Sitzung 116

Tueddelig
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Die Geheimtür war schnell gefunden, nicht zuletzt aufgrund einer Art von Aufladung, die von ihr ausging und mir sprichwörtlich die Haare zu Berge stehen ließ. Ich bezweifelte (zurecht), dass die anderen nicht die Geduld haben würden, dieses Phänomen zu untersuchen, also stelle ich mich soweit wie möglich von der Tür entfernt auf, während Krathus sie öffnete. Die befürchtete Entladung von Energie blieb aus, allerdings erblickten wir eine recht erschrockene Mumie und vernahmen eine Stimme, die außer Suna jedoch niemand zu verstehen vermochte. Ihre Reaktion sowie die erschrockene Mumie, die uns deutlich bedeutete, wieder herauszugehen, ließ mich jedoch vermuten, dass es sich hierbei um nichts Gutes handeln konnte und so verließen wir die Kammer, um Kräfte zu sammeln, bevor wir weitergingen.

Dort mussten Suna, Krathus und ich feststellen, dass sich die Rast nicht nur als unerholsam herausstellte, sondern noch dazu auch die Schmerzen von der Steinfalle nicht weniger wurden. Es brauchte nicht viel, um herauszufinden, dass hier ein Fluch am Werk war, um den sich Krathus glücklicherweise kümmern könnte. Nach einer diesmal erholsamen Unterbrechung setzten wir nun vorsichtig unseren Weg fort und standen wenig später ganz offensichtlich in der Hauptkammer des Grabes - groß wie sie war, konnte es nicht anders sein. Ein eindeutiges Zeichen war auch der prunkvoll gekleidete, jedoch untote Yuan-Ti, der auf einem Turm irgendein Ritual vollführte, während es in einem Portal weiter vorne waberte. Er beschwerte sich zwar über irgendetwas, schien uns aber sonst nicht bemerkt zu haben und hielt uns wohl für einen seiner Diener. Deutlich interessanter waren die viele Bücherregale an den Wänden. Ich spielte die Möglichkeiten durch. Den Yuan-Ti erledigen und sich die Bücher nehmen? Möglich, aber riskant, zumal wir nicht wussten, was sein Ritual bezweckte, aber das Portal gab mir das Gefühl, dass es nicht unterbrochen werden sollte. Einfach mitnehmen und hoffen, dass er nichts tat? Ähnlich riskant, aber zu bevorzugen. Verhandeln? Wünschenswert, allerdings hatte er bisher keine Sprache verwendet, derer wir mächtig waren. Dennoch war es einen Versuch wert.

Auf Ansprache bewies er tatsächlich, dass er die Gemeinsprache beherrschte und beschwerte sich über die Zugluft. Leider machte er sehr schnell deutlich, dass er nicht unbedingt willens war, sich von den Büchern zu trennen und ihn das Gespräch einige Mühe kostete, die sein Ritual beeinflusste. Ich sah, wie Krathus sich in Richtung Regal davonschlich und überlegte noch, ob ich ihn aufhalten sollte, entschied mich aber dagegen - Imperator Sshik Sardak wirkte nicht übermäßig kooperativ und so könnte man bereits Plan B austesten. Leider bemerkte er Krathus, was ihn aus der Balance brachte und das Ritual beendete. Im selben Moment schoss ein Strom aus… Geistern? Seelen? auf Krathus zu und umhüllte ihn, was dem Kobold sichtlich unbehaglich war. Als er jedoch zu einem Schutzzauber anhob und dafür den Großen Roten anrief, verlor der Imperator jede Restgeduld und griff Krathus an. Also Plan C. Schade, aber nun ja. Wir würden es ihm nicht einfach machen. Ich grinste böse, trat aus mir heraus und der Tanz begann. Während seine Wachen so gut wie keine Gefahr darstellten, war der Imperator ein anderes Thema. Mal füllte er meinen Mund mit Sand um Zauber zu verhindern, mal sperrte er Garret und Krathus in eine Art Sandgrab. Zu allem Unglück entluden sich die Seelen aus dem Portal nun wahllos und zerstörten ein Regal nach dem nächsten. Suna versuchte, zu retten, was zu retten war, doch der Rest von uns war beschäftigt, da sich mittlerweile auch der Turm in ein riesenhaftes Skelett verwandelt hatte.

