Tagebücher
Die Tagebucheinträge sind nach der Gesamtzahl der Sitzungen beider Gruppen strukturiert. Jedes Buch erzählt eine durchgehende Geschichte aus der jeweiligen Sichtweise des Charakters, der es geschrieben hat.
Gemeinsam ergeben diese Bücher die Zusammenfassung aller Ereignisse der Kampagne.
Sitzung 117
Krathus indessen war sichtlich glücklich über seine Funde. Das Grinsen von seinem Gesicht verschwand über die gesamte Rückreise nicht, und warum nicht… er hatte sich in der Tat gut geschlagen. Eine gewisse Belohnung hatte er sich verdient, wenn auch nicht alles. Wir würden jedoch abwarten müssen, was die Reaktion der Yuan-Ti sein würde.
Wie sich herausstellen sollte, ließ sich diesbezüglich kaum eine Antwort finden. Die Yuan-Ti hatten schnell reagiert und bis auf Arina waren bereits alle Bewohner aus Sshistana ausgezogen. Der ganze, florierende Ort war nun nicht mehr als ein Zelt und die Ruine eines gewaltigen, ehemals schlangenkopfförmigen Gebäudes. Arina war in Bezug auf die Frage nach der Mitnahme der Reichtümer aus dem Grab eher vage. Was ich daraus deutete, war, dass die Yuan-Ti möglicherweise nicht das größte Interesse daran hatten, es Zweifelsfall gegen uns verwenden würden, aber auch nicht so ganz genau wussten, was dort lagerte. Ich beschloss daher, zweigleisig zu fahren: Gegenüber Arina pochte ich darauf, dass Krathus alles dazulassen hatte, damit sie glaubwürdig versichern könnte, wir hätten nichts mitgenommen - immerhin würde sie es nicht besser wissen. Allerdings würde ich Krathus bei Gelegenheit stecken, dass er sich ruhig etwas einstecken, wenn sich die Gelegenheit böte. Um das abzukürzen, die Subtilität dieses Hinweises schien an dem Kobold vollständig vorbei zu gehen. Nun ja. Das Nachteil des Denkens in Absoluten.
Bis dahin lenkte mich jedoch etwas anderes deutlich mehr ab - Ralkarion schien sich in der Zwischenzeit etwas… merkwürdige Seemannstattoos zugelegt haben. Wenngleich sich herausstellte, dass der Ursprung dieser Tattoos keineswegs auf eine durchzechte Nacht oder ähnlich harmloses zurückging, sondern deutlich rätselhafter und besorgniserregender war, konnte ich mir nicht helfen. Auf eine fast schon morbide Art und Weise amüsierte mich das Auftauchen dieser Tattoos, so dass der arme Tiefling sehr unter meiner… ähem… Ausdrucksweise leiden musste. Er fand das eher wenig amüsant, und so recht konnte ich mir ja nicht einmal selbst erklären, warum ich es so amüsant fand, aber es war, als hätte ich jede Kontrolle verloren. Im guten Sinne…
Da es bereits spät geworden war, verschoben wir die Abreise auf den nächsten Tag. Erst dann stellte sich die Frage der Rückreise, denn Eile war geboten, doch war der Teleportzirkel nun in luftiger Höhe. Letzten Endes kamen wir darüber überein, dass Ralkarion mit Krathus auf seinem Yak hinaufreiten würde, während Ich und Garret in Shrimps verwandelt mitkommen würden. Warum Ralkarion eine Vorliebe für Verwandlungen in diese Tiere hatte, verstand ich nicht - vielleicht war er mehr Fischer und Seemann, als er zugeben wollte. Aber es war nunmal eine praktikable Lösung.
