Tagebücher
Die Tagebucheinträge sind nach der Gesamtzahl der Sitzungen beider Gruppen strukturiert. Jedes Buch erzählt eine durchgehende Geschichte aus der jeweiligen Sichtweise des Charakters, der es geschrieben hat.
Gemeinsam ergeben diese Bücher die Zusammenfassung aller Ereignisse der Kampagne.
Sitzung 99 - Part 2
Vorher: [siehe Part 1 - Ralkarion]
Es war eine angenehme Abwechslung als unverhofft Garret, Ava und ein scheinbar neuer Begleiter names Krathus auftauchten. Ihren ominösen Begleiter Ralkarion bekam ich auch weiterhin nicht zu Gesicht. Dieser schien anderweitigen Aufgaben nachzugehen.
Zuletzt waren meine Fähigkeiten zwar zum Wohle der Stadt, aber nicht in dem Maß eingesetzt worden, wie es möglich gewesen wäre. Ehrlicherweise waren wohl auch andere Leute effizienter in der bürokratischen Tätigkeit, obgleich die Herrscherin sich durchaus positiv äußerte. Ihre Einschätzung beruhte aber nicht auf viel Erfahrungswerten. Etwas, dass auch nicht zu erwarten war. Dies war auch ihrer Prioritätenliste zu entnehmen. Von Vorteil wäre es gewesen zunächst die Wälle zu reparieren, der Bevölkerung Schutz zu bieten im Falle eines drohenden Angriffs. Doch ihre Meinung zu ändern bedurfte stets einiger Mühen und Fingerspitzengefühl. In jenem Fall jedoch vergebens.
Im Zuge der friedlichen Koexistenz sollte ich die Gruppe nun bei diplomatischen Gesprächen begleiten. Unser Ziel war der Dreadspire, vielmehr der berüchtigte Anführer der Untotenarmee Mundi. Dieser Ort und seine „Bewohner“ waren weit abseits des Pfades zum Licht. Schon mein erstes Zusammentreffen mit ihnen, die sie umgebende Aura des Verfalls – oder vielmehr dessen Fehlen –, hatte Auswirkungen auf meine Disziplin. Es war selten geworden eine aktive Gefühlswelt zu vernehmen. Hier aber stieg eine Form der Unruhe hinauf. Eine Herausforderung. Es war gut mich noch einmal damit konfrontiert zu sehen und etwas maßgebliches zu bewirken, weswegen ich der Gruppe natürlich sofort meine Unterstützung zusagte.
Dem Protokoll folgend galt es noch den letzten Bericht abzugeben und die Herrscherin über meine kommende Abwesenheit in Kenntnis zu setzen. Die Zeit drängte, wenn man dem Verhalten meiner drei Begleiter glauben durfte. Wieder einmal wurde es nötig Joey zu vermitteln, dass seine Arbeit als Wachposten im Hort einem Zweck folgte, auch wenn dieser sich übergangen fühlte durch das konstante Ignorieren seiner Wachtätigkeit. Ein guter Mann, das Herz am rechten Fleck. Ich wünschte mir, dass wir durch erfolgreiche Verhandlungen Schaden von ihm und seiner Familie fern halten könnten.
Herrscherin Dacra’s Hort nahm immer mehr Form an. Bald würden wir Slate wichtigere Aufgaben übertragen können. Unser Gespräch war kurz und prägnant. Die aktuellen Aufgaben meinerseits waren erledigt, nun galt es eine Armee von einem Einmarsch abzuhalten. Sie stimmte zu. Der Kobold war etwas vorlaut, als er nach Mitteln zur Erfüllung der Aufgabe fragte. Eine Eigenart ihrerseits war es blind in die Stadtkasse für alle möglichen Belange zu greifen. So fanden wohl etwas mehr als 100 Gold den Weg in die geschuppten Hände von Krathus. Mahnende Blicke aller Beteiligten das Gold zurückzugeben stießen auf keine Gegenliebe. Vermutlich war ihm die Lage der Stadt nicht vollumfänglich bewusst. Es würde sich auf unserem Weg aber sicher ein Zeitpunkt finden ihm dies näher zu erläutern. Jetzt galt es aufzubrechen.
Von den zwei Optionen entweder einen unklaren Weg über zwei Teleportzirkel zu nehmen, oder mit vorhandenen Pferden des Compounds den angestrebten Ort zu erreichen verblieb das Letztere. Ausgehend von meiner Erfahrungen mit dem letzten Teleport schien dies eher zu garantieren unser Ziel auch wirklich zu erreichen.
Die Reise bot die Option auf den aktuellen Stand der Bemühungen der Gruppe gebracht zu werden. Sie hatten beeindruckende Ergebnisse erzielt. Trotz oder gerade wegen der internen Konflikte vermochte ich nicht zu ermitteln. Vieles schien sich gegenseitig zu bedingen, sei es positiv oder negativ für das Wohl der einzelnen Mitglieder, wie auch der alles überschattenden Aufgabe. Gerade das Verhalten des Tieflings war, so hörte ich es aus der Art der Erzählungen Ava’s heraus, von unkontrollierten emotionalen Handlungen geprägt. Doch den wenigsten Individuen war es vergönnt Herr über diese zu sein. Darüber verärgert zu reagieren war eine unvorteilhafte Verwendung von Energie, mehr noch auch ein Anzeichen für eigene mangelnde Kontrolle. In unseren Lehren gab es eine passende Phrase, an die ich mich erinnert fühlte: „Den Regen zu verdammen, dass er nass sei vermag die Kleidung dennoch nicht zu trocknen – darum lässt man ihn mit Gleichmut gewähren. Stattdessen kann der Zeitraum durch weises Navigieren kontrolliert werden, in welchem man sich ihm ausgesetzt sieht.“
Es war faszinierend ihr zuzuhören. Seit unserem ersten Zusammentreffen hatte sich viel an ihrem Verhalten und Auftreten verändert – abseits von den Belanglosigkeiten des optischen Eindrucks. Sie war extrem fokussiert auf ein übergeordnetes Ziel und schien in der Lage zu sein ihre eigenen Emotionen meistens zu sublimieren – fast schon Qualitäten aus meiner Heimat. Doch ich spürte eine gewisse Unklarheit. Es mangelte an Balance und ganz offensichtlich haderte sie mit etwas. Die scheinbare Abwesenheit ihrer einstigen Leichtigkeit war kein Vorteil. Sie hätte helfen können gelassener mit den ihr gestellten Herausforderungen umzugehen. Es wäre interessant gewesen zu sehen, zu was sie unsere Techniken befähigen könnten. Und ich wunderte mich diese Seite von ihr nicht eher vernommen zu haben.
