noch aber brauchte ein Gefährte eine helfende Hand. Meine Verpflichtung galt jedem, der Hilfe nötig hatte. Und in diesem Fall ergab sich eine Möglichkeit beiden gerecht zu werden, da das eine das andere bedingte.
Er machte den Eindruck zu verstehen. Ich sicherte noch zu, dass wir sofort zurückkehren würden, wenn Hilfe benötigt würde und verwies dabei auf das magische Buch. Nach einer kurzen Verabschiedung trennten sich nunmehr unsere Wege für den Moment. Interessante Tage lagen vor Ava und mir.
Nachher: [siehe Part 2 - Ralkarion]
Sitzung 99 - Part 2
Vorher: [siehe Part 1 - Ralkarion]
Es war eine angenehme Abwechslung als unverhofft Garret, Ava und ein scheinbar neuer Begleiter names Krathus auftauchten. Ihren ominösen Begleiter Ralkarion bekam ich auch weiterhin nicht zu Gesicht. Dieser schien anderweitigen Aufgaben nachzugehen.
Zuletzt waren meine Fähigkeiten zwar zum Wohle der Stadt, aber nicht in dem Maß eingesetzt worden, wie es möglich gewesen wäre. Ehrlicherweise waren wohl auch andere Leute effizienter in der bürokratischen Tätigkeit, obgleich die Herrscherin sich durchaus positiv äußerte. Ihre Einschätzung beruhte aber nicht auf viel Erfahrungswerten. Etwas, dass auch nicht zu erwarten war. Dies war auch ihrer Prioritätenliste zu entnehmen. Von Vorteil wäre es gewesen zunächst die Wälle zu reparieren, der Bevölkerung Schutz zu bieten im Falle eines drohenden Angriffs. Doch ihre Meinung zu ändern bedurfte stets einiger Mühen und Fingerspitzengefühl. In jenem Fall jedoch vergebens.
Im Zuge der friedlichen Koexistenz sollte ich die Gruppe nun bei diplomatischen Gesprächen begleiten. Unser Ziel war der Dreadspire, vielmehr der berüchtigte Anführer der Untotenarmee Mundi. Dieser Ort und seine „Bewohner“ waren weit abseits des Pfades zum Licht. Schon mein erstes Zusammentreffen mit ihnen, die sie umgebende Aura des Verfalls – oder vielmehr dessen Fehlen –, hatte Auswirkungen auf meine Disziplin. Es war selten geworden eine aktive Gefühlswelt zu vernehmen. Hier aber stieg eine Form der Unruhe hinauf. Eine Herausforderung. Es war gut mich noch einmal damit konfrontiert zu sehen und etwas maßgebliches zu bewirken, weswegen ich der Gruppe natürlich sofort meine Unterstützung zusagte.
Dem Protokoll folgend galt es noch den letzten Bericht abzugeben und die Herrscherin über meine kommende Abwesenheit in Kenntnis zu setzen. Die Zeit drängte, wenn man dem Verhalten meiner drei Begleiter glauben durfte. Wieder einmal wurde es nötig Joey zu vermitteln, dass seine Arbeit als Wachposten im Hort einem Zweck folgte, auch wenn dieser sich übergangen fühlte durch das konstante Ignorieren seiner Wachtätigkeit. Ein guter Mann, das Herz am rechten Fleck. Ich wünschte mir, dass wir durch erfolgreiche Verhandlungen Schaden von ihm und seiner Familie fern halten könnten.
Herrscherin Dacra’s Hort nahm immer mehr Form an. Bald würden wir Slate wichtigere Aufgaben übertragen können. Unser Gespräch war kurz und prägnant. Die aktuellen Aufgaben meinerseits waren erledigt, nun galt es eine Armee von einem Einmarsch abzuhalten. Sie stimmte zu. Der Kobold war etwas vorlaut, als er nach Mitteln zur Erfüllung der Aufgabe fragte. Eine Eigenart ihrerseits war es blind in die Stadtkasse für alle möglichen Belange zu greifen. So fanden wohl etwas mehr als 100 Gold den Weg in die geschuppten Hände von Krathus. Mahnende Blicke aller Beteiligten das Gold zurückzugeben stießen auf keine Gegenliebe. Vermutlich war ihm die Lage der Stadt nicht vollumfänglich bewusst. Es würde sich auf unserem Weg aber sicher ein Zeitpunkt finden ihm dies näher zu erläutern. Jetzt galt es aufzubrechen.
Von den zwei Optionen entweder einen unklaren Weg über zwei Teleportzirkel zu nehmen, oder mit vorhandenen Pferden des Compounds den angestrebten Ort zu erreichen verblieb das Letztere. Ausgehend von meiner Erfahrungen mit dem letzten Teleport schien dies eher zu garantieren unser Ziel auch wirklich zu erreichen.
