Tagebuch: Ralkarion
Sitzung 104
Hier standen wir nun im Gewölbe unter Ark’Therion. Vor uns befand sich scheinbar der graue Mann und mit Lia seine Tochter … noch eine dysfunktionale Familie, welch Überraschung.
Cenereth hielt auch nicht hinter dem Berg mit seiner Beteiligung an den Geschehnissen. Lia war fassungslos. Das konnte ich ihr kaum verdenken. Sie hatte ihre ganze Stadt dem Erdboden gleich machen lassen um, wie jetzt klar wurde, zu versuchen ihren Vater aufzuhalten. Ein Vorgehen, welches ich verurteilte und sie auch hatte spüren lassen.
Ihr alter Herr wollte Informationen, so wie wir. Statt uns auf einen Dialog zu einigen wollte er jedoch Spielchen spielen. Dabei konnten wir aber nur verlieren. Eine Frage für eine Frage, und nur wahrheitsgemäße Antworten waren erlaubt. Die anderen schienen das daraus resultierende Ungleichgewicht und potentiell gefährliche Situationen nicht zu erkennen. Schon die erste Frage könnte fatal enden. Doch wie schon damals im Dreadspire überwog die Mehrheit.
So stellten die Parteien ihre Fragen …
Um zu ermitteln inwieweit Al’Chara in die Vorgänge rund um Cenereth und Shadar involviert war, sowie zu klären wieso ersterer ihr nicht half fragten wir nach seiner Beteiligung an ihrer Einkerkerung. Er machte diese aktiv möglich, um sie zu schützen.
Wie befürchtet war seine erste Frage auch direkt auf den fehlenden Nexus ausgerichtet, dessen Standort wir unter meinem heftigen Zähneknirschen dann auch bekannt gaben. Das würde uns ganz sicher noch in den Hintern beißen.
Auf die Frage was unser Bestreben sei antworteten wir, dass wir Shadar’s Aufstieg zu einer Gottheit aufhalten wollten.
Im Gegenzug erfragten wir Cenereth’s Rolle in der Geschichte. Er war das teuflische Genie, dass die Nexi kreiert hatte.
Er hatte deutlich gemacht, dass Posetine – durch die Mischung aus Shadar’s und Arcalis’ Blutlinie – das ultimativ Böse sei. Seine Frage richtete sich dabei daran, was wir mit dem potentiellen Mörder von ihr tun würden. Angesichts der Tatsache, dass sie unschuldig und nur ein Opfer der Umstände war, würden wir, mit Ausnahme von Krathus, demjenigen Gerechtigkeit zukommen lassen.
Wir fragten nach seinen Absichten beziehungsweise Plänen. Ihm ging es primär darum das Dacra-Blut loszuwerden.
Angeblich war die einzige Option dieses Ziel greifbar zu halten nur dadurch möglich das Spiel von Shadar mitzuspielen. Doch ich misstraute der Gesamtsituation.
Wir erfuhren darüber hinaus, dass erst Mundi’s Forschung Posetine’s Existenz möglich gemacht hatte. Gleichermaßen könnte angeblich nicht mal die Macht der Nexi sie von ihrem Schicksal befreien.
Cenereth hatte seinerseits die Blutmagie Mundi’s studiert. Zu diesem Zweck hatte er seine eigene Tochter zum Tausch angeboten. Was dabei verstörender war wusste ich nicht direkt zu ermitteln. Wie ein Vater seine Tochter verkaufen konnte, oder dass der beim Anblick von Blut erstarrende Untote die Grundlagen für all dies mit Blutmagie geschaffen hatte. Arcalis jedenfalls stahl diese Forschungen und über Umwege verschaffte sich später Shadar dadurch Zugang.
Im Bestreben das Blut der Dacra Familie aus der Welt zu tilgen sorgte Cenereth auch für Yonci’s Tode, nachdem diese den geschützten Bereich ihres Kerkers verlassen hatte. Leider war dies nun auch der Zeitpunkt, an dem sich die Weitergabe von Informationen erschöpfte. Der alte Drache hatte darauf verwiesen, dass er von Shadar gerufen würde. Ausgehend davon, dass er bisher keine Antwort übermittelte, war jener nun auf dem Weg. Schwerlich eine gute Nachricht. Und der Teleportzirkel war ein Stück entfernt.
Calas versuchte noch einen Hinweis auf den Verbleib seiner Familie zu erhalten. Wir wussten ja, dass Cenereth in der Lage war weitreichende Ortungen vorzunehmen. Doch er lehnte ab. Es wäre eine Kleinigkeit gewesen uns zu helfen. Drachen …
Mein Versprechend an den Drachengeborenen ehrend versuchte ich es mit ein wenig Überzeugungsarbeit, scheiterte aber schlussendlich.
Krathus legte derweil etwas zu viel Wert auf sein Seil, dass ihm Cenereth zuvor abgenommen hatte. Bedachte man wie er sich selber gerne mal Dinge unrechtmäßig aneignete, war seine Reaktion gegenüber Diebstahl an seiner Person von fragwürdiger Doppelmoral. Doch das wäre ein Thema für später. Eilig brachen wir auf. Lia war regelrecht erstarrt und blickte an die Decke des Gewölbes. Glücklicherweise war Calas kräftig genug sie einfach über die Schulter zu werfen.
Obwohl wir nun mehr wussten als zuvor stellten sich so viele weitere Fragen, besonders Posetine betreffend. Und was war eigentlich Shadar’s Motivation? Auch wenn er gleich hier eintreffen mochte, wollte ich ihm diese Frage nicht persönlich stellen können.
