Tagebuch: Ralkarion
Sitzung 99 - Part 1
Ich ließ die Eindrücke eine Weile auf mich wirken, bis ich wieder eine gewisse innere Ruhe fand. Es half alles nichts. Noch heute Abend würde ich Foamwave gegenübertreten und offenbaren, was viel zu lange durch die Umstände verschleiert worden war. Allerdings empfand ich auch den Drang Krathus ein wenig mehr zu bieten als nur einen Reisebegleiter. Sein Ausspruch von zuvor, dass wir aufgrund meiner Verbindung zu Razora quasi Familie wären hatte mich eiskalt erwischt. Jashier brachte mir bei, dass Familie nicht zwangsläufig eine Frage des Blutes ist. Razora erweckte diese Ansicht erneut. Obgleich meine Fixierung jene meines eigenen Blutes endlich kennenzulernen dadurch nicht weniger gemindert wurde.
So bat ich den Kobold mir zu folgen. In unserem Zimmer lotete ich dann seine Bemerkung aus. Eine väterliche Figur in seinem Leben schien nicht abseits dessen, was er sich vorstellen konnte. Die Frage war eher ob ich es konnte. Unsicherheit überkam mich. Jashier war stets ein gutes Vorbild gewesen, hielt mich aus allem raus, was zu gefährlich war. Doch ich zweifelte an meiner Kompetenz es ihm gleichzutun. Auf einen Versuch kam es jedenfalls an. Einer Eingebung folgend versuchte ich es zunächst mit ein paar generellen Ratschlägen. Dinge aus meiner eigenen Erfahrung und Dinge, die seine Mutter wohl unterstützen würde. Vier Lektionen.
Am Ende war ich mir jedoch nicht sicher ob er diese wirklich verstanden hatte. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Krathus mehr als einmal einen zu heftigen Schlag auf den Kopf bekommen hatte als Kind. Mitunter konnte er kaum einem klaren Gedanken folgen, manchmal verdrehte er gar das Gesagte in seinem Kopf so absurd, dass man nie sicher sein konnte was dabei rauskommen würde. Mir blieb nur hoffen.
Ich sagte ihm er solle sich nie erwischen lassen, immer davon ausgehen, dass die anderen klüger sind und er daher immer einen Plan B in der Hinterhand haben sollte. Das war etwas, dass ich früh erlernen musste – es aber zugegeben bis heute nicht immer einhielt. Vermutlich daher wohl die schwerste Lektion. Besonders, da er sich selten viele Gedanken zu machen schien. Ausgehend davon, dass Razora ihm wohl bessere Manieren beigebracht hatte sollte er sich auch verdammt nochmal an diese erinnern. Seine Schulden bezahlen und sich den kulturellen Gegebenheiten anpassen konnte ja kaum so schwierig sein.
Wie ich älter wurde musste ich erkennen, dass man sich nicht immer aus unliebsamen Situationen raushalten konnte. Und war man ihnen zum Opfer gefallen, dann hieß es dafür einzustehen. So erklärte ich ihm, dass wir uns alle irgendwann für unsere Taten verantworten mussten. Dabei dachte ich nicht zuletzt an den aufschwellenden Konflikt mit Ava. Schätze aus der jeweiligen Perspektive hatten wir beide Recht. Hätte ich zuletzt nicht so viel auf mich einprasseln gehabt, dann wäre ich wohl anders damit umgegangen. Aber das war eine Frage für einen anderen Zeitpunkt.
Zuletzt sollte er aber auf jeden Fall verstehen, dass der Zweck nicht die Mittel heiligte. Zu häufig hatte ich dies erlebt. Es selbst getan. Die Konsequenzen holten einen aber stets ein, wenn man seine Moral über Bord warf. Vielleicht nicht heute, oder morgen. Doch irgendwann bekam man es zu spüren. Eine Situation wie die mit den Ungolspinnen war so etwas. Wer einen Genozid starten wollte musste unweigerlich eines Tages dafür büßen. Die Kluft unserer Ansichten war hier aber weiter, als bei den anderen Punkten.
Zuletzt schenkte ich ihm noch die Kriegsaxt, welche wir damals in Bolgmor’s Höhle gefunden hatten. Er wollte Shadar unschädlich machen – was passte also besser, als eine Waffe, die speziell die Schwächen von Drachen ausnutzte. Was immer zuvor gesagt worden war wich damit augenscheinlich in den Hintergrund. Sofort war Krathus Feuer und Flamme für das Geschenk. Jetzt überkamen mich Zweifel, ob es eine gute Idee gewesen war ihm dies zu überlassen. Aber gleichermaßen sah ich mich erstaunt glücklich über seine Freude. Das sollte es für den Moment auch erst einmal sein. Nun galt es sich etwas Größerem zu stellen.
Mein Weg führte mich hinunter in den Hort von Belaxarim. Die anderen hatten es beschrieben, aber es wäre sowieso nicht schwer gewesen es zu finden. Jedoch sah ich keinen Grund Ravel noch mehr von unserem Geld in den Rachen zu werfen. Ich lachte in mich hinein. So viel zu Lektion zwei. Aber solange Lektion eins Gültigkeit hatte … nun ja.
Zu meiner Überraschung stand dort wirklich plötzlich ein riesiger Drache vor mir. Ein echter. Belaxarim war real!? Ich war extrem skeptisch nachdem die anderen von ihr berichtet hatten. In einem Anflug von Panik setzte ich einen Zauber ab, um mit ihr kurz telepathisch Kontakt aufzunehmen. Für das Eindringen entschuldigend und meinen Anlass erläuternd. Unerwartet freundlich kam sie mir entgegen. Ein Welpling war auch neben ihr am Spielen. Noch mehr Drachen …
Und dann war da Foamwave. Belaxarim ermöglichte ein Gespräch mit ihr. Wenngleich es nicht so abgeschieden war, wie ich es erhofft hatte. Nebenan gab es eine offene Kammer. Ich versuchte zunächst es geheimnisvoller zu halten, wollte schauen wie sie zu Narchessa stand. Mit der Angabe ihr Informationen zu ihrer Familie geben zu können, die sie vermutlich nicht kennen würde. Doch sie war skeptisch. Wer konnte es ihr verübeln. Da stand ein Fremder vor ihr und wirkte noch seltsamer als die beiden von vorhin. Deutlich machend, dass Ava und Garret zu mir gehörten versuchte ich auf die bekannten Informationen einzugehen. Sie blieb aber zurückhaltend.
Was machte ich hier eigentlich? Innerlich seufzte ich. Ein Taktikwechsel war angebracht. Ich reichte ihr unser Familienwappen, erwähnte Details aus der Vergangenheit der Familie. Wo wir herkamen und was geschehen war. Zumindest anteilig. Kein Wort glaubte sie davon. Fest überzeugt hier geboren zu sein, einer anderen Familie anzugehören und auch unseren Vater Topwater nicht zu kennen, stieß ich auf eine Mauer. Nicht eine Information war ihr geläufig und mir blieb so keinerlei Ankerpunkt. Es war zum verrückt werden. Oder waren meine Informationen gar falsch gewesen? Mein Nachdruck aber ließ sie zumindest Spaß mit der Sache haben. Grinsend meinte sie, sie würde ihre Mutter kontaktieren.
Sie setzte augenscheinlich zu einem Zauber an. Scheinbar konnte sie auf längere Distanzen mit anderen Personen sprechen. Damit einhergehend wich ihr Grinsen kurz darauf aus ihrem Gesicht. Sie bekam eine Rückmeldung, mit der sie nicht gerechnet hatte. Unvermittelt zog sie an meinem ehemals gebrochenen Horn. Da musste ich ihr erst einmal erläutern, dass es regeneriert wurde und zog mein altes künstliches Horn, beziehungsweise meinen magischen Fokus, aus der Tasche. Einem zweiten Zauber folgte dann ein ungläubiger Gesichtsausdruck. Offenbar hatte Mutter ihr alles bestätigt, was ich behauptet hatte. So wurde sie nun etwas offener.