Nach den ausschweifenden Erzählungen entstand unerwartet ein reges Interesse an meiner Person. Nicht viele hatten sich bisher für meine Herkunft, oder Absichten interessiert – es war aber erfreulich dennoch so offen empfangen worden zu sein. Eine angenehme Abwechslung. Gerne war ich bereit von meinem Heimatort Szindazar, unserem außerweltlichen Beschützer Szindaresh und dem Weg des Lichts zu berichten. Wir missionierten nicht, es galt keiner Religion zu folgen. Es war eine für viele fremd wirkende Lebensart, die sich einem höheren Ziel verschrieb. Einige Details sparte ich jedoch aus, da sie zu komplex waren in wenige Worte zu verpacken.
Nach einer Tagesreise hatten wir dann auch gut die Hälfte der Strecke zum Dreadspire zurückgelegt. Als wir begonnen unser Lager für die Nacht aufzuschlagen zeigten sich die Pferde durchweg unruhig. Auch ich spürte etwas in der Luft liegen, aber fand keine direkten Anhaltspunkte woran dies lag. Wir blieben wachsam und ruhten.
Am nächsten Morgen erhielten wir etwas verfrühten Besuch. Ein Skelettpferd stand auf dem Weg, ein Rabe saß nicht fern in einem Baum. Dieses Bild kam mir sehr vertraut vor. Meine Begleiter schienen noch unsicher wegen des Pferdes, doch ich schritt direkt nach vorne und grüßte Farana. Laut seiner Aussage war es nunmehr wirklich an der Zeit gewesen, dass wir auftauchten. Ich machte die Gruppe mit ihm bekannt, bevor wir versicherten mit neuen Informationen zu kommen. Unter Anderem, dass die Hextor Zoica geräumt hatten. Doch diese Nachricht hatte ihn wohl schon erreicht. Als nächstes sprach er eine Einladung aus. Mundi hätte gern ein Gespräch mit uns. Aufgrund der noch zu überbringenden Informationen bezüglich Lia Therion und des Wunsches seines Bruders Frieden zu schließen war uns dies sehr willkommen. Beim Aufbruch wurde auch deutlich wieso die Pferde scheu waren. Neben uns eingegraben waren große skelettartige Spinnen gewesen, die nun aus dem Untergrund auftauchten und eine Eskorte bildeten. Eine, die klarmachte, dass der Rückweg zunächst versperrt bliebe.
Es brauchte erneut einen Tag, bis wir am Dreadspire angekommen waren. Diese Region hatte unlängst das letzte bisschen Leben ausgehaucht. Ein trostloser Anblick, lediglich unterbrochen von Horden an Untoten. Regungslos standen sie bereit, darauf wartend ihrem Meister zu gehorchen. Farana brachte uns genau bis vor Mundi selbst. Zumindest das, was von ihm die Zeiten überdauert hatte und nun vor uns schwebte. Reanimiert, aus der Dunkelheit geboren. Ob er das Licht in mir so wahrnahm wie ich die Dunkelheit in ihm? Ein interessanter Gedanke.
Primär hatte er Garret als Unterhändler auserkoren. Sie waren in der Vergangenheit schon aufeinander getroffen, so hielt ich mich eher im Hintergrund und steuerte nur ergänzende Inhalte bei. Krathus war komplett in Stille versunken. Doch Ava kam nach und nach aus sich heraus. Mundi machte keinen Hehl darum, dass er uns in seinen Dienst wissen wollte. Ein Krieg stünde bevor und es galt eine Seite zu wählen. Unser anliegen sah jedoch vor keinen größeren bewaffneten Konflikt mit ungeahntem Ausgang zuzulassen. Wir propagierten also den Frieden. Zoica war für den Moment von der Gefahr eines Übergriffs gefeit. Ein offener Krieg jedoch könnte diese Sicherheit zunichte machen. Dass sein Bruder sich versöhnen wollte erheiterte den Lich, er sah es als Schwäche und Zeichen dafür, dass er in jedem Fall siegreich wäre. Hybris war ein gefährlicher Begleiter.
Zudem sollte Lia gefunden und zu ihm gebracht werden. Offenbar war sie vor ihm davongelaufen. Nicht zuletzt aufgrund seines wenig angenehmen Verhaltens. Er sah sie nach der Vermählung als seinen Untertan, mit entsprechendem Auftreten ihr gegenüber. Eine gewisse Neugier erfasste mich. Gerne hätte ich gewusst wieso sie damals überhaupt eine Vereinigung mit ihm erwogen hatte.
Seine Forderungen waren hart formuliert. Lia hatte zurückzukehren und Mundo musste beseitigt werden. Zwischenzeitlich bot er dann an ein Mal der Hextor von Garret´s Hals zu tilgen. Es stellte ihn unzufrieden es die ganze Zeit wahrnehmen zu müssen. Es dauerte ein wenig bis Garret schließlich zustimmte. Die Entfernung war aber nicht ohne Schmerzen für den Halbling. Nicht wissend was sich abspielen würde hatte ich schon vorsichtshalber die Waffe im Anschlag – auch wenn allein der Versuch derlei Aktionen durchzuführen wohl kaum von Erfolg geprägt gewesen wäre. Aber ich würde nicht zulassen, dass er ihn töten würde. Da ließ Mundi schon wieder von ihm ab. Laut seiner Aussage war das Mal nun entfernt und Garret versicherte, dass es ihm gut ging. Es blieb eine unausgesprochene Vermutung zurück: Hatte Mundi das Symbol der Hextor durch sein eigenes ersetzt? Das wäre etwas, dass wir zu überprüfen hatten sobald wir zurück wären.
Wir zeigten uns offen dafür Lia zu finden, aber nur im Austausch dafür, dass Mundi keine weitere Kriegshandlung gegenüber seinem Bruder plante. Ava ergriff hier das Wort. Es war deutlich, dass sie die größeren Tragweite der Dinge als Priorität ansetzte. Mundi war zunächst nicht interessiert, aber als wir einen Zusammenhang zwischen Lia und den Bedrohung durch Shadar Logoth herstellten wurde er neugierig. So konnte sie ihn final davon überzeugen Lia als Gegenleistung für einen dauerhaften Frieden zu erhalten. Seiner Einwilligung schwang aber auch mit, dass hierfür nicht unbegrenzt Zeit zur Verfügung stünde. Er würde sich zunächst um eine alte Bedrohung aus dem Norden kümmern, solange er wartete.