Der Weg nach oben gestaltete sich fast federleicht. Nahezu schwebend glitten wir die Treppen hinauf. Irgendetwas hatte scheinbar immensen Einfluss auf diese Gegend und dieses Etwas würde uns vermutlich mit einem Happs vertilgen. Damit wir nicht unvorbereitet aus der Ruine traten schlich Krathus todesmutig voran, um einen Blick nach draußen zu erhaschen. Zwar wurde er nicht entdeckt, doch war unsere Zeit abgelaufen. Jemand kam uns entgegen und Krathus vernahm zwei Stimmen. Die einzige Option war wieder nach unten zu gehen, hoffentlich einen Zugang zu den anderen versteckten Räumen zu entdecken.
Es war völlig unklar was passieren würde, wenn Shadar erneut auf Lia traf. In einer Kurzschlusshandlung verwandelte ich die immer noch beinahe starre junge Frau in eine Maus und steckte sie in den magischen Beutel. Abseits dieser Ebene der Existenz wäre sie vorläufig wohl sicherer, auch wenn irgendwann die Luft ausginge. Aber darum könnte ich mich hoffentlich später kümmern.
Das Schicksal war jedoch nicht auf unserer Seite. Plötzlich schwebte eine Gestalt von oben direkt durch das Gemäuer in geisterhafter Form hinab vor unsere Füße. Shadar Logoth in humanoider Form. Er hatte schwarze lange Haare und war gänzlich in rotem Samt sowie goldenen Verzierungen gehüllt. Instinktiv warf sich Krathus auf die Knie und sprach seine Anrufung an ihn. Zumindest das erste taten wir ihm gleich. Wenn es eine Chance geben sollte diesen Kontakt zu überleben, dann definitiv nicht mit dem Schwert.
Shadar machte keinen Hehl darum, dass er die Taten der Gruppe verfolgt hatte. So sprach er auch Garret direkt auf seine Revolution an und etwas Hohn klang in dem Kommentar wieder, als er ihn „Töter von Cuu“ nannte. Fast schon verspottend rief er dann nach Cenereth, welcher keine Anstalten machte sich zu zeigen. Bei genauerer Betrachtung von Krathus und der um das Banner schwebenden grünen Kugel konnte man aber echte Überraschung im Gesicht des Drachen ausmachen. Wenngleich er nicht weiter darauf einging. Dann erschien ein Mensch hinter uns. Er war groß, blond und hatte ein Auge verloren.
In völliger Überlegenheit badend ließ uns der große Rote wissen, dass er uns bisher in Ruhe gelassen habe. Es sei amüsant die sterblichen zu beobachten und sie würden ihn stets mit ihrer kreativen Art unterhalten. In unserem Fall jedoch seien wir inzwischen dabei eine Grenze zu überschreiten. Wir konnten also entweder den Freitod wählen oder uns zu seinem Amüsement freiwillig einer Herausforderung stellen, die nur eventuell mit unserem Tod endete. So stellte er einen schwarzen Kubus vor sich hin. Seine Erwartung war, dass wir diesen „betraten“. Viel nachzudenken gab es eigentlich nicht. So sah das auch Krathus, der direkt den Kubus berührte und in diesen eingesogen wurde. Wir folgten einer nach dem anderen.
Wo immer wir nun waren, der Platz war begrenzt und es war dunkel. Kaum ein Problem für mich, aber Garret sorgte sofort für Licht. Es gab zwei Stellen im Raum mit einer wabernden grünlichen Energie. In der Mitte des Raumes lag ein unglaublich alter Mann. Irgendwas an ihm kam mir bekannt vor, doch ich konnte es nicht genau einordnen. Derweil spielte Krathus mit der Energiesäule rum, wohl aber ohne Konsequenzen.
Bei genauerer Untersuchung fand sich eine Schriftrolle im Besitz des Mannes. Jetzt ging uns ein anderes Licht auf. Sie beschrieb, dass es sich bei der Person um Tanaos Ayumu handelte. Er hatte sich absichtlich hierherbringen lassen, um uns benachrichtigen zu können, gleichzeitig verdammte er uns. Konnte nicht sagen, dass ich glücklich darüber gewesen war erneut in einer seiner Prophezeiungen gelandet zu sein. War die Aussicht hier lebend rauszukommen noch so positiv, gleichermaßen schienen unsere Leben einem fixen Pfad zu folgen. Das gefiel mir gar nicht. Bewundernswert hingegen war, dass sich der alte Mann wohl über viele Jahrzehnte durch dieses „Labyrinth“ bewegt hatte, um den kürzesten Weg ausfindig zu machen.
In der grünen Energie sollten wir uns „aufladen“, wie er es nannte, bevor wir uns auf den Weg machten. Was Krathus sogleich erneut ausprobierte, sich reinstellte und vor unseren Augen jünger zu werden schien. Doch es stand noch mehr in der Rolle.
Wir kämen erst dann weiter, wenn wir den Wächter dieses Raumes getötet hätten. Ausgehend davon hier niemanden sonst gesehen zu haben vermutete ich, dass er damit wohl sich selbst meinen könnte. Calas fand diese Perspektive nicht wünschenswert und versuchte hingegen Tanaos zu verjüngen. Hoffend, dass wir in ihm einen Verbündeten an unserer Seite hatten. Ich hielt es für fahrlässig einem potentiell mächtigen Magienutzer auf die Beine zu helfen, wenn dieser sich hier anschließend als unser Feind erweisen könnte. Viel konnte ich aber gegen den Muskelberg nicht ausrichten. Gleichermaßen richtete aber auch die Energie nicht viel aus. Wie oft Tanaos davon wohl selbst schon Gebrauch gemacht hatte …
Es war aber kein aktives Leben in ihn zurückzubekommen. Es blieb uns wohl nichts anderes übrig als ihn von seinem vegetativen Zustand zu erlösen und unseren Weg fortzusetzen, so wie er es wollte. Ehrlicherweise hielt ich es aber für genauso falsch, wie Calas es tat. Doch andernfalls würden wir hier drin nichts erreichen können. Krathus machte deutlich, dass ihm der Alte nichts bedeutete und kein Problem damit hätte sich seiner zu entledigen. Im Begriff diesen Worten Taten folgen zu lassen stellte ich mich aber in seinen Weg. Ich machte mir keine falschen Vorstellungen davon was Krathus in der Vergangenheit getan oder was er in Rachwood erlebt hatte, aber ich bezweifelte, dass Razora ihm erlaubte unschuldige wehrlose Personen umzubringen. Und ich würde ihm diese Schuld auch nicht aufbürden wollen.