Ich erfuhr, dass sie in der Tat unseren Vater nie kennengelernt hatte. Sie hielt Maddoc für den ihren, dachte lediglich, dass sie aus der Verbindung Tiefling und Zwerg eher nach ihrer Mutter geraten war. Etwas abstrus fand ich das schon. Doch den Boden unter den Füßen entriss sie mir, als sie von „Tante“ Narchessa sprach. Meine Familie war in direkter Verbindung zu ihr. Maddoc arbeitete im Geheimen mit Narchessa zusammen, da ihn eigentlich jeder für tot hielt. Foamwave selbst machte scheinbar Streifzüge wohlhabende Schiffe von Zeit zu Zeit zu überfallen. Und wäre dies nicht schon genug, verteidigte sie das halbelfische Miststück auch noch nachdrücklich. Behauptete Narchessa würde nur das Beste im Sinn haben für Ailamere und seine Bewohner …
Wäre ich bei weniger guter Gesundheit gewesen, dann hätte mich wohl nun ein Hirnschlag ereilt. Meine Berichte über das Leben auf Ailamere’s Straßen waren für sie nicht glaubhaft. Und die Leute würden ja nur Leid erdulden, wenn sie der eigentlichen aber inkompetenten Stadtführung folgen würden. Das war sicher nicht, was ich dort erlebt hatte. Auf mein Ansinnen meinen Ziehvater aus den Klauen der Halbelfe zu befreien meinte sie lediglich, dass dieses Missverständnis nun aufgeklärt werden könne. Sie würde eine Nachricht an ihre „Tante“ absetzen. Waren das wirklich meine Ohren, die diese Worte vernahmen? Es war völlig surreal.
Nebenan hatte Belaxarim wohl gelauscht. Mitunter floßen Einzeiler ein und man konnte etwas trauriges in der dröhnenden Stimme der Drachin bemerken. Sie war ob dieser Familienzusammenführung deutlich emotionaler als es meine Schwester war. Sie hatte eher etwas von Ava … was mich ein wenig erschrocken zurückließ.
Ursprünglich nahm ich an, dass sie gegebenenfalls nach der Offenbarung Zeit für sich bräuchte. Manchmal aber entwickelten sich die Dinge jedoch nicht wie erwartet. So war nun ich derjenige, der diese Zeit für sich beanspruchen musste. Wir verabredeten uns für den kommenden Morgen, um noch einmal intensiver miteinander zu sprechen. Da es nun scheinbar möglich sein würde die Geschichte mit Jashier anders zu klären und ihre Sicherheit wohl nicht zur Debatte stand, würde sich unser Aufenthalt hier nun sehr viel kürzer gestalten, als zunächst angenommen. Ava wäre vermutlich froh darüber. Meine Gefühlslage war indifferent.
Ich verabschiedete mich. Eine Umarmung war ihr nicht unbedingt angenehm, aber sie hatte auch nicht das gleiche Bedürfnis wie ich. Nach all den Jahren zu erfahren, dass es lebende Familienangehörige gibt und sie schließlich zu treffen … noch nie hatte ich mich so verletzlich gefühlt. Im Gehen versuchte ich zu beginnen das Neue zu verarbeiten. Dabei gab Belaxarim noch etwas positiven Zuspruch. Surrealer konnte es kaum werden.
Vor der Tür hielt ich inne. Nahm tief Luft und wusste, dass es Zeit für einen Drink war. Nicht zuletzt, da ich mir vorgenommen hatte auch noch mit Ava zu sprechen. Snek zu finden war einfach. Beim letzten alkoholischen Getränk war sie eher schnell aus der Bahn geworfen, daher suchte ich etwas eher mildes aus. Und dann flammte ganz kurz mein normales Ich auf. Snek hatte ganz sicher Krathus’ Aktion mitbekommen, daher bezahlte ich ihn. Aber nicht ohne unserem Kobold eine Lektion zu vermitteln. Snek sollte sich Krathus später schnappen und zur Strafe in der Küche arbeiten lassen. Ihm war es einerlei und so stimmte er zu. Kurz grinsend nahm ich nun den schweren Weg zu Ava auf mich.
Die drei saßen zusammen als ich kam. Wie es aussah war Garret mal wieder beim Meditieren eingeschlafen, Krathus schlug derweil Löcher in den Boden mit seiner neuen Kriegsaxt. Alles unter dem amüsierten Gesichtsausdruck von Ava. Nachdem Krathus zunächst Einhalt geboten wurde, da die Reparaturen sonst ihm angelastet würden, sorgte ich dafür mit Ava allein zu sein für den Moment. Zwei Gläser und eine Flasche Whiskey in der Hand habend bot ich ihr eines an, welches ich mit bewusst weniger Inhalt gefüllt hatte. Sie griff unerwarteter weise zum volleren Glas.
Es war unsere ruhigste Unterhaltung seit Tagen. Ich versuchte nachzuvollziehen wie sie tickte. Die Erscheinung von heute Mittag hatte mir zumindest die Sorge genommen, dass sie vielleicht nur so eine Art Doppelgänger war. Für sich selbst vermochte sie wohl eine vollumfassende Gefühlswelt zu haben. Sie war aber überschattet von kalter Logik. So wirklich vermochte ich nicht durchzudringen hatte ich den Eindruck, aber das galt wohl für beide Seiten. Ihre Ansichten vertretend blieb die Frage zurück, ob wir uns je einig würden. Es ist ja nicht so, dass wir gänzlich unterschiedlich in der Ansicht zur Gesamtlage wären.
Jedoch gab es einen inhärenten Kontrapunkt. Nämlich wie wir mit dem was uns wichtig ist umgingen im Zuge der drohenden Gefahr. Sie war seit ihrer Rückkehr in der Lage alles beiseite zu schieben. Betrachtete ihr altes Selbst gar als eine Form von Gefängnis für das, was nun an die Oberfläche gekommen war. Innerlich trauerte ich genau dem Verlorenen hinterher. Freunde waren wir derzeit keine. Aber es gab ein gemeinsames Ziel. Vielleicht reichte dies zunächst. Vielleicht würden die Dinge sich wieder bessern in Zukunft …
Auf meinen Kommentar hin, dass ich alles daran setzen würde, dass wir ihre Freundin – was immer dieser Ausdruck aktuell für sie bedeutete – Arina zu finden, reagierte sie erwartet negativ. Es lagen Welten zwischen uns beim Thema der persönlich wichtigen Dinge in unseren jeweiligen Leben. Nichts stand über dem Drang den großen Roten aufzuhalten bei ihr. Keine Verzögerungen waren vorgesehen. Hier zu sein nervte sie bereits immens. Wenn eines klar war, dann das. Doch wie hätte ich anders handeln können, als ich es tat? Nie hätte ich zur Ruhe kommen können. Ihre Augen forderten etwas, so glaubte ich.
Es fiel mir zugegebener weise aber auch schwer mich gänzlich auf das Gespräch zu konzentrieren. So vieles ging mir durch den Kopf. Und dazu gehörte auch der Whiskey. Im Nachgang betrachtend hätte wohl mehr gesagt werden müssen …
Zumindest nahm mir das Gespräch dennoch dieses negative Gefühl der Unklarheit ihr gegenüber. Nachdem sie zuletzt einfach Regeln aufgestellt hatte, wie die Gruppe untereinander agieren sollte, tat ich dies nun zum Abschluss auch. Es sollten keine unnötigen Opfer mehr geben – keine Toten, außer uns bleibe keine andere Wahl. Es war beruhigend als sie zustimmend meinte, dass dies auch keinem Drang nach Blutvergießen entsprang.
