Wiedervereint im Compound wurde wie so oft das weitere Vorgehen besprochen. Ich musste allerdings gestehen, nicht voll bei der Sache zu sein. Immer wieder kritzelte ich in mein Notizbuch, in Gedanken halb bei dem Rätsel. So entging mir auch fast, wie Krathus in Richtung Toilette entschwand. Erst als Ralkarion plötzlich zusammenzuckte und bemerkte, dass der Zauber auf Krathus vorzeitig abgebrochen geworden war, wurde ich aufmerksamer. Das war kein gutes Zeichen, doch in Panik verfallen würde kaum jemandem helfen. So bot ich an, zunächst einmal nachzusehen, ob er zu Razora gelaufen war. Noch halb in Gedanken bemerkte ich kaum, dass ich durch die Tür ging ohne sie zu öffnen. Eigentlich hatte ich das mittlerweile recht gut unter Kontrolle… das Rätsel vereinnahmte mich zu sehr. Mit Gewalt schüttelte ich den Gedanken daran ab, steckte mein Notizbuch weg und machte mich auf den Weg zu Razoras Zelt. Angesichts der Erzählungen von Ralkarion ließ ich beim Eintritt Vorsicht walten. Nichtsdestotrotz war unser Gespräch nur mäßig ergiebig, jedoch ergiebig genug um zu erfahren, dass Krathus nicht hier gewesen war. Razora bat mich, sie im Zweifel den Aufenthaltsort von Krathus wissen zu lassen und ich kehrte etwas ratlos zu Ralkarion und Garret zurück.
Das Rätsel löste sich zumindest teilweise, als es kurz darauf an der Tür klopfte. Jedoch ließ der Fakt, dass der Bote Steffge war, der mich noch vor kurzem verzaubert hatte, vertrieb jeden Gedanken an Krathus mit kaum verhohlener Feindseligkeit. Seine Botschaft brachte zwar den Gedanken an Krathus zurück, drängte jedoch die Wut nicht zurück. Seiner Aussage nach war Krathus statt auf Toilette zu gehen zu dem Rätsel gegangen und hatte damit einen magischen Zirkel geöffnet und war hindurchgegangen, nach Steffges Ansicht nach war er somit tot. Mochte sein, aber das musste überprüft werden. Verfluchter Kobold… Nach ein paar weiteren unfreundlichen und somit hochverdienten Worten machten wir uns also wieder auf den Weg zum Rätsel. Das mich natürlich sofort wieder in den Bann schlug und mit ein wenig Hilfe öffnete sich auch für uns das Portal. Wenngleich es mir gehörig missfiel, für Krathus’ Extratour alles zu verzögern, ging ich kurzerhand achselzuckend hindurch.
Um direkt darauf in einem recht gut gearbeiteten Raum einer großen, weißen Schlange gegenüberzustehen. Mit Armen. Ein Yuan-Ti? Ich zog meinen Bogen, bemerkte dann jedoch, dass die Schlange nicht feindselig schien und uns dann sogar in Schstanar begrüßte, als Ralkarion und Garret ebenfalls durch das Portal traten. Garrets Reaktion bot einen Vorgeschmack auf das, was mir heute und morgen noch blühen würde - er schoss an mir vorbei und verpasste der Schlange eine gesalzene Ohrfeige. Offenbar handelte es sich um ihren ehemaligen, transformierten Gefährten Harkis. Zum Glück ließen weitere Ausbrüche Garrets (erstmal) auf sich warten, dennoch hatte sein Auftritt bereits Schaden angerichtet, da Harkis nun offen lamentierte, ob er uns das Angebot, das er machen wollte, noch machen wolle. Ganz gleich, wie unvorteilhaft dieses für uns sein mochte, in jedem Fall hatte Garrets Verhalten unsere Verhandlungsposition geschwächt. Doch zunächst bedeutete und Harkis, ihm zu folgen. Dabei bemerkte ich gerade noch rechtzeitig, wie Harkis eine Art kleinen Hüpfer hinlegte, was ich ihm gleichtat, doch Ralkarion, der offenbar abgelenkt war, hatte weniger Glück und fiel durch ein sich plötzlich auftuendes Loch in einem recht gemütlichen, aber auch sehr tiefen Raum. Ich begann, einen Zauber zu wirken, der ihn wieder heraufholte, doch Ralkarion sorgte schlicht selbst für seine Rückkehr nach oben, so dass mir nicht mehr übrig blieb, als mich nach seinem Befinden zu erkunden. Glücklicherweise hatte er den Sturz gut überstanden, was ich erleichtert zur Kenntnis nahm. Wenigstens einen Gefährten zu haben, der halbwegs bei Verstand war, würde hier sicher bitter nötig sein.
