Tagebuch: Ava
Sitzung 115
Wie sich herausstellte, nein. Garret versuchte es zwar zweimal, fiel aber ein weiteres Mal in die Schlangengrube, was uns dazu veranlasste, uns der Schlangen zu entledigen. Auf diese Weise konnten wir die anderen Fackeln austesten, ohne jedesmal von Schlangen gebissen zu werden. Eine notwendige Maßnahme, da ausnahmslos jede Fackel wieder hierhin führte. Damit blieb eigentlich nur ein Weg nach vorne - der Raum mit der Stachelgrube. Krathus und ich gingen hinein und begannen zu suchen, doch irgendwas löste der Kobold dabei aus. Es gab ein quietschen und im nächsten Moment schlug die Tür hinter uns zu und verschwand - und die Decke senkte sich ab, um uns zu zerquetschen. Was für mich mittlerweile kein Problem mehr darstellte, aber ich machte mir Sorgen um Krathus. Er suchte bereits einen Ausweg, aber fand keinen und die Zeit war knapp. Kurz entschlossen ging ich aus der Kammer heraus, nahm das Schwert und begann, die Tüt, die auf dieser Seite nach wie vor sichtbar blieb, herauszuschneiden, während Garret sie mit Tritten bearbeitete und Sune - sang. Die Tür hielt nur wenige Sekunden stand, doch als sie den Blick in die Kammer freigab, war die Decke schon sehr weit herabgesunken. Krathus war im ersten Moment nicht zu sehen, doch dann sah ich, dass er zwischen den Stacheln Zuflucht gesucht hatte. Gar nicht mal dumm, aber nichtsdestotrotz riskant - wer wusste schon, welche Überraschung der Raum bereithielt, es hätte mich nicht gewundert, wenn sich der Boden unter den Stacheln sich angehoben hätte. Also zischte Krathus in letzter Sekunde aus dem Raum heraus und wir betrachteten, wie die Decke endgültig herunter krachte.
Als sie sich wieder hob, erspähe ich in der Stachelgrube eine Tür, die uns bisher verborgen geblieben war. Eigentlich war es kaum anders zu erwarten, aber statt zu warten, spazierte Krathus natürlich direkt hinein, statt erstmal nachzusehen, was uns dort erwartete. Nun ja. Immerhin im nächsten Gang konnte ich sie davon abhalten, die nächste Tür einfach zu öffnen und erstmal selbst auf Fallen zu untersuchen. Zu unserem Glück entdeckte ich keine, doch als ich mich umdrehte, um es den anderen zu sagen, sah ich Garret, der seine Leuchtefaust hochhielt, während Krathus und Suna Schattenspielchen veranstalteten. Es war der Punkt, an dem ich endgültig aufgab, irgendwie an ihren Selbsterhaltungsinstinkt zu appellieren. Sie wollten hier einfach durchstolpern - schön, sollten sie. Das Glück ist mit den Dummen, sagt man. Sie würden beweisen müssen, ob an diesem Sprichwort etwas dran war.
Im nächsten Raum erwarteten uns ein paar Sarkophage mit Urnen, auf die diverse Ängste geschrieben werden, dazu eine Säule mit 4 Alkoven. Es brauchte kein Genie, um herauszufinden, was mit den Urnen geschehen musste, um weiterzukommen, doch die Ängste ließen mich Grübeln. War diese eine Art Test? Stelle dich deiner Angst? Wenn ja… nun, wenig Sinn, meine Überlegungen mit den anderen zu teilen, also schnappte ich mir die Urne mit der Angst vor dem Eingesperrtsein und hoffte, dass die anderen durch puren Zufall ebenfalls etwas passendes finden würden. Als ich meine Urne in die Säule stellte, wurde es plötzlich schwarz und dunkel um mich herum. Es brauchte einen Moment, doch dann sah ich einen Boden mit Runen auf den Fliesen. Ich drehte mich und wollte den Raum erkunden, doch lief gegen eine Wand. Eingesperrt. Natürlich. Ich rang meine aufkommende Panik nieder, doch es war wenig beruhigend, dass ich im nächsten Moment die Stimmen von Krathus, Garret und Suna hörte, die mir bisweilen einige konfuse Anweisungen gaben, wohin ich gehen sollte. Tief durchatmend begann ich, dem Weg zu folgen, doch obwohl ich immerhin vorankam, erforderte der Weg einen Blutzoll. Ich erinnerte mich noch an den Gedanken, zurückzukommen und alle drei bis an ihr Lebensende heimzusuchen, wenn ich hier starb, dann wurde es schwarz vor meinen Augen.
