Wir diskutieren unser weiteres Vorgehen, während die Spinnen im Hintergrund irgendetwas tun, allerdings kann ich nicht verstehen, was sie besprechen. Die Entscheidung wird mehr oder weniger für uns getroffen, als Krathus und Gudden es sich hinter einem Berg toter Spinnen gemütlich machen und kurz darauf eine erstaunlich kleine Spinne kommt und in einiger Entfernung stehen bleibt. Einer der Botschafter, von denen Ral und Garret gesprochen haben? Immerhin hat Ralkarion ja bereits erfolgreich mit den Spinnen verhandelt… ich spreche die Spinne also versuchsweise an und tatsächlich ist sie deutlich redseliger als die anderen, wenn auch nicht unbedingt freundlicher. Sie erwähnt etwas von einer Vibration den Berg hinauf (welch ein Zufall, dass wir den Berg hinauf zum Palast müssen… haben unsere gesuchten Gegenstände etwas damit zu tun?) und Essen, das nicht mit ihnen redet. Damit sind nicht wir gemeint - wir sind offenbar das „Essen, das sie tötet”. Ich weiß nicht recht, wie ich darauf reagieren soll - auf der einen Seite haben wir zuerst angegriffen, auf der anderen sind wir ihr „Essen”. Nichtsdestotrotz stimmt sie zu, uns zu führen. Die anderen haben Bedenken, aber ihr Widerspruch ist eher halbherzig - vielleicht wissen sie auch nicht, was sie sonst tun sollen, die Sache mit der Vibration klingt interessant. Und davon abgesehen: Welchen Grund hätte die Spinne, uns anzulügen, wenn sie sieht, was mit ihren Freunden, Familie? - passiert ist. Also folgen wir ihnen, aber halten die Augen offen. So bemerke ich, dass sich irgendwas in der Wand passiert. Darauf angesprochen, versucht Krathus irgendwas mit dem Schild und „Buh”-Rufen… er ist manchmal halt etwas seltsam.
Das nächste was passierte, war, dass plötzlich etwas sehr großes, schweres von der Decke fiel und fast auf uns landete, allerdings sprangen die meisten von uns rechtzeitig beiseite, nur Gudden wurde zu Boden geschleudert. Das Etwas entpuppte sich als eine gewaltige Spinne. Ich bemühte mich noch um eine friedliche Lösung, aber mir fehlt ganz einfach Rals Verhandlungsgeschick und so entbrannte schon wieder eine Kampf. Diesmal einer, an dem ganz eindeutig ich schuld war… nachdem die große Spinne gefallen war, teile Gudden auch die kleine in 2 Teile. Ich kann nicht sagen, dass ich ihm Vorwürfe deswegen machen konnte. Ich half ihm wortlos, die große Spinne zurückzuschleppen und den Eingang zum Spinnengang zu blockieren. So einiges ging mir durch den Kopf, aber vor allem, dass erneut durch meine Unbedarftheit meine Gefährten in Gefahr geraten waren.
Der von den Spinnen gegrabene Gang war nach Ansicht derselben nicht der richtig Weg, den wir verfolgen sollten und ich war in keiner Position, zu widersprechen, auch wenn mir die Vibration nicht aus dem Kopf ging. Überhaupt wurde entschieden, dass wir erst einmal zurückgehen sollten. Wieder am von Tozzle mittlerweile verriegelten Eingang (erstaunlich, wie schnell der Goblin arbeiten konnte) trafen wir erneut den betrunkenen Mann, der sich seitdem offenbar nicht vom Fleck bewegt hatte. Gudden, der ihn angewiesen hatte, seine Schulden zu bezahlen, gefiel das gar nicht und er ging ihn hart an. Zu hart, hätte ich gesagt, doch was, wenn ich auch diesmal falsch lag? Wenn dieser so harmlos aussehende Säufer nur so harmlos tat? Es war schon sehr seltsam, sich zum saufen in die Kanalisation zurückzuziehen… unschlüssig kaute ich auf meiner Oberlippe. Erst als Gudden Anstalten, ihm die Hand abzuhacken, ging ich dazwischen. Stattdessen packte der Bugbear den zappelnden Trunkenbold beim Kragen und schleppte ihn einfach mit nach oben. Ein fast schon komisches Bild. Oben stellte sich heraus, dass der Trunkbold der Schwager des Wirtes war und als solcher eine gewisse Narrenfreiheit besaß. Immerhin ein Problem weniger (?).