Jetzt holten wir Garret und Krathus wieder dazu. Schließlich musste es noch einen Bericht zu meinem Zusammentreffen mit Foamwave geben. Von allen schien besonders Ava am zufriedensten mit dem Ausgang. Die ganze Familiensituation würde sich aufgrund der Umstände mit Narchessa nun deutlich einfacher lösen lassen. Ich blieb skeptisch. Mitten im Bericht suchte uns Snek auf. Mit eindringlicher Stimme verlangte er nach Krathus, welcher mühsam versuchte sich zu verstecken. Breit grinsend bedeutete ich mit einem Finger in seine Richtung. So zogen Snek und Krathus von dannen. Auch endete damit ein langer, nervenaufreibender Tag. Wer wußte wie es morgen weitergehen würde.
Nun … ich hätte es erahnen können. Verkatert. Es half aber alles nichts, meine Schwester würde bald da sein, also hieß es sich fertig machen. Noch vor einem anständigen Frühstück traten wir nun also alle zusammen. Foamwave kam wie versprochen. Sie sah meinen Zustand und machte Krathus an, dass er sich darum mal kümmern solle. Ich hatte gänzlich ausgeblendet, dass der Kleine seine magischen Fähigkeiten zum Kurieren dieses Zustandes einsetzen konnte. Er verneinte jedoch. Verwies mich auf die Lektion vom Vorabend mit den Konsequenzen leben zu müssen. So Unrecht hatte er damit nicht. Aber Foamwave war extrem fordernd. In ihrer Art war sie kaum warmherziger als Ava zuletzt. Irgendwann wurde es mir zu viel und ich gab Krathus ein Signal es einfach zu tun. Mein Kopf wurde wieder klar. Von einem Drehen vor den Augen zu einem kompletten Stillstand … das verlangte meinem Magen dann doch nochmal kurz was ab. Womit ich mir direkt eine verbale Schelle von meiner Schwester einfuhr ich müsse mehr auf Schiffen unterwegs sein.
Sie wurde der Gruppe vorgestellt und wir fingen an ein paar Pläne zu erörtern. Jashier sollte schleunigst aus der Stadt raus. Ich wollte da nicht unnötig Zeit verstreichen lassen. Sie selbst war ja offenbar absolut sicher hier. Wegen des Weges hinaus drucksten wir ein wenig herum. Sie musste nicht unbedingt von dem Teleportzirkel erfahren. Doch sie sprach mit wenigen Worten ob unserer Pläne abzureisen schlicht davon, dass dies ja kein Problem sei – eben so wie wir gekommen waren. Auf eine direkte Nachfrage schob sie ein vom Zirkel zu wissen. Und es sei auch möglich mit ihm zu den Points zu reisen, wo meine Mutter sich aufhalte. Ich war fassungslos. Die Möglichkeit sie zu treffen, Antworten zu all meinen Fragen zu finden, war nur einen Teleport entfernt? Ich hatte zugesichert keine langwierige Suche nach ihr zu diesem Zeitpunkt zu unternehmen, aber wenn es in wenigen Stunden gesichert machbar wäre wieder in Zoica zu sein … den Kuchen bekommen und ihn auch essen zu können … wie hätte das irgendjemand ausschlagen können!?
Nach Verständnis umblickend fand ich dort nur Garret. Krathus verstand es mit ein wenig Erklärung, aber so richtig überzeugt wirkte er dennoch nicht. Ava hingegen war die schäumende Wut, als ich diese Option ins Auge fasste. Scheinbar würde sie es als gebrochenes Versprechen wahrnehmen, wenn ich von dieser Situation Gebrauch machen würde. Argumentativ war da nichts rauszuholen. Was wären ein paar Stunden schon. Gäbe es Anlass zu solcher Eile, dann hätte der Zinnsoldat uns schon eine Nachricht zukommen lassen. Ohne die langwierige Reise war das Problem für mich nicht ersichtlich. Wollte sie es schlicht aus Prinzip, oder mich testen? Das war dann aber ein Test, bei dem ich versagen musste. Es war auch wenig beschwichtigend anzumerken, dass ich auch alleine gehen kann und dann einfach in ein paar Stunden nachkäme. Ava war mit dieser Aussage dann durch. Sie würde ganz sicher nicht mitgehen. Krathus würde bei ihr bleiben. Garret war sich unsicher. Sie meinte, dass es vielleicht besser wäre, wenn Garret mitkäme. Aber ausgehend davon, dass nur er und ich mit Mundi bisher gesprochen hatten, und eben genau dies der nächste Schritt für Zoica’s Sicherheit war, musste er die Gruppe begleiten. Zumal … was konnte schon schiefgehen? Ein kleines Familientreffen, ein paar Antworten und zum Mittag wieder in Zoica. So redete ich es Garret also aus. Was Ava auch zu Missfallen schien. Es gab wohl keine mögliche Handlung meinerseits, die nicht so endete. Innerlich seufzte ich tief in mich hinein.
Nachdem nun der Plan mehr oder minder beschlossen war eröffnete uns Foamwave einen schnellen Weg zurück in die Stadt. Scheinbar war Belaxarim, oder „Trixi“ wie meine Schwester sie nannte, bereit uns fliegend zurückzubringen. Krathus war extrem enthusiastisch. Garret fand es auch entsprechend aufregend. Bei mir blieb es verhalten. Wir packten recht eilig alles ein und schon erwartete uns der Drache vor dem Anwesen der Dragon Lair Tours. Es wurde aufgesessen und losgeflogen. Auf halber Strecke kam mir der bloß säurehaltige Mageninhalt hoch, konnte ihn gerade noch in die richtige Richtung entleeren ohne jemanden zu treffen. Der Flug dauerte eine knappe Stunde.
Zu allem Überfluss landeten wir mitten im Stadtzentrum von Ailamere. Foamwave machte daraus eine große Propagandashow für die Tour. Einen Flug mit dem Drachen könne man mieten. So auf den Silbertablett fühlte ich mich wahrlich unwohl in dieser Stadt. Wir mussten zunächst auch noch Jashier und die Kinder holen, da sie direkt mit den anderen nach Zoica sollten. Im Compound würden sie erst einmal sicher sein. Ava weigerte sich mitzukommen und wartete direkt bei Modron auf uns. Lange brauchten wir nicht. Jashier war wie besprochen gut vorbereitet. Und Foamwave verschaffte uns einfachen Zutritt zu den Pleasure Domes. Mit Kindern hier hineinzugehen war sicher nicht wünschenswert, aber so früh am Morgen war wiederum auch nichts los. Mit der Losung „Purple is the new Black“ kamen wir ohne weitere Anstalten in den Dome Nummer zwei.
Ava verschwendete keine Zeit und teleportierte direkt nach Zoica. Meine Versicherung uns in einigen Stunden wiederzusehen ignorierte sie. Dann verabschiedete ich mich kurzerhand von den anderen. Ich bleute meinem Ziehvater und den Kindern ebenfalls ein in Zoica keinesfalls mit Marco oder anderen Kindern in Kontakt zu treten. Sobald ich zurück sei, würde ich einen dauerhaften Aufenthaltsort für sie suchen. So verschwanden nunmehr alle vor meinen Augen. Zurück blieben Foamwave und ich.
Nachher: [siehe Part 2 - Arem]
Sitzung 96
Wir holten die beiden Dank Garret’s Spezialgetränk erstaunlich schnell ein. Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob es sinnvoll war das Zeug einem Pferd einzuflößen. Noch dazu DIESEM Pferd. Es bekam zuvor ja schon fast einen Herzinfarkt beim Vertreiben der Fliegen mit seinem Schweif.
Als wir gleichauf waren machte Ava keine Anstalten das Tempo zu drosseln. Auf meine Frage was sie hier vorhabe und ob ihr klar sei welches Chaos sie hinterlassen hatte blieb sie stur wie ein Ochse. Das kannte ich ja bereits. Nun fing sie gar an mir Vorwürfe zu machen. Die Situation eskalierte schneller, als ich das wollte. Und irgendwann war der Punkt erreicht an dem sie auch tatsächlich anhielt. Mitte auf dem Weg zum Hort Belaxarim’s standen wir voreinander und brüllten uns an. Keine Ahnung wie lange. Vorhaltungen und Vorwürfe waren der Kern. Wobei sie mich immer wütender machte mit ihrer Auslegung von Begebenheiten. Sogar solchen, wo sie nicht einmal anwesend war. Die Tatsache, dass sie mir auch kaum Raum ließ einen Satz sauber beenden, um Dinge richtigzustellen, kotzte mich einfach nur noch an.
