Es war später Abend geworden und wir waren noch immer dabei herauszufinden, wie wir vorgehen sollten. Vor uns lag ein stark bemanntes und schwer bewaffnetes Camp. Aber niemand von uns hatte genug taktische Erfahrung, um einen guten Plan vorzulegen. Immer wieder hallten die Worte des Drachen in meinem Kopf nach, dass eine Aufladung verbraucht werden müsse. Es galt doch so viele Ziele zu erreichen und sie mit einem Wunsch zu vollenden wäre ein Segen gewesen. Einen potentiell zu verschwenden wollte ich vermeiden.
Leeroy kam mit der Idee unsere Ringe zu verwenden. Beinahe hätte ich diese vergessen. Wir könnten uns in Gestalt eines Ettin als Anhänger von Bargle ausgeben. Gorok würde sich mit uns an die Tore stellen und dann … ja was dann? Dieser Orb sei angeblich in dem Zelt mit dem Anführer. Er müsste hinauskommen, dann hätte Fin noch einmal die Chance einzudringen und sie zu entwenden. Um das zu erreichen müssten wir aber schon etwas brauchbares vorzubringen haben.Suchten wi nach Hilfe, würden wir Informationen anbieten, gar so tun als ob wir den großen Roten im Namen Bargle’s unterstützen wollten?
Schließlich lenkte Gorok ein. Unsere Diskussionen waren ihm schon früher zu ausschweifend gewesen. Seiner Idee nach sollten wir einfach alle in das Camp schleichen. Sowohl Fin, wie auch ich konnten dafür gemeinsam Sorge tragen uns alle unsichtbar zu machen. Und waren wir erst einmal drin würden wir schon sehen was geschieht. Im Zweifel würden wir eben einen Wunsch opfern. Was aber war, wenn – und die Erwähnung jener Person ließ mich nicht los – der Cheftaktiker Urso für alle Eventualitäten vorbereitet wäre. Fragend blickte ich zu Fin und versicherte mich, dass er wirklich nicht entdeckt worden war. Niemand hätte ihn bemerkt beteuerte er. Lediglich eines der Tiere sei kurz unruhig gewesen in seiner Nähe.
Die anderen schienen Stück für Stück Gorok’s Plan für sinnvoll zu erachten. Ob meiner es gewesen war wusste ich ja nicht einmal selbst. Irgendwas müsste heute Nacht aber noch geschehen, denn bereits morgen würden sie weiterreisen. Dann wach, scheinbar beritten und in voller Kampfmontur. Noch läge das Überraschungsmoment auf unserer Seite. So etwas lernten wir nicht im Orden. Die Magie zu beherrschen ja, jedoch waren Infiltrationstaktiken eher etwas, dass man in den Geschichtsbüchern vergangener Zeiten grob nachlesen konnte. Leeroy und Fin machten eher den Eindruck damit Erfahrungswerte zu haben. Da sich beide für den gemeinsamen Einstieg in das Camp aussprachen folgte ich ihrer Einschätzung.
So machten wir uns bereit. Constassina schien keinerlei Hilfe zu sein. Ihre Präsenz im Camp würde scheinbar eine direkte Verbindung zu Loganar ermöglichen, was dieser verhindern wollte. Leonard sollte nichts ins Kreuzfeuer geraten und verblieb mit Sorin’s Tier am Waldrand. Sorin selber würde aufgrund des Lärms seiner schweren Rüstung auch ausserhalb der Palisade warten und sich bereit halten, falls etwas schief ginge. Fin wollte die vorausgehen. Er würde zur Hinterseite des Zeltes gehen, während wir vorne hineinschlüpfen sollten. Vielleicht käme er ja ohne weitere Probleme direkt an die uns nur grob beschriebene Kugel. Ob wir wohl so viel Glück hätten? Ich hoffte es.
Der Weg war nicht allzu weit. Fin verbarg am Waldrand sein Äußeres auf magische weise als Kobold. Irgendwie sah es amüsant aus. Gemeinsam erreichten wir die Palisaden. Und offenbar bemerkte uns niemand beim Eindringen. Fin ging wie besprochen voraus. Wir warteten einen Moment bevor wir unseren Weg durch den Vordereingang des Zeltes nahmen. Das war dann auch der Moment in dem alles anders verlief als erhofft. Als der Plan sich in seine Bestandteile auflöste.
Urso war nicht länger in dem Zelt. Dafür fanden wir dort einen etwas eigenartig bewaffneten Kobold mit einem Banner, um welches etwas magisches schwebte. Es war schwarz und kugelförmig, aber doch nicht wonach wir auf der suche waren? Nein, es sollte eine greifbare Kugel sein, diese war es nicht. Fin und Gorok machte sich sogleich daran sich auf den Kobold zu stürzen. Wir würden eine Menge Lärm machen. Es hieß so schnell es geht hier wieder hinaus zu kommen. Der Anhänger des großen Roten hatte auf einer Kiste gesessen und ich vermutete darin den gesuchten Inhalt. Ich nutzte meine Magie um sowohl das Schloss, wie auch unseren Fend anzugreifen. Nur mit letzterem hatte ich jedoch Erfolg. Die Truhe gab nicht nach.