Ich erwachte gemeinsam mit den anderen auf einem Steinboden. Offenbar hatten sie es wie durch ein Wunder den Rest des Weges durch den dunklen Raum geschafft. Ich dachte lieber nicht zu lange darüber nach, wie das passieren konnte. Stattdessen gingen wir weiter in einen Gang, der so offensichtlich „Falle!” schrie, dass sogar meine Begleiter nicht einfach weiterspazierten. Garrets Lösung war allerdings ein wenig… unorthodox. Er nutzte seine zugegeben beträchtliche Aglität, um von Wand zu Wand zur anderen Seite zu springen - und dort die Tür zu öffnen. Weil wir mit Türen bereits so gute Erfahrungen hatten? Wie fast zu erwarten, erfasste ihn ein Feuerstoß, der ihn auf die Fliesen fallen ließ und dort mit Pfeilen spickte. Ein etwas stacheliger und angekokelter Garret erhob sich daher und verschwand stattdessen in einem Nebengang.
Krathus hatte immerhin etwas daraus gelernt und begab sich auf den Weg, versteckte sich dabei allerdings hinter seinem Schild, statt einfach loszuspazieren. Ich hingegen fasste Suna kurzentschlossen an der Schulter, um sie zu Garret zu teleportieren und folgte dann selbst.
Ein paar Schritte die Treppe hinunter hörten wir plötzlich ein schweres Rumpeln hinter uns und sahen, wie ein schwerer Stein in unglaublicher Geschwindigkeit hinter uns die Treppe herunterrollte. Wir traten die Flucht nach vorne an, doch plötzlich steckten Garret und Krathus in einem unsichtbaren Ooze fest. Wir entledigten uns dieses neuen Hindernisses recht schnell, doch konnten nicht verhindern, dass uns der Stein noch einen mitgab. Nach diesen Erlebnissen war es fast schon erleichternd, als der nächste Raum uns mit Teppich, Sarkophagen und Verzierungen empfing, ohne die Spur einer Falle. Mehr noch, in den Sarkophagen lagen erneut Mumien wie jene, die Krathus oben erledigt hatte. Suna erinnerte sich offenbar noch an den ursprünglichen Plan, denn sie legte ihr Buch in die Arme einer Mumie. Dann versteckten wir uns im Nebengang und tatsächlich - nach kurzer Zeit erhob sich die Mumie und schlurfte mit dem Buch in der Hand los. Wir folgten ihr vorsichtig (eine nette Abwechslung) durch mehrere Gänge bis zu einem Raum mit einer Brücke über eine Grube. Die Mumie war nicht mehr zu sehen, doch eine kurze Spurensuche ergab, dass sie offenbar in die Grube gegangen und dort in einer Wand verschwunden war. Also offensichtlich eine Geheimtür. Was uns dahinter wohl für eine Falle erwarten würde?
Sitzung 114
Der Kobold hatte zu Beginn die Dreistigkeit, sich aus der Lage herauswinden zu wollen. Versuchte erst, es abzustreiten und gab dann allen die Schuld, nur nicht sich selbst. Ich ließ nichts davon gelten. Er wollte verflucht nochmal ernst genommen werden? Dann wurde es Zeit, dass er für das, was er tat, Verantwortung übernahm, statt nur zu versuchen, seine eigene Haut zu retten. Ich hatte nicht einmal gemerkt, wie mein Schwert während der Unterhaltung an seine Kehle gewandert war. Ob es nun das war oder ob irgendetwas von dem, was ich sagte, in seinen Dickschädel vorgedrungen war, widerwillig begann Krathus, einzulenken und versprach letzten Endes, künftig erst uns andere einzuweihen, bevor er erneut eine unüberlegte Kurzschlusshandlung traf.
