Sitzung 121

Anarath
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Die Nacht war erholsam. Mochte man an so einem Ort gar nicht glauben. Die Ruhe abseits all der eminenten Probleme war angenehm. Am nächsten Orden wurde es sogar noch besser, als wir zum Frühstück heiße Schokolade und einen ungewöhnlichen Fußwärmer erhielten.

Amastacia hatte allerdings ansonsten ein eher gewöhnungsbedürftiges Essensangebot. Fisch. Das war bei einer Katze wohl zu erwarten gewesen. Sie klärte uns auch auf, dass die Idee Garret’s widerspenstiges Anhängsel in ein Skelett zu übertragen mit einem Knackpunkt einherging. Etwas müsste ihn am Leben erhalten, eine magische Quelle. So zum Beispiel Amastacia selbst. Was wiederum seine Möglichkeiten sich frei zu bewegen etwas einschränken würde. Doch in Anbetracht der Umstände schien dies immer noch ein erheblich besserer Deal zu sein, als im Kopf des Halblings zu verweilen. Auch wenn der Platz dort erheblich war.

Erstaunlicherweise wusste sie auch etwas über der den Zirkel des Kataklysmus zu erzählen. Lang genug war sie selbst bereits am Leben und hatte das ein oder andere aufgeschnappt. Was genau der Antrieb des Zirkels war, das vermochte sie nicht zu sagen. Aber sie hatte bemerkt, dass nach den eher seltenen Todesfällen der Druiden diese sich vornehmlich elfische Körper als nächste Hülle suchten. Irgendwie klang das wenig zufriedenstellend. Wie transferierten sie sich? Waren es willige Opfer oder bloß leere Hüllen? Ich wischte die analysierenden Gedanken beiseite und trank noch etwas von dem guten Stoff von Garret. In der Schokolade ging der Whiskey erst so richtig gut auf.

Da Amastacia so viel Freude mit Experimenten an unterschiedlichen Körpern hatte, überließ ich ihr meine Probe aus den Sümpfen. Ich trug dieses magisch versetzte Insekt schon ewig mit mir rum und bisher erfüllte es keinerlei Zweck. Sie ließ uns auch wissen, dass sie schon viele Inkarnationen hatte. Was sie ursprünglich einmal war und wie alt sie eigentlich sei hatte sie unlängst vergessen.

Eigentlich wollte ich noch etwas bleiben und die Ruhe genießen, aber Ava machte Druck von hier abzureisen. Sie gönnte einem auch wirklich gar nichts. Zumindest war das Angebot einen Abend im Lurkers auszugeben ein einigermaßen brauchbarer positiver Aspekt dem auch nachzukommen.

So verabschiedeten wir uns und kurz darauf teleportiert ich uns zurück nach Zoica. Wieder begrüßte uns ein Wachposten bei Einkehr. Da ich angeheitert war und etwas Abwechslung heute Abend angenehm sein würde, lud ich die junge Dame zu unserer Runde ein. Da Ava zahlte war das doch keinen zweiten Gedanken wert. Irgendwas war mit dem Mädel los, aber da solche Gedanken ein klares Zeichen dafür waren, dass ich wieder nüchtern wurde, schob ich sie beiseite und nahm noch einen guten Schluck. Derweil brach Krathus auf und rannte direkt los seine Mutter zu besuchen. Also hieß das für mich erst einmal mindestens 24 Stunden Abstand halten.

Der Weg zum Compound war ereignislos. Wir wollten mit Posetine sprechen, doch bevor wir auch nur in die Nähe kamen hielt uns Landerson im Hof auf. Ein Brief war für uns angekommen. Er war von Calas. Es freute mich, dass er scheinbar gesund und munter war. Die Tatsache, dass er wohl noch immer keine Spur von seiner Familie hatte war ein kleiner Dämpfer. Hätte ich nicht eh schon einen schwummrigen Kopf gehabt, dann hätte seine Rechtschreibung aber sicher einen solchen ausgelöst. Es gab sogar kleine Geschenke in dem Paket. Für mich gab es ein Buch darüber wie man ein guter Vater würde. Bis auf die erste Seite mit nur einem Tipp war es leer und er ließ es offen, ob ich wohl mehr hinzuzufügen hatte. Es war eine nette Geste, auch wenn ich es innerlich so sah, wie Calas es für sich selbst beschrieb. Ich fühlte mich unqualifiziert.

