Tagebücher
Die Tagebucheinträge sind nach der Gesamtzahl der Sitzungen beider Gruppen strukturiert. Jedes Buch erzählt eine durchgehende Geschichte aus der jeweiligen Sichtweise des Charakters, der es geschrieben hat.
Gemeinsam ergeben diese Bücher die Zusammenfassung aller Ereignisse der Kampagne.
Sitzung 119
Da standen wir nun versammelt und Ava sprach ohne zu zögern den Namen Loganar’s dreimal in Folge. Ich war kurzzeitig erstarrt. Auch wenn wir dies in Betracht gezogen hatten, so dachte ich nicht, dass Ava ohne weiteres Nachdenken vorprescht. Aus dem kleinen Spiegel blickte uns nun ein großes Auge an.
Der Drache war erstaunlich gesprächig und für seine Art freundlich. Das stimmte mich umso vorsichtiger, obgleich meine anfängliche Sorge in Kürze in einem Schwall Feuer zu verenden mich meine Vorsicht vergessen ließ. So gab ich unfreiwillig Informationen Preis. Ob dies problematisch werden könnte blieb abzuwarten.
Wir erfuhren aber auch so allerlei Dinge. Unter anderem, dass er viel zu viel über uns wusste. Er begründete es damit, dass vieles Extrapolationen aus dem seien ,was er in anderen Realitäten sah – doch ein gewisser Part musste durch Informationen aus dieser Welt stammen. Und ich wunderte mich welcher Part das war und wie er die Informationen erhielt.
Dieser Bugbear namens Gudden, den die anderen bei ihrer Exkursion in eine andere Realität dabei hatten, war wieder zurück. Wie er das geschafft hatte blieb aber zunächst unklar.
Loganar gab sich alle Mühe uns begreiflich zu machen, dass er zum Wohle des Landes handelte. Er wollte den Plan seines Vaters verhindern, da dieser das Land in Feuer und Asche hüllen würde. Und dies sei für niemanden nützlich. Würden wir erfolgreich sein, würde die Magie verweilen und die Nexi ebenso. Mich ließ diese Aussage stutzen.
Zuvor erwähnte er, dass er als Beschützer eines Nexus seinen Platz nicht verlassen könnte. Würde er dies tun, so würden bei Shadar alle Alarmglocken klingen. Auch versuchte er zu beschwichtigen, dass er kein Interesse an den Plänen zur Großmacht hätte. Unsere Skepsis war groß. Und mich umgarnte der Gedanke, was wohl nach dem Fall Shadar’s geschehen mochte. Zu jenem Zeitpunkt war Loganar quasi ein Gefangener. Machtvoll, aber beschränkt in dem was ihm zu tun erlaubt war.
Wäre sein Vater weg, so würde diese Beschränkung entfallen. Mit intakten Nexi und einem dauerhaften magischen Zufluss hinderte ihn eigentlich nichts mehr daran im Umkehrschluss doch einen ähnlichen Weg einzuschlagen. War mein Misstrauen einfach zu groß? Vielleicht, aber etwas an der Art seiner Formulierungen störte mich. Es ließ mich aufhorchen und beunruhigte mich. Die Tatsache, dass es dem Zirkel des Kataklysmus scheinbar gelang seinem Blick in allen Welten zu entgehen verstärkte das Gefühl noch weiter. War dies bloß Theater und steckte er mit ihnen unter einer Decke, oder lag dem Ganzen mehr zugrunde? Und wenn sie sich ihm entziehen konnten, dann vielleicht tauch Shadar?
Im Verlauf des Gesprächs kamen wir nicht umhin auch das Heart of Rage zu thematisieren. Der Drache hatte über ein paar interessante Eigenheiten des dortigen Dragonkin Wächters zu berichten. Es handelte sich um einen Schwertkämpfer, der seine Kraft primär durch eine Form des Kampfrausches erhält. Zudem habe er zwei Großwächter in der Hinterhand, die bei Bedarf zur Unterstützung kommen könnten. Es schien, als wäre es gut den Wächter in gewisser Hinsicht zu beruhigen oder in seiner Kanalisierung seiner Kampfeslust zu begrenzen.
Krathus nutzte die Gelegenheit die Option zu erfragen ob er sein Banner am Ethereal Nexus aufladen könnte. Der Ätherische verneinte es nicht kategorisch, aber machte klar, dass in so einem Fall der Rote Verrat riechen würde. Es gab klare Zyklen, in denen die Paladine anreisten. Sei es um Kugeln abzuholen, oder besagte Banner zu laden. Wenn Krathus es aber schaffte sich in eine Delegation zu schummeln, dann wäre sein Vorhaben gegebenenfalls von Erfolg gekrönt. Die nächste Gruppe Kobolde wurde in einem Monat erwartet.
Dann brach Ava schließlich ihr Schweigen zu dem sie eigentlich antreibenden Thema. Sie schilderte die Situation mit Arina, der Blutmagie und den Folgen. Loganar erklärte uns, dass die Blutmagie einen Teil der eigenen Essenz einer Person ersetzte. Dies könnte bis zum Verlust des Selbst führen. Er erklärte uns, dass er fähig wäre dabei zu helfen. Es wäre eine Kleinigkeit für ihn. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, war dies eine krasse Aussage.
Das war auch der Moment, wo Krathus stumpf meinen Sachverhalt darlegte. Ich war zwiegespalten, ob ich darüber glücklich sein sollte oder nicht. Es erwies sich für Loganar aber als spannendes Thema. Scheinbar waren die Auswirkungen von Arina’s Ritual und der Verbannung der Blutmagie in meinem Fall ungewöhnlich. Er wollte nunmehr unbedingt die Elfe kennenlernen und sich mit ihr austauschen. Da er ihr zu helfen vermochte, war dies ein Wunsch, der sich automatisch erfüllen würde – sofern wir es schafften sie rechtzeitig zu ihm zu bringen.
Gleichzeitig wurde nun auch klar, was mit mir geschah. Mein Körper war quasi am sterben oder schon tot, doch meine Seele blieb intakt. Die Konsequenz aber war, dass es einen „neuen“ Körper brauchte. Das Ritual führte dazu, dass ich meinen Körper mit einem Ralkarion aus einer anderen Realität tauschte. In meine Bestreben mein Leben zu retten tötete ich aber ein anderes ich auf Raten. Das war viel zu verarbeiten …
Da wir nunmehr schon bei dem Thema der Blutmagie angekommen waren und Loganar noch einmal klarmachte, dass eine Person unter deren Einfluss durch andere zu manipulieren oder gar zu übernehmen sei, konnten wir unser Sorgenkind Garret nicht außen vor lassen. Wollte er seinen Meister retten, müsste dieser extrahiert werden und so bräuchte es natürlich auch einen separaten Körper. Der Drache sah sich durchaus imstande dies zu tun. Wir hätten verschiedene Optionen, um an einen brauchbaren Körper zu gelangen. Im Sludge Basin gab es scheinbar Golemkörper und dann war da noch Amastacia, mit ihren „Eigenkreationen“.
Wobei auch erwähnt worden war, dass es immer eine Frage ist wieviel der eigenen Essenz von der Blutmagie übernommen wurde. In diesem Fall also wieviel Prozent von Garret durch seinen Meister ersetzt worden war. Mir schien, als ob es da noch offene Fragen zu beantworten gäbe, bevor eine Extraktion stattfinden könnte.