Ganz nebenbei bekamen wir in dem Gespräch mit dem Wirt noch heraus, dass Itiu’Kitna seine Sammlung, also unter anderem die Artefakte, die wir suchten, offenbar sehr frei jedem zeigte, der Interesse dafür zeigte. Hätten wir das von Beginn an gewusst, man hätte sich soviel Ärger schenken können. Wir beschlossen, die neue Information sacken zu lassen, ohnehin waren wir ein wenig angeschlagen, so dass ein wenig Pause nicht schaden konnte. Krathus und Gudden setzten sich an einen Tisch und lassen es sich gut gehen, doch ich fühlte mich gerade nicht danach, zu viel ging mir durch den Kopf, das Wenigste davon schmeichelhaft. Ich bestellte mir ein Bier, um nicht weiter aufzufallen, aber rührte es nicht an. Garret schien zu merken, dass es mir nicht gut ging und blieb bei mir. Manchmal konnte er ziemlich feinfühlig sein. Als er das Schweigen brach und mich fragte, was los sei, brach alles heraus. Die stetigen Fehlschläge, die meine Gefährten in Gefahr brachten. Die in bester Absicht geschehenen Aktionen, die die Situation immer nur verschlimmerten. Ral, den ich einfach hatte ziehen lassen aus einem naiven „Es ist seine Entscheidung” heraus und der nun wer weiß wo war. Razora, die sich für uns geopfert hatte. Der verschwundene Junge im Dorf bei Ostracitoren, den ich möglicherweise auf dem Gewissen hatte. Und so vieles mehr. Garret tat sein Bestes, mich zu beruhigen, doch bewirkte eher das Gegenteil. Als ich ihn fragte, wie er mit all den Toten seiner Revolution und all dem, was bisher geschehen war, leben konnte, zuckte er nur mit den Schultern und erzählte etwas von „einfach weitermachen” und „Helden sind die, die es trotz aller Fehlschläge weiter versuchen”. Auf der einen Seite wünschte ich, ich könnte es derart einfach sehen, andererseits machte es mich auch wütend, dass er all die Toten einfach in Kauf zu nehmen schien. Wie viele mussten denn noch sterben, bis wir endlich lernen würden? Um mich selbst zu beruhigen, griff ich nun doch zum Bier und ging zu Krathus und Gudden, doch mein aufgewühlter Gemütszustand blieb. Ich hatte gehofft, es würde mir besser gehen, wenn ich alles einmal herausschrie, doch das Gegenteil war der Fall. Wenigstens schien Garret mir meinen Ausfall nicht übel zu nehmen.
Krathus und Gudden hatten sich derweil mit drei düsteren Gestalten in ein Gespräch vertieft. Den einen erkannte ich als den unangenehmen Tavernenbesucher, den ich vorhin versuchte, anzusprechen, die anderen waren uns vor kurzem von Avra als Billy the Butcher (ein Berg aus Fleisch mit einem Haken statt seiner rechten Hand) und dem Chef, Carson, vorgestellt (ein eher stummer Geselle, wie es schien, doch mit einer Aura, die klar werden ließ, dass man sich mit ihm besser nicht anlegte). Der Typ von vorhin besserte meine Laune nicht, indem er mich sofort als „Dirne” bezeichnete, was Billy offenbar als Anlass nahm, permanent zotige Anspielungen zu machen. Langsam verwandelte sich meine Niedergeschlagenheit in Wut. Was bildeten die sich eigentlich ein? Ohne, dass ich mir dessen bewusst war wanderte meine Hand zum linken Schwert und ich rammte es voller Wut neben Billys gesunder Hand in den Tisch. Erst dann wurde mir bewusst, was ich da tat und erschrak gewaltig. Mit zitternder Hand zog ich das Schwert aus dem Tisch. Billy hatte das Vorgehen offenbar wenig beeindruckt, doch ich hörte kaum noch zu. Was machte diese Welt nur mit mir? Auch vom Rest des Gespräches bekam ich kaum etwas mit - ein fehlgeschlagener Bestechungsversuch, ein fehlgeschlagener Versuch, sie auf unsere Seite zu ziehen (welche war das eigentlich?) und steigendes Misstrauen auf der anderen Seite des Tisches. Das übliche Versagen nunmal.
Nach diesem unerfreulichen Zwischenfall, besprachen wir das weitere Vorgehen. Dabei beschlossen wir, die Erkundung der Kanalisation heute noch fortzuführen, um im Notfall einen Notausgang zu haben, morgen aber einfach auf eine dieser Touren mit Itiu’Kitna zu gehen. Ich bekam erneut nur die Hälfte mit… als wir aber in die Tunnel aufbrachen, bemühte ich mich nach Kräften, die Gedanken erst einmal wegzuschieben. Abgelenkte Ranger sind tote Ranger, wie Rana es ausgedrückt hatte. Es tat gut, einmal wieder den Kopf freizumachen, auch wenn ich wusste, dass das nur aufgeschoben war.
