• Friday, 31. January 2025 13:44

Sitzung 87

Anarath
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Nachdem das Essen abgeliefert war, verschwanden die beiden Hextorkrieger wieder in der Nacht. Ausgehend davon, dass wir Qwe irgendwo herumschieben hatten war dies mehr als wünschenswert. Unsere Begleiter waren sichtlich erfreut über das reichliche Nahrungsangebot.

Qwe war neugierig was passiert war. Er dachte glatt wir hätten die Vorräte aus dem Lager gestohlen. Gratulierte uns zu dieser Tat. Es war befremdlich für ihn zu hören, dass wir schlicht um Hilfe gebeten hatten. Kulturell konnten wir kaum weiter voneinander entfernt sein. Indes erfuhren wir auch, dass Oclusar erst kürzlich überrannt wurde. Die „Pyramide“ voller Versteinerter waren alles Oclusarbewohner. Wer nicht in der Stadt dem Angriff zum Opfer fiel, oder verspeist wurde, der hatte noch die Option an dem widerwärtigen Unterhaltungsspielchen teilzunehmen. Ich war nur froh, dass wir Razora hatten davor bewahren können.

Auch war Qwe gerade einmal drei Jahre alt. Offenbar war er aus eine oder Albträume Ocanar’s entstanden. Hatte wohl was mit Shadar zu tun, daher Qwe’s Schuppen. Allerdings erwies sich der Test, ob sie auch brauchbar gegen Feuer schützten als negativ. Obgleich es etwas amüsantes hatte, wie er sich vor Schmerzen wand und so tat, als ob alles ok sei.

Auf unsere Planungsvorschläge für den kommenden Tag mischte er sich aber auch ein. Oclusar sei ja viel näher und es gäbe dort ja einen Teleportationszirkel. Richtig. Aber dieser war extrem unsicher, wie Garret vor einiger Zeit in Erfahrung bringen konnte. Mein Verlangen durch eine Geisterstadt mit lauter versteinerter Bewohner zu laufen hielt sich auch in Grenzen. Wir hatten die Ringe von Tanaos, doch konnten wir der Bevölkerung in Gänze nicht helfen. Die Stadt war nunmehr bloß eine einzige Grabstätte. Die allgemeine Meinung plus Qwe’s Beteuerungen er könnte den Turm, auf welchem der Zirkel sei, stabilisieren ließ mich dann aber doch einknicken. Immerhin ersparten wir uns ein paar Reisetage. Ehrlicherweise wollte ich so viel Abstand zwischen mich und diese verfluchte Gegend bringen. So willigte ich ein.

Ich entschied es dabei zu belassen. Es war spät. Alle waren wir erschöpft. Krathus plapperte noch etwas von einer Kampfkombination, als ich bereits am Weggehen war. Innerlich schüttelte ich nur den Kopf. Wer würde denn allen ernstes jetzt noch mit Übungen beginnen wollen.

Der nächste Morgen brach an. Alle bereiteten sich auf die Abreise vor. Als der Aufbruch nahte, sich unser Zug in Bewegung setzte, da fing Krathus wieder an Unfug zu bauen. Er übernahm einfach einen der Karren mit Nahrung, was nahezu direkt dazu führte, dass die Pferde durchgingen. So raste er unkontrolliert davon. Ich überlegte etwas zu tun, verwarf den Gedanken aber wieder. Weiß gar nicht wieso. Ava hingegen schickte Garret hinterher. Der sei ja so schnell und müsste den Karren einholen und Krathus dann zur Seite stehen können. Mein Blick ging zu Razora. Etwas sarkastisch meinte ich wie stolz sie auf ihn sein musste. Sie nahm es locker. Kinder müssten ihre eigenen Erfahrungen machen. Was irgendwie komplette Zustimmung bei Ava fand, die dann nachsetzte und die Beziehung zwischen Razora und mir definiert haben wollte. Seit sie zurück war hatte sie dieses morbide Bedürfnis mich stetig in unangenehme Situationen zu bringen. Glückwunsch, es war ihr wieder gelungen. Auch wenn ich mir meiner Gefühle im Klaren war, so konnte ich kaum erwarten, dass sie erwidert würden. Doch es gab keine Ablehnung von Razora. Sie reagierte genauso ahnungslos wie ich. Es war überraschend.