Immerhin funktionierte sie, denn als Ralkarion die Verwandlung fallen ließ, standen wir vor dem am Teleportzirkel Wachhabenden. Kurz durchblitzte mich der Gedanke, wie es so lange gedauert haben konnte, zum Teleportzirkel hinaufzufliegen und ihn zu aktivieren, bevor ich den Gedanken als unwichtig beiseite schob. Nachdem wir außer Hör- und Sichtweite von neugierigen Augen waren, wurde es Zeit, das Zauberbuch aus dem Grab der Yuan-Ti an Ralkarion zu übergeben in der Hoffnung, dass er dort etwas Nutzbringendes finden möge. Er war natürlich nicht begeistert, Krathus allerdings flippte regelrecht aus. Er hatte den Hinweis, dass er sich auch etwas mitnehmen könne, also ganz offensichtlich nicht verstanden. Sehr bedauerlich, doch es ließ sich nicht ändern. Während Krathus grummelnd davon machte, gingen Garret, Ralkarion und ich zum Compound. Ralkarion hatte versucht, uns zu überzeugen, direkt zu Mundi zu gehen, doch ich wollte davon nichts wissen. Wir wussten so gut wie nichts über den Lich, Lia hingegen war mit ihm vermählt gewesen. So unglücklich sie auch darüber war, sie konnte Informationen haben, die uns bei weiteren Verhandlungen oder Problemen zum Vorteil gereichen könnte. Ralkarion wehrte sich zunächst mit nicht unberechtigten Einwänden der geringen Kooperationsbereitschaft der Drachen dagegen, lenkte letzten Endes jedoch ein.
Im Gespräch mit der jungen Drachin und ihrer Mutter wurde ich allerdings wieder überdeutlich daran erinnert, warum unsere „Partnerschaft” so wenig erfolgreich war. Die Drache hielten sich natürlich für völlig überlegen, während Ralkarion einmal mehr keine Gelegenheit ausließ, sie zu reizen und unangebracht sarkastische Kommentare zu machen. In kurz, Al’Chara wollte Lia an Mundi ausliefern, um den Pakt ihres Ehemannes zu erfüllen, Ralkarion wollte das auf keinen Fall. Lia selbst kam kaum noch zu Wort. Noch während ich innerlich wieder die Augen verdrehte, nam das Gespräch eine weitere unerfreuliche Wendung, als Al’Chara mit dem unwiderlegbaren Beweis von Cenereth’ Ableben, mehr aber noch seinem vorherigen Überleben konfrontiert wurde. Für einen Augenblick verlor die alte Drachenlady völlig die Beherrschung und verwandelte sich in ihre eigentliche Gestalt, nahm dabei einen Teil des Compounds mit und ihrem Maul entfuhr ein unkontrollierter Eisatem, der uns wünschen ließ, wir hätten uns für den Winter angezogen und Ralkarion, den Drachenreizer, in eins umfallen ließ. Oder besser gesagt, in seine Yuan-Ti-Gestalt verwandelte. Die er nun offenbar unter Kontrolle hatte. Interessant. Und sehr erleichternd.
Als sich das Chaos etwas gelegt hatte und Al’Chara sich wieder in ihre normale Form zurückverwandelt hatte, waren mehrere Dinge klar. Erstens dürfte nun so ziemlich jede Seele in Logothil wissen, dass sich mindestens ein silber Drache in Zoica aufhielt. Zweitens hatte sich Lia aus dem Staub gemacht, worüber ich insgeheim fast glücklich war, nahm es uns doch eine unangenehme Entscheidung aus der Hand. Drittens, der Hof war gefüllt von den Lehrlingen der Akademie, die offenbar für den Fall des Erscheinens eines Drachen angehalten waren, in den Innenhof zu stürmen und zu warten, was der Drache mit ihnen machen würde. So erklärt von Chrylax, der wie aus dem Nichts zusammen mit Krathus auftauchte, wie auch immer dieses Treffen zustande gekommen sein mochte. Nicht einer von der Lehrlinge hatte aber auch nur einen Zauber abgefeuert. Natürlich war ich persönlich dafür recht dankbar, hätten sie doch lediglich uns und eine… nun, eine Art von Verbündeten gegrillt. Dennoch kam ich nicht umhin, ihre Effizienz zu bemängeln. Die Rachwoodler, die die Abziehenden bei ihrem Sturm auf den Innenhof fast umrannten, waren immerhin bewaffnet und zum Kampf gerüstet, nur gab es nichts mehr zu bekämpfen. So hatte Razora als ihre Anführerin genug Zeit, sich ihren gewählten Gefährten genauer zu betrachten. Offenbar schien ihr Ralkarion mit seiner Schlangenanatomie sehr zuzusagen, denn sie zögerten kaum, um zusammen in Richtung eines Zimmers zu verschwinden. Es brauchte keine Fantasie, um zu wissen, wozu.