Alles was man seit ihrer Rückkehr bekam war missmutiges auftreten, Überreaktionen und Wut, mit einem eingeschmissenem Anflug von sadistischem Sarkasmus – welchen ich wenigstens noch tolerieren konnte. Auch wenn ich mir nie sicher war, wodurch dieser Wesenszug ausgelöst wurde. Natürlich traute ich ihr nicht. Wie auch. Sie war wie ausgetauscht seit dieser Parallelwelt-Geschichte. Es gab auch keine Erklärungen. Ein konstantes „Weiß ich nicht“ war jedenfalls keinesfalls beruhigender.
So oder so … für jemanden, der behauptete das große Ganze im Blick zu haben schien es ihr ziemlich egal zu sein, was sie mit der Aktion in Ailamere im schlimmsten Fall ausgelöst hatte. Mehr noch klangen die Vorwürfe meines angeblichen Egoismus aus ihren Mund verdammt hohl, nachdem sie in ihrer wirren Argumentation den Ihren überdeutlich machte. Und das, nachdem ich seit jeher hinter dem Scheiß der anderen hatte hinterher räumen müssen, um geradezubiegen was sonst zu verhängnisvollen Situationen geführt hätte. Wollte sie nicht gerade erst die Ungolspinnen zu ihren Zwecken auf Todeskurs schicken und damit Mundi potentiell missmutig stimmen? Brillanter Einfall. Oder einfach ohne mich zu meiner Schwester losziehen zu wollen … extrem hilfreich. Alles, was ich getan hatte war immer mit dem Blick nach vorne. Sicherzustellen, dass es allen gut ging. Dafür angefeindet zu werden … ich kochte vor Wut. Es half auch nicht, dass ich den Eindruck gewann nur ein Werkzeug für sie zu sein. Das hatte ich ich bereits hinter mich gebracht mit einer anderen Person und es brauchte keine Fortsetzung.
Und als die Stimmung ihren Siedepunkt weit überschritten hatte verstummte sie plötzlich einfach. Gerade als ich dabei war ihr ungefiltert meine Gedanken an den Kopf zu werfen. Da stand sie und starrte ins Leere. Jegliche Ansprache war vergebens. Ich schnippte direkt vor ihrem Gesicht, doch sie blieb regungslos. Auf meine Frage, ob alles ok sei folgte lediglich Stille. Dann erkannte ich ein Leuchten von der Seite. Es war … eine weitere Ava!? Gänzlich in Licht gehüllt erschien ein Abbild ihrer Selbst und ging auf sie zu. Avals Blick war starr auf die Erscheinung gerichtet. Schließlich ergriff die Gestalt ihre Hand, gab eine sanfte Berührung über ihre Wange. Was bei den neun Höllen ging hier vor sich? Die Erscheinung löste sich auf während gleichermaßen eine Art von goldenen Linien sich über Ava’s Arm ausbreiteten und scheinbar bis in den Nacken hochliefen. Sie schien für einen Moment Schmerzen zu haben. Zuletzt zog ich eine goldene Strähne durch ihr Haar.
Wir waren alle sprachlos. Meine Wut war keines Wegs gemildert, aber ich verdrängte sie zunächst so gut es ging. Sie hingegen wirkte völlig ruhig. Und total verwirrt. Wie immer konnte sie natürlich nicht sagen was geschehen war … welch Überraschung. Zugleich war sie aber auch nicht mehr fähig oder willens die Situation weiter zu „diskutieren“.
So berieten wir stattdessen abseits des Weges was nun geschehen sollte. Weiter zum Hort, oder doch zurück nach Ailamere? Ich hatte Jashier gesagt er solle sich bedeckt halten und auf meine Rückkehr warten, auch wenn diese sich hinziehen mochte. Er würde nichts dummes tun, denn er wusste was auf dem Spiel stand. Also konnten wir genauso gut dem vorgezogenen Plan Foamwave zu finden folgen. Auch wenn mich das mit gemischten Gefühlen zurückließ. Wir hatten keinen Plan für danach. Hier konjugierten so viele Aspekte meines Lebens. Alles zu meiner Vergangenheit und was dies für meine Zukunft bedeuten würde. Zum Greifen nahe, aber so verworren und zerbrechlich. Alles nur wegen eines Winks des Schicksals. Es wurde zunehmend schwerer einen klaren Kopf zu bewahren. Ich sehnte mich nach der Freundin, die ich einst in Ava sah. Jene, die sie vor ihrem extra-planaren Erlebnisses war. Jene, die verstanden hätte …
Es half alles nichts. Wir sattelten auf. Garret übernahm die Zügel, da ich einfach zu erledigt war. Auf dem Weg nutzte ich die Gelegenheit mal wieder einen Blick in unser Nachrichtenbuch zu werfen. Man sagt ja ein Unglück kommt selten allein. Wer immer das sagte untertrieb in der Wahl seiner Worte immens – zumindest wenn es um diese Gruppe von Reisenden ging. Der Zinnsoldat hatte eine Nachricht erhalten, die scheinbar an uns gerichtet war. Sie kam, so behauptete er, mit einem fliegenden Huhn … ? Ein Brief von dem Barden Pesh, in dem er klarmachte entführt worden zu sein. Jemand verlangte Lösegeld. Um was mussten wir uns noch alles kümmern? Scheinbar konnte ein Kontakt über Amastacia hergestellt werden. Das Wiederrum machte mir Hoffnung auf eine schnelle Lösung. Doch es würde uns einige Zeit kosten den Weg dorthin auf uns zu nehmen. Wären wir erst einmal zurück, dann mussten wir noch ein paar Dinge klären. Hätten wir genug Zeit bis die Frist verstrich? Vielleicht sollten wir einen Boten zu ihr entsenden, um schonmal alles in die Wege zu leiten? Ich wischte die Gedanken beiseite. In diesem Moment konnten wir es nicht ändern. Morgen wäre noch früh genug. Bis dahin hätten sich andere Ereignisse abgespielt, die vielleicht für mehr Geistesklarheit sorgten.
Am Rande bemerkte Krathus noch an, dass er sein Equipment wohl gestohlen hatte. Ich konnte meinen Sarkasmus kaum zügeln. So wie der rumgedruckst hatte war das so sicher wie der Feueratem eines roten Drachen. Doch scheinbar hatte er es nicht von irgendwem entwendet, sondern einem Offizier. Na großartig. Das hieß da draussen rannte irgendwo ein Kobold mit einer Mordswut umher, der seinen Scheiß wiederhaben wollte. Logothil war weitläufig, daher hoffte ich einfach, dass derjenige uns nie begegnen würde. Doch bei unserem Glück … Pesh’s Brief wanderte mir wieder durch den Kopf. Wir ziehen Unheil einfach an. Egal wie gut die Intention. Es war, als gäbe es da eine weitere Macht im Universum, die irgendwie unser Schicksal mit einer gehässigen Freude durch jeden noch so kleinen Scheißhaufen ziehen wollen würde …
Wir hatten indes beschlossen nicht gemeinsam am Hort anzukommen. Auch gerade im Bezug dazu, dass Krathus und Ava potentiell gesucht werden könnten. Es war unklar wie Foamwave war, ob sie mehr nach unserem Vater kam, oder wie sie reagieren würde. Den ersten Kontakt sollte sie daher nicht unbedingt mit mir haben. Garret war eine gute Wahl dafür. Er könnte Informationen einholen. Sich ein wenig mit ihr unterhalten. Und damit er ein wenig Reputation hatte schlug ich Ava als Begleitung vor. Es käme besser an, wenn er in weiblicher Begleitung auftauchte. Sie war nicht davon überzeugt. Ehrlicherweise war ich es auch nicht gänzlich, aber ich wusste was bei Garret manchmal so passieren konnte. Und obgleich noch viele Fragen offen waren und mein Blutdruck weiterhin ein allzeit Hoch verbuchte, hatte ich seit der Begegnung mit der Lichtgestalt Ava’s ein verändertes Bauchgefühl ihr gegenüber. Sie würde ihn im Zweifel schon unterstützen.