Garret war gerade im vollen Sprint und setzte zu einem durchaus beeindruckenden Sprung an. Doch Krathus bekam den Wagen plötzlich unter Kontrolle, was den Halbling hart gegen diesen donnern ließ. Sicherlich war dies erheiternd, aber gleichzeitig auch bedenklich. Wollten sie Shadar mit einem Lachkrampf zu Fall bringen? Unsere arg mitgenommenen Verbündeten musternd dachte ich an all jene, die uns bisher zur Seite stehen würden. Es war schwer zu glauben, dass wir auch nur den Hauch einer Chance hatten. Besonders da dieser Drache über eine Fülle von Nexuskugeln verfügte. Ein Wunsch reichte, um den Großteil - wenn nicht sogar alle - von uns aus dem Spiel zu nehmen. Es gab nur Hoffnung, wenn wir es schaffen würden einen Ausgleich zu erzielen. Ab wann wurde es eigentlich zu meinem Kampf … ? Meine Irritation ignorierend setzte ich noch eine Nachricht über unser Kommen in das Kommunikationsbuch ab, wobei der Mittag des nächsten Tages angepeilt wurde. So reisten wir den Tag unbehelligt weiter bis nach Oclusar inklusive einer unbedeutenden Nacht.

Da lag es nun vor uns: Oclusar, in seiner ganzen steinernen Pracht. Ein riesiger Schutthaufen, gefüllt mit Statuen jedweder humanoiden Sorte begrüßte uns. Ocanar hatte keine halben Sachen gemacht, so viel stand mal fest. Bis zum Mittag würden wir noch einige Stunden Zeit haben, was dazu einlud sich einmal genauer umzuschauen. Auch wenn es sich anfühlte auf einem Friedhof zu wandeln. Kurz nach unserem Eintreten stießen wir schon auf die erste Anomalie. Eigentlich war es bloß ein Haufen Steine. Doch ihre Anordnung ließ den Eindruck entstehen, als wäre es ein Gesicht. Zu allem Überfluss ein uns bekanntes noch dazu. Ausgehend von dem Gemälde in seinem Turm war dies das Antlitz von Tanaos Ayumu … wer hatte dies getan und wieso? War es das Zeichen dafür, dass wir weiterhin seiner vermaledeiten Prophezeiung unserer Zukunft folge leisteten? Oder spielte hier jemand Spielchen mit uns? Ocanar vermutlich? Er hätte durch seine ihm vom Nexus verliehene Macht von Tanaos wissen und seine Beholder dazu anleiten lassen können diese „Skulptur“ für uns zu hinterlassen. Spekulationen. Manchmal fragte ich mich, ob ich anfing paranoid zu werden.

Ava wollte unbedingt einen der Bewohner zu den Ereignissen hier befragen. Qwe war diesbezüglich keine Hilfe gewesen, das schien sie zu … frustrieren? Die Idee Antworten zu erhalten war gut, keine Frage. Doch wer würde hier schon etwas dazu wissen können? Sie bestand darauf. Nachdem sie das Rathaus ausfindig machte suchte sie sich eine arme versteinerte Seele, die offiziell gekleidet aussah und entsteinerte sie. Erst jetzt fiel uns auf, dass sich die Ladungen der Ringe nicht wieder aufgefrischt hatten. Verdammt noch eins. Vier von zehn waren bereits weg. Ich verstand nicht wieso dem so war. Meine magische Identifikation der Ringe war einwandfrei gewesen, ihre Natur lag mir offen. Aber sie verweigerten sich in dieser Hinsicht. Und zu allem Überfluss standen wir vor einer als Informationsquelle vollkommen nutzlosen Person. Obgleich er der Assistent des Bürgermeisters war, so hatte er dennoch so ziemlich gar nichts mitbekommen. Von irgendwas in dieser Stadt. Man stelle sich das vor. Dennoch musste es ein Schock gewesen sein erst den Angriff, dann den Verlust der Körperkontrolle durch die Versteinerung und im nächsten Moment diese unfreundliche Elfe vor sich stehen zu haben. Ava hatte wirklich kein Gespür mit einer traumatisierten Person umzugehen. Ich versuchte sodann das Zusammentreffen etwas zu mildern.