Krathus nutzte die Gelegenheit, um etwas Gold unter die Rachwoodler zu bringen - und sich gleichzeitig als Second in Command in Position zu bringen. Etwas, dass seinem Onkel als bisheriger Inhaber dieser Position natürlich nicht gefiel, mir hingegen taten sich durchaus Möglichkeiten vor Augen auf, die ein Krathus as Zweiter Befehlshaber einer schlagkräftigen Söldnergruppe mit sich bringen könnte. Während Juntos also Krathus zu einem Zweikampf herausforderte, den dieser annahm, nutzte ich seine Abgelenktheit, um Krathus auf magische Weise etwas nachzuhelfen. Unehrenhaft, sicher, aber aus meiner Sicht waren wir längst an einem Punkt angekommen, an dem Ehre eher ein Grab als Erfolg versprach. Während Lia also entkam, gab Ralkarion seinen niederen Instinkten nach, Krathus prügelte sich mit seinem Onkel und Garret… nun, Garret. Und wenn ich ehrlich war, gefiel mir der Gedanke, dass Lia entkam. Ich sah kaum einen anderen Ausweg, als sie an Mundi auszuliefern, das hieß aber nicht, dass mir das gefallen musste.
Während es zunächst so aussah, als würde Krathus unterliegen, schaffte er es nach mehreren vergeblichen Versuchen, seinen Onkel zu lähmen und das Blatt zu wenden. Ein paar Schläge später, die Razora alle Ehre gemacht hätten, war der Kampf entschieden und Krathus wies seine „Gefolgsleute” an, den Sieg gebührend zu feiern. Achselzuckend, aber durchaus fröhlich, zog ich also mit Krathus, Garret, und den lärmenden Rachwoodlern los in die nächste Kneipe.
Sitzung 117
Es waren inzwischen Tage vergangen, seit die Gruppe aufgebrochen war. Ich wunderte mich, ob sie wohl finden würden, was sie suchten. Mein Zustand hatte sich deutlich gebessert. Aber Arina wusste noch immer nicht was geschehen war. Es mochte sein, dass es gar nichts mit diesem Horror von einem Ritual zu tun gehabt hatte. Ob das gut oder schlecht war … nun ja, wer konnte das schon sagen. Um auf Nummer sicher zu gehen führte sie aber ihre Studien fort. Kann nicht sagen, dass ich es als besonders angenehm empfunden hatte ein Testobjekt zu sein. Und nach allem, was bisher geschehen war, ermüdete ich langsam.
War es die ganze Sache wert? Vielleicht wäre es besser gewesen Logothil zu verlassen. Primär ließ uns das Glück am Leben. Irgendwann würde es uns wohl verlassen. Wobei ich all das Erlebte kaum als „Glück“ bezeichnete. Ein existenzieller Horror war es seit den Tagen an der Ausgrabungsstelle. Schlimmer, als all die Jahre zuvor gewesen waren. Das Schicksal verhöhnte mich bei jedem Schritt. Und mein Willen weiterzumachen brach mit jedem Weiteren …
An einem weiteren Abend in der Obhut Arina’s fand die Gruppe wieder zurück zur Sshistana. Mehr als ein großes Zelt fanden sie aber nicht mehr vor. Alle Anwohner waren bereits weggezogen. Dank Krathus gab es ja nunmehr hier nichts mehr für sie.
Zumindest brachten sie die Kopien der verlorenen Bücher mit. Es war ein kleiner Erfolg, der eventuell dazu führte, dass wir unser Bündnis doch noch bekamen. Auch wenn ich diesen Schlangen nicht weiter traute, als der Kobold seine Gier kontrollieren konnte. Wobei diese im Verlauf des Abends tatsächlich auf die Probe gestellt werden sollte. Der kleine Tunichtgut hatte scheinbar aus dem Grab eines vorangegangenen Imperators einiges mitgehen lassen. Gold, eine Rüstung und gar ein magisches Schwert.