Dort hatte sich zuletzt eine Macht erneut formiert, die ihm ein Dorn im nicht vorhandenen Auge zu sein schien. Wenn ich es recht deutete hatte es im weitesten Sinne mit Garret’s altem Gefährten Harkis zu tun. Mit dieser Entscheidung fing der Turm an sich ruckartig zu bewegen. Unvorbereitet riss es mich von den Füßen. Der Lich streckte seine Hand entgegen mir aufhelfen zu wollen, während er dies auch in Worte verpackte, die ich mit großer Vorsicht vernahm. Was Seine Berührung anzurichten vermochte hatte ich gerade erst gesehen. Doch amüsierte mich dieser Versuch unerwarteter Weise genug, um ihn beim Aufstehen ein leichtes Grinsen als Antwort zu geben.
Unsere Vereinbarung war somit wirksam. Unrecht und Leid zu bekämpfen war meine Aufgabe. Jene Frau diesem Geschöpf zu überantworten ging damit nicht konform, jedoch den Frieden zu bewahren für die ganze Region schon. Es war eine tückische Abmachung. Doch ich vertraute darauf, dass Lia entweder bereitwillig die Vorteile dieses Arrangements nachvollziehen könnte – das hing davon ab was für eine Person sie war –, oder aber wir im Anschluss noch einen Weg finden würden sie im Zweifel aus ihrem Martyrium zu erretten. Es gab jetzt, dank des besonnen Einsatzes von Ava, erst einmal genug Gelegenheit sich einen Weg zu überlegen. Schließlich würde es noch ein wenig dauern, bis wir Mundi’s begehr erfüllen konnten. Und derweil ersparten wir gleich drei Parteien einen verheerenden Kriegszustand.
Zuletzt ließ er uns mit der Frage zurück, ob wir etwas brauchen würden um Lia zu finden. So bot er Magie erfüllte Objekte an, oder was auch immer wir sonst benötigen würden. Darüber hatten wir zunächst zu sprechen …
Sitzung 99 - Part 1
Ich ließ die Eindrücke eine Weile auf mich wirken, bis ich wieder eine gewisse innere Ruhe fand. Es half alles nichts. Noch heute Abend würde ich Foamwave gegenübertreten und offenbaren, was viel zu lange durch die Umstände verschleiert worden war. Allerdings empfand ich auch den Drang Krathus ein wenig mehr zu bieten als nur einen Reisebegleiter. Sein Ausspruch von zuvor, dass wir aufgrund meiner Verbindung zu Razora quasi Familie wären hatte mich eiskalt erwischt. Jashier brachte mir bei, dass Familie nicht zwangsläufig eine Frage des Blutes ist. Razora erweckte diese Ansicht erneut. Obgleich meine Fixierung jene meines eigenen Blutes endlich kennenzulernen dadurch nicht weniger gemindert wurde.
So bat ich den Kobold mir zu folgen. In unserem Zimmer lotete ich dann seine Bemerkung aus. Eine väterliche Figur in seinem Leben schien nicht abseits dessen, was er sich vorstellen konnte. Die Frage war eher ob ich es konnte. Unsicherheit überkam mich. Jashier war stets ein gutes Vorbild gewesen, hielt mich aus allem raus, was zu gefährlich war. Doch ich zweifelte an meiner Kompetenz es ihm gleichzutun. Auf einen Versuch kam es jedenfalls an. Einer Eingebung folgend versuchte ich es zunächst mit ein paar generellen Ratschlägen. Dinge aus meiner eigenen Erfahrung und Dinge, die seine Mutter wohl unterstützen würde. Vier Lektionen.
Am Ende war ich mir jedoch nicht sicher ob er diese wirklich verstanden hatte. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Krathus mehr als einmal einen zu heftigen Schlag auf den Kopf bekommen hatte als Kind. Mitunter konnte er kaum einem klaren Gedanken folgen, manchmal verdrehte er gar das Gesagte in seinem Kopf so absurd, dass man nie sicher sein konnte was dabei rauskommen würde. Mir blieb nur hoffen.
Ich sagte ihm er solle sich nie erwischen lassen, immer davon ausgehen, dass die anderen klüger sind und er daher immer einen Plan B in der Hinterhand haben sollte. Das war etwas, dass ich früh erlernen musste – es aber zugegeben bis heute nicht immer einhielt. Vermutlich daher wohl die schwerste Lektion. Besonders, da er sich selten viele Gedanken zu machen schien. Ausgehend davon, dass Razora ihm wohl bessere Manieren beigebracht hatte sollte er sich auch verdammt nochmal an diese erinnern. Seine Schulden bezahlen und sich den kulturellen Gegebenheiten anpassen konnte ja kaum so schwierig sein.
Wie ich älter wurde musste ich erkennen, dass man sich nicht immer aus unliebsamen Situationen raushalten konnte. Und war man ihnen zum Opfer gefallen, dann hieß es dafür einzustehen. So erklärte ich ihm, dass wir uns alle irgendwann für unsere Taten verantworten mussten. Dabei dachte ich nicht zuletzt an den aufschwellenden Konflikt mit Ava. Schätze aus der jeweiligen Perspektive hatten wir beide Recht. Hätte ich zuletzt nicht so viel auf mich einprasseln gehabt, dann wäre ich wohl anders damit umgegangen. Aber das war eine Frage für einen anderen Zeitpunkt.
Zuletzt sollte er aber auf jeden Fall verstehen, dass der Zweck nicht die Mittel heiligte. Zu häufig hatte ich dies erlebt. Es selbst getan. Die Konsequenzen holten einen aber stets ein, wenn man seine Moral über Bord warf. Vielleicht nicht heute, oder morgen. Doch irgendwann bekam man es zu spüren. Eine Situation wie die mit den Ungolspinnen war so etwas. Wer einen Genozid starten wollte musste unweigerlich eines Tages dafür büßen. Die Kluft unserer Ansichten war hier aber weiter, als bei den anderen Punkten.