Verunsichert griff ich zu meinem Dolch, bevor Garret auf weniger blutige Optionen hinwies. Das stimmte … was war nur mit mir los, ohne nachzudenken ausgerechnet zum Dolch zu greifen. Mit großem Widerwillen meinerseits und gleichermaßen ohne Gegenwehr seinerseits entschwand das Leben des Magiers mangels Sauerstoffs. Vor einigen Wochen wollte ich ihm noch den Hals umdrehen. Jetzt bekam ich wonach ich verlangt hatte. Es stellte mich keineswegs zufrieden.
Nachdem sein Herz aufhörte zu schlagen erschienen an allen vier Seiten dieses Raumes rot glühende Öffnungen. Scheinbar war dies unser Ausweg, zumindest in einen der nächsten von mindestens elf weiteren Räume. So lautete jedenfalls Tanaos’ Aussage. Während ich noch über die absurde Situation nachdachte, schoss mir in den Kopf, dass Lia bald auch Luft bräuchte. Ich griff in den Beutel doch fand sie nicht. Wie konnte das sein? Ich spürte noch immer eine Verbindung, da der Verwandlungszauber meine Konzentration erforderte. Wenn sie bei Shadar verblieben war, könnte dies ihr Ende bedeutet haben. Ich hoffte mich zu irren.
Calas wollte den alten Mann noch ad hoc beerdigen und strebte danach ein Feuer zu entzünden. Ich durchforstete noch schnell seine Taschen und fand dabei eine Kupfermünze, welche in der Schriftrolle angemerkt wurde für Krathus zu sein. Danach verbrannte Tanaos in kürzester Zeit. Die Tore jedoch begannen sich langsam wieder zu schließen. Da wir uns nicht einigen konnten welcher Durchgang der richtige sei stapfte Krathus stumpf auf einen zu. Kurz bevor er das rote Licht berührte, sprang die Münze aus seiner Tasche und ließ uns so wissen, dass dies der falsche Zugang sei. Wir probierten jeden Zugang, bis die Münze keine Reaktion zeigte.
So gelangten wir in den zweiten Raum. Vor uns erhob sich ein Riese, der auch sogleich mit Gewalt klarmachte, wie er zu uns stand. Die hier lila wabernde Energie umgingen wir weiträumig. Ein rundlicher Kristall lag in einer Ecke des Raumes, eine Art Altar mit entsprechend rundlichem Einlass in einer anderen. Schnellstmöglich sorgte Garret dafür, dass die Kugel an ihren vermeintlichen Platz kam. Glücklicherweise konnten wir so den Kontakt mit dem Riesen auf ein Minimum reduzieren. Jener verschwand vor unseren Augen als die Kugel einen Moment in dem Altar geruht hatte. Erneut gingen Zugänge auf. Doch diesmal reagierte die Münze bei keinem Durchgang. So entschieden wir uns spontan für einen, hoffend nicht von Tanaos’ ersonnenem Weg abzuweichen …
Sitzung 103
Es gelang das Feuer zu ersticken und noch während dies geschah erwachte die arg geschundene Frau. Schwer von den Flammen gezeichnet tat es ihr aber ganz offensichtlich trotzdem keinen Abbruch auf einem recht hohen Ross zu sitzen. Für jemanden, der dem Tode geweiht gewesen war kam nur wenig Dankbarkeit entgegen. Wie die Mutter so die Tochter, dachte ich mir. Und trotz ihrer unleidlichen Art nahm das folgende Gespräch etwas Fahrt auf.
Nicht wissend inwieweit man ihr wirklich trauen konnte wollte ich einige Dinge nicht direkt preisgeben, insbesondere nicht mit der Tür ins Haus fallen bezüglich des Auftrags von Mundi. Das hingegen sah Calas gänzlich anders. Wenig bedacht polterte er dies gleich zu Anfang raus, was unser Ansehen bei ihr kaum steigerte. So entfuhren ihr zusätzlich noch Beleidigungen heraus. Ich wunderte mich wie schlimm es wohl wäre sie in eines der noch brennenden Drachenfeuer zu schubsen und Mundi zu sagen, dass Shadar sie erwischt hatte. Fortan machte ich auch keinen Hehl darum was ich von ihr hielt. Noch mehr Drachen … das Letzte was diese Region brauchte – oder vielmehr ich für mein Seelenheil.
Zumindest wurden einige Dinge klarer. Scheinbar hatte diese Type, die wir schlicht als den grauen Mann kannten, Ark’Therion übernommen. Lia behauptete, dass jeder in der Stadt für ihn unwissentlich gearbeitet hätte. Doch es klang wohl so absurd für die Leute vor Ort, dass nicht einmal ihre Eltern dem Glauben schenken wollten. Aus ihrer Perspektive war die einzige Option die vermutete Forschung, die er betrieben hatte, durch einen Genozid zu beenden. Die logische Antwort eines Drachen auf alles, wenn man keine Ahnung hatte. Was waren die Leben „niederer“ Spezies schon wert!? Ich fühlte mich ach ein wenig an die großartige Idee erinnert Zoica mit einer Revolution zu segnen.
