• Freitag, 31. Januar 2025 05:39

Sitzung 113

Tueddelig
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Die Verhandlungen wurden jedoch jäh unterbrochen, als sich Ral mit einem Mal meldete und von Übelkeit sprach. Ob das eventuell mit einem gewissen Blutfluch und dem Ei zu tun haben könnte, woraufhin Arina ihn sich ohne groß zu zögern schnappte, mit sichtlicher Besorgnis. Ich hoffte, dass es schlicht eine Magenunverträglichkeit war, fürchtete zwar Schlimmeres, doch zunächst galt es noch, einen letzten Punkt mit Harkis zu klären. Das war mein Grund, zu bleiben. Dass Krathus zunächst blieb, überraschte mich weiter nicht - hier gab es noch ein ungegessenes Ei und für gewöhnlich siegte bei dem Kobold die Aussicht auf etwas zu essen über die Sorge um - nun, alles. Aber das Garret die Gelegenheit nicht nutzte, sich Harkis Präsenz zu entziehen, erweckte mein Interesse. Sollte er doch noch irgendwelche Pläne hier haben? Wenn ja, dürfte es spannend werden, ihn beim verhandeln zu erleben. Eine Vermutung, die sich wenig später als falsch erweisen sollte, als wir von unten einen gequälten Aufschrei Rals hörten und nun doch Garrets Sorge um den Freund wuchs.

Währenddessen machte ich mich daran, meinen eigenen Plan in die Tat umzusetzen, Arina von diesem Ort wegzulocken und zu ergründen, wie weit ihre Loyalität letzten Endes ging. So schlug ich Harkis vor, dass er uns eine seiner Untergebenen mitschicken sollte, die bestätigen könne, dass wir mit Mundi einen entsprechenden Nichtangriffspakt auf die Yuan-Ti ausgehandelt hätten. Jemand, dem auch wir vertrauten. Arina, zum Beispiel. Leider ließ sich Harkis nicht darauf ein, dennoch erfuhr ich etwas Interessantes - anscheinend war Arina durch ihre Wandlung an diesen Ort gebunden und konnte ihn nicht verlassen. Sehr schade. Ebenfalls schade, dass ich vergessen hatte, dass Krathus den Raum noch nicht verlassen hatte, da er eifrig vorschlug, dass Harkis uns ja einfach einen anderen Yuan-Ti mitschicken könnte für denselben Job. Ich durchbohrte ihn geradezu mit Blicken - es war sicher nicht meine Intention gewesen, Harkis eine Einladung zu geben, uns einen Spion an die Seite zu stellen. Aber der Schaden war angerichtet und ich konnte Krathus nicht wirklich einen Vorwurf machen - abgesehen von seinen gelegentlichen Geistesblitzen war er nunmal von eher schlichtem Gemüt und hatte lediglich versucht zu helfen.

Und so beendeten wir das Gespräch beim nächsten, deutlich lauteren Gebrüll von Ralkarion und eilten hinunter, wo sich ein eher beunruhigender Anblick bot. Genauer, ein Ralkarion mit aufgebrochenem Brustkorb, der aus irgendwelchen Gründen dennoch bei Bewusstsein blieb. Vor langer Zeit antrainierte Reflexe wurden wach und ich nahm sofort einen Platz am Tisch ein, um Arina zu assistieren. Während Krathus losgeschickt wurde, ein Ei zu holen (nur um zu aller Beunruhigung mit zweien zurückzukommen), beschränkte sich meine Aufgabe zunächst einmal auf das Herausnehmen der Leber, an deren Stelle das Ei gesetzt wurde und später das Zusammenflicken von Ral anstelle der vor Aufregung noch zitternden Arina. Eine recht blutige und äußerst seltsame OP später war Ralkarion wieder an einem Stück, wenn auch natürlich enorm geschwächt. Nun, zumindest das war etwas, worum ich ich kümmern konnte. Ich schloss die Augen und teilte mich auf, um den, nun, unschuldigen (?) Teil meiner Selle Ral versorgen zu lassen. Ich hätte mittlerweile mit dem Gefühl vertraut sein müssen, aber noch immer überwältigte mich jedesmal erneut das unangenehme Gefühl, etwas verloren zu haben und der damit einhergehende Zorn war auch nicht leichter zu kontrollieren. Nur gut, dass es nicht lange dauerte und als ich die Augen öffnete, sah Ral schon deutlich besser aus. Ich hatte dennoch den Eindruck, dass er irgendwie fragiler aussah als sonst. Noch fragiler.