Und so stiegen wir ein zweites Mal in die Kanalisation hinab. Diesmal verlief unsere Erkundung deutlich friedlicher - der Wegbeschreibung folgend begegneten wir keinerlei Spinnen. Gudden schickte seinen Schatten einmal in einen Nebenraum und berichtete uns kurz darauf, dass von dort ein Schleim auf uns zukam, dem wir aber ohne Probleme aus dem Weg gingen. Kurz darauf standen wir vor einer massiven Eisentür. Eigentlich führte uns unser Weg daran vorbei, doch ein Geräusch dahinter ließ uns zögern. Nachdem jedoch Garret mit einem Versuch, die Tür zu öffnen, scheiterte, ließen wir von ihr ab und folgten dem Weg. Wie vermutet, aber nicht wie erhofft, führte uns die Wegbeschreibung nicht in den Palast, sondern in einen Raum mit ein paar Säulen, oberhalb verlaufenden Rohren und weiteren Wegen links und rechts. Ein wenig ratlos blickten wir uns um. Als ich eine Ratte sah, kam mir eine Idee. Eine sehr wilde Idee, die lediglich auf meinen Beobachtungen von Rals Zaubern sowie ein paar Geschichten meines Volkes beruhte. Doch ein Versuch konnte nicht schaden… oder? Ich kämpfte die erneut aufkeimenden Zweifel nieder und schnappte mir die Ratte möglichst vorsichtig. Dann schließe ich die Augen und konzentriere mich ganz auf das Tier in meiner Hand. Ich brauchte ein paar Versuche, doch unter großer Anstrengung gelingt es mir tatsächlich, meine Sinne in das Tier zu transferieren. So auf Erkundungstour geschickt, rannte es geradewegs zu seinem zu Hause… hatte ich es dorthin geschickt? Ich war mir nicht sicher. Jedenfalls rannte es geradewegs in einen Haufen voller Ratten, der hinter einem Wanddurchbruch lag. Dort kappte ich die Verbindung, nicht ohne vorher einen seltsamen Steinhaufen links zu sehen - eine weitere Spinne? Folgten sie uns noch immer?
Als die Sinne in meinen Körper zurückkehrten, spürte ich als erstes Krathus, der mich schüttelt und mich anbrüllte, was los sei. Ich beruhigte ihn und sah mich um - der Bugbear schien irgendwas angestellt zu haben, jedenfalls war er über und über mit Kloake beschmutzt und roch entsprechend. Ich berichtete den anderen von „meinem Ausflug” und offenbar war es interessant genug, zumindest einen kleinen Abstecher zu wagen, der allerdings lediglich mit einem toten Ooze (der Steinhaufen) und noch viel mehr toten Ratten endete. Ein Fehlschlag, aber wenigstens nicht auf ganzer Linie - die neugewonnene Fähigkeit könnte noch nützlich werden.
Auf Grund der fortgeschrittenen Stunde und der morgigen Pläne beschlossen wir, weitere Erkundungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Wir fanden einen Ausgang, der zum Marktplatz führte und nach einigen Kraftanstrengungen von Gudden und Krathus (ein wirklich gut gesetzter Gullydeckel, wie es schien) konnten wir überirdisch zurück, da der Marktplatz um diese Zeit praktisch leer gefegt war. Der Rückweg verläuft ohne Zwischenfälle, lediglich einige Wachen wiesen uns auf die Sperrstunden hin, behelligen uns aber sonst nicht weiter.