Es gab ein kleines betrunkenes Geplänkel mit Landerson, in welchem er aufgrund meiner Fahne eher unzufrieden war. Ava ließ daraufhin schon wieder ihre Stutenbissigkeit mir gegenüber raushängen und mit einem Mal zog mich ein komischer magischer Vortex von den Beinen. Dann stand ich plötzlich auf dem Dach von Landerson’s Hütte. Diese unfreiwillige Bewegung jedoch tat meinem Magen gar nicht gut und so ließ ich mir den bisher einverleibten Alkohol nochmal durch den Kopf gehen. Oder vielmehr durch den Schornstein, denn das war das Erstbeste was ich zum Entledigen fand. Muss kaum erwähnen, dass Landerson darüber auch nicht erfreut war. War wohl einfach nicht sein Tag.

Wir verzogen uns schnell nach drinnen und suchten Posetine. Die war aber scheinbar nicht vor Ort. Die Wache wollte uns zwar aufhalten hineinzugehen, aber wer hörte schon auf die Wachen im Compound. Die Barriere jedoch vor dem Eingangsbereich war dann doch hartnäckiger zu ignorieren. Ava wollte aber unbedingt in den Hort und brauchte eine Ablenkung. Nachdem ich ihr gerade erst ein Gold in die Hand gedrückt hatte als Trinkgeld, erzählte ich ihr nun einmal wie das mit dem Geld einheitlich so funktioniert. Den Leuten war ja einfach nicht klar wie effektiv sie es für den Alkoholgenuss einsetzen konnten. Ava kam ungesehen rein und raus, und dis ohne irgendwelche neuen Erkenntnisse. Die Wache unterdessen erwies sich als neunmalklug und machte einen dummen Spruch. Daraufhin suggerierte ich ihr, dass es wohl das Beste wäre das Goldstück in den Kauf von Eiern für seine Frau zu investieren und lachte in mich hinein.

Der Tag zog ohne viele Geschehnisse vorüber. Ausgehend davon wie gemütlich es bei Amastacia gewesen war, hoffte ich auf einen zumindest wiedergutmachenden Abend im Lurkers. Die Bude war bis unters Dach voll, so wie ich hoffentlich auch bald. Lurk führte uns eilig zum Stammplatz und erklärte noch, dass es später eine Art Frettchenrennen geben sollte. Auch wenn er das Wort irgendwie anders aussprach. Es war ein Wettbewerb und Garret wollte unbedingt daran teilnehmen. Mir schwebte sogleich vor ihn in ein Frettchen zu verwandeln und für uns laufen zu lassen. Bis dahin aber galt es erstmal das erhaltene Bierfass zu leeren.

Ava schlug eine Spielrunde vor. Wahrheit oder Pflicht, was sich in dem Fall in „Gib ne Antwort auf eine aus Unzufriedenheit gestellte Frage oder mach was dummes - ansonsten sauf“ übersetzen ließ. Schien mir passend. Das junge Mädel vom Wachdienst kam auch dazu. Sie stellte sich als Domitia vor. Eigentlich hatte ich vor Garret zu verkuppeln, aber das erwies sich nach ihrer Offenbarung ihren Vater während der „Revolution“ von Garret verloren zu haben als erheblich komplizierter. Zumal dies im Zuge des Spiels herauskam, als sie ihn fragte wieso er das überhaupt getan hatte. Innerlich brach ich zusammen vor Lachen, als mir durch den Kopf schoß, dass es alles wegen eines Silberstückes angefangen hatte. Naja, und seine Antwort war dann auch wie zu erwarten unzureichend.

Ava führte nach Aufforderung einen unglaublich schlechten Poledance auf. Als sie diesen im Umkehrschluss von mir verlangte, ließ ich richtig die Hüften kreisen und zeigte dieser Steinsäule von Frau mal wie sowas ging. Sie war auch an unserer Meinung zu ihr interessiert. Dazu fiel mir aktuell nichts ein, was auch nur annähernd positiv gewesen wäre. Zuletzt schaffte sie es jedes bisschen verbleibender Sympathie in schwelende Ablehnung zu verwandeln. Wieso trank ich wohl so viel in ihrer Gegenwart!? Ok, es war nicht nur wegen ihr, aber schon zu einem überwältigen Anteil. War schließlich die einzige Option es in ihrer Nähe auszuhalten. Also verzichtete ich auf eine Antwort und trank. Ging mir sogleich etwas besser.

Zwischendrin genoß ich noch das Treiben in einem Meer aus Bier, da ich mich in einen Shrimp verwandelte und von Garret reingeworfen wurde. Es war eine Wonne, wenngleich für nur einen kurzen Zeitraum.