Langsam verrauchte mein Zorn. Ich hatte ihm noch nicht verziehen, das würde er sich noch verdienen müssen, aber zumindest hatte er sich eine Chance erarbeitet. Zuletzt war auch Ralkarion eingestiegen, um seinen Ziehsohn den Kopf gerade zu rücken, doch seine Worte traten in den Hintergrund, als wir seinen Gesten folgten und feststellten, dass sein Körper offenbar an Substanz verlor, seine Hand griff mehrmals einige Zentimeter in seine Brust hinein. Eine Nebenwirkung der Operation? Ausgesprochen interessant - und beunruhigend. Auch nach Arinas Meinung, die der festen Überzeugung war, dass dies früher oder später zur vollständigen Auflösung Ralkarions führen würde. Keine guten Aussichten, zumal Arina der Überzeugung war, dass sie ohne ihre Bücher nicht in der Lage wäre, es aufzuhalten. Ob es nun der Wahrheit entsprach oder ihrem sichtlichen Schock ob des tragischen Verlustes des Wissens von Generationen von Yuan-Ti geschuldet war, war erstmal irrelevant, so oder so hatte Ralkarion hier keine Hilfe zu erwarten. Ich wusste allerdings von einem anderen Ort, an dem es fähige Heiler gab. Auch wenn sie Fremde eher widerwillig behandelten, vielleicht würde es Ravengrove reichen, wenn er mit mir, als einer der ihren kam. Und ich musste zugeben, dass es mich auch brennend interessierte, der Sache mit Ravengroves Blutfluch nachzugehen.
Arina schien sich nicht sicher zu sein, ob Ravengrove ein Ort der Hilfe für Ralkarion sein könnte, doch bevor wir das Thema näher erläutern konnten, mischte sich Harkis ein. Der Zustand Ralkarions war ihm jedoch herzlich egal, stattdessen ließ er uns unmissverständlich wissen, dass der ausgehandelte Vertrag über gegenseitige Ausbildung hinfällig war, da sie nunmehr keine Yuan-Ti zu Magieadepten mehr machen konnten. Verständlich und etwas, was wir hinnehmen mussten. Als er sich jedoch aufmachte (indem er sich in eine recht imposante Hyäne verwandelte), um dem Imperator Bericht zu erstatten, wurde er von Suna aufgehalten, die daraufhin auch zu Arina lief und irgendetwas zeigen wollte. Erst, als sie ein Buch aus ihrem Beutel hervorzog, dämmerte es langsam, dass sie die Bücher der Yuan-Ti verbotenerweise kopiert hatte. Worüber sich in der aktuellen Lage allerdings niemand beschwerte. Arina versetzte es gar in eine Art Hochstimmung und auch ich konnte nicht umhin, etwas Hoffnung zu schöpfen. Vielleicht lag hier eine Chance verborgen, den Vertrag noch zu retten. Die Art, wie der Vogel kommunizierte, machte es etwas umständlich, eine Einigung zu erzielen, doch letzten Endes bekamen wir heraus, dass es wohl einen Ort gab, an dem sie alle Bücher kopiert und gelagert hatte. Wir würden uns dorthin aufmachen - zu meinem Unbehagen würde Ralkarion dabei zurückbleiben und Suna uns begleiten. Ich erinnerte mich noch allzugut, was letztes Mal geschehen war, als die Führung der Gruppe mehr oder weniger mir zugefallen war. Sicher, ich war jetzt eine andere - aber nicht unbedingt besser. Und während ich bei Garret und Krathus zumindest von ihrer unüberlegten und impulsiven Art wusste, war Suna ein unbeschriebenes Blatt, dass auf den ersten Blick Krathus in seinen gelegentlichen Geistesblitzen, aber allgemeinen Unbedarftheit sehr ähnlich schien. Ich seufzte innerlich. Worauf ließ ich mich da nur ein? Auch Krathus schien mit dem Arrangement nicht glücklich zu sein, allerdings hatte ich den starken Verdacht, dass das eher auf seiner Abneigung gegenüber Suna beruhte. Offenbar gab er noch immer eher dem Vogel als sich selbst die Schuld an unserer derzeitigen Lage. Fantastisch.