Zuletzt schenkte ich ihm noch die Kriegsaxt, welche wir damals in Bolgmor’s Höhle gefunden hatten. Er wollte Shadar unschädlich machen – was passte also besser, als eine Waffe, die speziell die Schwächen von Drachen ausnutzte. Was immer zuvor gesagt worden war wich damit augenscheinlich in den Hintergrund. Sofort war Krathus Feuer und Flamme für das Geschenk. Jetzt überkamen mich Zweifel, ob es eine gute Idee gewesen war ihm dies zu überlassen. Aber gleichermaßen sah ich mich erstaunt glücklich über seine Freude. Das sollte es für den Moment auch erst einmal sein. Nun galt es sich etwas Größerem zu stellen.
Mein Weg führte mich hinunter in den Hort von Belaxarim. Die anderen hatten es beschrieben, aber es wäre sowieso nicht schwer gewesen es zu finden. Jedoch sah ich keinen Grund Ravel noch mehr von unserem Geld in den Rachen zu werfen. Ich lachte in mich hinein. So viel zu Lektion zwei. Aber solange Lektion eins Gültigkeit hatte … nun ja.
Zu meiner Überraschung stand dort wirklich plötzlich ein riesiger Drache vor mir. Ein echter. Belaxarim war real!? Ich war extrem skeptisch nachdem die anderen von ihr berichtet hatten. In einem Anflug von Panik setzte ich einen Zauber ab, um mit ihr kurz telepathisch Kontakt aufzunehmen. Für das Eindringen entschuldigend und meinen Anlass erläuternd. Unerwartet freundlich kam sie mir entgegen. Ein Welpling war auch neben ihr am Spielen. Noch mehr Drachen …
Und dann war da Foamwave. Belaxarim ermöglichte ein Gespräch mit ihr. Wenngleich es nicht so abgeschieden war, wie ich es erhofft hatte. Nebenan gab es eine offene Kammer. Ich versuchte zunächst es geheimnisvoller zu halten, wollte schauen wie sie zu Narchessa stand. Mit der Angabe ihr Informationen zu ihrer Familie geben zu können, die sie vermutlich nicht kennen würde. Doch sie war skeptisch. Wer konnte es ihr verübeln. Da stand ein Fremder vor ihr und wirkte noch seltsamer als die beiden von vorhin. Deutlich machend, dass Ava und Garret zu mir gehörten versuchte ich auf die bekannten Informationen einzugehen. Sie blieb aber zurückhaltend.
Was machte ich hier eigentlich? Innerlich seufzte ich. Ein Taktikwechsel war angebracht. Ich reichte ihr unser Familienwappen, erwähnte Details aus der Vergangenheit der Familie. Wo wir herkamen und was geschehen war. Zumindest anteilig. Kein Wort glaubte sie davon. Fest überzeugt hier geboren zu sein, einer anderen Familie anzugehören und auch unseren Vater Topwater nicht zu kennen, stieß ich auf eine Mauer. Nicht eine Information war ihr geläufig und mir blieb so keinerlei Ankerpunkt. Es war zum verrückt werden. Oder waren meine Informationen gar falsch gewesen? Mein Nachdruck aber ließ sie zumindest Spaß mit der Sache haben. Grinsend meinte sie, sie würde ihre Mutter kontaktieren.
Sie setzte augenscheinlich zu einem Zauber an. Scheinbar konnte sie auf längere Distanzen mit anderen Personen sprechen. Damit einhergehend wich ihr Grinsen kurz darauf aus ihrem Gesicht. Sie bekam eine Rückmeldung, mit der sie nicht gerechnet hatte. Unvermittelt zog sie an meinem ehemals gebrochenen Horn. Da musste ich ihr erst einmal erläutern, dass es regeneriert wurde und zog mein altes künstliches Horn, beziehungsweise meinen magischen Fokus, aus der Tasche. Einem zweiten Zauber folgte dann ein ungläubiger Gesichtsausdruck. Offenbar hatte Mutter ihr alles bestätigt, was ich behauptet hatte. So wurde sie nun etwas offener.
Ich erfuhr, dass sie in der Tat unseren Vater nie kennengelernt hatte. Sie hielt Maddoc für den ihren, dachte lediglich, dass sie aus der Verbindung Tiefling und Zwerg eher nach ihrer Mutter geraten war. Etwas abstrus fand ich das schon. Doch den Boden unter den Füßen entriss sie mir, als sie von „Tante“ Narchessa sprach. Meine Familie war in direkter Verbindung zu ihr. Maddoc arbeitete im Geheimen mit Narchessa zusammen, da ihn eigentlich jeder für tot hielt. Foamwave selbst machte scheinbar Streifzüge wohlhabende Schiffe von Zeit zu Zeit zu überfallen. Und wäre dies nicht schon genug, verteidigte sie das halbelfische Miststück auch noch nachdrücklich. Behauptete Narchessa würde nur das Beste im Sinn haben für Ailamere und seine Bewohner …
Wäre ich bei weniger guter Gesundheit gewesen, dann hätte mich wohl nun ein Hirnschlag ereilt. Meine Berichte über das Leben auf Ailamere’s Straßen waren für sie nicht glaubhaft. Und die Leute würden ja nur Leid erdulden, wenn sie der eigentlichen aber inkompetenten Stadtführung folgen würden. Das war sicher nicht, was ich dort erlebt hatte. Auf mein Ansinnen meinen Ziehvater aus den Klauen der Halbelfe zu befreien meinte sie lediglich, dass dieses Missverständnis nun aufgeklärt werden könne. Sie würde eine Nachricht an ihre „Tante“ absetzen. Waren das wirklich meine Ohren, die diese Worte vernahmen? Es war völlig surreal.
Nebenan hatte Belaxarim wohl gelauscht. Mitunter floßen Einzeiler ein und man konnte etwas trauriges in der dröhnenden Stimme der Drachin bemerken. Sie war ob dieser Familienzusammenführung deutlich emotionaler als es meine Schwester war. Sie hatte eher etwas von Ava … was mich ein wenig erschrocken zurückließ.
Ursprünglich nahm ich an, dass sie gegebenenfalls nach der Offenbarung Zeit für sich bräuchte. Manchmal aber entwickelten sich die Dinge jedoch nicht wie erwartet. So war nun ich derjenige, der diese Zeit für sich beanspruchen musste. Wir verabredeten uns für den kommenden Morgen, um noch einmal intensiver miteinander zu sprechen. Da es nun scheinbar möglich sein würde die Geschichte mit Jashier anders zu klären und ihre Sicherheit wohl nicht zur Debatte stand, würde sich unser Aufenthalt hier nun sehr viel kürzer gestalten, als zunächst angenommen. Ava wäre vermutlich froh darüber. Meine Gefühlslage war indifferent.