Derweil brüllte das kleine rotgefärbte und in Metall gehüllte Wesen ein paar Befehle. Das Camp würde nun ganz sicher aktiv werden. Damit wären wir jeden Moment gänzlich umzingelt. In einem Anflug von Panik kroch ich durch die Hinterseite des Zeltes, blickte auf die dahinter liegenden Lagerstätten und gab meine Zurückhaltung auf. Es ging um Leben und Tod. Sie würden uns kaum mit Gnade begegnen, nachdem wir hier als offenkundige Feinde hineingestampft kamen. So setzte ich eine meiner mächtigsten Fähigkeiten ein … zumindest wollte ich es. Sie verpuffte ohne Wirkung. Irgendetwas hatte das Wirken des Zaubers unterbrochen. Ein Gegenzauber? Doch wie? Ich sah niemanden, spürte lediglich die Wirkung.
Derweil war auch Sorin zu uns gestossen. Er stand an meiner Seite in Verteidigungshaltung. Drinnen waren weiterhin Kampfgeräusche zu hören. Dann preschten aus den Lagerstätten die restlichen Kämpfer des Camps. Beritten und in voller Montur. Hinter ihnen tauchte eine humanoide Gestalt auf. Sie gab Befehle und forderte eine klares Vorgehen beim Angriff auf uns. Das musste Urso gewesen sein. Seinen Anweisungen nach gab es ein Team, dass sich speziell mit meiner Beseitigung beschäftigen sollte, da ich zu gefährlich wäre. Ich schluckte, mein Herz raste, die Angst lähmte mich fast. Was in Sekunden geschah kam mir wie Minuten vor. Meine Gedanken überschlugen sich und ich haderte auch mit meinen Empfindungen kein unnötiges Leid verursachen zu wollen. Aber ich wusste doch bereits, dass es um Leben und Tod ging … Was Gorok so leicht tat, fiel mir sogar im Angesicht des Verlusts meines eigenen Lebens schwer: Leben nehmen.
Wir kämpften eine Weile. Je länger es dauerte, desto schlechter wurden unsere Chancen dies zu überstehen. Leeroy sah extrem mitgenommen aus und ich stand nur noch auf meinen Beinen, da Sorin unablässig mit seinen eigentümlichen Fischgräten an mir rieb, welche eine heilende Wirkung auf meine Wunden zu haben schienen. Aufgrund meiner Unfähigkeit die Situation wirklich zu verarbeiten fiel es mir zudem schwer die Konzentration auf meine Zauber aufrecht zu erhalten. Zwar vergingen einige der Kobolde in den Flammen, aber nie konnte ich den flammenden Schutzwall aufrecht erhalten.
Plötzlich schoss Fin an mir vorbei. Das Blut an seiner Kleidung machte deutlich wie mitgenommen er bereits war. Doch unbeirrt manövrierte er zwischen uns und den feindlichen Kämpfern hindurch, direkt auf Urso zusteuernd. In der Zwischenzeit sah ich Leeroy zu Boden gehen. Die Panik stieg an. Fin machte seinen Weg bis vor Urso. Und wie immer ihm das gelungen war … doch er löste den Rucksack von dessen Rücken, griff hinein und holte eine schwarze Kugel hinaus. Gleichzeitig mit der Berührung jeder Kugel entlud sich eine Energie, die einen nahestehenden Kobold direkt tötete, einen weiteren wegschleuderte und auch Fin ins Wanken brachte. Er hatte sie tatsächlich!
Wir versuchten den Kreis zu verkleinern, unsere Position zu verbessern. Aber es waren zu viele. Die Lage schien aussichtslos, obgleich Gorok es geschafft hatte den besonders hartnäckigen Kobold zu Fall zu bringen und ich mir im Zuge eines querschießenden Gedankens dessen Banner griff. Ich hoffte darauf, dass Fin uns jeden Moment wegwünschte. Dann sah ich jedoch, wie er niedergestreckt wurde. Die Kugel rollte aus seiner Hand. Das durfte nicht wahr sein … so durfte es nicht enden …
Sorin reagierte daraufhin. Was immer er in seiner Beschwörung anrief ließ einen Schimmer um Fin erscheinen. Vermochte dies ihn zu retten? Und in der Umkehr uns? Dann traf mich ein heftiger Hieb, der Schmerz war überbordend. Das Gleichgewicht verlierend schoss der Boden rasend schnell auf mich zu und mein Bewusstsein schwand.