Schon um die nächste Ecke bot sich ein weiteres, eher erschreckendes Bild: Krathus, der über einen Kuchen geneigt am Essen war. Und dazu eine weitere, seltsam vertraut wirkende Schlange, die ein Messer über ihn hob. Um nicht auch noch die letzte Chance auf Diplomatie zu verschwenden, wirkte ich einen Zauber, der die Schlange an einen anderen Ort im Zimmer teleportiert hätte, wenn es nicht widerstanden hätte. Das es dennoch irritiert den Kopf drehte, lag wohl eher daran, dass Garret der nächsten Schlange eine Schelle verpasste. Glücklicherweise stellte sich schnell heraus, dass es lediglich ein Missverständnis war und „Miss Caulde” Krathus lediglich den Kuchen schneiden wollte.
Bei dem Namen zuckte ich zusammen. Caulde? Hatte er CAULDE gesagt? Das erklärte das vertraute Gefühl bei ihrem Anblick. Und kurz darauf erkannte auch Arina mich. Meine erste Reaktion war kaum gebändigter Zorn. Ich nahm an, dass Arina eine Agentin der Yuan-Ti gewesen war, die sich in die Personen einreihte, die mich mein Leben lang belogen oder Geheimnisse vor mir behalten hatten. Erst langsam flaute dieser Zorn ab und verwandelte sich in vorsichtiges Mitleid, als Arina erzählte, wie es zu ihrem Hiersein gekommen war. An dem Tag, als sie verschwunden war, hatte sie einen Auftrag für die Baronesse erledigen müssen, im Zuge dessen sie mit einem Blutfluch belegt worden war, der um das Anwesen der Baronesse herum wirkte. Der Fluch ließ sie rapide altern, doch niemand konnte oder wollte ihr helfen, nicht einmal meine Mutter und so war sie in die Wüste gewandert, um Hilfe zu finden. Hier hatten sie die Yuan-Ti gefunden und tatsächlich von dem Fluch geheilt, sie allerdings (ihrer Ansicht nach unabsichtlich) in eine der ihren verwandelt aufgrund. Als Begründung dafür führte sie den Blutfluch an. Ich war mir da nicht so sicher. Arinas Sicht der Dinge und nahezu blinde Loyalität den Yuan-Ti erschien mir sehr naiv (welch Ironie…) und passte nicht zu der eher kritisch denkenden Person, die ich damals kennenlernte. Aber vielleicht war dies auch nur vorgetäuscht? Immerhin war sie mittlerweile zu Harkis’ rechter Hand aufgestiegen, vielleicht verfolgte sie damit auch einen Plan?
Ein Gedanke, der mir im Verlauf der Tour immer unwahrscheinlicher erschien, die sie uns dann gab. Erstaunlich, dass wir uns dermaßen frei bewegen durften. Entweder nahmen sie uns nicht als Bedrohung wahr oder aber wir waren bereits tot und sie kümmerte es nicht, was wir sahen. Wir würden es wohl oder übel herausfinden. Interessant war, dass die Yuan-To eine ganze Menge toter Eier pflegten. Wozu wurde uns später erklärt, als Arina uns in einen Nebenraum zeigte, wie ein Ei mit einer Art Flüssigkeit injiziert wurde und die Farbe wechselte. Offenbar hatte dieses Ei nun die Möglichkeit, das Potenzial einer Person zu erhöhen. Ein solches Ei sei es auch gewesen, dass sie gerettet habe.
Danach führte sie uns wieder nach oben, wo Harkis bereits auf uns wartete und ohne großes Geplänkel zu Verhandlungen über eine Allianz übergehen wollte. Wenngleich ich derzeit in einem recht verwirrenden Gefühlschaos bezüglich Arina steckte, war seine Taktik sofort offensichtlich. Gut ausgeruht mit 4 müden, teilweise emotional überforderten Personen zu verhandeln, das war keine Situation, in der etwas von Wert für uns heraussprang und so bestand ich darauf, diese Verhandlungen erst am Morgen zu führen. Harkis ließ sich darauf ein, wie unwillig oder bereitwillig vermochte ich nicht zu sagen und wir wurden in ein recht luxuriöses Zimmer geführt, das allerdings hinter uns verschlossen wurde. Ein merkwürdiger Widerspruch zur bisherigen Offenheit.