Zuletzt hatte sie versucht in den Ruinen nach Hinweisen zu suchen, die auf den grauen Mann hindeuteten. Jedoch wurde sie bei ihrer Ankunft von Shadar überrascht. Nicht weniger brillant erwies sich die Idee unter den übrig gebliebenen Flüchtlingen Ark’Therion’s hier in Westerfell Unterschlupf zu suchen. Dieser Frau folgten Tod und Verderben auf dem Fuße. Man hätte gar meinen können es wäre Absicht gewesen. Und ehrlicherweise vertraute ich ihr kein Stück. Dennoch gaben wir ihr einen kurzen Abriss des Erlebten, bei dem wir zwar die Nexi erwähnten, aber keine genauen Angaben zu ihren Standorten machten. Es stand zu vermuten, dass sie bei ihrer Vorgehensweise Shadar aufzuhalten nicht weniger als die ganze Region in eine leblose Wüste verwandeln würde. Womit sie mit den Nexi durchaus fähig wäre.
Wir gaben an, dass Mundi uns beauftragt hatte sie zu finden und welche Absprachen damit einhergegangen waren. Kriegsvermeidung, Leben retten, Allianzen schließen waren dabei alles Bestandteile. Und nichts davon schien sie zu interessieren.
Allianzen und Verbündete schien sie sowieso als überflüssig zu betrachten, verlautbarte gar, dass diese sich ja sowieso nicht bewährt hätten. Die Geschichte um Arcalis und Shadar diente ihr als ausreichende Begründung. Wie gut das aber für sie gelaufen war konnte man schnell erkennen, wenn man daran dachte wie wir sie verbunden hatten. Das war wenig überraschend allerdings ein Realitätscheck, der ihr weniger gefiel.
Laut ihrer Aussage war Mundi aber in jedem Fall ein Würstchen und völlig unbrauchbar für die Dinge, die getan werden mussten. Er könne keiner Fliege was zuleide tun. Nicht zuletzt weil er den Anblick von Blut nicht ertragen könne. Ich war sprachlos … Innerlich überdachte ich die Begegnungen mit ihm. Auch war meine vorherige Skepsis zu dem Verhalten, dass er scheinbar in der Vergangenheit gezeigt hatte und dem heutigen sowieso schon groß gewesen. Nun ergab dies Sinn, war aber nahezu unglaublich. Das war doch ein schlechter Witz, dass uns jemand, der nicht einmal einen Nadelstich in den Finger abkonnte uns so um den selbigen gewickelt hatte mit seinem Auftreten – insbesondere mich. Doch bei diesem Gedanken rollten die Erinnerungen der letzten Wochen über mich hernieder. Vieles war falsch eingeschätzt worden und blieb bis heute auch weiterhin ein Quell ewiger Irritation.
Auf den Kommentar mit dem anderen silbern scheinenden Drachen hin vermutete Lia, dass wir uns irren mussten. Es gäbe ja keine weiteren außer ihr. Das war ein guter Zeitpunkt von ihrer Mutter zu berichten. Sie konnte fast nicht glauben, dass diese noch leben sollte Meinte nun aber, dass wohl sie uns angegriffen haben musste. Ausgehend von Al’Chara’s Gemüt wäre das wohl sicherlich denkbar gewesen, doch bisher gaben wir ihr dafür keinen Grund. Entsprechend verneinten wir diese Theorie. Ich sah die Skepsis in ihren Augen wachsen, war mir aber auch sicher, dass sie meine vollausgebildete Skepsis ihr gegenüber ebenso vernahm.
Auf die Beschreibung des Angriffs durch den Drachen hin fragte sie ob er uns berührt hatte und etwas vermisst würde. Krathus, welcher eine unfreiwillige Flugeinlage hinter sich gebracht hatte, durchforstete seinen Rucksack. Wenig amüsiert stellte er ein fehlendes Seil fest. Lia merkte an, dass solche Objekte möglicherweise eine magische Verfolgung von deren Besitzer ermöglichen könnten. Wohingegen unser Kobold recht gewitzt feststellte, dass er nunmehr den Drachen aufspüren könnte, da er in der läge war auf diese besagte magische Art den Standort seines eigenen Besitzes zu ermitteln. Musste mir selbst eingestehen, dass ich dies für ebenso amüsant wie genial hielt. Es war nur die Frage wer zuerst ein Signal bekam, um nicht überrascht zu werden.
Scheinbar war ich auch nicht der einzige, der von Lia’s arroganter Art genervt war. Der kleine hatte ziemlich deutliche Worte gefunden, dass wenn sie sich nicht einmal bedanken könne doch wenigstens eine Belohnung geben solle. Um Gold ging es mir aber wirklich nicht und die Situation mit ihr würde es kaum entschärfen. Ein durch die Lippen gepresster Dank war dann aber eben nicht genug empfand Krathus. Zu allem Überfluss freute sich auch Calas über etwas Klimpergeld. Im Nachgang betrachtet war es wohl dieser Moment in dem ich aufgab meine Meinung mit Schleifen zu verpacken. Nachdem sie uns stumpfe Geldgier unterstellte stapfte Lia kurz davon. Sie kehrte dann mit einer Truhe wieder zurück und warf uns diese mit entsprechender Abscheu vor die Füße. Krathus und Calas wirkten glücklich, mich tangierte es kaum.
Ein Haufen Gold, einige Diamanten, eine Handvoll Tränke und zwei Schriftrollen waren die Ausbeute. Ausgehend davon wie gut sich der Kleine die letzten Tage geschlagen hatte und wie viel Freude ihm das Gold zu bereiten schien, überließ ich ihm meinen Anteil. Einst waren Reichtümer mir wichtig gewesen für das Erreichen meiner Ziele, inzwischen hatten sich die Dinge und meine Einstellung zu jenen aber verändert. Einen glücklichen Kobold zu sehen war eine Freude, die ich mir zuvor auch nicht vorstellen konnte.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs kamen wir überein ihr bei der Suche nach Hinweisen in Ark’Therion zu helfen. Auch wenn dies einen erneuten Zusammenstoß mit dem anderen Drachen bedeuten würde. Vielleicht hätten wir ja eine Chance zu überleben, wenn sie uns nicht hintergehen würde. Mir behagte es nicht, dass der Plan involvierte auf Lia’s Drachenform da hin zu fliegen. Schneller war es, unsicherer aber auch. Garret freute sich hingegen jetzt schon in typischer Naivität wie ein kleines Kind.