Krathus und ich würden eher als scheue Reisende ankommen. Als Krathus dann seiner Verkleidung mehr Ausdruck durch Stelzen gab war ich verwirrt. Stelzen? Hatten wir nich gerade erst ein Thema … Moment. Er poliert seine Stelzen und er hat zwei. War er wirklich so ein Hornochse? Es verschlug mir die Sprache, als mir klar wurde wie abwegig die Kommunikation mit dem Kobold gewesen war. Gleichermaßen ergab es ein wenig mehr Sinn. Auch wenn noch ein Puzzleteil fehlte, um die Stelzensituation gänzlich ins Licht zu rücken.
Die halbe Portion und ich kamen ein ganzes Stück nach Ava und Garret an. Wir buchten lediglich ein reguläres Zimmer. Krathus machte viel Wind um die Kosten, ich zahlte es einfach. Hoffentlich hatte Garret’s Verhalten nicht zu sehr auf ihn abgefärbt. Laut der Erzählung hatten beide schon Revolutionen hinter sich. Wenn er jetzt noch so knausrig wäre könnte das zum Problem werden. Ich machte es mir im Gartenbereich der Schänke gemütlich. Mehr als abwarten konnte ich jetzt eh nicht mehr tun. Es gab mir Zeit meine Gedanken zu ordnen. Aus der Ferne beobachtete ich eine Junggesellinnenparty. Es verwunderte mich wie in Rachwood so etwas ablaufen würde. Doch ich vermutete es gäbe zum Alkohol auch eine Menge gebrochener Knochen.
Derweil hatte Krathus probiert sich unrechtmäßig über das Essen herzumachen. Es gab ein kurzes Wortgefecht in der Ferne. Erst verschwand er in den Innenbereich. Ich folgte ihm kurz. Er wurde nicht nur beim Stehlen von Essen, sondern auch beim Wirken von Zaubern ertappt und verwarnt. Das konnte doch wirklich nicht wahr sein. Wir sollten uns bedeckt halten. Krathus ging zunächst nach oben ins Zimmer. Ich ließ mich wieder auf der Terrasse nieder.
Derweil hatte sich Garret scheinbar erfolgreich an die Damen der Runde gemacht. Was wohl auf Ava’s überzeugende Show zurückzuführen war, in der sie ihn wild beschimpfte. Obgleich mir der volle Zusammenhang entgangen war, hatte es den Anschein, als ob Garret dadurch in die Lage versetzt wurde Informationen bei den Gästen einzuholen. Ava war derweil nach drinnen verschwunden und bald auch folgte Garret.
Einige Zeit später tauchte Krathus erneut auf und versuchte es wiederum. Selten hatte ich ein plumperes Verhalten erlebt. Als ob das Wegdrehen des Kopfes ausreichend gewesen wäre, dass sie seine Statur nicht mehr wahrnahmen. Er wurde offen zurückgewiesen. Dann kam er erbost zu meinem Tisch. Beklagend über die Preise für’s Essen und mit einer Nachricht, dass die anderen oben warten würden. Derweil fingen weiter vorne am Buffet Augenpaare zu uns zu wandern. Es gab einen murmelnden Austausch durch den bedienenden Kobold und dieses eigenartige Vogelwesen. Ein leiser Abgang kam nicht in Frage.
Noch in Krathus’ Satz schoss ich hoch und fauchte ihn an, dass ich nicht immer für ihn zahlen würde. Dann ging ich mit wutentbrannten Schritten ins Innere des Anwesens. Die Reaktion darauf war amüsant. Zum Einen war Gelächter zu vernehmen und zum Anderen hatten die feiernden Mädels heute schon ähnliches gesehen. Ich grinste wissend in mich hinein. Garret hatte ja wohl einen ähnlichen Fettnapf erwischt – auch wenn dieser Absicht und durchaus hilfreich war. Krathus folgte still.
Ein kurzer Informationsaustausch folgte. Garret und Ava hatten nicht nur das volle Tourpaket als … Paar gebucht – wäre ich nicht so in Gedanken bezüglich meiner Schwester gewesen, dann hätte ich wohl meine helle Freude gehabt mich darüber auszulassen –, sondern auch die Option ein privates Treffen mit dem Drachen zu organisieren. Offenbar war Foamwave bei ihm, so dass dies eine gute Gelegenheit war dann mit ihr in Kontakt zu treten. So hieß es weiter warten für Krathus und mich.
Ich wunderte mich noch, dass er die ganze Zeit am Fenster gestanden hatte. Aber als Ava dann den Raum verlassen hatte war klar wieso. Noch bevor ich intervenieren konnte verschwand der dumpfe Kobold auf magische Weise und tauchte kurz nach mit einem ganzen Batzen Essen wieder auf. Sie hatten ihn schon die ganze Zeit unter Beobachtung. Wie konnte er nur glauben damit durchzukommen? Wieder jaulte er mir wegen der aus seiner Sicht horrenden Preise was vor, bevor er begann gierig alles in sich hineinzuschlingen. Zu viel, zu schnell. So kam es wie es kommen musste, nämlich oben wieder heraus. Wenn sie ihn sich zur Brust nehmen würden, wollte ich nicht dabei sein. Was sagte Razora … Kinder müssten ihre eigenen Fehler machen. So ließ ich ihn in seiner Schande allein. Dachte ich. Im Rausgehen bemerkte ich wie er das erbrochene wieder zu sich nahm. Mein Würgreflex war hart am Limit. Die Tür zuziehend wartete ich im Gang auf die anderen.
Es dauerte einige Zeit. Erstaunlicherweise war bisher noch kein Mitarbeiter erschienen sich mit Krathus auseinanderzusetzen. Dann tauchten die anderen beiden auf. Wir versammelten uns in ihrem Zimmer, damit wir ungestört blieben. Es gab einiges zu Verdauen nicht nur für den Kobold.
Zunächst erzählten sie, dass offenbar die Gruppe um diese Halbelfe Layara dem Drachen Belaxarim geholfen hatte. Pluspunkt für uns. In Ailamere gab es einige Artefakte aus Mocny im Auktionshaus. Das war nicht völlig ungewöhnlich, aber definitiv interessant. Und Narchessa hatte scheinbar Bücher aus Oclusar erworben. Etwa im Anschluss an die Zerstörung? Was hatte sie vor? Ein wenig in mich rein fluchend war aber auch klar, dass ich keinen Wert darauf legte dies wirklich herauszufinden.
Schlussendlich kamen wir ans Eingemachte. Foamwave war wirklich hier. Sie arbeitete hier wohl schon eine ganze Weile und machte den Tourguide. Hatte es sie nach meiner Abreise aus Ailamere hierher verschlagen? Ich kannte Tivoney vom Sehen, doch einen Tiefling hatte ich noch nie am Hafen gesehen. Sie war mindestens so angewidert von Narchessa wie ich es war. Das gefiel mir gut, es war ein positives Zeichen. Angeblich sei unser Vater tot. Auch das empfand ich ansatzweise als positiv. Doch zu gern hätte ich ihn Rede und Antwort stehen lassen für seien Taten. Laut Ava hätte sie auch nicht viel von ihm gehalten, doch Garret erwähnte, dass sie in dem Bezug etwas verheimlichen, oder vielleicht sogar lügen würde. Wäre sie ihm zugetan könnte dies Probleme bedeuten. Offenbar war er auch der Quartiermeister von Mad Dog Maddoc. Ein verfluchter Pirat … wirklich? Aber es machte klar, warum das Schiff Wavecrest hieß. Mir kam Ocanar’s Wortwahl in den Kopf. Er sagte sie sei auf dem Schiff. Hat sie also noch Kontakt dahin?