Da Arina nicht einschätzen konnte, wie lange sie Ralkarion stabil halten können würde, brachen wir sofort auf. Die Reise zu der Oase verlief weitestgehend ereignislos, wenn man von der Begegnung mit einem mumifizierten Kamel und bebendem Sand (den Grund dafür wollte ich lieber nicht so genau wissen) absah. Der Vogel führte uns direkt zu einer Felswand, in die eine Tür eingelassen war. Flankiert wurde sie von 2 Sphinxen, an einer davon war ein Kasten für Spenden angebracht. Ich bezweifelte, dass es so einfach wäre, doch probehalber warf ich ein Gold ein. Natürlich geschah nichts, allerdings reifte in mir ein kleiner, gemeiner Plan und so äußerte ich die Vermutung, dass sie möglicherweise voll sein müsse - und das Krathus sie zu füllen habe. Der Kobold wand sich und versuchte alles, nicht auch nur ein Stück Kupfer zu verlieren, doch natürlich geschah nichts und so musste er letzten Endes eine Menge Kupfer hineinschütten. Natürlich passierte auch dann nichts, doch die Agonie des Kobolds war es wert gewesen.
Suna hingegen verlor bald die Geduld und führte uns zu einer Geheimtür, die sich zu einer kleinen Kammer öffnete. darin lag ein Berg Gold rund um einen Sarkophag. Suna bedeutete uns, dass sie für gewöhnlich das Buch auf dem Sarkophag ablegte und dann später die Kopie wieder mitnahm. Mehr war aus ihr leider nicht herauszubekommen. Diesem Vogel eine Idee ins Hirn zu hämmern, schien noch aussichtsloser, als dasselbe bei Garret und Krathus zu versuchen. So untersuchten wir die Kammer selber. Einen geheimen Gang fanden wir nicht, was etwas merkwürdig anmutete, da eine gefundene Inschrift es deutlich machte, dass Gegenstände von hier ins innere des Sanktums verbracht wurden. Auch im Sarkophag selber lag nur eine Mumie. Meine Gefährten, abgesehen von Suna, hatten währenddessen das Interesse verloren und waren herausgegangen. Ich hingegen beschloss, dass es Zeit für ein Experiment war. Wir legten Sunas Buch auf den Sarkophag und verließen die Kammer, lauschten draußen aber angestrengt. Und tatsächlich hörte ich etwas, sobald wir die Kammer verlassen hatten. Ich und Suna rannten zurück und sahen, wie die Mumie sich offenbar nur inanimiert gestellt hatte - jedenfalls stand sie nun mit dem Buch im Arm dort und begab sich schleunigst zurück in den Sarkophag, als sie glaubte, entdeckt worden zu sein. Ob das jemals schon funktioniert hatte? Ich öffnete den Sarkophag und bemühte mich, der Mumie irgendeine Information zu entlocken, doch sie war mindestens so dickköpfig wie das laufende Sicherheitsrisiko. Letzten Endes griff sie mich sogar an, wenn auch nur halbherzig. Ich zog mich daher zurück. Ein Strategiewechsel war angesagt - entweder, wir legten uns auf die Lauer und würden früher oder später sehen, auf welchem Weg die Mumie ins Sanktum kam oder sie käme nicht heraus, dann wussten wir zumindest, dass es einen Weg in der Kammer geben musste.
Natürlich hatte ich die Rechnung ohne meine Gefährten gemacht. Vom Angriff der Mumie angelockt, kam Krathus mit der Waffe um die Ecke geschossen und drosch sofort auf die Mumie ein, Garret mit selber Intention dicht an den Fersen. Auch wenn Suna und ich uns bemühten, sie zum Rücjzug zu bewegen, half es nicht unbedingt, dass die Mumie Krathus weiter angriff, als dieser sich tatsächlich zurückzog und daraufhin von diesem zerlegt wurde. Zwar konnte ich ihm daraus keinen Vorwurf machen, immerhin hatte er sich lediglich verteidigt, dennoch war mein eigentlicher Plan damit hinfällig. Ein wiederkehrendes Thema für den Rest des Ausflugs. Uns blieb also nichts anderes übrig, als den Haupteingang zu nehmen. Die 2 Sphinxen machten es jedoch überdeutlich, dass dort Fallen verborgen sein würden. Also beschloss ich, dass Krathus ein weiteres Mal Abbitte zu leisten hatte und vorgehen solle. Wie erwartet waren sowohl die Sphinxen als auch die Tür selbst mit Fallen versehen - Feuerstrahlen von den Sphinxen, gistiger Nebel an der Tür - doch Krathus hatte das auszuhalten und der Rest wusste zumindest nun, worauf wir uns einließen. Den Feuerstrahlen so gut wie möglich ausweichend (Suna beruhigte sie schlussendlich mit einem Lied der Yuan-Ti, traten wir in das Grab eines ehemaligen Sardak-Imperators. 6 Statuen mit Fackeln säumten die Wände und beleuchteten den Gang zur gegenüberliegenden Tür. Diese war jedoch hinter einer Magiebarriere verborgen. Während ich noch darüber nachsann, wie damit am besten umzugehen sei, hatte Garret schon einfach eine Fackel einer der Statuen angefasst und verschwand schlicht und ergreifend. Fluchend sprang ich auf, doch Krathus und Suna waren seinem Beispiel bereits gefolgt und so hatte ich kaum eine andere Möglichkeit, als zu folgen. Konnte nicht wenigstens einer mal seine Impulse halbwegs unter Kontrolle halten?