Calas merkte an wie hilfreich es sich für ihn erweisen würde, wenn wir uns die Ortungsfähigkeiten des anderen Drachen zunutze machen könnten. So wie es den Anschein machte suchte er seine Familie. Diese war bei einem Angriff von Tieflingen aus den Shales verschwunden. Dies erklärte auch gleich wieso er bei unserer ersten Begegnung so überaus freundlich mir gegenüber auftrat. Konnte es ihm nicht übel nehmen. Irgendwie bekam ich den Eindruck, dass mehr von meiner Art fragwürdigen Tätigkeiten nachgingen. Schlussendlich lastete auf uns Tieflingen ja auch ein Fluch – so hieß es. War dies dann somit auch mein Schicksal? Calas sagte Familie suche man sich aus. Konnte nicht behaupten, dass er damit falsch lag. Inzwischen war dies das dritte Mal diese Lektion erhalten zu haben und im Hinblick auf alle gemachten Lebenserfahrungen waren die ausgesuchten Personen in meinem Leben stets die verlässlichsten gewesen. Ich wischte den Gedanken beiseite und versicherte ihn bei seinem Vorhaben unterstützen zu wollen, so gut es eben möglich war.
Zwei Nächte würden wir hierbleiben. Lia hatte sich zu erholen und wollte einige Zauber vorbereiten, bevor es zurück nach Ark’Therion ging. So begaben wir uns zur ersten Nachtruhe.
Tags drauf bereitete sich unser Drache auf den morgigen Tag vor. Einer der gewirkten Zauber konnte ich grob zuordnen. Offenbar musste es sich um einen Schutzzauber handeln, der eine physische Blockade errichtete. Vielmehr war mir aber nicht möglich gewesen aus ihren Worten und Runen abzulesen.
Krathus schien guter Dinge zu sein. Zuvor hatten wir ihn draußen gehört, wunderten uns aber was da vorging. Nun kam er freudig auf mich zu und bot mir an einzuschlagen. Um ihm die Freude zu machen schlug ich ein … und landete prompt gute 100 Meter oder mehr in der Luft. Unter mir das juckende Fell von seinem Yak und vor mir ein diabolisch grinsender Krathus. Wieso hatte das Yak Flügel!? Schon schnellten wir mit irrwitzigem Tempo durch die Luft. Dieser verrückte schuppige Sohn eines roten Drachen bescherte mir fast einen Herzinfarkt mit dieser wenig willkommenen Überraschung. Als der Schreck nachließ und wir zurück am Boden angekommen waren entgegnete er mir nur süffisant, dass dies die Rache für den Dunkelheitszauber neulich war. Er hatte mich eiskalt erwischt. Konnte nicht sagen, dass ich es ihm übel nahm – eher im Gegenteil. Aber er sollte auch nicht zu sehr animiert werden so etwas in Zukunft zu wiederholen.
Der Tag schritt weiter. Lia ließ sich noch zu Gesprächen bewegen. So wurde auch klar, dass ihr Vater sie mit Mundi zwangsverheiratet hatte. Scheinbar hatte dieser dafür gezahlt. Doch was so wertvoll gewesen sein mochte, dass ihr Vater sich dazu hinreißen ließ blieb unklar.
Auch erwähnte sie die Lektionen, die sie von Tanaos Ayumu zu lernen hatte. Der durch die Zeit blickende Windbeutel war offensichtlich nicht nur uns auf den Keks gegangen. Ihr hatte er unter anderem eine Lektion vermitteln wollen, die sich um das Komprimieren ganzer Bibliotheken in einem einzelnen Buch drehte. Das klang durchaus interessant, auch wenn ich seinem ganzen Schicksalspalaver nichts abgewinnen konnte. Wie zu erwarten war Lia aber ziemlich lernresistent gewesen und erinnerte sich an nichts Genaues. Meine Versuche tiefer zu graben und gar mit einem kleinen Gedankentrick dem Ganzen auf die Sprünge zu helfen wurden aber von ihr unterbunden. Es blieb zu befürchten, dass uns etwas Wichtiges entgangen war.
Ansonsten war der Tag nicht sehr ereignisreich. Am Abend begaben wir uns zur letzten Nachtruhe vor unserem erneuten Zusammentreffen mit dem anderen Drachen. Es sollte nicht die ruhigste Nacht werden.
Am nächsten Morgen setzen wir uns früh in Bewegung. Krathus und Calas retteten auf diesem echt schrägen geflügelten Yak. Garret und mich trieb es daher notgedrungen auf Lia’s Rücken. Ob der jeweiligen verbalen Spitzen, die wir die letzten beiden Tage ausgetauscht hatten, sorgte sie sogleich für ein unangenehmes Sitzerlebnis für mich. Meine darauf folgende Reaktion „Ho, Pferdchen“ strafte das schuppige Miststück direkt damit mir den Halt zu rauben und mich fast von ihrem Rücken zu schleudern. Für den Moment ließ ich es auf sich beruhen. Sie brauchte sich aber nicht einbilden, dass Frieden herrschte.
Wir reisten die Strecke von fußläufig vier Tagen in knapp einem Tag. In der Ferne unter uns war Ark’Therion zu sehen. Krathus spürte derweil schon, dass sein Seil sich in der Nähe unterhalb der Stadt befinden musste. Auf Lia’s Hinweis hin gegen vorhandene Magie gerüstet zu sein bereiteten Calas und ich unsere magische Sicht vor.