Dann sollte dieser komische Wettbewerb beginnen. Scheinbar war unsere Idee den Wettkampf zu manipulieren dahin, denn es wurden Zweierteams gebildet. Ein Typ namens Fenton wollte unbedingt mit Garret in ein Team. So verblieben Ava und ich. Als drittes Team wurde ein Pärchen gewählt, welches frisch vermählt war. Es war eine krude Idee eines Wettbewerbs. Es gab ein Paar Hosen für jedes Team. Die Öffnungen der Beie waren jeweils zusammengenäht, so das sich die Füße der Personen berührten. So angezogen wurde dann eine Form von Ratte unter den Gürtelrand einer Hose gesetzt. So viel zum Frettchen … Ziel war es das Vieh dazu zu bewegen von dort durch ein Hosenbein zu der anderen Hose zu gelangen, hier über den Bund in das gegenüberliegende Hosenbein geführt zu werden und schließlich beim Einlass wieder herauszukommen.

Garret’s Teammitglied hatte offenbar eigene Vorstellungen und manipulierte insofern, als das er dafür sorgte, dass die Ratte stets wieder zurück zu Garret lief. Wir hatten währenddessen Schwierigkeiten das Tier überhaupt irgendwohin zu lotsen und später sabotierte Ava dann auch noch unser Vorankommen. Sie gönnte einem wirklich gar nichts. Dem Hochzeitspaar erging es zunächst gar nicht so übel, sie legten richtig vor, bis die ganze Szenerie sich in einen Horror verwandelte. Sie hatten Probleme die Ratte aus dem Einlass herauszubekommen und das Tier wurde aggressiv. Inzwischen blutete der Mann so stark, dass wir das Schlimmste annehmen mussten. Mir gelang es kaum in dieser verschnürten Position irgendetwas zu tun, so sehr ich mich auch anstrengte.

Ava gelang es schließlich das Vieh rauszuholen, doch der Mann hatte so schwere Verletzungen erlitten, dass er nunmehr im Sterben lag. Glück im Unglück war, dass sie ihn stabilisieren und heilen konnte. Aber zur Hölle was war das hier? Die Besucher grölten vor Freude ob des anstehenden Todes eines Unschuldigen, der dem Wahnsinn dieses Hablings Lurk zum Opfer gefallen war. Meine Wut brannte lichterloh und so packte ich mir den kleinen Bastard. Meine in sein Gesicht gebrüllten Worte nahm er gar nicht ernst, vielmehr sollte ich die „Show“ weiter anheizen. Waren wirklich alle Halblinge so begriffsstutzig!? War es die Situation, die Erlebnisse der letzten Wochen, der Alkohol oder die Kombination aus allem? Ich verlor die Kontrolle und schoß dem miesen Stück Scheiße einen Froststrahl in den Wanst.

Zu meiner Überraschung stand er tatsächlich noch. Jetzt mischte sich Ava ein und drohte mir handgreiflich zu werden, wenn ich nicht aufhörte. Klar stellte sie sich wieder mal gegen mich. War ja nicht so, dass Lurk hier der Schweinehund war. Typisch Ava halt. Ich ließ ab von ihm, setzte mich zu meinem Getränk und machte sehr deutlich, dass sie mich nun allein lassen sollten. Meine Wut war überschäumend und ich merkte bereits, wie mein Körper fast wie von selbst die Macht des Nexus anzuzapfen begann. Eine Eskalation stand direkt bevor und Ava schien einfach nicht zu wissen, wann es genug war.

Um uns herum war es ruhig geworden, doch das wiederum galt nicht einmal unserem Schauspiel. Posetine war indes eingetreten und hatte die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Offenbar hatte sie von unserem Besuch erfahren und vor mit uns zu sprechen. Doch das lag ausserhalb dessen, wozu ich derzeit fähig war. So ergriff ich das Bierfass vom Tisch, verwandelte mich kurzerhand in einen feinen Dunst und zog durch eine Öffnung ins Freie.

Wozu soll man diese Leute retten, wenn sie einander bei so einem Mist unter stürmischen Getose umbringen wollten? Es war der letzte Tropfen in einem gewaltigen Fass, der es schließlich zum Überlaufen brachte. Ich hatte endgültig genug von Drachen, Zoica, undurchdachten Entscheidungen und sabotierender Selbstgerechtigkeit. Mein Weg führte mich zurück nach Ailamere, wo ich bei Modron meinem Frust Luft machen konnte und zu der Erkenntnis gelangte, dass mein Bestreben das Richtige tun zu wollen fehlgeleitet war. Die Kompromisse, das Erdulden, dem Geradestehen für die Kurzsichtigkeit anderer und wie mein Leben auf den Kopf gestellt wurde durch den wahnhaften Gedanken sich mit zweifelhaften Märtyrern einzulassen.

Meine Ziele waren doch längst erreicht. Jashier war frei. Ich war frei. Meine Schuld war beglichen. Es war Zeit von dieser Freiheit endlich Gebrauch zu machen. Also nahm ich Schluck um Schluck und stieß auf mich selbst an, bis meine Sicht zu schwinden begann … welch wohliges Gefühl dies war.