Ich verabschiedete mich. Eine Umarmung war ihr nicht unbedingt angenehm, aber sie hatte auch nicht das gleiche Bedürfnis wie ich. Nach all den Jahren zu erfahren, dass es lebende Familienangehörige gibt und sie schließlich zu treffen … noch nie hatte ich mich so verletzlich gefühlt. Im Gehen versuchte ich zu beginnen das Neue zu verarbeiten. Dabei gab Belaxarim noch etwas positiven Zuspruch. Surrealer konnte es kaum werden.
Vor der Tür hielt ich inne. Nahm tief Luft und wusste, dass es Zeit für einen Drink war. Nicht zuletzt, da ich mir vorgenommen hatte auch noch mit Ava zu sprechen. Snek zu finden war einfach. Beim letzten alkoholischen Getränk war sie eher schnell aus der Bahn geworfen, daher suchte ich etwas eher mildes aus. Und dann flammte ganz kurz mein normales Ich auf. Snek hatte ganz sicher Krathus’ Aktion mitbekommen, daher bezahlte ich ihn. Aber nicht ohne unserem Kobold eine Lektion zu vermitteln. Snek sollte sich Krathus später schnappen und zur Strafe in der Küche arbeiten lassen. Ihm war es einerlei und so stimmte er zu. Kurz grinsend nahm ich nun den schweren Weg zu Ava auf mich.
Die drei saßen zusammen als ich kam. Wie es aussah war Garret mal wieder beim Meditieren eingeschlafen, Krathus schlug derweil Löcher in den Boden mit seiner neuen Kriegsaxt. Alles unter dem amüsierten Gesichtsausdruck von Ava. Nachdem Krathus zunächst Einhalt geboten wurde, da die Reparaturen sonst ihm angelastet würden, sorgte ich dafür mit Ava allein zu sein für den Moment. Zwei Gläser und eine Flasche Whiskey in der Hand habend bot ich ihr eines an, welches ich mit bewusst weniger Inhalt gefüllt hatte. Sie griff unerwarteter weise zum volleren Glas.
Es war unsere ruhigste Unterhaltung seit Tagen. Ich versuchte nachzuvollziehen wie sie tickte. Die Erscheinung von heute Mittag hatte mir zumindest die Sorge genommen, dass sie vielleicht nur so eine Art Doppelgänger war. Für sich selbst vermochte sie wohl eine vollumfassende Gefühlswelt zu haben. Sie war aber überschattet von kalter Logik. So wirklich vermochte ich nicht durchzudringen hatte ich den Eindruck, aber das galt wohl für beide Seiten. Ihre Ansichten vertretend blieb die Frage zurück, ob wir uns je einig würden. Es ist ja nicht so, dass wir gänzlich unterschiedlich in der Ansicht zur Gesamtlage wären.
Jedoch gab es einen inhärenten Kontrapunkt. Nämlich wie wir mit dem was uns wichtig ist umgingen im Zuge der drohenden Gefahr. Sie war seit ihrer Rückkehr in der Lage alles beiseite zu schieben. Betrachtete ihr altes Selbst gar als eine Form von Gefängnis für das, was nun an die Oberfläche gekommen war. Innerlich trauerte ich genau dem Verlorenen hinterher. Freunde waren wir derzeit keine. Aber es gab ein gemeinsames Ziel. Vielleicht reichte dies zunächst. Vielleicht würden die Dinge sich wieder bessern in Zukunft …
Auf meinen Kommentar hin, dass ich alles daran setzen würde, dass wir ihre Freundin – was immer dieser Ausdruck aktuell für sie bedeutete – Arina zu finden, reagierte sie erwartet negativ. Es lagen Welten zwischen uns beim Thema der persönlich wichtigen Dinge in unseren jeweiligen Leben. Nichts stand über dem Drang den großen Roten aufzuhalten bei ihr. Keine Verzögerungen waren vorgesehen. Hier zu sein nervte sie bereits immens. Wenn eines klar war, dann das. Doch wie hätte ich anders handeln können, als ich es tat? Nie hätte ich zur Ruhe kommen können. Ihre Augen forderten etwas, so glaubte ich.
Es fiel mir zugegebener weise aber auch schwer mich gänzlich auf das Gespräch zu konzentrieren. So vieles ging mir durch den Kopf. Und dazu gehörte auch der Whiskey. Im Nachgang betrachtend hätte wohl mehr gesagt werden müssen …
Zumindest nahm mir das Gespräch dennoch dieses negative Gefühl der Unklarheit ihr gegenüber. Nachdem sie zuletzt einfach Regeln aufgestellt hatte, wie die Gruppe untereinander agieren sollte, tat ich dies nun zum Abschluss auch. Es sollten keine unnötigen Opfer mehr geben – keine Toten, außer uns bleibe keine andere Wahl. Es war beruhigend als sie zustimmend meinte, dass dies auch keinem Drang nach Blutvergießen entsprang.
Jetzt holten wir Garret und Krathus wieder dazu. Schließlich musste es noch einen Bericht zu meinem Zusammentreffen mit Foamwave geben. Von allen schien besonders Ava am zufriedensten mit dem Ausgang. Die ganze Familiensituation würde sich aufgrund der Umstände mit Narchessa nun deutlich einfacher lösen lassen. Ich blieb skeptisch. Mitten im Bericht suchte uns Snek auf. Mit eindringlicher Stimme verlangte er nach Krathus, welcher mühsam versuchte sich zu verstecken. Breit grinsend bedeutete ich mit einem Finger in seine Richtung. So zogen Snek und Krathus von dannen. Auch endete damit ein langer, nervenaufreibender Tag. Wer wußte wie es morgen weitergehen würde.
Nun … ich hätte es erahnen können. Verkatert. Es half aber alles nichts, meine Schwester würde bald da sein, also hieß es sich fertig machen. Noch vor einem anständigen Frühstück traten wir nun also alle zusammen. Foamwave kam wie versprochen. Sie sah meinen Zustand und machte Krathus an, dass er sich darum mal kümmern solle. Ich hatte gänzlich ausgeblendet, dass der Kleine seine magischen Fähigkeiten zum Kurieren dieses Zustandes einsetzen konnte. Er verneinte jedoch. Verwies mich auf die Lektion vom Vorabend mit den Konsequenzen leben zu müssen. So Unrecht hatte er damit nicht. Aber Foamwave war extrem fordernd. In ihrer Art war sie kaum warmherziger als Ava zuletzt. Irgendwann wurde es mir zu viel und ich gab Krathus ein Signal es einfach zu tun. Mein Kopf wurde wieder klar. Von einem Drehen vor den Augen zu einem kompletten Stillstand … das verlangte meinem Magen dann doch nochmal kurz was ab. Womit ich mir direkt eine verbale Schelle von meiner Schwester einfuhr ich müsse mehr auf Schiffen unterwegs sein.