Aus dem Nichts schoss jedoch der andere Drache hervor. Er war wirklich silbern und versprühte eine merkwürdige Gaswolke. Mein Körper verkrampfte und ich verlor die Kontrolle. Aus dem Augenwinkel vernahm ich ähnliches bei den anderen. Sowohl Calas wie auch ich selbst rutschten von unseren geflügelten Begleitern herunter uns stürzten in die Tiefe. Der Boden rauschte unaufhörlich näher und fast schon glaubte ich am Boden zerschellen zu müssen, doch dann fiel mir ein einen Ausweg parat zu haben. Bevor dieser aber genutzt werden musste löste sich die Paralyse und mehr noch sauste Lia i oder Tat an uns vorbei um uns aufzufangen. Calas hingegen rief noch irgendwas, bevor er sich todesmutig windschnittig in die Luft lag und dem anderen Drachen gen Boden nachschnellte. Was ging nur in dem Irren vor sich!?
Der Drache verschwand in einem unglaublichen schnellen Bremsmanöver kurz vor dem Boden. Zu meiner Erleichterung stellte ich fest, dass der alte Mann sich zuletzt doch noch seiner Vernunft besann und sich scheinbar magisch selbst abzufangen schien, bevor er schlussendlich am Boden zermatscht wäre.
Die Situation war für den Augenblick geklärt, der Drache verschwunden und wir alle heile am Boden angekommen. Ausgehend von dem Ort wo Krathus sein Seil vernahm hatte Lia nun eine Ahnung wo wir mit der Suche beginnen konnten. Unter dem ehemaligen Herrscherpalast befanden sich Katakomben in denen ihr Vater geforscht hatte. Irgendwie hörte sich das bereits jetzt fragwürdig an. Sie selber war nie dort unten gewesen und vermochte so nichts Spezifisches über den unterirdischen Bereich zu sagen. Doch wusste sie zumindest wie wir hineingelangen konnten. Auf direktem Wege machten wir uns auf zum Geheimgang. Calas und mir fiel sofort ein schwaches Leuchten auf, dass auf einen Zauber hindeutete. Möglicherweise ähnlich dem, was Calas selbst in den Nächten zuvor verwandt hatte. Mir war nicht ganz klar wie er den Zauber mit einem Hieb seines Schwertes auszuschalten vermochte, doch es gelang.
Einer nach dem anderen waren wir hinunter getreten. Nach einem Dutzend Stufen fiel mir auf, dass jemand fehlte. Der Blick ging zurück zur Tür. Lia stand regungslos dort oben und starrte blank hinunter. Auf meine Nachfrage was los sei reagierte sie wie gewohnt schnippisch, wenngleich mit einem verängstigten Unterton. Wenn sich selsbt ein Drache hier untern fürchten sollte wäre dies kein gutes Zeichen.
Unten angekommen konnten wir in ein einzelnes Arbeitszimmer blicken. Viel kleiner, als es zu erwarten gewesen wäre. Und Krathus spürte sein Eigentum in der Nähe, allerdings nicht innerhalb des Raumes. Es musste also noch weitere versteckte Zugänge geben. Als wir aber den Raum betraten spürte ich einen leichten Zug, ähnlich einem Kopfschmerz, der nur eine Sekunde angehalten hatte. Es unterbrach meine Konzentration auf einen Zauber, den ich aktiv hielt. So auch bei den anderen. Bevor Lia eintrat stoppte ich ihre Bewegung um sicherzustellen, dass die von ihr vorbereiteten Zauber nicht davon betroffen sein würden. Dann untersuchten wir den Raum. Fanden aber nichts was uns weiterhalf.
Lia warf sich resignierend in einen von zwei Sesseln und gab ihrer Enttäuschung verbalen Ausdruck. Woraufhin aus dem Nichts im zweiten Sessel plötzlich eine Gestalt auftauchte. Ein grauer alter Mann, der ihre Enttäuschung bestätige und den Satz mit dem direkten Bezug zu seiner neben ihm sitzenden „Tochter“ beendete …
Sitzung 102
Mitten auf dem Weg standen wir wie auf dem Präsentierteller, dies war definitiv zu gefährlich und der Drachen ehrte kontinuierlich wieder. Etwas eilig zimmerte ich einen kleinen Plan zusammen, wie wir unserem sicheren Tod eventuell doch noch entgehen könnten. Zuvor hatten wir schon einen Teilerfolg gehabt, als wir uns ins Dickicht begaben. Das könnte wieder funktionieren, jedoch abgewandelt. So führte ich kurzerhand aus, was mir im Kopf schwirrte. Krathus und Calas wirkten zunächst nicht sonderlich zugetan, Garret’s Zustand war wie gewohnt teilnahmslos. Sie gaben zu bedenken, dass wir nur ein wenig länger ohne Konflikt ausharren müssten, um genug Kraft getankt zu haben weiterzuziehen.
Ich hielt dies für Irrsinn. Was wäre gewesen, wenn der Drache erneut seine Taktik änderte? Doch stimmte es schon … würden wir beim Umsetzen meines Plans Fehler machen, dann gäbe es definitiv keine Rettung mehr. Es stand zwei zu eins, somit war die Entscheidung getroffen. Und wie durch ein Wunder verschwand der Drache nach seiner Sichtung erneut kurzzeitig. Es war verwunderlich, dass diese fünfzehn Minuten mehr so einen immensen Einfluss auf unseren Zustand hatten. Aber wir fühlten uns wahrlich allesamt gestärkt. Nunmehr brachen wir auf und setzten den Plan in die Tat um.
Wir suchten schnellstens einen potentiell guten Unterschlupf im nahgelegenen Dickicht. Dort stellten wir kurzerhand ein Nachtlager zusammen und entzündeten eine fahle Glut. Calas nutzte seine magischen Kräfte erneut seinen alarmierenden Zauber zu wirken. Danach schulterte er den weiterhin bewusstlosen Garret und folgte in den Spuren von Krathus' Yak, auf welchem der Kobold und ich nun saßen. Der Weg führte uns zunächst nach Osten. Nach einer halben Stunde etwa machte ich uns unsichtbar. Während wir das Yak weiter nach Osten schickten gingen wir nun getarnt und leise durch das Unterholz Richtung Süden. So hofften wir den Drachen auf falsche Fährten zu lenken.