Was wir erfuhren war, dass es hier auch Magier gegen hatte. Offenbar widmeten sie sich dem Studium der Sterne. Hier gab es also auch so eine Sternwarte, wie jene weit im Südwesten. Deren Teleportzirkel nutzten wir damals, um Melody nach Zoica zu bringen. Scheinbar hatte aber auch keiner der besagten Magier irgendetwas nutzbringendes gegen den Angriff getan. Wo sie geblieben waren schein unklar. Tot oder geflohen? Mein Kopf kramte die Bilder aus Bolgmor’s Höhle hervor. Dieses Magiertrio, welches wir dort in einem Versteck vorfanden und sich sofort nach ihrer Entdeckung wegteleportierten. Standen diese irgendwie im Zusammenhang hiermit, oder irgendeiner der vielen anderen obskuren Dinge in dieser Region? Fraglich war, ob wir sie jemals wiedersehen würden um sie dahingehend zu befragen. Der Befreite jedenfalls brachte uns nun erst einmal zu den Überresten des Observatorium. Wir hofften auf Hinweise oder Überreste, die uns brauchbare Informationen liefern konnten.

Qwe war dabei erstaunlich hilfreich. Er räumte für uns  mit Bedacht die Trümmer beiseite und nutzte diese gleich dazu den Turm zu stabilisieren, auf welchem der Zirkel sich befand. Es war schon eigentümlich, dass alles dem Erdboden gleichgemacht wurde, doch der Turm selbst noch … na ja, vor sich hin wankte. Was unter den Trümmern zum Vorschein kam erinnerte zudem sehr an das Fundament in Zoica. Dort wo einst die Akademie gestanden hatte. Nachdem wir einige Zeit damit verbrachten Qwe zuzuschauen, um im Anschluss in den Schuttmassen auf die Suche zu gehen, fanden wir dann auch tatsächlich etwas. Ein Brief von Ethelbald, dem einstigen Bewohners des alten Observatoriums, wo auch Melody lebte. Scheinbar nahm er einigen Studenten Bücher ab, die den Eindruck erweckten aus der Bibliothek von Zoica zu stammen. Doch dort wusste man nicht von fehlenden Büchern. Stattdessen sandte er sie dann nach Oclusar. Tatsächlich dauerte es nach diesem Fund auch nicht lange die besagten Stücke unter dem Schutt hervorzukramen.

Der Inhalt war erstaunlich. Sie berichteten von dem Fund des Ethereal Nexus. Dem ersten Nexus wie es schien, auf dem alle anderen basierten. Die Expedition, die ihn fand, verkaufte die Information über seinen Standort an den Meistbietenden – einen jungen Drachenlord namens Shadar Logoth. Zu meinem Erstaunen stand dieser Nexus in Mocny. Ich kannte nur vage Geschichten über dieses Reich. Hier wurde nun berichtet, dass er durch die von dem Drachen gemachten Experimente ausgelöscht wurde. Diese Zerstörung war … unfassbar. Das ganze Gebiet ist seither nur selten betreten worden, zumindest soweit mir bekannt war. Gefährlich sollte es dort sein. Nun wurde mir klar in welchem Ausmaß.

Doch ein weiterer Eintrag brachte noch mehr Informationen ans Tageslicht. Arcalis Dacra erfuhr von dem Nexus und fürchtete eine fundamentale Veränderung der Machtverhältnisse. Darum begann er seinen eigenen nExus zu entwickeln. An jeden alliierten trat er dabei eine Teilaufgabe ab, nur er kannte das große Ganze. Und Azoicstrum’s Errichtung war bloß ein Tarnmaneuver, um hier diesen Nexus schlussendlich zu verbergen. Eine ganze Bevölkerungsgruppe auszumerzen als „Tarnung“ … Mir schwante, dass Ava sicher wieder das größere Wohl als Argument auf den Lippen hätte. Logothil war groß, jeder andere Ort hätte es auch getan. Oder eine Verständigung mit den Bugbears wäre möglich gewesen. Beide Drachen hatten ihrerseits parallel eine Gesellschaft vernichtet im Bestreben den jeweils anderen zu übertrumpfen, oder gleichzuziehen. Mit dem Unterschied, dass Arcalis trotz allem schließlich von Shadar vernichtet wurde. Ein Übel merzte das Andere aus. Besser wäre gewesen sie wären beide verreckt …

Vielmehr konnten wir nun nicht mehr aus den Trümmern bergen. Qwe war weiter damit beschäftigt den Turm hinzubiegen. So ließen wir nochmal alle durch die Stadt ziehen und nach brauchbarem Material suchen. Einige Kleinigkeiten und Gold kamen dabei zusammen. Zumindest würden unsere Rachwood’ler nicht verarmt nach Zoica gehen. Und hier hatte sowieso keiner mehr Verwendung für irgendwelche Besitztümer. Vorerst.