Loganar gab zudem seine Gedanken zu dem Pakt mit den Yuan-ti preis. Laut dem was er bisher gesehen habe, brachen die Yuan-ti zum überwiegenden Teil ihren Pakt mit uns. Das war nicht ermutigend, aber auch nicht überraschend. Und damit endete dann unsere „Audienz“. Er schloss mit einer Warnung uns gut vorzubereiten, bevor wir uns zu ihm auf den Weg machen würden. Die ganze ehemalige Mocny Region war eine einzige Todesfalle und ohne entsprechende Vorbereitung kämen wir nicht weit.
Mir schwirrten die ersten Gedanken im Kopf, wie wir Arina sicher zu ihm bringen konnten. Und keiner gefiel mir. Ohne weitere Zeit zu verschwenden brachen wir aber sofort auf, um Arina einzuholen. Sie war noch nicht weit gekommen und so hatten wir die Gelegenheit uns kurz darauf erneut im Gebiet der ehemaligen Sshistana zusammenzusetzen.
Ava’s Verhalten war zuletzt anstrengend gewesen, aber ich verstand, dass sie sich um Arina sorgte. Auch wenn sie es nicht immer zuließ diesen Gefühlen nachzugeben. Etwas, dass ich für kein gutes Zeichen hielt, da es sie innerlich zerriss. Und wenn die Erfahrungen der Vergangenheit eines besonders gezeigt hatten, dann war es wie unangenehm eine „kaputte“ Ava war.
Arina war nachvollziehbar ungläubig über die plötzliche Mitteilung einer potentiellen Lösung für ihr Problem. Es war kaum eine Stunde vergangen seit wir uns eigentlich verabschiedet hatten. Sie haderte auch damit die Yuan-ti etwaig im Stich zu lassen, nur um sich selbst zu helfen. Schließlich bräuchte das ganze Volk Hilfe und daher war es so wichtig die Forschung zurückzubringen. Wir versicherten ihr, dass es nur aufgeschoben wäre und die Forschung zwischenzeitlich sicher verwahrt würde.
Blieb nur noch die Frage offen, wie sie zu Loganar gelangen sollte. Zeit war ein Problem. Ihre lief kontinuierlich ab und auch der Drache vermochte nicht vorauszusagen wie lange sie ohne Behandlung durchhalten konnte. Eine Reise nach und durch Mocny würde aber sicher länger als vier Tage dauern. Das war unser Zeitlimit bis zum Treffen mit Harkis und dem Weg zum Heart of Rage. Plus was immer wir an Reisezeit dorthin benötigen würden. Eine Bredouille, die sich im stetig irrationaler werdenden Verhalten Ava’s manifestierte. Plötzlich schlug sie vor Arina alleine loszuschicken und das im Zweifel sofort. Dabei ignorierte sie alle Warnungen, die kurz zuvor von Loganar ausgesprochen worden waren.
Sinnvoll war es, dass sie auf unsere Rückkehr vorbereitet sein sollte und am Besten an einem Ort, wo wir sie einfach nur noch aufsammelten und der bereits nahgelegen zu unserem Ziel war. Doch sie allein vorzuschicken war ein Todesurteil. Wieso sah Ava das nicht? Vermutlich, da ich es ihr sagte. Denn in letzter Zeit war nichts was ich sagte gut genug in ihren spitzohrigen Gehörgängen. Etwas, dass sich zunehmend als Problem für mich erwies.
Bisher war unser einziger Ansatzpunkt sie zur Höhle von Bolg’Mor östlich von Kettlehall Summer zu teleportieren und dort warten zu lassen. Aber mir kam noch ein Ansatz. Doch er gefiel mir nicht. Über die Points hätten wir die Option via Schiff schneller und näher an unseren Zielort zu gelangen – sofern meine „Familie“ überzeugt werden konnte uns zu helfen. Was sicher seinen eigenen Preis hätte.
Bevor ich dies aber vorschlug wollte ich es zunächst einmal privat mit Ava durchsprechen. Emotional war es kompliziert für mich und davon abgesehen mochten weitere Unwegsamkeiten bevorstehen, die noch nicht abzusehen waren. Es war notwendig erst einmal zu klären was machbar war und ob dieser Weg überhaupt in Frage käme. Und wenn ja und dieser Plan genommen würde, so war es für mich das Wichtigste, dass ich bei der ganzen Sache jemanden an meiner Seite wüsste auf den ich mich hundertprozentig verlassen konnte. Im Nachgang betrachtet hätte ich wohl besser jeden fragen sollen, nur nicht sie.
Kaum nahm ich sie beiseite, da guckte sie mich bereits mit diesem Ausdruck in den Augen an … Es hätte mir eine Warnung sein sollen. Ich kam gar nicht dazu mein eigentliches Anliegen anzusprechen, da posaunte sie schon lauthals in genervter Stimme hervor, dass es ja wohl Arina’s Entscheidung wäre, welchen Weg sie einschlagen wollte. Wobei sie keinen Hehl um das soeben Vorgetragene machte. So ließ sie mich damit zurück, dass ich nunmehr keine Wahl mehr in dieser Sache hatte. Sie zwang mir auf, dass dies nun final eine Option war. Und wenn Arina dies wollte, so hätte ich mitzuspielen – völlig egal was ich davon hielt, oder was es kosten würde.
Zumal sich mir die Frage stellte, wie Arina eine Entscheidung treffen sollte. Sie kannte die Regionen nicht einmal. Wir mussten Optionen durchsprechen und schauen, welcher Weg der potentiell Sicherste war. Aber in ihrer grenzenlosen Weisheit ließ Ava lediglich ihren Anti-Ralkarion-Hammer schwingen.
Denn laut ihr hatte jeder selbst die Wahl was er tat … außer dem nervigen Tiefling. Ich kochte vor Wut. Und ich fluchte ob meiner Dummheit ihr mein Vertrauen in dieser Sache schenken zu wollen. Nachdem dieser Weg nun im Raum stand und Arina schließlich mein Leben gerettet hatte, war ein Rückzug unmöglich geworden. Bei allem was mir im Magen quer lag, so hatte ich aber ein Gefühl, als ob dieser Weg zeitlich der kürzeste sein mochte. Und Zeit war das große Problem in dieser Gleichung. Also argumentierte ich auch noch dafür. Je mehr sich dies nun als Wahl manifestierte, desto übler wurde mir.
Da der Teleportzirkel der Points bewacht wurde, würde ich zudem alleine vorgehen müssen. Wenn mich aber jemand begleiten sollte, dann war eines nun ganz klar: Nicht Ava!
Sitzung 118
Nach langer Zeit ging es also mal wieder in Richtung des Lurkers. Ich betrat die Kneipe als letzte, merkte allerdings sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Kneipe war gefüllt von in Reihe sitzenden Halblingen, die nach vorne starrten, wo Lurk vor zwei weiteren Halblingen stand, die jeweils mit diversen Innereien besudelt waren und Schwerter auf dem Rücken trugen. Was auf den ersten Blick wie ein okkultes Ritual wirkte, stellte sich auf den zweiten als eine Hochzeit mit sehr… ungewöhnlichen Bräuchen heraus. Doch was durfte ich als Elfe aus Ravengrove schon groß über ungewöhnliche Sitten sagen. Lurk gewann recht schnell die Fassung zurück und tat so, als wäre der Aufsicht geplant und es würde nunmehr zur Unterhaltung der Gäste einen Kampf zwischen Garret und Krathus geben, als Reenactment von Garrets Kampf gegen Cuu. Die Waffen wurden gereicht, Garret bekam einen Besen und Krathus einen… Fisch? Ich setzte mich. Das versprach, gut zu werden. Tatsächlich enttäuschten die beiden nicht, doch war Krathus aufgrund seiner Waffe dermaßen im Nachteil, dass Garret letzten Endes erneut als strahlender Held von Zoica dastand. Ich ertappte mich grinsend bei dem Gedanken, ob der ehemalige First Protector wohl diesmal zu seinen Pflichten stehen und die Hochzeit zu einem guten Ende führen würde. Der Rest des Abends verlief dann wie geplant feucht-fröhlich, auch ich hielt mich nicht zurück. Nicht, dass ich noch auf den Gedanken käme, pflichtbewusst Lia hinterherzujagen. Krathus bekam ebenfalls noch seine eigene kleine Genugtuung an mir, als er lautstark verkündete, dass ich die Zeche für Rachwood zahlen würde. Ich tat ihm den Gefallen - wenn er dadurch wieder versöhnt wäre, war es das mehr als wert.