Nachdem sich die Aufregung ein wenig gelegt hatte, kam die Sprache jedoch unweigerlich auf Garret und ob ihm ähnliches widerfahren wäre, hätte er das Ei gegessen. Abgesehen von der Antwort, dass dies sicher möglich gewesen wäre, erfuhren wir noch etwas deutlich beunruhigenderes: Ein ausreichend mächtiger Blutmagier konnte mit jemandem wie ihn wohl im Prinzip anstellen, was sie wollten. Ich war mir recht sicher, dass der Große Rote als ein entsprechend mächtiger Blutmagier galt. Was Garret zu einem wandelnden Sicherheitsrisiko machte. Doch zu meinem völligen Unverständnis sah Garret das gänzlich anders, wand sich, wehrte sich auch nur gegen den Gedanken, einen simplen Test ob der Beschaffenheit seines Zustands zu machen. Es brauchte schon unsere geballten Überredungskünste und ein durch und durch verständliches Ausrasten von Ral, um ihn davon zu überzeugen, mittels einer Blutprobe von Ralkarion zu bestätigen, dass es sich bei ihm tatsächlich um Blutmagie handelte. Was gleichzeitig bestätigte, dass er in keinster Weise eine Gefahr für den Roten darstellte, sondern eher eine Art unwilligen Alliierten. Schon Sekunden später fragte ich mich, wie unwillig er tatsächlich war, denn selbst mit diesem Wissen weigerte er sich standhaft, die Prozedur an sich durchführen zu lassen. Nun gut, er hatte Ralkarion aufgebrochen gesehen, vielleicht morgen, wenn er sich etwas abgeregt hatte.

Bis dahin blieb uns nichts anderes übrig, als Ralkarion aufs Zimmer zu bringen, uns gründlich zu erholen und zu hoffen, dass Garret einsah, wie unglaublich egoistisch und kontraproduktiv er gerade handelte. Doch selbst unsere Ruhe währte eher kurz, denn gerade noch rechtzeitig bemerkte ich, dass sich an der Stelle, an der noch Ralkarion gelegen hatte, plötzlich ein recht beeindruckende Variante eines Yuan-Ti befand. Es brauchte nicht lange, um zwei und zwei zusammenzuzählen, doch während ich noch überlegte, wie wir Ralkarion zurückbekämen oder ob er nun endgültig verloren war, gingen die anderen beiden schon vollständig zum Angriff über. Zu unserem und Rals Glück war dies auch des Rätsels Lösung und er verwandelte sich wieder in den hagren Tiefling zurück, der er doch eigentlich war und der Rest der Nacht verlief ungestört.

Auf das Erlebnis angesprochen wirkte Harkis nicht überrascht. Er habe so etwas schon erwartet, da Ralkarion jetzt gesegnet sei. Einmal pro Tag würde er sich möglicherweise verwandeln. Na großartig. Erst offenbarte sich Garret als wandelnde Gefahr und nun auch noch Ral, wobei letzterer wenigstens willens schien, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sollten sich welche antun. Garret hingegen war nichtmal unter der Androhung, künftig nur noch gefesselt zu schlafen, dazu zu bringen die Prozedur durchzuführen. Er begründete es mit der Angst, seinen Meister zu verlieren. Eigentlich verständlich, doch angesichts der Umstände und der Tatsache, dass er seit Monaten erfolglos versuchte, selbigen zu kontaktieren, auch sehr leichtsinnig. Schließlich ging er widerwillig auf Arinas Kompromissvorschlag, einen Zustand herbeizuführen, indem er sich mit seinem Meister darüber unterhalten könne und so gingen wir ein weiteres Mal in den OP, in dem diesmal auch ein merkwürdiger Vogel wartete, der als Suna vorgestellt wurde. Etwas klingelte. War sie nicht diejenige, die Garret bei der Durchführung seiner letzten Endes fehlgeschlagenen Revolution in Zoica unterstützt hatte? Nun, fürs Erste war das nicht relevant. Ich konnte nur hoffen, dass Garrets Meister etwas mehr Verstand hatte als er selbst, doch hegte ich wenig Hoffnung angesichts der Tatsache, dass Garret gerne erklärte, er habe alles von ihm gelernt und es immerhin um dessen Leben ging. Aber zumindest war es eine Chance.