Es wurde Mittag. Der Weg nach Zoica stand an. Garret machte den Anfang, um Chrylax schonmal vorzubereiten. Ich gestehe, dass ich mir ein Schmunzeln nur schwer verkneifen konnte. Es war recht klar wie dieses Zusammentreffen ausgehen würde. Er würde es schon wegstecken.

Nachdem der Erstkontakt mit Chrylax wie erwartet verlief sandten wir nach und nach unsere Befreiten hindurch. Besonderes Augenmerk legte ich dabei auf den Hinweis, dass gleich jemand sehr spezielles hindurch käme. Und mit diesen Worten schwebte auch schon Qwe im Raum. Chrylax war ausser sich. Nach einer kurzen Vorstellung der beiden begrüßte Qwe die alte Mumie etwas gewöhnungsbedürftig indem er sie durchschüttelte, als wäre es ein Handschlag. Chrylax Bemühungen Feuerbälle zu werfen blieben ohne Erfolg. Qwe’s Blick war schon ein echter Showstopper für den armen Chrylax. Ich lachte herzlich in mich hinein. Schade, dass Ocanar dies aufgrund des von dem Behodler ausgehenden Feldes entging. Von seiner Art her hätte ich erwartet dies höchst amüsant zu finden. Verdammt, waren wir jetzt Freunde oder sowas? Was ging mir da nur durch den Kopf …

Melody begrüßte uns wie immer herzlich. Als Qwe jedoch sich ihr näherte wurde die Sache kompliziert. Wir wussten, dass sie eine magische Energie um sich hatte. Doch ihre Wirkung war uns unbekannt. Nun wurde sie ersichtlich. Statt ihrer besonderen Optik als halber Adler/Mensch, stand nun schlicht eine Harpyie vor uns. Eine Form von dauerhafter Illusionsmagie hatte auf ihr gelegen. Auf unsere Reaktion hin war sie komplett irritiert. Erst als sie an sich herunterblickte begriff sie. Panisch und ängstlich verlangte sie, dass wir umkehren was wir ihr angetan hätten. Es dauerte eine Weile, bis sie nachvollziehen konnte, dass sie von ihrem „Vater“ – so bezeichnete sie Varion jedenfalls – über ihre Herkunft belogen wurde. Sie kam nur schwer damit klar eine lediglich wilde Harpyie zu sein, hässlich aus ihrer Sicht obendrein. Hier zerbrach ein ganzes Weltbild. Kann nicht sagen, dass ich das nicht verstehen konnte. Ava blieb so einfühlsam wie zuletzt gewohnt. Es war der Moment in dem ich hoffte sie würde niemals Kinder haben.

Ich folgte der heraus rennenden Melody zu ihrem kleinen Hort im Garten. Es gab nicht viel was ich für sie tun konnte. Den Schock musste sie selbst verarbeiten. Aber eventuell konnte es helfen, wenn sie erfuhr mit derlei Situation nicht allein zu sein. So erzählte ich ihr von dem, was meine Familie mit mir getan hatte. Ein wenig Wirkung hatte es wohl, da sie sich zu beruhigen schien. Dennoch wollte sie nicht diese Gestalt behalten. Ich versprach ihr also einen Illusionisten zu finden, der ihren Wunsch erfüllen würde. Ein bestimmter kam mir auch gleich in den Sinn, sofern wir ihn im Treiben Zoica’s wiederfinden würden. Verdammter Angstrum … wenigstens konnte er für etwas gut sein am Ende. Sowieso mussten wir sichergehen, dass er keinen Unfug mit dem Nexus trieb. So überließ ich Melody ihrer momentanen Trauer. Mehr konnte ich nicht für sie tun. Mit Ausnahme sicherzustellen, dass Chrylax keinen Unsinn machte, wenn er sie sah. Ich denke ich vermittelte es ihm ziemlich deutlich, durch die Sicherheit einer langen Treppe. Und dem Bewusstsein daran, dass Qwe von nun an ein Auge auf sie haben würde – mit etwaigen Konsequenzen für das alte Wickeltuch. Was für einen Haufen Irrer hatten wir hier nur zusammengetragen …