Am nächsten Morgen hatte Ralkarion, nun wieder ein Tiefling, seine lautstarke Freude daran, unsere Brummschädel zu seinem Vergnügen zu nutzen. Sei es drum, das hatte ich nach meinen Sprüchen durchaus verdient. Wenig überzeugt begannen wir nun mit der Suche nach Lia in ihrem Zimmer. In dem Ralkarion und Razora in der Nacht vorher ihre Beziehung gefeiert hatten. Ich war von den Häusern der Heilung durchaus ekelhafte Krankheiten und Verletzungen gewohnt, doch beim Anblick des Zimmers revoltierte mein Magen dann doch. Nach einer vorsichtigen Inspektion des Zimmers fanden wir keine Hinweise, bis wir unter dem Kissen eine Goldmünze aus Ailamere fanden. Kurios. Wie mochte die dort hingekommen sein? Und warum hatte sie jemand dort positioniert? Als Zeichen? Hinweis? Aber für was?
Nach diesem unerfreulichen Intermezzo stiegen wir in den Keller hinab, um uns dem nächsten zu stellen. Wie eine Wache verriet, hatte Al’Chara eine Audienz bei der Herrscherin der Stadt. Innerlich überlegte ich mir nur halb im Spaß, wie ich es schaffen könnte, Ralkarion so zu positionieren, dass nur er die Brodems der Drachinnen abbekäme, nachdem er ihnen erneut unweigerlich ans Bein pinkeln würde. Ob diese Abneigung der Obrigkeit gegenüber mit seinem Aufwachsen in Ailamere zu tun hatte?
Zwar waren alle in der erwartbaren Laune, unerwartet war jedoch, dass wir beide in ihrer Drachengestalt vorfanden. Was Al’Chara angeht war uns ihr Nablick noch deutlich im Kopf, Posetines Äußeres hingegen überraschte mich enorm. Ja, ein roter Drache, doch von irgendeiner Art obskuren Magie dermaßen vernebelt und verfärbt, dass die Schuppen je nach Blickwinkel eine eher blauschwarze Färbung annahm. Es war nur schwer zu beschreiben. Ebenfalls unerwartet war Posetines (oder sollten wir sie Lady Logoth nennen?) Eröffnung, dass sich ein gewisser Loganaar bei ihr gemeldet hatte. Der Sohn des Roten, den der arme Gudden so sehr verehrt hatte, schlug eine Allianz vor. Aus irgendeinem Grund fragte Posetine uns um Rat, doch waren wir ebenso skeptisch wie sie. War sie ernst gemeint, wäre es enorm hilfreich. Jedoch bestand genausogut die Gefahr, einen Logoth durch einen anderen zu ersetzen. Wir schlugen daher ein Treffen zwischen beiden auf neutralem Boden vor, um sich ausloten zu können.
Immerhin hatte sich Loganaars halborkischer Abgesandter eines unserer Probleme angenommen und Posetine Lias Prinzessinenbuch ausgehändigt. Dieses Buch würde ich wohl überall erkennen. Auch wenn es unangenehme Fragen aufwarf, wie zum Beispiel, wie Loganaar von den Vorfällen des gestrigen Abends wissen konnte, hoffte und fürchtete ich, dass sich die Suche nach Lia damit erübrigt hatte. Und tatsächlich, wenig später entsprang die junge Therion dem Buch, sichtlich verärgert und beschämt über ihre Gefangennahme durch den Abgesandten. Übrigens ein weiteres, beunruhigendes Detail: Wie hatte dieser Abgesandte einen ausgewachsenen Drachen so einfach im Alleingang einfangen können? Damit kehrte auch die Diskussion um den weiteren Umgang mit Lia und Mundi zurück. Ralkarion war der festen Überzeugung, dass man erstmal ohne Lia zu Mundi gehen könne und mit ihm Bedingungen aushandeln könne. Was ich für vollkommen abwegig hielt und darin Unterstützung von Krathus und Garret erhielt. So musste Ralkarion von seiner Position abweichen, Lia auf keinen Fall auszuliefern. Er war also in der Lage, seine Moral im Notfall beiseite zu schieben, immerhin. So konnten wir uns dann dem Thema zuwenden, wie wir Lias erneute Flucht aus Mundis knöcherner Umarmung erleichtern könnten, ohne dass es auf uns zurückfiele. Wir verfielen recht schnell auf die Optionen, einen Teleportzirkel in ihrem Buch einzurichten, sie selbst einen Notfallzauber vorbereiten zu lassen, der sie aus der Dreadspire herausteleportierte oder Chrylax um eine Teleportschriftrolle zu bitten. Um ehrlich zu sein erschien mir nur die erste Option als einigermaßen erfolgsversprechend. Dann kam der wohl drastischste Vorschlag von Lia selbst. Nachdem sie plötzlich um mein Schwert bat, hackte sie sich zu unserem Schreck einen Finger ab und übergab ihn uns. Sollten alle Versuche fehlschlagen, so ihr Plan, würde sie sich umbringen und wir müssten sie mit Hilfe des Fingers wiederbeleben. Schließlich schuldeten die Hextor Garret und Ralkarion noch einen Gefallen, sollte Harkis diesen nicht mittlerweile eingelöst haben, was mir wenig wahrscheinlich erschien. So drastisch der Plan auch war, kam ich nicht umhin, die Kreativität desselben und Lias Opferbereitschaft für ihre Freiheit zu bewundern. Ralkarion hingegen schien es sich von da an in den Kopf gesetzt zu haben, Lia vor Dummheiten zu bewahren. Immer wieder drang er darauf, die Pläne in eine vorgegebene Reihenfolge zu bringen, an die sich Lia halten solle und ihren eigenen am Besten ganz zu vergessen. Was anfangs noch halbwegs verständlich war, wurde im Laufe des Gesprächs zunehmend nervig. Was bildete sich der Kerl eigentlich ein, Lia, die WIR wegen unbedachten Äußerungen an jemanden ausliefern würden, zu dem sie unter keinen Umständen gehen wollte, Vorschriften zu machen? Und warum, weil wir eventuell unsere eigenen Pläne hinten anstellen mussten? Was Mitglieder dieser Gruppe ohnehin immer wieder taten? Dazu schien er zu glauben, dass Lia sich bei erster Gelegenheit umbringen würde und die anderen Pläne nicht in Erwägung ziehen würde. Wer um alles in der Welt würde sich denn bitte umbringen, wenn es Alternativen gab? Für wie bescheuert hielt er Lia? Ich gebe zu, ich war möglicherweise etwas grob in meiner Ausdrucksweise, doch die unterschwellige Arroganz, die Ralkarions Äußerungen zugrunde lag, brachte mich auf die Palme. Letzten Endes entschieden wir, für alle Pläne Vorsorge zu treffen und wenn möglich schon bei der Übergabe so ablenkend zu sein, dass Lia eventuell sofort entkommen könnte.