Wenigstens hatte die Fackel uns nicht desintegriert, sondern teleportierte und lediglich in einen anderen Raum. Mit einer Schlangengrube. Wenngleich die Bisse recht schmerzhaft waren, konnte ich nicht umhin, anzuerkennen, wie passend das doch in einem Grab der Yuan-Ti war. Nach dieser unerfreulichen Begegnung setzten wir unseren Weg fort, Krathus vorneweg. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich derzeit wenig Mitleid mit ihm hatte, wenn er die nächste Falle abbekam. Allerdings blieb erstmal alles ruhig, einzig ein langer Gang mit einem Podest erweckte unser Interesse. Vorsichtig gingen wir durch den Raum und besahen uns den Zauberstab, der auf dem Podest lag. Und wie schon vorher dachte ich noch darüber nach, wie man sicherstellen könne, dass uns die Sache nicht um die Ohren flog, als Suna die Geduld verlor und den Zauberstab schlicht wegfegte. Meine Güte, wir stapften hier durch ein altes Grab voller Fallen und meine Gefährten hatten nichts Besseres zu tun, als alles anzufassen und überall reinzumarschieren.
Glücklicherweise war das einzige, was passierte, dass wir uns reihenweise übergaben, als wir den Gang verließen. Irgendwas hatte der Gang an sich gehabt, dass es uns die Mägen umdrehte. Hinter der nächsten Tür lag erneut ein etwas größerer, allerdings völlig leere Raum. Unser Interesse erregte vor allem ein Knoten an der südlichen Tür, an dem etwas Magie haftete. In der typischen Unbedarftheit, die ich langsam zu erwarten lernte, durchtrennte Suna das Seil einfach und öffnete die Tür. Dahinter befand sich die Eingangshalle, allerdings war die Barriere verschwunden. Immerhin. Um nicht noch weitere Fallen auszulösen, bedeutete ich den anderen, dort zu bleiben und trat teilweise in die Ethereal Plane ein, um mir einmal anzuschauen, was hinter den anderen Türen lag. Nichts davon war interessant - die nördliche Tür verbarg eine kleine Kammer mit einem Dämonenkopf, der einen Feuerball in dem Raum, in dem wir standen, auslöste, der andere (bei dem ich sicherheitshalber durch die Wand ging) beinhaltete nichts außer einer Grube mit Stacheln. Diese gab mir zwar ob ihrer Sinnhaftigkeit Rätsel auf, jedoch war nichts weiter zu erkennen.
Auch die Untersuchung der übrigen Räume ergab außer einem weiteren, unbedacht ausgelösten Feuerstrahl nichts, was einen Hinweis auf den Verbleib der Bücher liefern könnte. Es behagte mir nicht, aber uns würde wohl nichts anderes übrig bleiben, als auszutesten, ob die anderen Fackeln wohl woanders hinführten…
Sitzung 113
Die Verhandlungen wurden jedoch jäh unterbrochen, als sich Ral mit einem Mal meldete und von Übelkeit sprach. Ob das eventuell mit einem gewissen Blutfluch und dem Ei zu tun haben könnte, woraufhin Arina ihn sich ohne groß zu zögern schnappte, mit sichtlicher Besorgnis. Ich hoffte, dass es schlicht eine Magenunverträglichkeit war, fürchtete zwar Schlimmeres, doch zunächst galt es noch, einen letzten Punkt mit Harkis zu klären. Das war mein Grund, zu bleiben. Dass Krathus zunächst blieb, überraschte mich weiter nicht - hier gab es noch ein ungegessenes Ei und für gewöhnlich siegte bei dem Kobold die Aussicht auf etwas zu essen über die Sorge um - nun, alles. Aber das Garret die Gelegenheit nicht nutzte, sich Harkis Präsenz zu entziehen, erweckte mein Interesse. Sollte er doch noch irgendwelche Pläne hier haben? Wenn ja, dürfte es spannend werden, ihn beim verhandeln zu erleben. Eine Vermutung, die sich wenig später als falsch erweisen sollte, als wir von unten einen gequälten Aufschrei Rals hörten und nun doch Garrets Sorge um den Freund wuchs.