Sie wurde der Gruppe vorgestellt und wir fingen an ein paar Pläne zu erörtern. Jashier sollte schleunigst aus der Stadt raus. Ich wollte da nicht unnötig Zeit verstreichen lassen. Sie selbst war ja offenbar absolut sicher hier. Wegen des Weges hinaus drucksten wir ein wenig herum. Sie musste nicht unbedingt von dem Teleportzirkel erfahren. Doch sie sprach mit wenigen Worten ob unserer Pläne abzureisen schlicht davon, dass dies ja kein Problem sei – eben so wie wir gekommen waren. Auf eine direkte Nachfrage schob sie ein vom Zirkel zu wissen. Und es sei auch möglich mit ihm zu den Points zu reisen, wo meine Mutter sich aufhalte. Ich war fassungslos. Die Möglichkeit sie zu treffen, Antworten zu all meinen Fragen zu finden, war nur einen Teleport entfernt? Ich hatte zugesichert keine langwierige Suche nach ihr zu diesem Zeitpunkt zu unternehmen, aber wenn es in wenigen Stunden gesichert machbar wäre wieder in Zoica zu sein … den Kuchen bekommen und ihn auch essen zu können … wie hätte das irgendjemand ausschlagen können!?
Nach Verständnis umblickend fand ich dort nur Garret. Krathus verstand es mit ein wenig Erklärung, aber so richtig überzeugt wirkte er dennoch nicht. Ava hingegen war die schäumende Wut, als ich diese Option ins Auge fasste. Scheinbar würde sie es als gebrochenes Versprechen wahrnehmen, wenn ich von dieser Situation Gebrauch machen würde. Argumentativ war da nichts rauszuholen. Was wären ein paar Stunden schon. Gäbe es Anlass zu solcher Eile, dann hätte der Zinnsoldat uns schon eine Nachricht zukommen lassen. Ohne die langwierige Reise war das Problem für mich nicht ersichtlich. Wollte sie es schlicht aus Prinzip, oder mich testen? Das war dann aber ein Test, bei dem ich versagen musste. Es war auch wenig beschwichtigend anzumerken, dass ich auch alleine gehen kann und dann einfach in ein paar Stunden nachkäme. Ava war mit dieser Aussage dann durch. Sie würde ganz sicher nicht mitgehen. Krathus würde bei ihr bleiben. Garret war sich unsicher. Sie meinte, dass es vielleicht besser wäre, wenn Garret mitkäme. Aber ausgehend davon, dass nur er und ich mit Mundi bisher gesprochen hatten, und eben genau dies der nächste Schritt für Zoica’s Sicherheit war, musste er die Gruppe begleiten. Zumal … was konnte schon schiefgehen? Ein kleines Familientreffen, ein paar Antworten und zum Mittag wieder in Zoica. So redete ich es Garret also aus. Was Ava auch zu Missfallen schien. Es gab wohl keine mögliche Handlung meinerseits, die nicht so endete. Innerlich seufzte ich tief in mich hinein.
Nachdem nun der Plan mehr oder minder beschlossen war eröffnete uns Foamwave einen schnellen Weg zurück in die Stadt. Scheinbar war Belaxarim, oder „Trixi“ wie meine Schwester sie nannte, bereit uns fliegend zurückzubringen. Krathus war extrem enthusiastisch. Garret fand es auch entsprechend aufregend. Bei mir blieb es verhalten. Wir packten recht eilig alles ein und schon erwartete uns der Drache vor dem Anwesen der Dragon Lair Tours. Es wurde aufgesessen und losgeflogen. Auf halber Strecke kam mir der bloß säurehaltige Mageninhalt hoch, konnte ihn gerade noch in die richtige Richtung entleeren ohne jemanden zu treffen. Der Flug dauerte eine knappe Stunde.
Zu allem Überfluss landeten wir mitten im Stadtzentrum von Ailamere. Foamwave machte daraus eine große Propagandashow für die Tour. Einen Flug mit dem Drachen könne man mieten. So auf den Silbertablett fühlte ich mich wahrlich unwohl in dieser Stadt. Wir mussten zunächst auch noch Jashier und die Kinder holen, da sie direkt mit den anderen nach Zoica sollten. Im Compound würden sie erst einmal sicher sein. Ava weigerte sich mitzukommen und wartete direkt bei Modron auf uns. Lange brauchten wir nicht. Jashier war wie besprochen gut vorbereitet. Und Foamwave verschaffte uns einfachen Zutritt zu den Pleasure Domes. Mit Kindern hier hineinzugehen war sicher nicht wünschenswert, aber so früh am Morgen war wiederum auch nichts los. Mit der Losung „Purple is the new Black“ kamen wir ohne weitere Anstalten in den Dome Nummer zwei.
Ava verschwendete keine Zeit und teleportierte direkt nach Zoica. Meine Versicherung uns in einigen Stunden wiederzusehen ignorierte sie. Dann verabschiedete ich mich kurzerhand von den anderen. Ich bleute meinem Ziehvater und den Kindern ebenfalls ein in Zoica keinesfalls mit Marco oder anderen Kindern in Kontakt zu treten. Sobald ich zurück sei, würde ich einen dauerhaften Aufenthaltsort für sie suchen. So verschwanden nunmehr alle vor meinen Augen. Zurück blieben Foamwave und ich.
Nachher: [siehe Part 2 - Arem]
Sitzung 98
Das Essen war hervorragend. Die hiesige Küche vermochte zu gefallen. Layara hingegen schien sich etwas übernommen zu machen und um meinen Kommentar von vorhin wieder gutzumachen, bot ich an, ihre Portion zu übernehmen, was sie sichtlich erleichtert annahm. Beim weiteren Essen berieten wir, wie es nun weitergehen sollte. Unstrittig war, dass wir uns nun um die Suche nach Fins Freunden widmen wollten, doch wo starten? Road’s End schien die offensichtliche Wahl, doch im weiteren Verlauf wurden weitere Informationen offenbar, die das in Frage stellten. Fins Freunde waren offenbar Gefangene, die wohl kaum dorthin gerbracht werden würden. Die Gedanken gingen daher eher in die Richtung, dass es möglicherweise Gefängnisinseln oder –schiffe geben könnte. Möglicherweise wusste diese Bardin, Foamwave, mehr?