Arina machte deutlich davon nichts wissen zu wollen. Erinnerte uns aber beiläufig daran, dass selbst wenn die Yuan-ti heute nichts dagegen sagen würden, dies seinen Preis später haben konnte – wenn es ihnen zum Vorteil gereichte. In dieser Sache waren Ava und ich uns einig. Im Angesicht der vorangegangenen fatalen Situation war dies keine Option. Krathus sah dies natürlich wie gehabt anders und gab auch nicht zuletzt der zurückgelassenen Suna wieder einmal die Schuld, da sie ja nichts gegen das Einstecken gesagt habe. Innerlich schüttelte ich nur den Kopf. Würde er wohl jemals dazulernen?
Ich hatte wahrlich genug hinter mich gebracht mit diesen Schlangen und war mehr als energisch es auf keine weitere Konfrontation anzulegen. Es dauerte, doch irgendwann gab er widerwillig nach.
Im späteren Verlauf des Abends kam ich nicht umhin Ava’s viel zu gute Laune ertragen zu müssen. Irgendwie fand sie es urkomisch kontinuierlich dumme Seemannssprüche zu machen. Konnte nicht sagen, dass ich ihre Launen diesbezüglich teilte. Der Tag war lang gewesen und ich hatte kein weiteres Bedürfnis darauf einzugehen. Nach und nach legten wir uns hin und ließen die Nacht passieren.
Am nächsten Morgen zeigte sich, was meine Begleiterin so amüsant gefunden hatte. Mir war es bisher nie aufgefallen und Arina hatte bei ihren „Begutachtungen“ nie ein Wort dazu verloren … aus irgendeinem Grund hatte ich nun zwei Tattoos. Eines am Allerwertesten und eines zwischen den Schulterblättern. Wobei das weiter unten Ziel ihres Spotts war. Ein Anker mit dem Wort „Mom“. Das Andere war einer Art Wirbel nachempfunden. Hätte ich mir je so etwas machen lassen, dann hätte ich das gewusst. Bei genauerer Inspektion zeigte sich aber auch, dass ich Narben zu Verletzungen hatte, die ich mir nie zuzog. Ein tiefer geistiger Seufzer durchfuhr mich. Würde das alles denn nie ein Ende haben?
Wir beschlossen den Plan Mundi aufzuhalten weiter zu verfolgen. Es wäre notwendig uns der Nexi zu bemächtigen und es blieb unklar, ob wir den angepeilten ohne Hilfe zu erobern schafften. Da der Teleportationszirkel durch das Eingreifen des mächtigen Krathus Logoth außerhalb unseres Griffes war, überlegten wir anderweitig schnell nach Zoica zu kommen. Wenigstens hatte der Geschuppte ein schnelles Reittier, das auch noch zu fliegen vermochte. Doch waren wir zu viele. Ich erwiderte, dass ich zwei von uns verwandeln könnte, um das Gewicht zu reduzieren. Alle stimmten zu.
Ich grinste in mich hinein, als ich Ava und Garret wieder einmal zu Shrimps verwandelte und in meine Wasserflasche stopfte. Nach gestern Abend hatte sie diese kalte Dusche verdient. Dann signalisierte ich Krathus, dass er sich nicht bemühen sollte aufzusatteln. Es dauerte etwas und war zeitlich haarscharf, da die Verwandlung zum rechen begann, aber ich schaffte es gerade so einen Einweg-Teleportzirkel nach Zoica zu erschaffen. Als wir ankamen, brachen die beiden nach einer guten Stunde in Shrimpform aus ihrem Behältnis hervor.
Die dortige Wache war etwas verwirrt. Und wir waren auch ein wenig zweideutig zu ihr, was etwaige Strafen anbelangte. So zog sie es vor sich aus dem Staub zu machen, bevor sie mit Konsequenzen zu rechnen hatte. Nicht jedoch, bevor ich ihr eine Flasche Alkohol stibitzte. Es war bitter nötig meine Sinne zu betäuben. Und dieses Zeug war so widerlich, da gelang es wunderbar.