Während sich also Ralkarion mit Lia ins Buch begab, um den Teleportzirkel aufzustellen, ging ich mit Krathus und Garret auf die Suche nach Chrylax. Nachdem wir an seinem Haus erfuhren, dass er nunmehr in der Akademie lebte, machten wir uns dorthin auf den Weg. Tatsächlich stand er gerade vor einer Gruppe aus Lehrlingen und schwadronierte einmal mehr über den Segen von magieerzeugtem Feuer. Als er Krathus sah, schien er sich sogar besonders zu freuen und ließ uns keine Chance, unser Anliegen schnell abzuhandeln. Stattdessen bat er Krathus zu einer für die Schüler lehrreichen Demonstration nach vorne. Böses ahnend flüchtete ich mich vom Dach der Akademie. Zurecht, denn kurz darauf fegte eine Feuerbrunst über mich hinweg. Als ich wieder nach oben stieg, wirkte Krathus recht angesengt, während Chrylax zufrieden seine Stunde damit beschloss, den Schülern demonstriert zu haben, wie man besonders hartnäckige Gegner mit Feuerbällen ausschalten konnte und sie dann zwang, die Mauer herunterzuspringen. Magier und ihre Lehrmethoden… Das darauf folgende Gespräch ließ unseren Besuch endgültig überflüssig erscheinen, denn Chrylax war nicht in der Lage, eine Teleportschriftrolle herzustellen, so dass wir unverrichteter Dinge zurückkehrten.
Ralkarion und Lia waren erfolgreicher gewesen, jedoch berichtete Ralkarion von einem Wolf, der sich als Trugbild getarnt und sie beobachtet hatte und eine weitere Ailamere-Münze hinterlassen hatte. Ganz offenbar schien der Hinterlasser der Münzen auf Ralkarion aus zu sein. Kombiniert mit seinen körperlichen Veränderungen, die ihn mehr und mehr nach Seemann aussehen ließen, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dort jemand neues Interesse an ihm geschöpft hatte. Ein Mitglied seiner illustren Familie vielleicht?
Schließlich war die Zeit zum Aufbruch gekommen. Nach Aussage von Garret und Ralkarion war es besser, wenn man Lia dort nicht sah, daher verbarg sie sich unter einem Unsichtbarkeitszauber. Unsere Sorgen waren unbegründet - leider. In Scourgefaust angekommen, stellten wir fest, dass die Festung leergefegt war wie wir wenig später feststellten, galt dies auch für die Stadt? Was war hier nur geschehen? Doch Antworten mussten warten, als uns auffiel, dass Lia auffällig still war. Ein Blick in die ätherische Welt meinerseits bestätigte unsere Vermutung, dass sie sich von uns gelöst hatte und ich verfluchte mich dafür, nicht schon früher daran gedacht zu haben. Glücklicherweise jedoch war sie nicht weit gekommen - sie war zur Ruhestätte Mundos gelaufen und machte uns erneut sehr eindrücklich klar, welchen der beiden Brüder sie bevorzugte. Dennoch kam sie zu unserem Glück ohne weitere Klagen mit und mit einem letzten Teleport ging es nach Dreadspire. Dort erwartete uns ein einzelnes Skelett, dass jedoch unmissverständlich klar machte, dass Mundi gerade nicht verfügbar sein. Er habe einen Feldzug gegen die Yuan-Ti zu führen. Ob wir Faranar dabei helfen würden? Wir könnten hier eh nicht weg, der Bereich sei magisch versiegelt.
Also wieder eingesperrt. Ich kämpfte mit meiner aufsteigenden Panik aufgrunddessen, was mir jedoch nur mäßig gelang. So willigte ich viel zu schnell ein, Mundis Lieutenant Faranar bei der Schlacht zu helfen, als uns das Skelett versicherte, dass es auch Rebellen gegen die Yuan-Ti seien. Ich hasste enge Orte…
Nachdem wir zum Schlachtfeld gebracht worden waren, stellte sich Faranar auf den ersten Blick als unsichtbar heraus. Auf meinen zweiten, speziellen Blick war er ein fetter Zwerg, der gemütlich auf seinem Knochenross saß. Nackt. Ein Anblick, der mich trotz unserer Situation amüsierte. Was stimmte nur mit meinem Humor nicht? Aus der Enge des Dreadspire befreit kamen mir nun Bedenken, doch es half nichts, wir hatten zugesagt, für Mundi Soldaten zu spielen. Jetzt einen Rückzieher zu machen, würde sich mit Sicherheit negativ auf unsere Verhandlungsposition auswirken. So blieb nur zu hoffen, dass es sich tatsächlich um Rebellen handelte und wir sowohl Mundi als auch Sardak einen Gefallen täten, wenn wir gegen sie vorgehen. Davon abgesehen konnte es als ein recht guter Test für unsere Fähigkeit gelten, Zoica zu verteidigen.
In dem Fall wäre Zoica vermutlich verloren. Ein Zauber Ralkarions ließ zwar eine Einheit Bogenschützen des Gegners nicht in die Schlacht eingreifen, doch war er dermaßen darauf bedacht, die Yuan-Ti nur bewusstlos zu schlagen, dass er fast sein eigenes Bataillon verlor. Nicht nur das, er hinderte auch die nachrückenden Untoten daran, in den Kampf einzugreifen und gefährdete damit den Ausgang der Schlacht und die Leben von uns und seinen Soldaten. Krathus und Garret schienen zunächst ihre Abmachung zu erfüllen, verfielen dann jedoch in einen unerklärlichen Kampfrausch, der sie auf einem Skelettriesen reitend die Glorie und Ehre, gegen einen überlegenen Gegner zu triumphieren, über den Erfolg der Schlacht stellen ließ. Was den Skelettriesen unnutzbar machte. Und ich… nun, ich stand weit hinten, praktisch unfähig, etwas am Kampfgeschehen zu ändern außer dem Katapult Anweisungen zu geben, wohin es schießen sollte. Auch wenn wir die Schlacht gewannen, erlitten wir Verluste in einem Ausmaß, die mich um die Verteidiger Zoicas bangen ließ.
Doch immerhin erkaufte es uns endlich die erwünschte Audienz mit Mundi, der inmitten seiner Skelettarmee am Fuße der Dreadspire in einem Zelt wartete. Unser Aussahen versetzte uns immerhin in die glückliche Lage, festzustellen, dass seine Abneigung gegen Blut eine Tatsache war, auch wenn sein Untergebener Bashere ihn so gut wie möglich davon abschirmte. Auch der Rest der Audienz verlief erfolgsversprechend. So sicherte Mundi zu, in Verhandlungen mit seinem Bruder zu treten und auch mit den Yuan-Ti würde er Frieden halten, solange diese nicht ihn oder die Ungol angriffen. Als Zeichen seines guten Willens hatten wir die gefangenen Yuan-Ti zuvor nach Sardak geschickt, damit man dort mit ihnen umgehen würde, wie es den Gesetzen der Sardak entsprach. Und bei alledem schafften wir es irgendwie, Mundis Aufmerksamkeit zu zu fesseln, dass sich Lia währenddessen herausschleichen konnte.
Erst als es zu spät war, fiel Mundi die erneute Abwesenheit seiner Frau auf. Sichtlich unamüsiert beendete er daraufhin abrupt die Audienz und ging mit Bashere hinaus. Ralkarion wollte es sich aus irgendwelchen Gründen gemütlich machen, abzuhauen würde uns als mögliche Kollaborateure in ihrem Verschwinden verdächtig machen. Wie er darauf kam, war mir unklar - Mundi hatte die Audienz beendet, weiter dort herumzusitzen würde uns bestenfalls als Verächter seiner Autorität darstellen. Noch dazu hatte Krathus eine recht unbedachte Äußerung fallen gelassen. Zum entsprechenden Zeitpunkt hatte Mundi dem keine Beachtung geschenkt und vielleicht hatte er sie nicht einmal gehört. Doch sollte Mundi auf den Gedanken kommen, dass wir etwas mit Lias Verschwinden zu tun haben könnten, wollte ich mich nicht inmitten seiner Armee aufhalten. Eine Einstellung, die auch von Krathus und Garret geteilt wurde und so landeten wir eine Verwandlung in Meeresfrüchte später wieder in Sshistana und teilten Arina mit, dass unsere Bemühungen von Erfolg gekrönt gewesen waren. Wie selten wir das doch sagen durften. Da Harkis am nächsten Tag zurückerwartet wurde, beschlossen wir, einmal mehr über Nacht hier zu bleiben.