Und schließlich kam die nächste Information einem Vulkanausbruch gleich. Meine Mutter lebte noch. Stonearch war ihr Name. Sie hatte sich auf einer der Inseln in der Gegend niedergelassen. Ich hatte davon gehört … „the Points“. Eine Region in der Maddoc operieren sollte. Aber ohne genaue Kenntnisse der Gewässer oder Koordinaten würde man dort ewig suchen müssen, wenn man jemanden ausfindig machen wollte. Foamwave musste den Ort kennen, da sie laut der Aussage der beiden für sie sorgte.
Ich war fassungslos über diese Offenbarungen. Was sollte nun geschehen? Es gab noch immer Lücken zu füllen. Gab ich mich zu erkennen könnte sie das gefährden. Sofern wir überhaupt ähnliche Ansichten hatten. Sie von hier wegzubringen stand aufgrund der Existenz meiner Mutter ausser Frage. Oder waren sie hier eh sicher genug? Ich wusste nicht mehr was ich denken oder fühlen sollte. Gleichzeitig machte ich mir Sorgen um meinen Ziehvater. Es war alles zu viel auf einmal für den Moment …
Sitzung 92
Erstaunlicherweise wurde Marco doch noch gesprächiger. Zwar kannte er auf Ava’s Frage nach ihrer Freundin Arina keine Antwort, doch besaß er Wissen um Ravengrove. Zumindest oberflächlich. Scheinbar seien die Heiler dort nicht ausschließlich zum Heilen vor Ort. Doch welchem anderen Zweck sie folgten hatte er nicht in Erfahrung bringen können.
Mindestens so oberflächlich erschienen, auf erneute Nachfrage, die Gründe was die Differenzen zwischen Lafayette und ihm angingen. Diese beiden erneut an einen Tisch zu bekommen würde schwer werden, besonders wenn dabei produktive Ergebnisse erwartet würden. Mir schwirrte da eine Idee im Kopf, aber dazu müssten sie in der Lage sein in Zukunft zusammenzuarbeiten. So wenig ich Marco aus persönlichen Gründen leiden konnte, so sehr wusste ich, dass es wohl ohne ihn nicht gehen würde.
Ich streckte meine Fühler aus. Wollte mal hören, was er zu Ailamere wusste. Nachesse führe die Stadt und Xanthioppe hatte es bis heute nicht realisiert. Joah, das traf es recht gut … Peinlich und typisch. Ailamere eben.
Ava interessierte sich noch für Westerfell. Lia hatte den Ort kaum unabsichtlich ausgewählt als Rückzugsort. Scheinbar war Westerfell das Azoicstrum Ark’Therion’s. Und die grundsätzliche Idee für Azoicstrum war aus diesem Ort geboren. Auch hatte es scheinbar viele Überlebende nach Westerfell gezogen. Es lag abseits und bot, so machte es den Anschein, Ruhe vor der Aussenwelt. Das ergab zumindest Sinn. Lia könnte immer noch dort sein. Weitab von den streitenden Brüdern. Ob sie wohl eine Führungsposition für sich vorsah? Wer weiß, ob sie Ark’Therion nicht erneut aufbauen wollte.
Mich interessierte jedoch etwas anderes viel mehr: Wie kam man völlig ungesehen nach Ailamere hinein und hinaus. Darauf wusste Marco nicht sofort eine Antwort. Bot aber an eine zu finden. Zähneknirschend erbat ich diese Information – wohl wissend, was es mich kosten würde in Zukunft. Es stand aber zu viel auf dem Spiel blind in diese Stadt zurückzukehren. Vorerst war ja auch noch etwas Zeit. Allzu eilig hatte ich es nicht, auch wenn es langsam nötig würde zu handeln. Es durfte aber nichts übers Knie gebrochen werden. Nicht zuletzt galt es auch erst noch die anderen Themen anzugehen. Schließlich hatten wir noch ein paar Untote nahe der Stadt, die Rachwood’ler noch nicht untergebracht und das Gespräch mit Veklani stand auch noch aus. Ich hoffte danach endlich mich meinen Problemen widmen zu können.
Weiter ergab das Gespräch mit Marco auch nichts. So brachen wir denn auf. Wir nutzten den Zugang unterhalb des Compounds um zu Veklani zu gelangen – nachdem ich das Huhn von Lorilla abholte. Sie schien es etwas zu lieb gewonnen zu haben. Es tat mir beinahe leid. Aber diese Achtbeiner waren selten zufrieden ohne etwas zu essen gewesen. Sorgen bereitete mir auch, dass Ava so erpicht darauf war die Spinnen gegen Shadar’s Kobolde aufzuhetzen. So viel Aufmerksamkeit brauchte es nicht.
Unser vieläugiger „Freund“ war in der Tat anwesend. Sein kleines Geschenk verzehrte er dann auch innerhalb weniger Augenblicke. Es widerte mich stets an es mit ansehen zu müssen, versuchte aber mir nichts anmerken zu lassen. So gut es mir möglich war versuchte ich klarzumachen, dass wir Freunde sein wollten. Weswegen wir sie über die drohende Gefahr informierten. Von Drachen hatte Veklani aber noch nie gehört. War dafür aber höchst interessiert an Krathus. Geifernd stand das Spinnentier vor uns und richtete all seine Augen auf unseren Kobold. Nicht ganz was wir im Sinn hatten. Und leider verstanden er auch keinen humanoiden Humor, als Garret als Alternative vorgeschlagen wurde.
Mein Ansatz die Spinnen als Informanten einzusetzen schien nicht so viele Früchte zu tragen. Primär, weil Veklani keinen Sinn darin sah oder es nicht verstehen konnte. Und so dauerte es nicht lange bis Ava irgendwann hervor preschte. Sie war so versessen darauf, dass sich diese beiden Parteien miteinander auseinandersetzen sollten … wir wussten ja nicht einmal, ob sie sich überhaupt weit genug ausgebreitet hatten um effektiv zu sein. So ging ich harsch dazwischen. Deutlich zu ihrem Missfallen.
Zu allem Überfluss wurde dann auch klar was mit den Überresten vom Essen der Spinnen geschah. Es wurde Mundi gegeben. Für seine Armee. Und er wäre es auch, der die Ungol schützte. Da es ziemlich sicher war, dass Mundi sich kaum allein gegen Shadar stellen könnte, besann ich mich eines anderen Ansatzes. Schließlich würde Mundi es kaum positiv empfinden, wenn wir seine krabbelnden Untertanen als Kampfmittel missbrauchen würden. So erklärten wir, dass wir mit Mundi in gewisser Hinsicht befreundet seien und daher gerne einmal mit Ungol selbst reden wollten. Die Kommunikation erwies sich als etwas schwierig. Veklani alles nahezubringen beziehungsweise nachzuvollziehen was die Spinne wollte war von einigen Missverständnissen geprägt. Doch am Ende stellte sich heraus, dass Ungol wohl telepathisch mit mir Kontakt aufnehmen würde. Es würde nur knapp vier Tage dauern. Genug Zeit Mundi aufzusuchen. Würde er enger mit uns kooperieren, könnten wir die Spinnen eventuell nutzbringender einsetzen.