Es dauerte auch nicht lange bis unser gefälschtes Nachtlager unter seinem Atem zerrissen wurde. Und später ließ uns Krathus wissen, dass sein treues Reittier von dem Drachen heimgesucht wurde. Das war schon eine erstaunliche Fähigkeit von ihm eine gedankliche Verbindung auf diese Entfernung zu seinem Tier zu haben. Mir gefiel es nicht das Tier in seinen Untergang zu schicken, aber welche Wahl hatten wir schon gehabt? Bisher schien der Plan vollständig aufzugehen. Wir hofften nunmehr dem Drachen wahrlich entkommen zu können. So schritten wir erschöpft weiter in den Morgengrauen hinein. Mir drehte sich von Zeit zu Zeit alles vor den Augen. Es war ein klares Zeichen dafür gewesen, dass wir Schlaf brauchten.
Nach einer guten Stunde erneuerte ich den Unsichtbarkeitszauber auf uns. Als dieser Auslief war es erst einmal vorbei mit der Tarnung. Bisher gab es kein Anzeichen des schuppigen Tods von oben. Erleichtert atmete ich auf. Calas trieb uns an weiterzugehen. Bedachte man, dass er Garret und dessen Zeug zu tragen hatte, dann war seine Ausdauer mehr als bewundernswert. Ohne Nachtruhe setzten wir eilig den Weg am neuen Tag fort. Erst am Abend erlaubten wir uns zu ruhen. Es war wirklich ein anstrengender Marsch gewesen. Endlich hielt Schlaf Einzug.
Die Nacht verlief wie erhofft ruhig. Offenbar hatten wir das Ungetüm wirklich abgehängt. Doch das hieß nicht, dass wir aus dem Schneider währen. Mit Garret wieder bei Bewusstsein starteten wir unsere Weiterreise recht früh. Am Abend stießen wir auf eine Horde Wildschweine in direkter Nähe zu unserem Pfad. Wir beschlossen kein Risiko einzugehen und sie zu umgehen. Glücklicherweise hielten sie uns auch nicht für eine Bedrohung. Die Aufmerksamkeit hätten wir auch nicht gebrauchen können.
Bei der Suche nach einem geeigneten Nachtlager fanden die anderen dann eine Höhle. Es war mir nicht wohl dabei in eine unbekannte Höhle rein zu marschieren, geschweige denn sie mitten in der Nacht zu erkunden. Doch die Neugier siegte über die Vernunft bei meinen Begleitern. Es stellte sich schnell heraus, dass etwas Riesiges in dieser Höhle gewandelt war. Scheinbar trug es Stiefel. Bald schon erkannten wir was es mit der ominösen Kreatur auf sich hatte. Zunächst vernahmen wir ein wenig melodisches Singen, bevor schließlich ein Riese vor uns stand. Garret war hinter einen Stalagmit gesprungen. Wir anderen standen frei im Gang, wobei ich mich hinter Calas stellte. War ja seine Idee gewesen, dass niemand mit bösen Absichten sich so auffällig durch die Gegend bewegen würde wie es der Riese getan hatte.
Da die Kommunikation durch die Unfähigkeit des Giganten die Gemeinsprache zu sprechen erschwert wurde nutzte ich meine schon länger nicht mehr eingesetzt Magie mit ihm zu reden. Scheinbar hatte Calas auch einen ähnlichen, aber weniger effektiven, Zauber für solche Situationen parat. Einen, den ich ebenso kannte. Bevor wir aber Worte wechseln konnten hatte der Große aber noch vor sich zu erleichtern und erwischte dabei genau den Ort, an dem Garret sich versteckt hatte. Wieso war nie ein Barde in der Nähe, wenn sich solche Dinge ereigneten?
Dann nahm das Gespräch fahrt auf, wenngleich nicht so gravierend wie erhofft. Der Riese war nicht unbedingt der hellste schien es. Doch ein paar Informationen konnten wir ihm gegen einige Münzen entlocken. Scheinbar hatte er mehr Interesse daran viele Münzen zu bekommen, denn wertvolle. Einzig zu dem Zweck sich eine Art Rassel zu bauen. Aber uns war es einerlei.
Wir konnten die Nacht über hier bleiben. Auch wenn ich die Stalagmiten nun mit anderen Augen sah. Zusätzlich erwarb Garret noch einen ziemlich großen Pilz von ihm. Ich zweifelte sehr an der Genießbarkeit, da der Pilz schon Pilze hatte. Weiterhin erfuhren wir von Westerfell. Auch wen der Riese den Namen des Ortes nicht kannte, so reimten wir uns das zusammen. Die Stadt war laut seinen Aussagen zerstört worden. Zwei Drachen hatten dort gekämpft. Einer war silbern und den anderen beschrieb er als dunkel. Auf Nachfragen hin könnte es aber auch ein Rotton gewesen sein. Dies waren gar keine guten Nachrichten. Konnte es sein, dass Shadar selbst hergekommen war? War der silberne Drache von vor zwei Tagen doch Lia?
Als ich Garret magisch nun von seiner Duftnote befreien wollte zeigte sich der Riese schon fast ängstlich. Offenbar resultierte dies aus der Furcht vor den besagten Drachen und deren Magie. Vielleicht wäre es hilfreich sich das für die Zukunft zu merken. Viel mehr konnten wir nicht in Erfahrung bringen. So verließ er uns.
Garret machte sich daran den widerwärtigen Pilz zu einer Art Ragout zu verarbeiten. Ich lehnte dankend ab und beobachtete die teilweise merkwürdigen Auswirkungen dieses „Festschmauses“ auf die Gesundheit der anderen. Gelobt war das Trockenfleisch. Und eine erneute Nacht in relativer Sicherheit.