Zum ersten Mal seit Tagen ließ ich meine Anspannung fallen, doch dadurch ließ die Nähe zu Arina Gedanken aufkommen, die ich bisher verdrängt hatte. Ich war aufgebrochen, um die Welt zu sehen, dann war ich in diese Geschichte mit den roten Drachen hereingesogen worden. Bisher hatte ich gedacht, dass ich danach wieder nach Ravengrove zurückkehren würde, doch die Sache mit Arina und dem Blutfluch hatte eine Erkenntnis zutage gefördert, die ich rückblickend schon vor einem Jahrhundert hätte zulassen müssen, hätte ich mich nicht immer wieder mit neuen Ablenkungen diesbezüglich belogen: Ravengrove war schon lange nicht mehr mein Zuhause. Doch was war es dann? Was war es, wofür ich all das hier tat? Und wer wäre ich, wenn ich das hier lebend überstand? Auf all das fand ich keine Antwort. Ironisch. Zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich relativ genau, wer ich war, doch hatte über diese Erkenntnis meine Heimat und mein Ziel verloren. Vielleicht hätten die anderen Antwort für mich… in dieser Hoffnung fragte ich sie, was sie eigentlich danach vorhätten. Krathus antwortete wie aus der Pistole geschossen, dass er weiter Reichtümer für seinen Hort anhäufen würde, die er den Rachwoodlern zugute kommen lassen würde, zu denen er eine starke Bindung verspürte. Garret hingegen hatte kleinere Pläne. Ihn plage das Heimweh, er würde zu seiner Familie zurückkehren und die Brauaerei weiterführen und mit all den gewonnenen Eindrücken neue, bessere Whsikeys erstellen. Ralkarion brauchte etwas länger, doch offenbarte schließlich, dass er darüber nachdächte, mit Razora die alte Taverne zu führen. Alles durchaus Pläne, die ich eigentlich als sinnfüllend und schön erachten müsste und es für meine Gefährten auch tat - doch mir persönlich führte es nur meine eigene Ziellosigkeit vor Augen, nichts davon erschien mir nach etwas, was ich mir vorstellen könnte. Ich wich der Gegenfrage erst aus, doch schließlich offenbarte ich meine Gedanken. Ralkarion bemühte sich, mir zu versichern, dass ich immer bei ihnen willkommen sei. Ich war ihm durchaus dankbar, doch spürte irgendwie, dass die Leben, die sie beschrieben, nicht meine Zukunft wären. Ich konnte mir plötzlich nicht mehr vorstellen, mich jemals irgendwo niederzulassen, weder an einem Ort noch mit einer Person. Doch gleichzeitig verspürte ich keine Sehnsucht danach, auf ewig umher zu ziehen. Es war verwirrend. Und so wischte ich die wohlmeinenden Äußerungen meiner Gefährten rüder als nötig beiseite. Ich war froh, dass sie so reagiert hatten, doch dies war offenbar etwas, wobei sie mir letztendlich nicht helfen konnten.
Am nächsten Morgen traf Harkis wieder in Sshistana ein und nahm die Informationen zur Kenntnis, wenngleich er nicht übermäßig begeistert wirkte, gleich wieder umkehren zu dürfen. Insgeheim fragte ich mich, ob er bei Ssai Sardak in Ungande gefallen war - erst die Äußerung Sunas, die deutlich machte, dass der Imperator Harkis etwas aus Misstrauen verheimlichte, nun die ständigen Botengänge, die jemandem in seiner Position eigentlich eher unwürdig waren. Das, gemeinsam mit der Zerstörung von Sshistana und dem damit verbundenen Rückschlag der Pläne der Yuan-Ti, ergaben ein gewisses Bild. Wie um meine Gedanken zu unterstützen, ließ er uns wissen, dass die Yuan-Ti ihren Teil der Abmachung einhalten und uns bei der Übernahme des Heart of Rage Nexus helfen würden - indem er allein uns unterstützte. Ob das nun ein Zeichen von Ehrerbietung war oder der Imperator einen unliebsam gewordenen Untergebenen loswerden wollte, vermochte ich nicht zu sagen.
Wir packten zusammen, alles schien erledigt. Dann jedoch bemerkte Arina etwas, was mich bis ins Mark erschütterte. Sie würde nicht mehr lange leben, da der Ort zerstört war. Ich ging bis dahin aus, dass sie mit ihrer Bindung an Sshistana das Land selbst gemeint hatte, doch tatsächlich war es die Einrichtung gewesen, die sie am Leben gehalten hatte. Wenn diese schnell genug wieder errichtet würde, gäbe es eine Chance, zu überleben, anderenfalls würde sie unweigerlich sterben. Ich kämpfte mit den Tränen - sowohl jenen aus Trauer, als auch auf Wut. Daran war dieser verdammte Blutfluch schuld, der auf Ravengrove lag. Und die verdammte Geheimniskrämerei der Elfen dort, die es Arina unmöglich gemacht hatte, sich davor zu schützen. Sollte Arina sterben, hätte dort jemand Fragen zu beantworten…
Doch der Schock und die Trauer wog schwerer und so umarmte ich Arina zum Abschied sehr viel länger und fester, als ich es vielleicht sonst getan hätte. Ich hoffte sehr, dass es kein Abschied für immer war, als wir Sshistana den Rücken kehrten. Kaum waren wir außer Hörweite, verkündete Ralkarion natürlich sofort, Arina retten zu wollen. Worte, die sich wie glühende Dolche in meine Brust bohrten. Natürlich wollte ich das auch, aber es gab Wichtigeres und wenn wir wegen jeder einzelnen Person, und war sie uns noch so wichtig, ständig alles andere hintenan stellen würden, opferten wir Logothil für unsere persönlichen Interessen. Wofür er natürlich nicht empfänglich war, genauso wenig wie ich für seine fast schon übliche Argumentationsweise, dass wir dann ja nicht besser als der Rote seien. Es war sinnlos, ihm beizubringen, dass ich keinen Wert darauf legte, „besser” als der Rote zu sein, solange meine Handlungen für Logothil ein besseres Ende versprachen. So wechselte Ralkarion die Argumentationsschiene und brachte vor, dass Arina mehr von Blutmagie verstand als alle anderen, die wir kannten und wir dieses Wissen gegen den Roten brauchen würden. Außerdem würde es unsere Allianz mit den Yuan-Ti stärken, wenn wir eine der Ihren retteten. Mir fielen sofort eine Million Gegenargumente ein - damit angefangen, dass er die Mentalität der Yuan-Ti offenbar noch immer nicht verstand und der Imperator Arina ganz offensichtlich nicht als eine der Ihren sah - Sunas Auftrag hatte beinhaltet, Harkis deshalb nichts zu sagen, weil er es „der Elfe” sagen könnte. Und Arina selbst hatte schon mehrmals selbst zu Protokoll gegeben, dass sie mehr die Effekte als die tatsächliche Wirkweise der Blutmagie verstand und diese nur aufgrund des gesammelten Wissens der Yuan-Ti behandeln konnte. Und das, wie man bei ihr selbst und Ralkarion sah, auch nicht ohne gravierende Nebenwirkungen. Auch war die Frage, inwiefern Arina überhaupt mit ihrer Existenz als Yuan-Ti zufrieden war, die noch dazu an einem Ort gefangen war - bisher hatte sie bestenfalls so gewirkt, als hätte sie sich damit abgefunden.