Ich hätte es bevorzugt, jede Minute möglichen Schlafs zu nutzen, da ich befürchtete, dass Harkis uns seiner ursprünglichen Taktik folgend bereits sehr früh wecken lassen würde, doch Ralkarion und Garret verlangten nun von Krathus, sich zu erklären und zugegeben war auch ich diesbezüglich sehr interessiert. Krathus wand sich ein wenig, doch was er erzählte, war durchaus dazu angetan, meinen Respekt vor dem Kobold zu steigern. Offenbar hatte er es nicht nur geschafft, Harkis ein erstes Angebot aus dem Kopf zu schlagen, sondern auch Informationen über Zoica vorenthalten, herausgefunden, dass das Rätsel magiebegabte Personen herlocken wollte und nicht zu letzt auch, dass die Yuan-Ti zumindest keine übermäßige Furcht vor dem Roten hatten. Besonders letzteres schien interessant, da die Yuan-Ti sowohl von meinen Gefährten als auch einigen Büchern als ein Volk mit gesteigertem Selbsterhaltungstrieb und brutaler Pragmatik beschrieben wurden. Selbstverständlich wollte Ralkarion sofort unsere Verhandlungsposition für morgen klären, doch angesichts seines zunehmend irritierendem Benehmen erschien mir das kaum sinnvoll. Selbst für seine Verhältnisse war er übermäßig sarkastisch und kritisch, was wohl an dem Ort liegen musste. Angesichts seines und Garrets erratischem Verhalten erschien es mir sinnvoller, einen vernünftigen Nachtschlaf hinzulegen. Morgen früh mochten sie bereits wieder klarer denken. Ein frommer Wunsch, der sich nicht erfüllen sollte.
Nachdem ich meine Meditation abgeschlossen hatte, beschloss ich, ein kleines Experiment zu wagen und herauszufinden, wie eingeschlossen wir waren. Mich konzentrierend trat ich wieder in den Raum zwischen den Ebenen, doch als ich durch die Tür treten wollte, wurde ich von dem Zauber, mit dem sie belegt war, brutal und lautstark zurückgeschleudert. So ganz vertraute man uns wohl wirklich nicht. Was meine ungute Theorie bestärkte, dass wir in den Augen der Yuan-Ti bereits tot waren.
Das Schafott, oder besser, was ich dafür hielt, nahm am nächsten Morgen die Gestalt eines Verhandlungstisches mit 4 Eiern an, zu dem wir geführt wurden. Harkis erwartete uns dort bereits und erklärte, dass diese Eier eine Belohnung des Imperators seien als Belohnung für seine Befreiung. Nichts, was meine Befürchtung besänftigte, immerhin war lediglich Garret dabei anwesend gewesen und dieser hatte breits zwei hochrangige Yuan-Ti tätlich angegriffen. Unglücklicherweise erwähnte Harkis auch die Potential verstärkende Wirkung der Eier, so dass kurz darauf im Eifer der Verhandlungen niemand verhindern konnte, dass Krathus sich ein Ei griff und herunterschlürfte. Es war erstaunlich, wie dieser Kobold zwischen genialen Momenten und schierer Idiotie hin- und hersprang.
Harkis war offenbar kein Mann unnötiger Worte und kam recht schnell zur Sache. Wir sollten dafür sorgen, dass die Untoten (die sie lediglich als lästige Zeitverschwendung sahen) sie nicht angriffen und ihre Magieadepten an der Akademie in Zoica studieren lassen, dafür würden wir die Freundschaft und Dankbarkeit der Yuan-Ti erhalten. Angesichts dessen, wie die Yuan-Ti ihre Loyalitäten handhabten, ein völlig inakzeptables Angebot. Nach vielem Hin und Her und gegenseitigen Drohungen (die Yuan-Ti hofften, dass ihre Macht von Shadar erst bemerkt würde, wenn er nichts mehr dagegen tun könnte) schaffte ich es zumindest, einen Austausch von Rekruten zu erreichen: Die Yuan-Ti würden ihre Zauberschüler bekommen und sie im Gegenzug unsere Wachen und Freiwilligen zu Kriegern ausbilden. Das fühlte sich bereits fast nach dem Maximum an, da Garret nur still in der Ecke schmollte und Ralkarion mehr und mehr Kommentare abgab, die nicht nur nicht hilfreich, sondern komplett abträglich waren. Was war nur in ihn gefahren?