Währenddessen machte ich mich daran, meinen eigenen Plan in die Tat umzusetzen, Arina von diesem Ort wegzulocken und zu ergründen, wie weit ihre Loyalität letzten Endes ging. So schlug ich Harkis vor, dass er uns eine seiner Untergebenen mitschicken sollte, die bestätigen könne, dass wir mit Mundi einen entsprechenden Nichtangriffspakt auf die Yuan-Ti ausgehandelt hätten. Jemand, dem auch wir vertrauten. Arina, zum Beispiel. Leider ließ sich Harkis nicht darauf ein, dennoch erfuhr ich etwas Interessantes - anscheinend war Arina durch ihre Wandlung an diesen Ort gebunden und konnte ihn nicht verlassen. Sehr schade. Ebenfalls schade, dass ich vergessen hatte, dass Krathus den Raum noch nicht verlassen hatte, da er eifrig vorschlug, dass Harkis uns ja einfach einen anderen Yuan-Ti mitschicken könnte für denselben Job. Ich durchbohrte ihn geradezu mit Blicken - es war sicher nicht meine Intention gewesen, Harkis eine Einladung zu geben, uns einen Spion an die Seite zu stellen. Aber der Schaden war angerichtet und ich konnte Krathus nicht wirklich einen Vorwurf machen - abgesehen von seinen gelegentlichen Geistesblitzen war er nunmal von eher schlichtem Gemüt und hatte lediglich versucht zu helfen.
Und so beendeten wir das Gespräch beim nächsten, deutlich lauteren Gebrüll von Ralkarion und eilten hinunter, wo sich ein eher beunruhigender Anblick bot. Genauer, ein Ralkarion mit aufgebrochenem Brustkorb, der aus irgendwelchen Gründen dennoch bei Bewusstsein blieb. Vor langer Zeit antrainierte Reflexe wurden wach und ich nahm sofort einen Platz am Tisch ein, um Arina zu assistieren. Während Krathus losgeschickt wurde, ein Ei zu holen (nur um zu aller Beunruhigung mit zweien zurückzukommen), beschränkte sich meine Aufgabe zunächst einmal auf das Herausnehmen der Leber, an deren Stelle das Ei gesetzt wurde und später das Zusammenflicken von Ral anstelle der vor Aufregung noch zitternden Arina. Eine recht blutige und äußerst seltsame OP später war Ralkarion wieder an einem Stück, wenn auch natürlich enorm geschwächt. Nun, zumindest das war etwas, worum ich ich kümmern konnte. Ich schloss die Augen und teilte mich auf, um den, nun, unschuldigen (?) Teil meiner Selle Ral versorgen zu lassen. Ich hätte mittlerweile mit dem Gefühl vertraut sein müssen, aber noch immer überwältigte mich jedesmal erneut das unangenehme Gefühl, etwas verloren zu haben und der damit einhergehende Zorn war auch nicht leichter zu kontrollieren. Nur gut, dass es nicht lange dauerte und als ich die Augen öffnete, sah Ral schon deutlich besser aus. Ich hatte dennoch den Eindruck, dass er irgendwie fragiler aussah als sonst. Noch fragiler.