Schlussendlich jedoch fiel der Imperator und das Skelett formte sich wieder zu einem Turm. Fast gleichzeitig hatte Suna begonnen, die Bewegungen des Imperators von dem Moment, als wir den Raum betraten, zu imitieren und hatte es damit irgendwie geschafft, die Seelen im Portal zu bändigen - inklusive der des Imperators, der dorthin gesaugt worden war, nicht ganz freiwillig. Fast sah es aus, als würde sie mit ihnen Tanzen, sie sang sogar wieder ein Lied dabei. Durchaus faszinierend, doch die volle Bedeutung dieses Schauspiels sollte mir erst später klar werden.

Krathus Blicke huschten indessen eher zwischen dem Goldhaufen weiter hinten und mir hin und her. Die Gier des Kobolds war fast körperlich spürbar, doch er beherrschte sich tatsächlich, wie ich anerkennend zur Kenntnis nahm. Und nun ja, niemand hier würde das Gold noch benötigen und er hatte es sich durchaus verdient, also nickte ich ihm zu, woraufhin er wie von der Phasenspinne gestochen losrannte.

Ich konnte mir ein kurzes Lächeln nicht verkneifen, dann machte ich mich daran, die Bücher für Arina einzusammeln. Dabei stieß ich noch auf weitere, wertvoll aussehende Folianten - ein Stück Geschichte der Yuan-Ti, die hier in dem Grab vergammelten. Ein Schicksal, vor dem ich sie lieber bewahren würde, also steckte ich sie nach kurzem Überlegen ein, hoffend, dass auch die heutigen Yuan-Ti es so sehen würden. Interessanterweise war eines der Bücher ein Zauberbuch, signiert von dem Imperator selbst. Das könnte Ralkarion möglicherweise interessieren, sofern er noch lebte.

Der Gedanke daran gab mir einen Schub. Es wurde Zeit, zu gehen, doch als ich mich umdrehte und meinem Kindergart… Gefährten dieses zu verstehen geben wollte, sah ich, dass es Suna sich bereits auf dem Turm gemütlich gemacht hatte und mit Krathus Hilfe begonnen hatte, den Raum zu begrünen, zum sichtichen Unbehagen der Mumie, die Krathus Apu getauft hatte und sich nun ständig Blumen aus den Verbänden pflückte. Offenbar beabsichtigte Suna, hierzubleiben und die Aufgabe des Imperators als Hüter der Seelen zu übernehmen. Ich hatte gemischte Gefühle diesbezüglich - zum einen war ich dankbar, dass sie es tat, wer weiß, was sonst hätte passieren können. Zum anderen war sie mehr oder weniger zufällig in diese Situation geraten. Dummheit hin oder her, niemand verdiente es, gegen seinen Willen eingesperrt zu werden, wie ich nur zu gut wusste. Doch auf Nachfrage erklärte Suna, dass dies tatsächlich ihr Wille war und so verließ ich die Kammer. Krathus folgte etwas später, aus den Augenwinkeln sah ich noch, wie er sich eine Flasche Sand in den Mund kippte, nur um ihn danach wieder auszuspucken. Ich fragte besser nicht nach.

Der Weg aus dem Grab heraus verließ ohne Zwischenfälle, auch wenn Krathus’ voll beladenes Yak etwas sperrig war. Ich hoffte sehr, dass die Yuan-Ti ihren üblichen Pragmatismus an den Tag legen würden, wenn wir dort zwar zum einen mit den gewünschten Büchern, zum anderen aber auch mit weiteren Gegenständen aus dem Grab eines nun endgültig toten Imperators ankämen…