Statt Garret aufzuschneiden, fixierte Arina eine Art große, metallene Kugel über Garrets Dickschädel und begann, einige Schrauben zu arretieren, bis Garret plötzlich davon sprach, Kontakt zu haben. Nun, zumindest das hatte funktioniert. Es blieb nichts anderes, als gebannt abzuwarten, was wohl herauskommen möge. Offenbar war es ausgesprochen anstrengend für Garret, denn ich sah kurz darauf, wie sich aus Garrets Nase ein Blutfaden bildete. Mit der Intention, selbigen zu untersuchen, griff ich danach - und hielt plötzlich etwas kleines in der Hand, was verdächtig nach Hirnmasse aussah, während das Blut nur so aus Garrets Nase schoss. Erstarrt übernahm meine „bessere Hälfte” erneut und verschloss die Wunde. Mich lenkten die aufkeimenden Gefühle ausreichend ab, um mich danach zu fangen, wenn auch nicht ausreichend genug, um zu bemerken, dass Krathus und Suna den Raum verlassen hatten.

Schließlich kappte Garret wohl die Verbindung - und erklärte nicht unerwartet, aber dennoch zu meinem und wohl auch Rals Entsetzen, dass er der Prozedur nicht zustimmen würde, da sein Meister bleiben und kämpfen wolle und er ihm zutraue, dem Roten zu widerstehen. Diesmal brauchte ich keine Trennung, um Zorn zu verspüren. Woher nahmen die beiden nur diese grenzenlose Selbstüberschätzung? Ein alternder Drachengeborener, der von einer Horde Goblins niedergestreckt worden war, sollte stark genug sein, es mit einem fast schon gottähnlichem Drachen aufzunehmen. Na sicher, und morgen würde Al’Chara uns freundlich bei Kaffee und Kuchen empfangen, uns bereitwillig alles über Blutmagie erzählen und nebenbei anmerken, dass sie den Roten eigenhändig niedergerungen habe und er nun freiwillig in der Einhorn-Zucker-Dimension ihrer Tochter lebte, mit der er täglich neue Bonbonrezepte ausprobierte.

In der Zwischenzeit hatte ich auch bemerkt, wie Krathus wieder hereingewieselt war und einen irgendwie undeutbaren Gesichtsausdruck hatte. Was hatte er in der Zwischenzeit wohl ausgefressen? Eine Frage, die sich wenige Sekunden darauf selbst beantwortete, als ich aus dem Gang, in dem nun Suna auftauchte, mit Krathus Stimme die Worte „Gepriesen sei Shadar Logoth” hörte. Ein eiskalter Schauer lief meinen Rücken herunter. Dieser dämliche Möchtegerndrache hatte doch nicht etwa…?

Er hatte. Und offenbar hatte Suna fröhlich kopiert, denn wenige Sekunden später stob eine unglaublich heiße Feuerwand aus dem Spiegel über uns auf uns herab. Das Gesicht, in das wir danach starrten, war unverkennbar. Doch es blieb keine Zeit, sich damit näher zu befassen. Ich brannte, aber das taten auch alle anderen und ich wurde von Posetines Schuppe teilweise geschützt. Mich umblickend bemerkte ich jedoch Arina, die zu Boden ging. Das konnte ich nicht zulassen, hatte ich sie doch gerade erst wiedergefunden. Ich rannte herüber, löschte die Flammen - wie genau, vermochte ich nicht zu sagen - und brachte sie wieder auf die Beine, während auch Krathus links und rechts Flammen des Desasters löschen, die sein unbedachtes Verhalten angerichtet hatte. Fast hätte ich durch ihn Arina verloren, die ich gerade erst wiedergefunden hatte. Von den weiteren Implikationen ganz zu schweigen. Nur mühsam kannte ich meine Wut nieder, es gab erstmal wichtigeres zu tun. Irgendwie aus dieser steingewordenen Falle von einem Gebäude entkommen, zum Beispiel. Überall herrschte das Chaos, ich half Arina noch dabei, einige (unsagbar wenige) Forschungsergebnisse ihrer Arbeit zu bewahren, dann musste ich sie mit mehr oder minder sanfter Gewalt dazu zu bringen, das Gebäude zu verlassen, was dank einiger Zauber sicher gelang. Was schon fast einem Wunder gleichkam, bedachte man, dass um uns herum die Trümmer des gewaltigen steinernen Schlangenkopfes lagen, der der Regierungssitz von Sshistana gewesen war. Harkis hatte es wohl ebenfalls geschafft.

Somit waren alle in Sicherheit. Doch es lag möglicherweise weitaus mehr in Trümmern als nur das Gebäude. Ich hatte gelernt, dass auch der Zorn ein Teil meiner selbst war. Ein Teil, dem ich mich nun vollends hingab, als ich begann, auf Krathus zuzumarschieren.