Draußen sammelten sich derweil die Rachwood’ler. Es dauerte auch nicht lange, bis Marco seine Fühler in Form von „Kleiner Drache“ ausstreckte. Ich konnte Krathus gerade noch davor bewahren zu viel preiszugeben. Einige Infos jedoch schienen sie bereits durch die Befreiten erfahren zu haben. Wir hätten wohl eine allgemeine Vorwarnung geben sollen. Nun war es zu spät. Ihre Begrüßung „Willkommen zu Hause“ in meine Richtung ließ mich jedoch irritiert zurück. Wann genau war Zoica mein Zuhause geworden?

Die Statt selber hatte sich nicht allzu sehr verändert. Die Akademie bestand primär aus Holz. Weswegen Chrylax seine Studenten auf dem Dach an der frischen Luft trainieren musste. Es hatte wohl schon ein paar mal gebrannt. Die Rachwood’ler zogen sich nun in den verlassenen Compound der Hextor zurück. Mundo’s Siegel war Gold wert gewesen. Sie hatten dem Befehl folge geleistet und so mehr als genug Platz hinterlassen. Zuvor hatte ich Juntos und Razora, aber besonders ersterem, eingebläut sich hier etwas zurückzunehmen. Diese Leute würden die Art aus Rachwood nicht verstehen. Und da war dann noch Cue’s alter Compound. Slate hatte sich echt ins Zeug gelegt. Es sah aus wie neu.

Unser Weg führte auch direkt ins Innere. Der „Herrscher“ wollte sich den aktuellen Status holen. „Oh, Garret ...“ rollte ich innerlich mit den Augen. Als Gerion unsere Anwesenheit bemerkte kam er auch sofort auf uns zu. Der Bericht fiel recht überschaubar aus. Die Steuern flossen gut. Mein Blick verharrte eine Weile auf Garret, bevor ich mich wieder Gerinn zuwandte. Mikimoto und Pashar sorgten für ausreichend Nahrung. Die Spinnen wurden mit ihrem Anteil abgespeist und verblieben ausserhalb der Grenzen Zoica’s. Die Lieferung aus Plateau wurde erwartet, doch wann genau konnte er nicht abschätzen. Ausgehend von der Trägheit einiger der dortigen Bewohner war das nun keine Überraschung. Horatio lieferte Unmengen an Holz. Nicht zuletzt brauchte die Akademie mehr als zunächst erwartet. Auch dies war kaum unerwartet. Schließlich baten wir um die Vorbereitung eines Mittagessens. Wobei erst einmal nur Al’Chara als Gast herbeigerufen werden sollte. Sie musste sich einigen Fragen stellen. Gerion befolgte die Anweisung.

Während wir uns etwas frisch machten, wurden in der Küche alle Vorbereitungen getroffen. Einige Zeit später saßen wir bereit. Die Herrin Therion ließ sich jedoch etwas Zeit, so wie Ava. Als Ava den Raum dann jedoch betrat verschlug es mir glatt die Sprache. Ein grünes Abendkleid und keine Kampfbemalung mehr? Ein geradezu aberwitziger Anblick, wenn man ihre zuletzt zur Schau gestellte Art bedachte. Für einen Moment hoffte ich auf eine ebensolche Änderung ihres Gemüts. Dies jedoch blieb mir verwehrt, wie ich schnell feststellen musste. Es blieb schwierig. Zuletzt trat Al’chara herein. Nebst der Kleinigkeit sich über das Essen zu beschweren, war sie geradezu angewidert von Ava. Genauer ihrem Geruch. Uns war nichts aufgefallen, aber sie witterte Blutmagie an ihr. Konnte es sein, dass das Buch in ihrem Besitz so abgefärbt hatte?