Ich hätte es bevorzugt, sie direkt zu fragen, doch leider erwies sich ihre Kollegin diesbezüglich als nicht besonders kooperativ. Also mussten wir halt zu ihr gehen. So standen wir nach einem weiteren Versuch auf und gingen hinein, um diesen fugi Ravel zu befragen, wann wir mit ihr sprechen könnten. Dieser stellte uns daraufhin sogar sein Büro zur Verfügung und ließ sie sofort rufen.
Leider war Foamwave nicht unbedingt dazu bereit, uns Informationen zu geben, zu merkwürdig und direkt war ihr dieses Aufeinandertreffen wohl. Nicht, dass ich es ihr verübelte, ich war mir sicher, dass die vættr uns früher oder später einen anderen Weg aufzeigen würden. Fin hingegen war deutlich ungeduldiger und wandte einen Zauber an, der sie reden ließ wie einen Wasserfall. Es war eine Sache, andere durch Taten und Worte zu überzeugen, doch durch einen Zauber ... er musste wirklich verzweifelt sein. Immerhin erfuhren wir so, dass es eine Inselgruppe in den „Points” gab, wo Gefangene hingebracht wurden. Als sie gegangen war, nicht ohne zu erwähnen, dass sie noch jemandem von uns berichten wollte.
Als sie nunmehr weg war, wollte Layara von Fin wissen, was er da getan hatte, schien es aber zu akzeptieren, als Fin ihr versicherte dass er das noch nie bei jemandem von uns getan hatte. Genau wie wir anderen auch – aus Verzweiflung taten Leute häufig Dinge, die nicht ihrem wahren Charakter entsprachen, warum sollte es bei Fin anders sein. Mit der neuen Information drehte sich das weitere Gespräch eher darum, wie wir an ein Schiff kommen sollten. Da es gewisse Umstände gab, die den anderen eine Rückkehr in die Stadt erschwerten, bot ich an, zunächst allein dorthin zu gehen und ein Schiff zu chartern. Doch für heute war das keine Option mehr, es war zu spät. Layara kehrte kurz darauf von ihrem Gespräch mit Belaxarim und Tamarax zurück. Sie wirkte gelöster, selbstsicherer als ich sie kennen gelernt hatte. Es war gut zu sehen, wenngleich ich noch nicht alle Zweifel abgelegt hatte, was ihre Rolle in Goroks und meinem draumr betraf.
Doch am nächsten Morgen war alles anders. Leeroy war verschwunden und hatte zum Abschied einen Brief sowie einen Ring hinterlassen. Eine sehr merkwürdige Art, sich von seinen Freunden zu verabschieden. Es sprach nichts dagegen, dem eigenen Weg folgen zu wollen, doch so? Als ich ging, hatte es ein Fest gegeben und niemand hatte versucht, mich aufzuhalten. Wie vieles hier doch anders war. Zu allem Überfluss erzählte Gorok, dass er einen weiteren Traum gehabt hatte. Gerne hätte ich darüber gesprochen, doch ich musste ihn auf später vertrösten – Layara wollte versuchen ihn einzuholen und ich hatte vor, sie dabei zu unterstützen. Ich sattelte Kendra und wir ritten los. Leeroys Spur zu folgen war leicht, doch dann verlor sie sich. Besser gesagt, löste sich auf, in unzählige kleinere Spuren. Ein Rätsel, auf das ich mir keinen Reim machen konnte. So schien es, als würden wir diesen umskipti akzeptieren müssen – wir würden sehen, wohin es führte.
Zurück am Hort warteten Fin und Gorok bereits auf uns. Nun hatte Gorok auch Zeit, mir von seinem draumr zu erzählen und er war ... beunruhigend. Anscheinend sprach seine Waffe mit ihm. Nun, soweit nichts Besorgnis erregendes, die vættr nahmen viele Gestalten an. Beunruhigender war, dass die Waffe offenbar von ihm forderte, nur noch sie zu verwenden und Gorok vollständig von dem Wunsch beseelt schien, dieser Forderung Folge zu leisten. Laut den anderen war die Waffe ihm von Narchessa und damit einer eher dunkleren Quelle geschenkt worden. Gleichzeitig schien die Stimme aber dieselbe zu sein, die mich damals zu ihm geschickt hatte. Doch mir war kein Fall bekannt, in dem vættr die Bindung an einen Gegenstand forderten und die fanatische Ergebenheit Goroks war nicht gerade beruhigend. Zunächst konnte ich jedoch nichts tun, als seine Axt an mich zu nehmen. Auch, wenn er sie eben noch wegwerfen wollte – in meinem Volk gab es nicht wenige, die eine emotionale Bindung zur Waffe ihrer Wahl aufbauten und Gorok erinnerte mich sehr an sie. Vielleicht würde sie mir noch helfen.
Doch damit war das Besorgnis erregende Verhalten Goroks noch nicht am Ende. Leeroy hatte einen Ring hinterlassen, dessen Gegenstück in Layaras Besitz war. Nach ihrer Erklärung verlieh er den Trägern die Fähigkeit, zu verschmelzen und ihre Fähigkeiten zu kombinieren. Ein mächtiger Gegenstand fürwahr – und Gorok dachte sofort an die Möglichkeiten „Gemetzel” zu veranstalten und wie es im Camp helfen hätte können. Noch erschreckender war seine Aussage zu der zweiten Bedingung des Rings. Die Verschmelzung erforderte die Zustimmung beider Parteien, doch auch die Trennung. Gorok sah nicht ein, warum er inmitten eines Kampfes einer Trennung zustimmen sollte, wenn das beide in Gefahr bringen würde. Er wollte nicht einsehen, dass das Überleben eines Massakers manchmal schlimmer war als der Tod. Bis zu einem gewissen Grad hatte ich das am eigenen Leib erfahren müssen. Doch letzten Endes war es nicht meine Entscheidung und obwohl sich Layara sichtlich schwer damit tat, legte sie letzten Endes den Ring auf den Tisch, wissend, dass Gorok ihn sich nehmen würde, und verließ das Zimmer. Beim Hinausgehen übersandt sie mir die Nachricht, dass sie mir vertrauen würde, Gorok im Zweifelsfall zur Vernunft zu bringen. Während ich nicht sicher war, ob ich das konnte, versprach ich ihr doch, es zu tun. Hoffentlich musste ich ihr Vertrauen nicht enttäuschen. Oder mehr noch, hoffentlich würde es nie dazu kommen.