Wenigsten Krathus entpuppte sich wieder als Unterstützung, als er in einem seiner lichten Momente anmerkte, dass es nicht ganz ausgeglichen sei, dass wir für jeden ausgebildeten Magier, den die Yuan-Ti bekamen, „nur” einen Krieger bekamen. Als Harkis einwand, dass diese allerdings mit viel Kampferfahrung zurückkommen würden, wurden wir hellhörig. Harkis offenbarte mehr oder minder unfreiwillig, dass sie im Norden gegen Insektenwesen kämpften, die der Kontrolle ihrer Königin entglitten waren. Diese würden in Raserei gegen sie anrennen und dabei im Gegensatz zu den Untoten offenbar eine echte Bedrohung darstellen. Interessant und ein möglicher Ansatzpunkt, die Yuan-Ti irgendwann als ganzes auf unsere Seite zu ziehen, denn es war klar geworden, dass diese uns niemals in Gänze unterstützen würden, solange sie stark waren. Geschwächt jedoch… Nun, für’s erste wurden lediglich diverse Entschädigungen für gefallene Zoicaner in Ausbildung ausgehandelt.
Ebenfalls klar war nun aber auch, dass die Yuan-Ti fürs Erste kein Interesse daran hatten, uns tot zu sehen und da auch Krathus nach dem Genuss des Eis keinerlei Anzeichen von Schwäche zeigte, beschlossen ich und offenbar auch Ral im Interesse der Diplomatie, unser Ei zu essen. Irgendetwas stellte es tatsächlich mit mir an. Etwas Positives, was genau vermochte ich nicht zu sagen. Ral schien es ähnlich zu gehen, wie sein gieriges Schlürfen verriet. Gleichzeitig kam ich nicht umhin, mich zu fragen woher diese Gier kam. Garret hingegen hatte beschlossen, weiterhin zu schmollen und die Verhandlungen zu erschweren. Ich musste zugeben, dass ich mir im Vorfeld nicht hätte erträumen lassen, dass Krathus und ich eine solche Verhandlung lenken würden und Garret und Ralkarion sich alle Mühe geben würden, sie zu torpedieren. Verkehrte Welt.
Danach schien Ralkarion dann jedoch doch etwas zur Vernunft zu kommen, denn er griff einmal mehr den Verhandlungsstrang auf, die Angriffe der Untoten aufzuhalten, was nicht übermäßig schwierig sein sollte, aber das musste Harkis nicht wissen. Im Gegenzug rang er Harkis die Aussage ab, dass sie im Gegenzug uns mit einem Gegner helfen würden. Ich hielt die Gelegenheit für einigermaßen günstig, die Yuan-Ti gegen Zatar, the Imperishable zu senden - Ocanar mochte eine Art Verbündeter sein, doch einer, der unter der Fuchtel von dem Roten stand und offensichtlich nicht in der Lage war, sich gegen ihn aufzulehnen. Eine Niederlage seinerseits würde die Kräfte des Roten mehr schwächen als uns, eine Niederlage der Yuan-Ti könnte sie weit genug schwächen, um sie uns in die Arme zu treiben. Und auch ein geschwächter Verbündeter war besser als keiner. Es war zugegeben unwahrscheinlich, dass sich Harkis darauf einlassen würde, doch es wäre einen Versuch wert gewesen. Jedoch kam ich nicht dazu, denn Ralkarion hatte ein gänzlich anderes Ziel im Kopf - den Wächter des Nexus bei Cindercrest.
Gewagt, und ich war mir völlig unsicher, was ich davon halten sollte. Fest stand, dass wir dem Roten früher oder später die Nexi entreißen mussten und der Wächter dabei ein nicht zu unterschätzendes Hindernis war. Gleichzeitig schien mir der Zeitpunkt dafür deutlich verfrüht - selbst wenn es uns gelang, würde es uns unweigerlich wieder auf die Agenda des Roten setzen, der diesmal möglicherweise deutlich weniger „milde” gestimmt sein würde, als es beim letzten Zusammentreffen der anderen mit ihm der Fall gewesen war. Sicher, wir hatten uns bereits einen Nexus unter den Nagel gerissen, aber dieser stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht unter der Kontrolle des Roten. Und dann blieb da noch die Frage, wer sich mit dem Nexus verbinden sollte und damit die Kontrolle übernehmen sollte. Ralkarion disqualifizierten die Blutstropfen, die seit dem Arkanen Nexus ständig aus seinen Augen traten, Garret hatte bisher nur minimale magische Begabung an den Tag gelegt und Krathus würde sich zwar sicher sofort freiwillig melden, war aber viel zu unbeherrscht, um mit der Macht eines Nexus betraut zu werden. Ähnliches galt für die örtlichen Magier der Akademie, mit Ausnahme von Melody vielleicht, die allerdings aufgrund ihrer Unbedarftheit auch eher ausfiel. Die übrige Option gefiel mir ehrlich gesagt nicht…
Es würde eine Menge zu besprechen geben, wenn wir uns erneut zu Mundi begeben würden.