Ich musste gespürt haben es zu brauchen, denn als nächstes fiel Ava ein mir noch was geben zu wollen. Sshik Sardak’s Zauberbuch, welches sie im Grab eingesteckt hatte. Krathus, der die Nacht zuvor noch von uns belehrt wurde bezüglich des Diebstahls von Yuan-ti Eigentum, flippe aus. Kann nicht sagen, dass ich es ihm übel nahm. Ava schien die ganze Situation zu gefallen. Das eine Mal, wo es erfolgreich schien mit Krathus auf einen Nenner zu kommen und eventuell endlich einen Fortschritt in unserer Beziehung haben zu können, da grätscht sie so von hinten herein. Ich war wütend. Bei weitem aber nicht so sehr wie der Kleine.
War es so schwer gewesen es mir heimlich zu geben – wenn sie sowas schon abzieht? Krathus zog beleidigt ab. Und ich bemerkte weitere Veränderungen meines Körpers. Ein merkwürdig unbeweglicher Arm, welcher eine neue Narbe zeigte. Was immer hier vorging, das war keinesfalls eine positive Entwicklung. Obgleich ich meine neuen Kräfte durchaus interessant fand. Während derKobold also abdüste, zogen wir zum Compound weiter. Ava wollte unbedingt mit Lia bezüglich Mundi sprechen.
Sie schlug meinen Vorschlag direkt zu ihm zu gehen in den Wind. Lia habe mehr Informationen über ihn, welche uns helfen würden besser mit ihm klarzukommen. Dagegen gab es eigentlich nichts einzuwenden. Aber ich erinnerte mich gut genug daran, wie unglaublich erfreulich hilfsbereit diese Drachin in der Vergangenheit gewesen war …
Als wir bei ihr angekommen waren, zeigte sich unser Sonnenschein mal wieder von seiner besten Seite: In brillierende Arroganz getaucht. Nach allem was geschehen war blieb sich Lia eben einfach treu. Weder hilfreich, noch kompromissbereit. Wir eskalierten daraufhin die Situation in Richtung ihrer Mutter. Ehrlicherweise hätte sie das selbst kommen sehen sollen und auf uns eingehen. Denn die liebenswerte Drachenmutter schlug direkt vor, dass sich eine Therion an ihr Wort zu halten habe und sich daher Lia an Mundi ausliefern musste – wie es der Pakt vorsah, den Cenereth und Mundi schlossen.
Erquickendes Unbehagen erfüllte Lia’s Gesicht. Doch bei allem Für und Wider, sich versklaven zu lassen war in meinen Augen keine Option. Stattdessen wollte ich eine andere Lösung und erinnerte an die Anstrengungen Cenereth’s Shadar aufzuhalten und wie wir das gleiche Ziel verfolgten, jedoch Hilfe benötigten. In diesem Fall ging es darum den Meilenstein Mundi aus dem Weg zu räumen. Al’Chara gefiel das Gesagte wohl weniger. Ihre Reaktion war unbeherrscht und heftig. Eine Verwandlung und ein Eisatem folgten. Ich stolperte direkt von Fuß zu Schwanz, in meine Yuan-ti Gestalt. Ich hasste dasss.
Die Reaktion darauf, dass plötzlich ein Drache mitten im Compound stand sorgte für entsprechende Reaktionen. Chrylax erschien mit Krathus an seiner Seite, eine Reihe Magiestudenten schlugen im Compound auf und zu allem Überfluss brach eine Horde Rachwoodler durch das Tor. Mit dem heutigen Tag würde ganz Zoica wissen, dass es einen silbernen Drachen in ihrer Mitte gab. Wenn es ein Geheimnis gewesen war wo sich Al’Chara aufgehalten hatte nach ihrer Befreiung … nun war es keines mehr. Vor meinem geistigen Auge schlug ich schlicht die flache Hand gegen die Stirn.