Nach dieser Diskussion und Leeroys unerwartetem Verschwinden war es wenig verwunderlich, dass der Weg zurück nach Ailamere in Stille angetreten wurde. Nach kurzer Zeit wurden wir jedoch Zeuge eines eher merkwürdigen Bilds. Vier Haufen Goldmünzen, fein säuberlich aufgereiht, lagen auf dem Weg. Ich mochte diese Ländereien und ihre Sitten nicht besonders gut kennen, doch ich wusste, dass Gold nicht einfach ohne Hintergedanken an zufällige Wanderer verschenkt wurde. Mein Misstrauen wurde noch verstärkt, als Fin uns mitteilte, es würde ein Zauber auf den Münzen liegen. Gorok in seiner dennoch erfrischenden unvorsichtigen Art wollte sich dennoch das Gold einstecken, wovon ich ihn nur mit Mühe abhalten konnte. Ich hätte es bevorzugt, das Gold einfach beiseite zu schaffen und zu vergraben, bevor sich noch jemand anderes daran verging und mögliche Folgen erleiden musste, doch Fin steckte die Goldmünzen in einen Beutel, immerhin ohne sie zu berühren.
Direkt im Anschluss hörten wir plötzlich ein Klatschen neben uns und etwas, was ausgesehen hatte wie ein Baum, verwandelte sich in einen Halbork oder Halbelf, der von den anderen als Vronwe, ein weiterer der Ailamere Drei, identifiziert wurde. Da wir das Gold an uns genommen hatten, hätten wir damit zugestimmt, die Region sofort zu verlassen. Versuche von Fin, das Gold zurückzugeben, schlugen fehl – nun wussten wir auch, wozu der Zauber diente. Vronwe stellte uns vor eine Wahl: Entweder wir verließen die Region freiwillig, oder er würde uns davon senden. Dabei ließ er durchblicken, dass er auch Leeroy auf diesem Wege weggesandt hatte. Für mich war die Wahl klar. Wenn wir dem Deal zustimmten, konnten wir frei bestimmen, wohin wir gingen, vielleicht sogar einen Weg finden, unserem ursprünglichen Plan zu folgen. Doch die anderen waren nicht bereit, auf den Vorschlag einzugehen. Innerlich seufzte ich. Sturheit und Stolz ... eine gefährliche Kombination seit jeher. Und so kam es zum Kampf, der zwar einige Fragen beantwortete, aber dennoch nicht zu unseren Gunsten verlief. Vronwe teilte sich in drei Gestalten, von der sich zwei in viele verschiedene kleine Kreaturen verwandelten. Damit wussten wir schonmal, woher die vielen kleinen Abdrücke kamen. Ich rief die vættr an, und zuverlässig antworteten sie und verwandelten unsere Umgebung in eine einzige Falle für unseren Gegner. Dennoch stimmte etwas nicht – es dauerte nicht lange, bis wir alle drei Vronwes als Illusionen oder Fälschungen enttarnt hatten, doch der Urheber war nirgendwo zu sehen. Ich sah mich genauer um – und sah einen Schemen genau hinter Layara. Ich rief ihr eine Warnung zu und hetzte ihm Kendra auf den Hals, die bisher ängstlich im Hintergrund gewesen war. Enttarnt ließ Vronwe seine Unsichtbarkeit fallen, was die anderen in die Lage versetzte, ihn anzugreifen, inklusive der Elfin, die aus dem Nichts aufgetaucht und in den Kampf eingegriffen hatte. Die vættr hatten wohl beschlossen, dass wir weitere Hilfe nötig hatten. Doch als ich mich ebenfalls zu Vronwe begab, um die anderen zu unterstützen, spürte ich plötzlich einen Sog und wurde, ehe ich es mich versah, in ein lichtes Portal gesogen. Wie lange ich dort drin war, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, doch es riss an mir und es fühlte sich an, als würde sich mein Körper verformen – kein besonders angenehmes Gefühl, doch es minderte den Aufprall, als ich und wenig später auch die anderen auf einem Steinboden aufklatschten.
Noch bevor wir uns orientieren konnten, begrüßte uns eine merkwürdig zerstreut sprechende Stimme im Thronsaal von Notherhall. Ich blickte mich um. In der Tat, eine pompöse Halle einer Herrscherin. Nach Aussage des Elfen, der sich als Joni vorstellte, hörte diese auf den Namen Isteria Willowrush und war anwesend. Während die anderen (die zu Hilfe kommende Elfe war tatsächlich mitgekommen und hatte sich als Valaria Moonglaive vorgestellt, wie ich mitbekam) völlig von sich und dem Transport vereinnahmt waren, bemühte ich mich, bei der Herrscherin keinen Unmut aufkommen zu lassen und entschuldigte mich für unser Eindringen und ungebührliches Verhalten. Zu unserem Glück schien diese eher genervt von Vronwe zu sein, der wohl schon des Öfteren Leute auf diesem Weg hierher gesandt hatte. Gerade jetzt schien aber ein ungünstiger Zeitpunkt zu sein, denn die Elfen von Notherhall befanden sich seit kurzem im Krieg mit den Orks und erwarteten einen Angriff. Wenngleich sie uns den Abzug nicht verwehrten, den sich insbesondere Fin und Layara zu wünschen schienen, rieten sie uns doch dringend, zu bleiben, da die Effekte des Transport bei mir, Fin und Valaria sonst bis zum nächsten Morgen zum Tod führen würden. Es ließ mich an meinen ersten Ritus denken – der Tod hatte seinen Schrecken für mich seitdem verloren. Doch meine Neugier war geweckt. Wir wurden unerwartet hierher gebracht, mitten in einen Krieg und mit einer Krankheit, die uns mindestens einen Tag hier verweilen ließ – ich bezweifelte, dass das ein Zufall war. Möglicherweise gab es hier eine Aufgabe für uns zu erledigen. Unmöglich war es nicht. Ich war nicht versessen darauf, in die Fronten eines Krieges zu geraten, doch möglicherweise hatten wir hier die Möglichkeit, einen Wandel zum Positiven zu bewirken? Der morgige Tag würde es zeigen müssen.