Da wir zuletzt etwas von einem „grauen Mann“ in Zusammenhang mit den Nexi erfahren hatten, befragte ich sie danach. Sie reagierte missmutig darauf. Laut ihrer Aussage war dieser für den Fall Ark’Therion’s verantwortlich. Wie genau wüsste sie aber nicht. Was sie wohl davon halten würde, wenn sie erfuhr, dass ihre Tochter die Verantwortung dafür trug … Diese Information sparte ich daher aus. Sie fixierte sich so sehr auf den Geruch, der von Ava auszugehen schien, dass wir schlussendlich übereinkamen ihr das Buch zu bringen. Sie könnte es lesen beziehungsweise für uns übersetzen. Und trotz großem Widerwillen tat sie es. Als sie es sah glaubte sie es zu erkennen. Doch woher war ihr unbekannt. In jedem Fall enthielt es offenbar die Aufzeichnungen des „grauen Mannes“. Was ein irrer Zufall, dass Garret und die anderen es in dieser anderen Welt gefunden hatten. Aber enthielt es auch die gleichen Informationen, die für diese Welt zutrafen? Es machte den Eindruck. Auch wenn sich ihre Erläuterungen über den Zustand dieser anderen Welt und der Weg dahin ganz anders darstellten als hier. Wie konnten das also sein? Und wenn der „graue Mann“ vom Nexus unter Azoicstrum wusste, wieso suchte Shadar dann noch nach ihm? 

Wir erfuhren zumindest etwas über die Geschichte aller vier Nexi. Und dass die Erschaffung weiterer ihrer Art als Kernkomponente die Blutlinie der Dacra Familie brauchte. Scheinbar hate Loganar dies herausgefunden, als er die vielen Welten nach Hinweisen durchforstete. Das hieße er hätte eine unglaubliche Macht und konnte in einem Wimpernschlag das tun, was den dreien durch Zufall geschehen war. Unter der Maßgabe, dass in dieser Welt nur noch Yonci am Leben war hielt Shadar sie mittels Blutmagie am Leben und sorgte für einen unnatürlichen Nachkommen aus der Verbindung mit ihr. Posetine war das Ergebnis. Wir wussten sie hatte beide Blutlinien in sich, jetzt war auch klar wie. Der Bau des Göttlichen und Seelen Nexus war erst durch ihre Existenz möglich gemacht worden. Wie genau blieb ein Rätsel. Aber sie war lediglich ein Mittel zum Zweck gewesen. Noch eine Person, deren Leben heute auf den Kopf gestellt würde – sofern wir es ihr erzählen würden. Dass konnte nicht gut ausgehen.

Zusätzlich fanden sich diverse mächtige Zauber in dem Buch. Alle hatten etwas mit den Nexi zu tun. So zum Beispiel Sphärenerschaffung und Befüllung, aber auch Bannmagie. Es war also möglich den Auswirkungen der Nexusmagie zu widerstehen! Wir mussten diese Form der Magie irgendwie nutzbar machen. Es war endlich eine Chance diese ganze Situation vielleicht doch zu überstehen. Wenngleich ich es weiterhin für eine sehr kleine hielt. Auf die mögliche Zuversicht folgte aber dann auch schon das kalte Wasser ins Gesicht. Das Buch endete mit dem Hinweis auf ein Aufstiegsritual im Zusammenhang mit den Nexi. Shadar wollte wahrlich Göttlich werden. Und zu unserem Verdruss waren die Informationen darüber in einem zweiten Band verborgen, den wir noch zu finden hatten.

Ich wunderte mich, ob der „graue Mann“ vielleicht Loganar selbst war, oder jemand in seinen Diensten. In der Parallelwelt hatte er seinen Vater getötet. Und da die Information des Nexus von Arcalis nie bis an Shadar’s Ohren kam sprach zumindest für eine solche Theorie. Selber die Position einzunehmen wäre dann vielleicht sein Plan? Verflucht … wir hatten nun so viel in den Händen wie noch nie, aber trotzdem blieb so vieles spekulativ.

Ich erinnerte mich an ein Gespräch zur weiteren Planung unserer Reisen. Als ich von Mocny hörte war ich hin und hergerissen diesen Ort zu besuchen, den Ethereal Nexus zu finden. Die anderen hielten es für zu gefährlich. So unrecht hatte sie damit nicht, wie sich zeigt. Nun mussten wir davon ausgehen, dass dort Loganar selbst sein Unwesen trieb. Aber vielleicht war auch das eine Chance. Wenn er hier genauso den Altvorderen loswerden wollte, wäre es nicht anders als mit Ocanar. Hörte ich mir eigentlich selbst beim Denken zu!? Vermutlich suchte ich nur nach einem Grund diese Richtung einzuschlagen. Vieles ging mir durch den Kopf. Es vermischte sich zu einer breiigen Masse und langsam verlor ich den Überblick, was eigentlich meine wahren Motive waren …