Doch ich WOLLTE ihm Recht geben. Ein Teil von mir beanspruchte das Recht für sich, egoistisch zu sein und das Schicksal einer Freundin über das eines Kontinents zu stellen. Und war nicht zumindest ein Funken Wahrheit in Ralkarions Worten? Harkis schätzte Arina und ihre Fähigkeiten offenbar hoch, warum sollte es anderen Yuan-Ti nicht ähnlich ergehen? Und war es für unsere Mission nicht ausreichend, die Effekte von Blutmagie einzugrenzen, statt sie wirklich zu verstehen? Ich dachte lieber nicht zu lange darüber nach, in welchem Maße ich mich gerade selbst belog.
Die Frage nach dem wie erwies sich jedoch als schwierig. Uns fiel im Augenblick nur die Magie der Nexi ein, doch Ralkarions Nexus hatte derzeit nicht annähernd ausreichend Energie, eine Kugel zu erschaffen und die anderen Nexi waren mehr oder weniger außerhalb unserer Kontrolle. Es war zum Verzweifeln… und in dieser Verzweiflung fiel mir ein, dass uns ein Nexuswächter erst kürzlich eine Allianz angeboten hatte. Ohne den anderen auch nur die Chance zur Reaktion zu geben, holte ich einen Spiegel aus meinem Gepäck und sprach Loganaars Namen dreimal hinein. Als darin ein Antlitz erschien, dass dem von Posetine erstaunlich ähnlich sah, hoffte ich sehr, uns nicht gerade dem Tod ausgeliefert zu haben…
Sitzung 118
Mit der Zeit wurde es ruhig nebenan, nicht jedoch bei uns. Jene Nacht sollte einen speziellen Eindruck bei Razora hinterlassen. Und so vergaß ich für eine Weile alle Sorgen … bis der nächste Morgen hereinbrach.
Schon früh fanden wir uns wieder in der alt bekannten Gruppierung zusammen. Keiner hatte am gestrigen Tage noch irgendein Ziel verfolgt. Im Speziellen wäre dies Lia sein gewesen. Ich war zunächst nicht ganz freiwillig anderweitig abgelenkt. Es war aber durchaus auffällig, wie sie sonst niemand für unsere primäre Aufgabe interessierte. Mit ihrem heutigen Vorsprung war es natürlich keineswegs leichter geworden sie erneut aufzufinden.
Obgleich ich nicht glaubte sie im Compound noch aufzufinden, gingen wir den möglichen Spuren nach. Razora und ich hatten zwar Lia’s Zimmer über Nacht zweckentfremdet, aber es bestand die geringe Chance, dass sie es in der Früh wieder aufsuchen würde.
Man, hatten wir eine Unordnung hinterlassen. Der Anblick war schon sehr speziell. Bei der Suche nach Hinweisen wollte niemand so recht etwas anfassen. Das war verständlich und amüsant zu beobachten. Eine ache jedoch fiel auf. Eine Goldmünze lag unter dem Kopfkissen. Doch es war nicht irgendeine Goldmünze, es handelte sich um eine aus Ailamere. Das ergab nicht viel Sinn, da ich das letzte Gold von dort schon vor Ewigkeiten ausgegeben hatte.
Nachdem wir hier aber wenig überraschend keine weiteren Hinweise fanden, gelangten wir zu dem Schluss Al’Chara aufzusuchen. Kurzerhand stecke ich das Gold ein und wir bemühten uns eine Wache ob ihres Aufenthaltsortes zu befragen. Scheinbar hatte sie eine Audienz bei Posetine. Unser Weg führte demnach in die untere Ebene.
Beide Damen waren diesmal in ihrer Drachenform. Posetine war zu unserem Erstaunen zu dem erwarteten Rot ein wilder Mix aus blau und schwarz, welcher sich fast ätherisch über ihre Schuppen legte. Nicht die Farbe, die ich angenommen hatte. Al’Chara war wie gehabt ein Sonnenschein. Nach ihrem überaus durchdachten Auftritts vom Vortag hätte ich eigentlich einen Rüffel seitens der „Herrscherin“ erwartet. Ob es diesen gab, blieb aber unklar.
Vielmehr stellten wir verblüfft fest, dass sich der Sohn des Roten bei Posetine gemeldet hatte. Er offerierte eine Allianz gegen ihren gemeinsamen Vater. Zurecht war sie skeptisch, ich war es ebenso. Leider wussten wir rein gar nichts über ihn und konnten lediglich zur Vorsicht raten. Die Aussicht mit einem weiteren Drachen interagieren zu müssen hatte keinen positiven Effekt auf meinen Gemütszustand.
Gleichzeitig ließ er durch einen Abgesandten aber auch etwas für uns zurück. Ein Buch, welches erstaunliche Ähnlichkeit mit dem von Lia hatte. In der Situation konnte ich nicht sagen, ob es sich um ihr Buch handelte. So steckten wir es zunächst ein.
Für Krathus war die Audienz noch nicht beendet. Er erläuterte seine Idee die Rachwoodler mit Waffen aus Notherhall auszustatten und erbat einen finanziellen Zuschuss. Welcher überraschend einfach und in äußerst großzügiger weise erfolgte. Mehrere tausend Gold schwappten einfach mal so in seine gierigen Hände. Und wäre dies nicht schon genug gewesen, so machte er auch darauf aufmerksam, dass ihm ja noch ein „Hort“ in der Stadt versprochen war. Auch dies wurde schnell bejaht. Ob er je verstehen würde, dass diese Anhäufung von Gütern ihm keinen Ersatz für die wichtigen Dinge geben könnte?
Als das Gespräch nunmehr beendet wurde, konnten wir uns mit der unfreundlicheren Drachenlady auseinandersetzen. Sie war so mürrisch wie immer und ließ sich nur zähneknirschend dazu herab zu versuchen ihre Tochter aufzuspüren. Ohne Erfolg. Als wir dann einmal das Buch genauer untersuchten und aufschlugen, sprang Lia unverrichteter Dinge bereits hinaus. Offenbar war es doch ihr Buch. Sie zeigte sich auch etwas genervt. Scheinbar hatte der Unterhändler Loganar’s sie hier eingesperrt. Es war beunruhigend zu erkennen, wieviel dieser Loganar über die Vorgänge hier wusste. Am Ende vermochte er ein nicht weniger großes Risiko sein, wie es sein Vater darstellte.
Al’Chara zog davon und so forderten wir Lia zur Kooperation auf. Keinesfalls wollte ich sie Mundi einfach ausliefern. Das grenzte an Sklaventum. Ava hingegen zeigte sich jedoch stets unbeeindruckt von meinem Einwand. Zwar galt es das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren, aber wenn wir genauso rücksichtslos agierten, wie es Shadar tat, was unterschied uns dann von ihm?
Wir überlegten uns vier mögliche Optionen. Erstens: Einen Teleportzirkel in ihrem Buch einrichten. So könnte sie nach der Übergabe an Mundi hindurch fliehen. Zweitens: Mit ihrer eigenen Magie konnte sie einen Notfaölzauber präparieren, der sie aus dem Dreadspire hinaus in die Luft teleportieren würde, von wo aus sie zu fliegen vermochte. Drittens: Es sollte eine Teleportrolle von Chrylax beschafft werden. Zwar war dies sehr offensichtlich, aber scheinbar hielt sie es für möglich, dass Mundi so gedankenlos sein könnte dies zu übersehen. Viertens: Dies war der makaberste Ansatz. Sie schnitt sich einen Finger ab, den sie uns überreichte. Sollten alle Pläne fehlschlagen, würde sie sich umbringen und wir sollten sie dann mithilfe des besagten Fingers wiederbeleben lassen.