Für den Moment war alles geklärt. Das Abwasser roch noch genauso angenehm wie beim ersten Besuch hier unten, was unsere Abreise deutlich erleichterte. Auf dem Weg nach draußen wurde jedoch darüber diskutiert, ob wir wirklich erst Mundi aufsuchen sollten. Azoicstrum war ja nur einen Teleport entfernt. Ich mochte das herauszögern dieses Gespräches nicht. Die Rachwood’ler würden ein paar Tage ohne Probleme hier verbringen können. Die Tavernen hätten den Umsatz des Jahres. Aber in der Hoffnung wirklich nur einen kurzen Aufenthalt bei den Bugbears zu benötigen willigte ich ein. Ava hatte eh schon wieder diesen Gesichtsausdruck …
Diese Frau hatte eine solch eklatante Veränderung hinter sich gebracht – keine Ahnung wie ich damit weiter umgehen sollte. Irgendwie war sie an all dem was wir taten zu einem Maß involviert, dass nahelegen würde, dass es ihr was bedeutete. Gleichermaßen wies sie keinerlei Empathie auf. Was trieb sie also an? Irgendein Kodex, den sie sich von jetzt auf gleich zwischen zwei Welten zusammen gesponnen hatte? Oder war es kalte Logik? Doch Logik musste auch etwas folgen. Sonst könnte sie genauso gut logisch dem Fakt folgen, dass Shadar bald ein Gott sei und sie sich besser auf seine Seite stellte. Welche Aussicht auf Erfolg hatten wir denn wirklich? Ich zweifelte selbst massiv. Doch sollten wir wie durch ein Wunder Erfolg haben, dann wusste ich auch nicht, ob jeder von uns diesen erleben würde. Daher war eines ganz klar: Ich hatte meine Schuld vorher zu begleichen.
Während all dieser Überlegungen hatten wir derweil Angstrum gesucht. Für die Verhandlungen mit Toeffels war er schlussendlich notwendig. Melody hatte ihn nicht gesehen, vermutete ihn aber in der Akademie. Scheinbar war ihr Date ganz gut verlaufen. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Nachdem wir Angstrum aus seinen Studien gezerrt und Chrylax klargemacht hatten, dass wir Azoicstrum aufsuchen müssten hätte eigentlich alles gut laufen müssen. Doch sorgte Krathus sogar mit besten Absichten für ein kleines Chaos. Chrylax’ Freude uns Feuerbälle an den Kopf zu werfen war legendär. Im Zuge dessen, dass wir dies nicht abbekamen ging unser Kobold vor. Es flammte auf, doch er schob seinen Kopf völlig unverletzt hinter seinem Schild hervor. Die Mumie war so erfreut über das Ergebnis eines unverwüstlichen Testsubjektes, dass er daraufhin völlig abgelenkt seinen Teleportzirkel aktivierte. Das Ergebnis war … überraschend.
Wir landeten ganz klar nicht in Azoicstrum. Denn kaum re-materialisiert standen wir zwischen Bäumen in einer Art Park und eine halbnackte Frau schoss aus dem Nichts in die Arme von Krathus. Die Verwirrung war groß. Als wir sie fragten was dies für ein Ort sei sprach sie vom Dome Nummer Zwei. Mir schwante etwas. Die Frau bemerkte bald, dass wir offenbar keine Armreifen trugen – scheinbar notwendig um hier sein zu dürfen. Sie beantwortete noch kur die Frage, die uns allen auf der Seele brannte: Wo wir exakt waren. Mit Dome Nummer Zwei war einer der Pleasure Domes von Modron gemeint. Wir waren nach Ailamere teleportiert … Und alsbald verschwand sie. Vermeintlich irgendwelche Wachen rufend.
Mein Kopf drehte sich. Das war keinesfalls beabsichtigt gewesen, aber eine unglaubliche Chance. Keine weite Reise antreten zu müssen. Direkt ein Problem aus der Welt schaffen. Aber wie? Verdammt ich hatte noch keinen Plan dafür. Keiner der anderen wusste, was mich noch an diesen von den Göttern verlassenen Ort zurückbrachte – außer meiner Schwester. Die Zeit war zu knapp. Aber es gab einen Teleportzirkel. Vielleicht könnte es klappen damit alles in einem Streich aufzulösen. Ich argumentierte heftig für die Chance hier zu sein und bekam schlussendlich Zustimmung. Intern atmete ich auf. Wir sendeten Angstrum vorerst zurück, er sollte sich die Konfiguration des Zirkels einprägen gehen. Es war schließlich nicht gesagt, dass Chrylax uns ein weiteres Mal hierher senden konnte.
Schon bald kam uns eine Gestalt entgegen. Die Silhouette erahnend fiel es mir wie Eierschalen von den Schuppen ... Modron höchst selbst. Noch nie war ich weiter hineingekommen als einmal an die Bar. Und das auch nur weil sie es befahl. Jetzt in den Domes zu sein war etwas gänzlich anderes. Als der Tiefling dann nun endlich vor uns Halt machte sprach er sich als überaus überrascht aus wie wir hier wohl reingekommen waren. Er plapperte so viel vor sich hin, bis er sich selbst davon überzeugt hatte, dass wir uns hier bewerben wollten. Und zugleich fuhr er ziemlich auf Krathus ab. Unser Glück. In diesem Moment war die Echse wirklich ein Geschenk. Obgleich ich meine Befürchtungen hatte was geschehen würde, wenn er Razora von diesem Erlebnis erzählen würde. Doch meine Gedanken sprangen so schnell von einer zur nächsten Frage, dass dies erst einmal in den Hintergrund rutschte.
Wir folgten Modron in seine Räumlichkeiten. Solange wir ihn begeistert halten konnten würde uns das zum Wohle gereichen. Er hatte sein Faible dafür Kund getan Krathus malen zu wollen. Ich hätte wohl auf seinen Unterton reagieren sollen, tat es aber nicht. Was war schon dabei ihn zu malen. So sei es. Ava dachte zu diesem Zeitpunkt klarer als ich. Sie nutzte die Gelegenheit Modron nach einer Tieflingsfrau zu fragen. Er kannte so ziemlich jeden, das stand fest. Vor lauter intern kreisender Gedanken war dies ein blinder Fleck für mich gewesen. Doch erst einmal darauf angesprungen wollte er natürlich eine Gegenleistung für so eine Information. Auf seine sexuelle Begierde mir gegenüber konnte er aber nur eine Abfuhr erleiden. Dann fiel mir aber der Nerzmantel ein, den uns Chef Ramsey gab. Viel zu klein, da für einen Halbling entworfen, aber ich verkaufte es als Büstenhalter aus einem exotischen Land. Man sagt das Glück sei mit den Dummen … kann es nicht leugnen. Er kaufte die Geschichte ab und war hin und weg von dem Stück Stoff. Tatsächlich wusste er von einer Tieflingsfrau, die bei den Dragon Lair Tours arbeitete. Zudem bestätigte er ihren Namen.
Meine Schwester, von der ich nie wusste, hatte die ganze Zeit einen Steinwurf entfernt gelebt? Ich war nie zum ehemaligen Hort gegangen. Es gab dort nichts – außer immensen Kosten für Übernachtung und Essen. Nichts, was ich mir hätte leisten können. Es war so surreal dies nun zu erfahren. Modron wollte nun nicht länger warten und Krathus malen gehen. Im Hauptraum bei der Bar wollte er das tun. Wir folgten. Krathus wurde auf ein Podest gestellt. Während uns freie Getränke und Eintritt erteilt wurden. Ava war nicht glücklich über diese Verzögerung. Kann nicht sagen, dass ich es war. Aber ich musste mir über einiges klar werden und brauchte Zeit. Als wir das Bier in der Hand hatten wurde jedoch klar was Modron unter „malen“ verstand. Er benutzte eimerweise Farbe und seinen eigenen Körper in Zusammenspiel mit einer Leinwand und Krathus. Es war milde ausgedrückt absurd. Garret hatte derweil entdeckt, dass es hier seinen Familienwhiskey gab. Um der Ehrlichkeit den Vortritt zu lassen war dieser auch bitter nötig, um zu ertragen was wir da zu sehen bekamen. Krathus tat mir leid, doch dem Treiben würde jetzt kein Einhalt mehr geboten werden können. Wer hätte das auch ahnen können …
Zum Glück dauerte das Spektakel nicht allzu lange. Die Menge war begeistert. Wir eher schockiert. Krathus nahm es besser auf, als ich es getan hätte. Und Ava hatte schon von einem Bier und einem Whiskey einen vollen Kopf. Erstaunlicherweise gab sie dabei Dinge von sich, die ich nicht mehr erwartet hätte von ihr zu hören. Es würde sie traurig machen, wenn ich traurig sei. Konnte meinen Ohren kaum trauen. Leider hielt es auch nicht lange an, da Krathus sie magisch von ihrem Suffkopf befreite. Eine Schande. Vielleicht hätte man endlich mal etwas aus ihr rausbekommen, dass mehr Empathie an den Tag legte als ein Automaton. Mich weiter meinen Gedanken hingebend bemerket ich dennoch durch Zufall einen Halbork, der sich offenbar aus der Ferne für Ava interessierte. Darauf angesprochen stapfte sie sogleich los. Bei Modron tauchten alle möglichen Leute auf. Auch weniger freundliche Gesellen. Doch noch bevor ich etwas sagen konnte stand sie schon an seinem Tisch. Irgendwie kam mir das Gesicht so bekannt vor.