Nachdem sich die Aufregung ein wenig gelegt hatte, kam die Sprache jedoch unweigerlich auf Garret und ob ihm ähnliches widerfahren wäre, hätte er das Ei gegessen. Abgesehen von der Antwort, dass dies sicher möglich gewesen wäre, erfuhren wir noch etwas deutlich beunruhigenderes: Ein ausreichend mächtiger Blutmagier konnte mit jemandem wie ihn wohl im Prinzip anstellen, was sie wollten. Ich war mir recht sicher, dass der Große Rote als ein entsprechend mächtiger Blutmagier galt. Was Garret zu einem wandelnden Sicherheitsrisiko machte. Doch zu meinem völligen Unverständnis sah Garret das gänzlich anders, wand sich, wehrte sich auch nur gegen den Gedanken, einen simplen Test ob der Beschaffenheit seines Zustands zu machen. Es brauchte schon unsere geballten Überredungskünste und ein durch und durch verständliches Ausrasten von Ral, um ihn davon zu überzeugen, mittels einer Blutprobe von Ralkarion zu bestätigen, dass es sich bei ihm tatsächlich um Blutmagie handelte. Was gleichzeitig bestätigte, dass er in keinster Weise eine Gefahr für den Roten darstellte, sondern eher eine Art unwilligen Alliierten. Schon Sekunden später fragte ich mich, wie unwillig er tatsächlich war, denn selbst mit diesem Wissen weigerte er sich standhaft, die Prozedur an sich durchführen zu lassen. Nun gut, er hatte Ralkarion aufgebrochen gesehen, vielleicht morgen, wenn er sich etwas abgeregt hatte.
Bis dahin blieb uns nichts anderes übrig, als Ralkarion aufs Zimmer zu bringen, uns gründlich zu erholen und zu hoffen, dass Garret einsah, wie unglaublich egoistisch und kontraproduktiv er gerade handelte. Doch selbst unsere Ruhe währte eher kurz, denn gerade noch rechtzeitig bemerkte ich, dass sich an der Stelle, an der noch Ralkarion gelegen hatte, plötzlich ein recht beeindruckende Variante eines Yuan-Ti befand. Es brauchte nicht lange, um zwei und zwei zusammenzuzählen, doch während ich noch überlegte, wie wir Ralkarion zurückbekämen oder ob er nun endgültig verloren war, gingen die anderen beiden schon vollständig zum Angriff über. Zu unserem und Rals Glück war dies auch des Rätsels Lösung und er verwandelte sich wieder in den hagren Tiefling zurück, der er doch eigentlich war und der Rest der Nacht verlief ungestört.
Auf das Erlebnis angesprochen wirkte Harkis nicht überrascht. Er habe so etwas schon erwartet, da Ralkarion jetzt gesegnet sei. Einmal pro Tag würde er sich möglicherweise verwandeln. Na großartig. Erst offenbarte sich Garret als wandelnde Gefahr und nun auch noch Ral, wobei letzterer wenigstens willens schien, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sollten sich welche antun. Garret hingegen war nichtmal unter der Androhung, künftig nur noch gefesselt zu schlafen, dazu zu bringen die Prozedur durchzuführen. Er begründete es mit der Angst, seinen Meister zu verlieren. Eigentlich verständlich, doch angesichts der Umstände und der Tatsache, dass er seit Monaten erfolglos versuchte, selbigen zu kontaktieren, auch sehr leichtsinnig. Schließlich ging er widerwillig auf Arinas Kompromissvorschlag, einen Zustand herbeizuführen, indem er sich mit seinem Meister darüber unterhalten könne und so gingen wir ein weiteres Mal in den OP, in dem diesmal auch ein merkwürdiger Vogel wartete, der als Suna vorgestellt wurde. Etwas klingelte. War sie nicht diejenige, die Garret bei der Durchführung seiner letzten Endes fehlgeschlagenen Revolution in Zoica unterstützt hatte? Nun, fürs Erste war das nicht relevant. Ich konnte nur hoffen, dass Garrets Meister etwas mehr Verstand hatte als er selbst, doch hegte ich wenig Hoffnung angesichts der Tatsache, dass Garret gerne erklärte, er habe alles von ihm gelernt und es immerhin um dessen Leben ging. Aber zumindest war es eine Chance.
Statt Garret aufzuschneiden, fixierte Arina eine Art große, metallene Kugel über Garrets Dickschädel und begann, einige Schrauben zu arretieren, bis Garret plötzlich davon sprach, Kontakt zu haben. Nun, zumindest das hatte funktioniert. Es blieb nichts anderes, als gebannt abzuwarten, was wohl herauskommen möge. Offenbar war es ausgesprochen anstrengend für Garret, denn ich sah kurz darauf, wie sich aus Garrets Nase ein Blutfaden bildete. Mit der Intention, selbigen zu untersuchen, griff ich danach - und hielt plötzlich etwas kleines in der Hand, was verdächtig nach Hirnmasse aussah, während das Blut nur so aus Garrets Nase schoss. Erstarrt übernahm meine „bessere Hälfte” erneut und verschloss die Wunde. Mich lenkten die aufkeimenden Gefühle ausreichend ab, um mich danach zu fangen, wenn auch nicht ausreichend genug, um zu bemerken, dass Krathus und Suna den Raum verlassen hatten.