Da der letzte Plan recht früh in der Diskussion kam, versuchte ich schnellstmöglich diesen zu negieren. Ava war heute allerdings besonders aggressiv. Allein mein Widerspruch löste direkt eine patzige Tirade aus, die im Kern besagte ich solle die Klappe halten, wenn ich keinen besseren Vorschlag hätte. Keine Ahnung was da wieder in ihr los war, aber laut meinem Verständnis waren wir genau zu jenem Zeitpunkt dabei über dies zu grübeln. Ich hatte einen starkes Gefühl, dass sie um jeden Preis Dinge in Bewegung zu setzen wollte, ohne einen zweiten Gedanken zu verschwenden. Ich sah dies als eine kritische Entwicklung und machte mir Sorgen, was dies für die Zukunft bedeuten würde.
Nachdem aber schließlich doch noch einige Gedanken in Alternativen flossen, hoffte ich auf einen der ersten drei Pläne zu funktionieren. Und sowieso … Lia erwähnte, dass wir Mundi ablenken sollten, was ihr gegebenenfalls sogar eine weitere Option bot sich abzusetzen. So brachen Lia und ich in ihr Refugium auf, während die anderen versuchten eine Spruchrolle aufzutreiben.
Diese Regenbogenwelt hatte auch beim zweiten Besuch nichts an ihrer verstörenden Wirkung verloren. Was dies doch für ein krasser Gegensatz zur Realität war. Sie entschied, dass der Zirkel im Haus des großen bösen Wolfes am besten aufgehoben wäre. Die Figuren agierten in einer Schleife. Einer Schleife, die festhing. Als hätte man immer und immer wieder die erste Seite eines Buches gelesen. Ich began den Zirkel zu präparieren.
Dabei versuchte ich nebenher ins Gespräch mit der jungen Therion zu kommen. Sie machte den Eindruck eines Einzelkämpfers und verstrickte sich dabei stets aufs Neue in Probleme. Das kam mir äußerst vertraut vor. Leider war sie aber mitunter auch so eisig und abweisend, wie ihre Mutter. Ihr die Vorteile unserer Kooperation aufzuzeigen schien daher auch weiterhin nicht von Erfolg gekrönt zu sein. Da sie aber selber so gerne scharf schoss, gab ich auch ein paar Schüsse vor den Bug ab. Ob es je zu ihr durchdringen mochte blieb jedoch unklar.
Im Augenwinkel bemerkte ich, dass der eigentlich illusionäre Wolf aber ein Eigenleben zu entwicklen schien. Lia hatte das merkwürdige Verhalten zuvor nicht bemerkt. Da ich konzentriert weiterarbeiten musste, überließ ich eine Reaktion aber ihr. Doch kaum wurde der Sachverhalt angesprochen, da tat der Wolf überrascht und verschwand kurzerhand durch ein Portal. Er hinterließ lediglich eine Goldmünze … aus Ailamere. Es sah danach aus, als verfolgte mich jemand und spionierte mir nach. Inwieweit dies unsere Pläne mit der jungen Drachin beeinträchtigen würde war ungewiss. Auf lange Sicht musste ich dem ganzen aber nachgehen. Seit dieser ganzen Geschichte bei den Yuan-ti war mein Leben erneut anstrengender geworden.
Nachdem wir im Buch fertig waren, kehrten wir zu den anderen zurück. Diese hatten leider keinen Erfolg mit der Spruchrolle. Es gefiel mir gar nicht, dass einer von den drei brauchbaren Plänen somit ins Wasser fiel. Ohne weitere Zeit zu verlieren brachen wir nunmehr zum Dreadspire auf. Über Scourgefaust konnten wir bisher stets problemlos hinüber teleportieren. Lia verbarg sich unter einem Unsichtbarkeitszauber, da ihr letzter Aufenthalt dort eher problematisch gewesen war und wir kein Risiko eingehen wollten.
Als wir in Scourgefaust ankamen fühlte es sich aber wie ausgestorben an. Es waren keine Wachen weit breit zu sehen. Fast schon gespenstisch. Auf dem Teleporter zum Dreadspire wollte ich vor dem Teleport noch einmal erneut überprüfen, ob auch wirklich alle da waren. Lia reagierte nicht. Ava nutzte ihre Fähigkeiten unsichtbares zu entdecken und bestätigte unsere Befürchtungen. Obgleich wir davon ausgingen, dass sie sich abgesetzt hatte, fanden wir sie aber wenig später an Mundo’s ehemaliger Ruhestätte. Reminiszierend stand sie einfach dort. Sie wirkte fast verletzlich für einen Moment. Dann fing sie sich und wir setzten unseren Plan fort.
In Scourgefaust angekommen schien es aber nicht weiterzugehen. Ein Skelettdiener informierte uns, dass Mundi nicht verfügbar sei und wir die Bereich nicht verlassen konnten, da er magisch versiegelt war. Bevor der aktuell bevorstehende Feldzug nicht vollzogen war würde der Herr des Hauses keine Zeit für uns aufbringen können. Und das obwohl wir Lia bei uns hatten. So wichtig konnte sie für ihn dann wohl doch nicht sein.
Auf Nachfrage verriet das Skelett uns, dass Faranar angewiesen wurde eine Gruppe von Yuan-ti zu vernichten. Ich war außer mir. Genau das wollten wir verhindern. Meine Worte hatten aber nur wenig Gewicht. Angeblich handelte es sich dabei um „Rebellen“. Doch sah ich weiter die Gefahr eines bröckelnden Abkommens. Ich versuchte jedes kleine Wortspiel, um einen Weg zu finden diese ganze Aktion zu umgehen. Doch blieb ich erfolglos. Auch schien sonst niemand ein Problem damit zu haben gegen diese Yuan-ti vorzugehen.
Widerwillig ließ ich mich mit den anderen zum Schlachtfeld teleportieren. Je früher der Kampf beendet wäre, desto früher hätte Mundi Zeit für uns. Auch wenn es schwer war in dem Getümmel Rücksicht zu üben, wollte ich dafür sorgen, dass es so wenig Opfer wie möglich gab. Also lautete die Anweisung Gefangene zu machen. Dies gelang am Ende einigermaßen, obgleich es kein Vergleich zu der Zahl der Opfer gewesen war.
Schließlich konnten wir endlich mit Mundi sprechen. Doch war der Weg zurück nicht über einen Teleport zu machen. Stundenlanger Fußmarsch war keine Option. Daher verwandelte ich Ava und Garret wieder einmal in Shrimps und warf sie in meine Wasserflasche. Krathus und ich flogen auf seinem etwas abstrusen Reittier, während Lia sich selbst gut in die Luft zu schwingen wusste.
Ein riesiges Zelt war unter dem Dreadspire aufgebaut. Drum herum standen die Armeen der Untoten. Mundi und Bashere erwarteten uns. Ersterer war zufrieden Lia zu sehen. Die Abneigung ihrerseits erfüllte drei den ganzen Raum und man bekam den Eindruck, dass ausschließlich Mundi unfähig war dies wahrzunehmen … oder es interessierte ihn schlichtweg nicht.