Zwischen der Tatsache hier zu sein und was nun zu geschehen hatte dauerte es etwas bis ich drauf kam. Es war Vronwe! Ich fluchte in mich hinein. Hatte ich nicht häufig genug erwähnt wie gefährlich Ailamere war? Vorsicht hätte ich erwartet, aber diese neue Ava hatte dies kaum noch im Repertoire. Ich stellte eine telepathische Verbindung zu ihr her und warnte sie davor, dass dieser Typ zu dem Ailamere Drei gehörte. Definitiv gefährlich. Und dazu auch gern beauftragt von der halbelfen Schlampe. Auch diese Information hinderte sie nicht das Gespräch zu suchen. Scheinbar hatte sie einen Narren an ihm gefressen. Wir teilten uns daher auf. Krathus blieb bei ihr, während Garret und ich schon einmal vorgingen. Später würden wir uns an einem Marktplatz im Süden der Stadt treffen. Das gab mir Gelegenheit noch ein anderes Thema anzugehen.
Wenig Erklärung bietend meinte ich nur zu Garret, dass wir noch bei wem vorbeischauen müssten. Er folgte anstandslos. Dafür war ich dankbar, auch wenn ich es nicht zeigte. Schließlich kamen wir an der Unterkunft an, die ich nach all den Jahren noch so gut in Erinnerung hatte. Ich klopfte und die Stimme von der anderen Seite weigerte sich zunächst aufzumachen. Doch auf die Meine hin änderte sich dieser Zustand sofort. Jashier öffnete die Tür. Und etwas zu überschwänglich begrüßte mich mein Ziehvater. Dem galt es schnell Einhalt zu gebieten. Wenn mich irgendwer in der Stadt erkannte könnte das massive Probleme aufwerfen. Und nicht nur mein Leben in Gefahr bringen. Ich versuchte so schnell und mit so wenig Informationen wie möglich Jashier zu erklären wie ich mein Versprechen ihn aus Narschessa’s Würgegriff zu befreien wahrmachen könnte. Es war nicht mal ein Plan, nur eine rudimentäre Idee.
Irgendwie mussten wir ihn zu Modron bringen. Doch erinnerte er mich gleich daran, dass er ja nicht alleine war. Verdammt, der Plan wäre so einfach gewesen. Aber die anderen Waisen konnte er einfach nicht zurücklassen. Wer hätte das besser verstanden als ich …
Als wir mitten in der Diskussion um die Situation waren klopfte es erneut. Aus irgendeinem Grund standen Krathus und Ava in der Tür. Das hatte mir noch gefehlt. So wie sie drauf war wollte ich das Thema am Marktplatz erläutern. Definitiv war jetzt und hier der falsche Moment. Und wie sich zeigte waren wir eines der seltenen Male einer Meinung. Denn als sie erfuhr was hier gerade im Gespräch war eskalierte sie endgültig. Sie warf mir vor Geheimnisse für mich zu erhalten, wie es Garret tat. Und gar, dass ich laufend Alleingänge machen würde und mich nicht um das „große Ganze“ scheren würde. Sie konnte es nicht verstehen. Sie war hier nicht aufgewachsen. Ganz zu schweigen davon, dass dieser Teil meines Lebens bisher auch keine Rolle für die Gruppe gespielt hatte. Verdammt noch eins, wir waren doch bloß durch einen Zufall hier gelandet. Ich musste improvisieren. Wäre alles nach Plan verlaufen, dann hätten wir uns mit der Reise hierher erst in einigen Tagen auseinandergesetzt. Genug Zeit alles zu erläutern. Aber nein … verfluchte Mumie.
Schnell beendete ich das Gespräch mit meinem Ziehvater. Ich würde gleich wieder vorbeischauen. Dann wollte ich Ava hinterher. Sie war schon ausser Sicht. Ich ahnte, dass sie wohl die Tour buchen gehen würde. So schnell es uns möglich war zogen Garret und ich durch die Straßen. Ich kannte hier jeden Winkel. Am Pier angekommen stellte sich heraus, dass Ava den Tourguide Tivoney wohl etwas übel mitgespielt hatte. Diese hatte die Wachen gerufen. Plapperte gar davon ausgeraubt und bedroht worden zu sein. Die Sache stank. Es ist Ailamere, jeder ist sich selbst der Nächste. Dicht vermummt trat ich anbei und suggerierte der guten Dame mit verstellter Stimme doch die Wahrheit zu sagen. Die Geschichte änderte sich abrupt, leider blieb die Bedrohung. Und auch wenn die Wachen nicht sonderlich erpicht auf Arbeit aussahen, so konnte dies dennoch gravierende Folgen haben.
Da sie keine Tour gebucht hatte aber Richtung Süden unterwegs war, war klar wohin sie wollte. Doch was sollte das? Wollte sie Foamwave an den Hörner hierher zerren oder was? Entführung zur Bedrohung hinzufügen? Wir kämen hier nie mehr weg. Und Krathus machte stumpf mit. Wir mussten sie aufhalten. So entsandte ich Garret ein Pferd zu besorgen und ich würde schnell mit Jashier sprechen gehen. Wir träfen uns dann nahe des Südtores.
Gesagt getan. Ich klärte einige Details mit Jashier. Sagte ihm er solle den Kopf unten lassen und nichts sagen. Er solle einfach auf meine Rückkehr warten und im Zweifel bereit sein. Dann traf ich mich mit Garret. Das Pferd – wenn man es denn so nennen wollte – war ein altes trostlos dreinblickendes Getier mit magerer Lebenserwartung. Innerlich kollabierte ich. Was hatte sich der Halbling da aufschwatzen lassen!? Es blieb keine Zeit mehr zu jammern. Keine Zeit mehr lange zu zögern. Keine Zeit mehr zu planen. So viel Chaos auf einem Haufen. Innerlich schloss ich bereits meinen Frieden mit den immer näher rückenden neun Höllen. Ich hoffte nur, dass ich die anderen vor dem bewahren konnte was mir blühen würde, würde ich auffliegen.
Zum Glück hatten meine magischen Fähigkeiten ein paar interessante Sachen zutage gefördert. So konnte ich das Pferd in eine deutlich robustere und jüngere Form verwandeln, wenngleich nur temporär. Aber es würde schon reichen. Garret schien ihm noch etwas einzuflößen. Der Gaul zeigte sich davon deutlich beeindruckt und zog davon wie ein Blitz. So ritten wir wie der Wind, um Krathus und Ava einzuholen. War nicht schwer der rauchenden Wolke zu folgen. Würde schwerer die Wogen zu glätten. Und wie wir langsam in der Ferne ihre schemenhaften Gestalten ausmachen konnten wunderte ich mich wie Ava’s geistiger Zustand wirklich war. Ihre Unzufriedenheit hatte ich nachvollziehen können, ihr unbedachtes Verhalten passte aber nicht ins Bild. Aber sie war bei weitem nicht die einzig irrational handelnde Person hier musste ich mir eingestehen.