Schließlich kappte Garret wohl die Verbindung - und erklärte nicht unerwartet, aber dennoch zu meinem und wohl auch Rals Entsetzen, dass er der Prozedur nicht zustimmen würde, da sein Meister bleiben und kämpfen wolle und er ihm zutraue, dem Roten zu widerstehen. Diesmal brauchte ich keine Trennung, um Zorn zu verspüren. Woher nahmen die beiden nur diese grenzenlose Selbstüberschätzung? Ein alternder Drachengeborener, der von einer Horde Goblins niedergestreckt worden war, sollte stark genug sein, es mit einem fast schon gottähnlichem Drachen aufzunehmen. Na sicher, und morgen würde Al’Chara uns freundlich bei Kaffee und Kuchen empfangen, uns bereitwillig alles über Blutmagie erzählen und nebenbei anmerken, dass sie den Roten eigenhändig niedergerungen habe und er nun freiwillig in der Einhorn-Zucker-Dimension ihrer Tochter lebte, mit der er täglich neue Bonbonrezepte ausprobierte.
In der Zwischenzeit hatte ich auch bemerkt, wie Krathus wieder hereingewieselt war und einen irgendwie undeutbaren Gesichtsausdruck hatte. Was hatte er in der Zwischenzeit wohl ausgefressen? Eine Frage, die sich wenige Sekunden darauf selbst beantwortete, als ich aus dem Gang, in dem nun Suna auftauchte, mit Krathus Stimme die Worte „Gepriesen sei Shadar Logoth” hörte. Ein eiskalter Schauer lief meinen Rücken herunter. Dieser dämliche Möchtegerndrache hatte doch nicht etwa…?
Er hatte. Und offenbar hatte Suna fröhlich kopiert, denn wenige Sekunden später stob eine unglaublich heiße Feuerwand aus dem Spiegel über uns auf uns herab. Das Gesicht, in das wir danach starrten, war unverkennbar. Doch es blieb keine Zeit, sich damit näher zu befassen. Ich brannte, aber das taten auch alle anderen und ich wurde von Posetines Schuppe teilweise geschützt. Mich umblickend bemerkte ich jedoch Arina, die zu Boden ging. Das konnte ich nicht zulassen, hatte ich sie doch gerade erst wiedergefunden. Ich rannte herüber, löschte die Flammen - wie genau, vermochte ich nicht zu sagen - und brachte sie wieder auf die Beine, während auch Krathus links und rechts Flammen des Desasters löschen, die sein unbedachtes Verhalten angerichtet hatte. Fast hätte ich durch ihn Arina verloren, die ich gerade erst wiedergefunden hatte. Von den weiteren Implikationen ganz zu schweigen. Nur mühsam kannte ich meine Wut nieder, es gab erstmal wichtigeres zu tun. Irgendwie aus dieser steingewordenen Falle von einem Gebäude entkommen, zum Beispiel. Überall herrschte das Chaos, ich half Arina noch dabei, einige (unsagbar wenige) Forschungsergebnisse ihrer Arbeit zu bewahren, dann musste ich sie mit mehr oder minder sanfter Gewalt dazu zu bringen, das Gebäude zu verlassen, was dank einiger Zauber sicher gelang. Was schon fast einem Wunder gleichkam, bedachte man, dass um uns herum die Trümmer des gewaltigen steinernen Schlangenkopfes lagen, der der Regierungssitz von Sshistana gewesen war. Harkis hatte es wohl ebenfalls geschafft.
Somit waren alle in Sicherheit. Doch es lag möglicherweise weitaus mehr in Trümmern als nur das Gebäude. Ich hatte gelernt, dass auch der Zorn ein Teil meiner selbst war. Ein Teil, dem ich mich nun vollends hingab, als ich begann, auf Krathus zuzumarschieren.