Die Reise bot die Option auf den aktuellen Stand der Bemühungen der Gruppe gebracht zu werden. Sie hatten beeindruckende Ergebnisse erzielt. Trotz oder gerade wegen der internen Konflikte vermochte ich nicht zu ermitteln. Vieles schien sich gegenseitig zu bedingen, sei es positiv oder negativ für das Wohl der einzelnen Mitglieder, wie auch der alles überschattenden Aufgabe. Gerade das Verhalten des Tieflings war, so hörte ich es aus der Art der Erzählungen Ava’s heraus, von unkontrollierten emotionalen Handlungen geprägt. Doch den wenigsten Individuen war es vergönnt Herr über diese zu sein. Darüber verärgert zu reagieren war eine unvorteilhafte Verwendung von Energie, mehr noch auch ein Anzeichen für eigene mangelnde Kontrolle. In unseren Lehren gab es eine passende Phrase, an die ich mich erinnert fühlte: „Den Regen zu verdammen, dass er nass sei vermag die Kleidung dennoch nicht zu trocknen – darum lässt man ihn mit Gleichmut gewähren. Stattdessen kann der Zeitraum durch weises Navigieren kontrolliert werden, in welchem man sich ihm ausgesetzt sieht.“
Es war faszinierend ihr zuzuhören. Seit unserem ersten Zusammentreffen hatte sich viel an ihrem Verhalten und Auftreten verändert – abseits von den Belanglosigkeiten des optischen Eindrucks. Sie war extrem fokussiert auf ein übergeordnetes Ziel und schien in der Lage zu sein ihre eigenen Emotionen meistens zu sublimieren – fast schon Qualitäten aus meiner Heimat. Doch ich spürte eine gewisse Unklarheit. Es mangelte an Balance und ganz offensichtlich haderte sie mit etwas. Die scheinbare Abwesenheit ihrer einstigen Leichtigkeit war kein Vorteil. Sie hätte helfen können gelassener mit den ihr gestellten Herausforderungen umzugehen. Es wäre interessant gewesen zu sehen, zu was sie unsere Techniken befähigen könnten. Und ich wunderte mich diese Seite von ihr nicht eher vernommen zu haben.
Nach den ausschweifenden Erzählungen entstand unerwartet ein reges Interesse an meiner Person. Nicht viele hatten sich bisher für meine Herkunft, oder Absichten interessiert – es war aber erfreulich dennoch so offen empfangen worden zu sein. Eine angenehme Abwechslung. Gerne war ich bereit von meinem Heimatort Szindazar, unserem außerweltlichen Beschützer Szindaresh und dem Weg des Lichts zu berichten. Wir missionierten nicht, es galt keiner Religion zu folgen. Es war eine für viele fremd wirkende Lebensart, die sich einem höheren Ziel verschrieb. Einige Details sparte ich jedoch aus, da sie zu komplex waren in wenige Worte zu verpacken.
Nach einer Tagesreise hatten wir dann auch gut die Hälfte der Strecke zum Dreadspire zurückgelegt. Als wir begonnen unser Lager für die Nacht aufzuschlagen zeigten sich die Pferde durchweg unruhig. Auch ich spürte etwas in der Luft liegen, aber fand keine direkten Anhaltspunkte woran dies lag. Wir blieben wachsam und ruhten.
Am nächsten Morgen erhielten wir etwas verfrühten Besuch. Ein Skelettpferd stand auf dem Weg, ein Rabe saß nicht fern in einem Baum. Dieses Bild kam mir sehr vertraut vor. Meine Begleiter schienen noch unsicher wegen des Pferdes, doch ich schritt direkt nach vorne und grüßte Farana. Laut seiner Aussage war es nunmehr wirklich an der Zeit gewesen, dass wir auftauchten. Ich machte die Gruppe mit ihm bekannt, bevor wir versicherten mit neuen Informationen zu kommen. Unter Anderem, dass die Hextor Zoica geräumt hatten. Doch diese Nachricht hatte ihn wohl schon erreicht. Als nächstes sprach er eine Einladung aus. Mundi hätte gern ein Gespräch mit uns. Aufgrund der noch zu überbringenden Informationen bezüglich Lia Therion und des Wunsches seines Bruders Frieden zu schließen war uns dies sehr willkommen. Beim Aufbruch wurde auch deutlich wieso die Pferde scheu waren. Neben uns eingegraben waren große skelettartige Spinnen gewesen, die nun aus dem Untergrund auftauchten und eine Eskorte bildeten. Eine, die klarmachte, dass der Rückweg zunächst versperrt bliebe.
Es brauchte erneut einen Tag, bis wir am Dreadspire angekommen waren. Diese Region hatte unlängst das letzte bisschen Leben ausgehaucht. Ein trostloser Anblick, lediglich unterbrochen von Horden an Untoten. Regungslos standen sie bereit, darauf wartend ihrem Meister zu gehorchen. Farana brachte uns genau bis vor Mundi selbst. Zumindest das, was von ihm die Zeiten überdauert hatte und nun vor uns schwebte. Reanimiert, aus der Dunkelheit geboren. Ob er das Licht in mir so wahrnahm wie ich die Dunkelheit in ihm? Ein interessanter Gedanke.