Wir hatten unseren Teil der Vereinbarung eingehalten. Er sicherte zu Zoica in frieden zu lassen und willigte ein mit seinem Bruder in Verhandlung zu treten. Gleichzeitig wurden die Angriffe auf die Yuan-ti eingestellt. Interessant war aber, dass diese „Rebellen“ offenbar antimagische Felder kreieren konnten, die sogar seine Macht in die Schranken weisen konnten. Da die Gefangenen aber nun Richtung unserer „Alliierten“ gesandt wurden, war eine Befragung dahingehend nicht mehr so einfach zu realisieren. Solange die Yuan-ti nicht gegen die Ungol-Spinnen vorgingen, war der Frieden gesichert.
Während unseres Gesprächs mit ihm schien er abgelenkt. Ein paar unglückliche Umstände, wie ein versehentlicher Schnitt an einem Dolch, brachten ihn offenbar so durcheinander, dass Lia plötzlich unbemerkt herausgeschlichen war. Es war fast perfekt – aber eben nur fast. Krathus’ Versuch die Situation zu überspielen, beinhaltete eine Aussage, die uns aktiv zu Mitwissenden machen konnte. Ich glaubte er rettete sich dann noch mit einer weiteren Ausführung, aber in jedem Fall war unsere Audienz beendet. Mundi und Bashere verschwanden. Ava hatte das dringende Bedürfnis zu verschwinden, doch ich war entspannt. Fluchtverhalten würde nur unsere Schuld eingestehen. Sich etwas Zeit zu lassen konnte daher nicht schaden. Währenddessen zogen Mundi’s Armeen in alle Himmelsrichtungen aus um seine „Braut“ zu suchen.
Wir zogen ab und reisten knapp zwei Stunden gen Norden. Für Ava und Garret war die Reise wieder einmal mit turbulenten Stürmen auf hoher See in meiner Wasserflasche verbunden. An einem nicht einsehbaren Ort kreierte ich einen Teleportzirkel, mit welchem wir nach Sshistana zurückkehrten. Unser Ziel war es die Yuan-ti schnellstmöglich von unserem Erfolg in Kenntnis zu setzen. Arina war noch da, beschäftigte sich aber mit der Inventur, damit sie bald aufbrechen konnte.
Der Abend war davon gekennzeichnet zu entspannen. Es war eine gemütliche Runde. Ava überraschte mit der Frage was wir alle nach alledem wohl tun wollten. Ich hatte nie erwogen, dass wir lebend aus der Nummer rauskämen. Daher musste ich erstmal meine Gedanken sammeln. Garret erzählte davon wieder nach Hause zurückzukehren und das Familiengeschäft zu übernehmen. Scheinbar plagte ihn ein wenig das Heimweh. Wer konnte ihm das verdenken.
Krathus sprach über seinen Hort, wie er in Zoica einen gigantischen Haufen Gold zusammentragen wollte. Alle seine Phantasien drehten sich um Besitz. Ich kam nicht umhin ihn auf seine Familie und gewonnen Freunde anzusprechen. Irgendwie waren die wohl inkludiert, nur nicht verbalisiert worden. In mir gab es die Hoffnung, dass er vielleicht doch noch die wirklich wichtigen Dinge eines Tages mehr zu schätzen lernte.
Ich war noch halb am Überlegen. Sentimental dachte ich an meinen Ziehvater Jashier. Zu ihm nach Kettlehall zurückzukehren und vielleicht die alte Taverne auf Vordermann zu bringen war naheliegend. Ob Razora wohl willens wäre da mitzuziehen? Meine Gedanken lagen definitiv bei ihr, obgleich ich nicht einzuschätzen wusste, ob eine gemeinsame Zukunft realistisch war. Aber es klang nett.
Ava guckte bekümmert. Scheinbar hatte sie kein Ziel, dem sie danach folgen konnte oder wollte. Sich niederzulassen war keine Option, doch Alternativen fielen ihr auch nicht ein. Sie würde wohl weiter umherziehen und schauen was sich ergibt. Es betrübte mich zu sehen, dass sie nicht wirkte, als habe sie etwas für das sie leben konnte. Wir erinnerten sie daran, dass sie bei uns allen willkommen wäre. Es machte aber nicht den Anschein, als ob das half.
Die Nacht kam und wir gaben ihr nach. Am nächsten Morgen erreichte uns Harkis. Die Neuigkeiten über unseren Erfolg vernahm er so positiv, wie es Harkis eben fähig war. Wir machten darauf aufmerksam, dass es eine Vereinbarung gab. Nach dieser sollten die Yuan-ti uns bei unserem Vorhaben mit dem Nexus helfen. Es hätte eigentlich klar sein sollen, dass jedes Geschäft mit diesen Schlangen einen giftigen Fangzahn hat. Er ließ uns wissen, dass er unsere Unterstützung sein würde. Yay, welch Freude in mir aufstieg.
Ich machte auf die zeitkritische Natur unseres Unterfangens aufmerksam. Doch musste er zuvor dennoch die Nachrichten an den Herrscher Ssai Sardak überbringen und bedeutete mindestens vier Tage Reisezeit für ihn. Wir vereinbarten uns hier also in vier Tagen erneut zu treffen und dann gemeinsam aufzubrechen. So brach er direkt wieder auf.
Währenddessen packte Arina ihre Sachen. Wir halfen. Als alles verpackt war galt es ihr Lebewohl zu sagen. Dabei machte sie eine Andeutung, die wir zuvor so gar nicht vernommen hatten. Sie war im Begriff zu sterben. Ohne die Forschungseinrichtung war es unklar wie lange sie noch leben würde. Die Blicke richteten sich für einen kurzen Zeitraum auf Krathus. Wenn sie schnell genug einen neuen Ort wie Sshistana errichten konnten, gab es vielleicht Hoffnung. Ava versuchte sich zu kontrollieren, aber der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben. Umso herzlicher verlief die Verabschiedung. Nicht zuletzt verdankte ich ihr auch mein Leben.
Nachdem sie aufgebrochen war stand für mich fest sie zu retten und es mit Priorität zu tun. Ava sprach sich dagegen aus. Wir könnten nicht wegen einer Person riskieren, dass die Situation weiter in Shadar’s Hände spiele. Ich argumentierte, dass wir keinen Deut besser als der Rote wären, wenn wir sie so einfach aufgäben. Doch das war nicht genug. Also versuchte ich es auf anderem Wege. Sie zu retten bedeute einen weiteren Stein im Brett bei den Yuan-ti zu haben. Sie war wichtig für ihre Forschung. Zudem war unklar, was die Blutmagie mit Garret anstellen würde und Arina’s Wissen war notwendig ihm zu helfen in einem Notfall. Ganz davon abgesehen, dass der Rote selbst Blutmagie verwendete und dies jede Quelle über diese Form der Magie hilfreich für unser Ziel gesetztes Ziel war. Das wirkte.
Doch was konnten wir tun? Wir hatten das Wissen Nexuskugeln zu erschaffen, aber es brauchte noch einen vollen Nexus um eine solche Kugel aufzuladen. Bis der Arkade Nexus voll wäre würde es dauern. Und ob wir beim Heart of Rage eine Kugel vorfinden würden war unklar. Auch war es naheliegend, dass der Wächter die Macht des Nexus anzapfen würde, wenn wir gegen ihn vorgingen. Eine Kugel dort zu befüllen war also fragwürdig. Dann fiel Ava Loganar wieder ein. Nunmehr schien sie schon fast verzweifelt Arina helfen zu wollen. Ihr emotionales Wechselspiel verwunderte mich. Wir wussten inzwischen, dass man ihn wohl genauso wie Shadar anzurufen vermochte. Ich konnte kaum noch eine Warnung aussprechen, da griff sie bereits den nächstbesten Spiegel aus unserem Gepäck und sprach seinen Namen dreimal …