Am nächsten Tag setzten wir die Reise fort. Es passierte nichts Weltbewegendes. Jedoch änderte sich der Ausblick, als wir einen dichten Wald zu betreten begannen. Tiefer im Inneren erkannten wir, dass es Pfade gab und scheinbar bewusst Bäume nachgepflanzt worden waren in der Vergangenheit. Außer uns war aber scheinbar niemand in der Nähe. Eine weitere ruhige Nacht brach herein, welche wir dankend annahmen.
Der darauffolgende Tag brachte uns nunmehr an unser Ziel. Der Wald löste sich mit einem Mal auf und ging über in ein trostloses Ödland. Nicht unerhebliche Teile waren völlig verbrannt worden und aus der Ferne konnten wir an der Felswand zu den Bergen im Westen Überreste von Gebäuden erkennen. Dies musste Westerfell gewesen sein. Auf die von Ruß überzogenen Trümmer einer einstigen Siedlung zugehend sahen wir bald das ganze Ausmaß der Zerstörung. Nichts war übrig geblieben. Auch gab es kein Anzeichen von Leben. Sogar Steine waren unter der Hitze des Angriffs der Drachen geschmolzen, ganz wie es in Zoica der Fall gewesen war.
Der Angriff konnte auch noch nicht allzu lange her sein. Anhand der Rußschicht, der Wetterverhältnisse der letzten Tage und nicht zuletzt des später vorgefundenen noch aktiven Drachenfeuers vermuteten wir, dass der Angriff maximal bis zu zwei Wochen her sein müsste. Das auch keine Plünderung stattgefunden hatte untermauerte den kurzen Zeitraum. Krathus hatte nichts besseres im Sinn, als sich des Goldes zu bemächtigen, das noch in den Überresten zu finden war. Sicher hatte er einen Punkt, dass diese Leute wohl eher keine Verwendung mehr dafür hatten. Doch waren die verkohlten Überreste jener Bewohner, die sich in Angst und Panik aneinander geklammert hatten, gefühlt kaum erkaltet. Ich bildete mir ein das verbrannte Fleisch noch riechen zu können. Das würde auf kurz oder lang wohl auch unser Schicksal sein. Da machte ich mir nichts vor.
In einem Anflug von irrationaler Scherzhaftigkeit nahm ich etwas von dem Ruß eines nahgelegenen Steins auf die Finger und verpasste mir eine „Kriegsbemalung“, die jener Ava ähnelte. Keine Ahnung was mich dazu motiviert hatte. Zuletzt passierten solche Dinge aber häufiger.
Es dauerte einige Zeit, doch dann fanden wir eine hervorstechende Gebäuderuine. Sie hatte Ähnlichkeit in der Bauweise mit dem Compound. Es ergab sich ein Weg in die untere Ebene. Eventuell hatte etwas oder jemand den Angriff dort unten überstehen können. Als wir den Kellerbereich betreten hatten war das Erstaunen groß. Eine Frau stand in einer Art Blase vor uns. Völlig starr, aber in abwehrender Haltung zu dem was sich in ihrem direkten Umfeld abgespielt hatte und es noch tat. Denn mit ihr eingeschlossen war ein Flammenmeer. Sie hatte ganz offenbar auch schon erheblich Schaden genommen. Es wurde klar, dass sie in dem begrenzten Bereich die Zeit irgendwie eingefroren hatte. Doch wie sollte man ihr helfen?
Es war davon auszugehen, dass es sich dabei um Drachenfeuer handelte. Und davon ausgehend, was wir über seine Halbwertzeit wussten und die Schwierigkeiten es zu löschen war guter Rat teuer. Calas war der Ansicht er könne die schützende Barriere aufheben und sie befreien. Ich überlegte und spielte mit den Optionen, die uns zur Verfügung standen. Doch während all der Überlegungen schien er wiederum immer unruhiger zu werden. Er drängelte intensiv nicht noch mehr Zeit verstreichen zu lassen. Diese Hast war nicht nachvollziehbar. Sie musste hier schon Tage stehen, ein paar Minuten änderten nichts. Sie ohne sinnvollen Plan befreien zu wollen, nur um sie dem Tot auszuliefern wäre fatal gewesen. Zumal der allseits beliebte Mundi kaum erfreut wäre, wenn sie sich als Lia herausstellen sollte.
Es half aber nichts. Calas war entschlossen zu handeln. Ich fluchte in mich hinein. Kaum brach die Barriere schoss das Feuer auf uns zu. Kurz bevor es mich erreichte dachte ich noch wie dankbar ich Calas für diese übereilte Aktion war … dann wurde es schwarz.
Als ich die Augen erneut aufschlug stand wieder einmal Krathus an meiner Seite. Das wurde langsam Alltag, dass er mich vom Boden aufkratzte. Ich wunderte mich wer hier eigentlich auf wen aufpasste. Dann aber kam die Realität hinzu. Ein Feuer brannte noch auf mir und Calas hatte ebenso arge Mühen die nun schwer verletzte Frau von den ihren zu befreien. Um mehr gegen den Schmerz gewappnet zu sein entschied ich mich zu verwandeln und hoffte das Feuer gegebenenfalls von den anderen abstreifen zu können. Das erwies sich leider nur zur Hälfte als brauchbar. Zwar war meine Gestaltwandlung als riesiger Affe hilfreich dem Feuer eher zu widerstehen, aber es war nicht von den beiden zu entfernen.
Dann trat Krathus erneut hervor und nutzte seine Kräfte dem Feuer seine magische Komponente zu entziehen. Dies zeigte Wirkung. Was übrig blieb ließ sich nunmehr löschen. Zunächst schlug ich die Flammen auf Calas aus und wendete mich dann der Frau zu, als Krathus ihre Flammen entzaubert hatte. Sie schlug schon kurz darauf ihre Augen auf, gerade als ich dabei war ihre Flammen mit meinen aktuell riesigen Pranken zu erlöschen.