Primär hatte er Garret als Unterhändler auserkoren. Sie waren in der Vergangenheit schon aufeinander getroffen, so hielt ich mich eher im Hintergrund und steuerte nur ergänzende Inhalte bei. Krathus war komplett in Stille versunken. Doch Ava kam nach und nach aus sich heraus. Mundi machte keinen Hehl darum, dass er uns in seinen Dienst wissen wollte. Ein Krieg stünde bevor und es galt eine Seite zu wählen. Unser anliegen sah jedoch vor keinen größeren bewaffneten Konflikt mit ungeahntem Ausgang zuzulassen. Wir propagierten also den Frieden. Zoica war für den Moment von der Gefahr eines Übergriffs gefeit. Ein offener Krieg jedoch könnte diese Sicherheit zunichte machen. Dass sein Bruder sich versöhnen wollte erheiterte den Lich, er sah es als Schwäche und Zeichen dafür, dass er in jedem Fall siegreich wäre. Hybris war ein gefährlicher Begleiter.
Zudem sollte Lia gefunden und zu ihm gebracht werden. Offenbar war sie vor ihm davongelaufen. Nicht zuletzt aufgrund seines wenig angenehmen Verhaltens. Er sah sie nach der Vermählung als seinen Untertan, mit entsprechendem Auftreten ihr gegenüber. Eine gewisse Neugier erfasste mich. Gerne hätte ich gewusst wieso sie damals überhaupt eine Vereinigung mit ihm erwogen hatte.
Seine Forderungen waren hart formuliert. Lia hatte zurückzukehren und Mundo musste beseitigt werden. Zwischenzeitlich bot er dann an ein Mal der Hextor von Garret´s Hals zu tilgen. Es stellte ihn unzufrieden es die ganze Zeit wahrnehmen zu müssen. Es dauerte ein wenig bis Garret schließlich zustimmte. Die Entfernung war aber nicht ohne Schmerzen für den Halbling. Nicht wissend was sich abspielen würde hatte ich schon vorsichtshalber die Waffe im Anschlag – auch wenn allein der Versuch derlei Aktionen durchzuführen wohl kaum von Erfolg geprägt gewesen wäre. Aber ich würde nicht zulassen, dass er ihn töten würde. Da ließ Mundi schon wieder von ihm ab. Laut seiner Aussage war das Mal nun entfernt und Garret versicherte, dass es ihm gut ging. Es blieb eine unausgesprochene Vermutung zurück: Hatte Mundi das Symbol der Hextor durch sein eigenes ersetzt? Das wäre etwas, dass wir zu überprüfen hatten sobald wir zurück wären.
Wir zeigten uns offen dafür Lia zu finden, aber nur im Austausch dafür, dass Mundi keine weitere Kriegshandlung gegenüber seinem Bruder plante. Ava ergriff hier das Wort. Es war deutlich, dass sie die größeren Tragweite der Dinge als Priorität ansetzte. Mundi war zunächst nicht interessiert, aber als wir einen Zusammenhang zwischen Lia und den Bedrohung durch Shadar Logoth herstellten wurde er neugierig. So konnte sie ihn final davon überzeugen Lia als Gegenleistung für einen dauerhaften Frieden zu erhalten. Seiner Einwilligung schwang aber auch mit, dass hierfür nicht unbegrenzt Zeit zur Verfügung stünde. Er würde sich zunächst um eine alte Bedrohung aus dem Norden kümmern, solange er wartete.
Dort hatte sich zuletzt eine Macht erneut formiert, die ihm ein Dorn im nicht vorhandenen Auge zu sein schien. Wenn ich es recht deutete hatte es im weitesten Sinne mit Garret’s altem Gefährten Harkis zu tun. Mit dieser Entscheidung fing der Turm an sich ruckartig zu bewegen. Unvorbereitet riss es mich von den Füßen. Der Lich streckte seine Hand entgegen mir aufhelfen zu wollen, während er dies auch in Worte verpackte, die ich mit großer Vorsicht vernahm. Was Seine Berührung anzurichten vermochte hatte ich gerade erst gesehen. Doch amüsierte mich dieser Versuch unerwarteter Weise genug, um ihn beim Aufstehen ein leichtes Grinsen als Antwort zu geben.
Unsere Vereinbarung war somit wirksam. Unrecht und Leid zu bekämpfen war meine Aufgabe. Jene Frau diesem Geschöpf zu überantworten ging damit nicht konform, jedoch den Frieden zu bewahren für die ganze Region schon. Es war eine tückische Abmachung. Doch ich vertraute darauf, dass Lia entweder bereitwillig die Vorteile dieses Arrangements nachvollziehen könnte – das hing davon ab was für eine Person sie war –, oder aber wir im Anschluss noch einen Weg finden würden sie im Zweifel aus ihrem Martyrium zu erretten. Es gab jetzt, dank des besonnen Einsatzes von Ava, erst einmal genug Gelegenheit sich einen Weg zu überlegen. Schließlich würde es noch ein wenig dauern, bis wir Mundi’s begehr erfüllen konnten. Und derweil ersparten wir gleich drei Parteien einen verheerenden Kriegszustand.
Zuletzt ließ er uns mit der Frage zurück, ob wir etwas brauchen würden um Lia zu finden. So bot er Magie erfüllte Objekte an, oder was auch immer wir sonst benötigen würden. Darüber hatten wir zunächst zu sprechen …