Lia war indes getürmt. Nach der Offenbarung ihrer Mutter konnte ich das nur allzu gut nachvollziehen. Krathus begann etwas mit den Rachwoodlern loszutreten, aber davon bekam ich nicht so viel mehr mit. Nachdem Razora mich in meiner neuen Form sah, spielten ihre Hormone verrückter als sonst. Ausgehend von der Tatsache wie vollends am Arsch wir waren, schien es mir nur gerecht noch einmal Spaß zu haben. So zog es sie und mich ins Nachbarzimmer.
Sitzung 116
Die Geheimtür war schnell gefunden, nicht zuletzt aufgrund einer Art von Aufladung, die von ihr ausging und mir sprichwörtlich die Haare zu Berge stehen ließ. Ich bezweifelte (zurecht), dass die anderen nicht die Geduld haben würden, dieses Phänomen zu untersuchen, also stelle ich mich soweit wie möglich von der Tür entfernt auf, während Krathus sie öffnete. Die befürchtete Entladung von Energie blieb aus, allerdings erblickten wir eine recht erschrockene Mumie und vernahmen eine Stimme, die außer Suna jedoch niemand zu verstehen vermochte. Ihre Reaktion sowie die erschrockene Mumie, die uns deutlich bedeutete, wieder herauszugehen, ließ mich jedoch vermuten, dass es sich hierbei um nichts Gutes handeln konnte und so verließen wir die Kammer, um Kräfte zu sammeln, bevor wir weitergingen.
Dort mussten Suna, Krathus und ich feststellen, dass sich die Rast nicht nur als unerholsam herausstellte, sondern noch dazu auch die Schmerzen von der Steinfalle nicht weniger wurden. Es brauchte nicht viel, um herauszufinden, dass hier ein Fluch am Werk war, um den sich Krathus glücklicherweise kümmern könnte. Nach einer diesmal erholsamen Unterbrechung setzten wir nun vorsichtig unseren Weg fort und standen wenig später ganz offensichtlich in der Hauptkammer des Grabes - groß wie sie war, konnte es nicht anders sein. Ein eindeutiges Zeichen war auch der prunkvoll gekleidete, jedoch untote Yuan-Ti, der auf einem Turm irgendein Ritual vollführte, während es in einem Portal weiter vorne waberte. Er beschwerte sich zwar über irgendetwas, schien uns aber sonst nicht bemerkt zu haben und hielt uns wohl für einen seiner Diener. Deutlich interessanter waren die viele Bücherregale an den Wänden. Ich spielte die Möglichkeiten durch. Den Yuan-Ti erledigen und sich die Bücher nehmen? Möglich, aber riskant, zumal wir nicht wussten, was sein Ritual bezweckte, aber das Portal gab mir das Gefühl, dass es nicht unterbrochen werden sollte. Einfach mitnehmen und hoffen, dass er nichts tat? Ähnlich riskant, aber zu bevorzugen. Verhandeln? Wünschenswert, allerdings hatte er bisher keine Sprache verwendet, derer wir mächtig waren. Dennoch war es einen Versuch wert.
Auf Ansprache bewies er tatsächlich, dass er die Gemeinsprache beherrschte und beschwerte sich über die Zugluft. Leider machte er sehr schnell deutlich, dass er nicht unbedingt willens war, sich von den Büchern zu trennen und ihn das Gespräch einige Mühe kostete, die sein Ritual beeinflusste. Ich sah, wie Krathus sich in Richtung Regal davonschlich und überlegte noch, ob ich ihn aufhalten sollte, entschied mich aber dagegen - Imperator Sshik Sardak wirkte nicht übermäßig kooperativ und so könnte man bereits Plan B austesten. Leider bemerkte er Krathus, was ihn aus der Balance brachte und das Ritual beendete. Im selben Moment schoss ein Strom aus… Geistern? Seelen? auf Krathus zu und umhüllte ihn, was dem Kobold sichtlich unbehaglich war. Als er jedoch zu einem Schutzzauber anhob und dafür den Großen Roten anrief, verlor der Imperator jede Restgeduld und griff Krathus an. Also Plan C. Schade, aber nun ja. Wir würden es ihm nicht einfach machen. Ich grinste böse, trat aus mir heraus und der Tanz begann. Während seine Wachen so gut wie keine Gefahr darstellten, war der Imperator ein anderes Thema. Mal füllte er meinen Mund mit Sand um Zauber zu verhindern, mal sperrte er Garret und Krathus in eine Art Sandgrab. Zu allem Unglück entluden sich die Seelen aus dem Portal nun wahllos und zerstörten ein Regal nach dem nächsten. Suna versuchte, zu retten, was zu retten war, doch der Rest von uns war beschäftigt, da sich mittlerweile auch der Turm in ein riesenhaftes Skelett verwandelt hatte.
Schlussendlich jedoch fiel der Imperator und das Skelett formte sich wieder zu einem Turm. Fast gleichzeitig hatte Suna begonnen, die Bewegungen des Imperators von dem Moment, als wir den Raum betraten, zu imitieren und hatte es damit irgendwie geschafft, die Seelen im Portal zu bändigen - inklusive der des Imperators, der dorthin gesaugt worden war, nicht ganz freiwillig. Fast sah es aus, als würde sie mit ihnen Tanzen, sie sang sogar wieder ein Lied dabei. Durchaus faszinierend, doch die volle Bedeutung dieses Schauspiels sollte mir erst später klar werden.
Krathus Blicke huschten indessen eher zwischen dem Goldhaufen weiter hinten und mir hin und her. Die Gier des Kobolds war fast körperlich spürbar, doch er beherrschte sich tatsächlich, wie ich anerkennend zur Kenntnis nahm. Und nun ja, niemand hier würde das Gold noch benötigen und er hatte es sich durchaus verdient, also nickte ich ihm zu, woraufhin er wie von der Phasenspinne gestochen losrannte.
Ich konnte mir ein kurzes Lächeln nicht verkneifen, dann machte ich mich daran, die Bücher für Arina einzusammeln. Dabei stieß ich noch auf weitere, wertvoll aussehende Folianten - ein Stück Geschichte der Yuan-Ti, die hier in dem Grab vergammelten. Ein Schicksal, vor dem ich sie lieber bewahren würde, also steckte ich sie nach kurzem Überlegen ein, hoffend, dass auch die heutigen Yuan-Ti es so sehen würden. Interessanterweise war eines der Bücher ein Zauberbuch, signiert von dem Imperator selbst. Das könnte Ralkarion möglicherweise interessieren, sofern er noch lebte.
Der Gedanke daran gab mir einen Schub. Es wurde Zeit, zu gehen, doch als ich mich umdrehte und meinem Kindergart… Gefährten dieses zu verstehen geben wollte, sah ich, dass es Suna sich bereits auf dem Turm gemütlich gemacht hatte und mit Krathus Hilfe begonnen hatte, den Raum zu begrünen, zum sichtichen Unbehagen der Mumie, die Krathus Apu getauft hatte und sich nun ständig Blumen aus den Verbänden pflückte. Offenbar beabsichtigte Suna, hierzubleiben und die Aufgabe des Imperators als Hüter der Seelen zu übernehmen. Ich hatte gemischte Gefühle diesbezüglich - zum einen war ich dankbar, dass sie es tat, wer weiß, was sonst hätte passieren können. Zum anderen war sie mehr oder weniger zufällig in diese Situation geraten. Dummheit hin oder her, niemand verdiente es, gegen seinen Willen eingesperrt zu werden, wie ich nur zu gut wusste. Doch auf Nachfrage erklärte Suna, dass dies tatsächlich ihr Wille war und so verließ ich die Kammer. Krathus folgte etwas später, aus den Augenwinkeln sah ich noch, wie er sich eine Flasche Sand in den Mund kippte, nur um ihn danach wieder auszuspucken. Ich fragte besser nicht nach.
Der Weg aus dem Grab heraus verließ ohne Zwischenfälle, auch wenn Krathus’ voll beladenes Yak etwas sperrig war. Ich hoffte sehr, dass die Yuan-Ti ihren üblichen Pragmatismus an den Tag legen würden, wenn wir dort zwar zum einen mit den gewünschten Büchern, zum anderen aber auch mit weiteren Gegenständen aus dem Grab eines nun endgültig toten Imperators ankämen…