Zurück im Burned Eyes Inn begaben wir uns direkt aufs Zimmer. Olerian (so habe ich den Hund getauft - ein lieb gewonnener Name, der mir Kraft geben soll) rollte sich sofort auf dem Teppich zusammen und schlief ein. Ich wusste, dass auch ich mich in den nächtlichen Trance begeben sollte, doch ich schaffte es einfach nicht. All die aufgeschobenen Gedanken fluteten zurück. Die Gegebenheiten dieser Welt - sie sind nichts, was ich einfach zurücklassen kann, so wie die anderen. Gleichzeitig habe ich auch in meiner Welt Verpflichtungen - meine Gefährten kämen sicher auch ohne mich zurecht, bisher habe ich mich schließlich eher als Sicherheitsrisiko erwiesen. Aber was ist mit Arina? Kann ich die Suche nach ihr einfach aufgeben? Sicher, sie ist schon lange verschwunden und ich habe keine Ahnung, wo ich beginnen kann, nachdem die Spur von Lafayette im Sande verlief, aber sie ist oder war meine beste Freundin. Gleichzeitig geht es in dieser Welt um wesentlich mehr als nur eine Elfe, noch dazu habe ich einen konkreten Anhaltspunkt für den Beginn der Recherche. Ist es da nicht egoistisch, die ungewisse Suche nach einer Elfe darüber zu stellen? Und dann war dann noch die Sache mit Gudden. Der Bugbear war hilfreich, keine Frage. Er hatte sich schon mehrfach als wertvoller Verbündeter erwiesen. Doch er war auch ein Späher für den Sohn des Großen Roten - aus Azoicstrum, dem Ort, an dem sich der vierte Nexus befand, nach dem der Große Rote suchte. Kehrte Gudden zurück, müsste er nur einmal seine Heimat besuchen und das Geheimnis wäre aufgeflogen. Doch was sollte man dagegen tun? Ihn dazu bewegen, in dieser Welt zu bleiben? Unwahrscheinlich. Ihn überzeugen, die Seiten zu wechseln? Er schien nicht der illoyale Typ zu sein. Blieb nur… ihn zu töten? Ich erschrak. Nein, dass konnte nicht die Antwort sein. Aber was? Meine Gedanken kreisten und kreisten und ich kam zu keinem Ergebnis. Fast schon erleichtert bemerkte ich, wie sich Olerian regte und draußen die Sonne aufging. Nach einer schlaflosen Nacht ging ich also nach unten und traf dort meine Gefährten bereits beim Frühstück. Erneut war es Garret, dem mein übernächtigter Zustand auffällt und sich nach meinem Wohlergehen erkundete, doch ich fühlte mich gerade nicht in der Lage, darüber zu sprechen und bestellte mir stattdessen gleich mehrere Tassen Kaffee. Der Tag würde lang werden und ich hatte das Gefühl, ich würde all meine Kräfte brauchen, um ihn heile zu überstehen - in mehrerer Hinsicht.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf. Unterwegs liefen wir Avra über den Weg, den die anderen noch nach dem fehlenden Puzzlestück des Bilds befragten. Offenbar hatten meine Begleiter gestern die Idee bekommen, dass Avra es haben könnte, weil er hier bleiben wollte? Jedenfalls versicherte er uns, dass er es nicht habe. Da er einmal mehr während der gesamten Zeit Olerian kraulte, kam mir der Gedanke, den kleinen Hund bei ihm zu lassen, um ih nicht den Gefahren auszusetzen, denen wir entgegenliefen, was Avra freudestrahlend annahm.
Diesmal steuerten wir überirdisch geradewegs auf die Schreinerwerkstatt von Keril zu. Garret wollte einen neuen Stab, aber vor allem hatten sie den Plan gefasst, Krathus Stelzen zu verpassen, so dass er bei Itiu’Kitna nicht sofort als Kobold erkannt werden würde. Das würde zu viele detaillierte Fragen nach sich ziehen, die ihn vermutlich sehr schnell als Hochstapler enttarnen würden. Schon im Gespräch mit Carson und Co gestern war es wohl schon knapp geworden. Dort angekommen, öffnete uns nicht Keril, sondern ein Mann, der sich als Muj vorstellte. Tatsächlich stellte er sich als Keril’s Schwager in Spe heraus und wollte wissen, woher wir ihn kannten. Zu langen Erklärungen kam es allerdings nicht, da in dem Moment Keril auftauchte und uns freudestrahlend hereinbat. Auch stellte er Krathus als einen Abgesandten vor, woraufhin sich das Gebaren seines Bruders schlagartig änderte und die Liebenswürdigkeit in Person wurde. Nicht nur, dass sie unsere Bitten um Stelzen, einen neuen Stab und ein paar Pfeile mit Freuden erfüllten, sie wollten nicht einmal Geld dafür. Und was noch schlimmer war, sie tischten uns ein Frühstück auf, dass der Baronin würdig gewesen wäre. Alles aufgrund einer Lüge. Doch es blieb uns nichts anderes übrig als das Spiel mitzuspielen. Krathus sprach davon sie dafür zu entlohnen - damit meinte er jedoch lediglich eine einzelne Goldmünze, die er „segnete”. Wie schamlos er die Gutgläubigkeit dieser Leute ausnutzte! Gudden brach die Münze immerhin entzwei, damit beide eine Hälfte hatten (er sprach davon, dass sonst bald der eine den anderen dafür umgebracht hätte) und ich zückte meine eigene Börse, um einen etwas angemesseneren Preis zu zahlen.
Mit unseren neuen Ausrüstungsgegenständen verließen wir dann seine Werkstatt in Richtung des Sitzes von Itiu’KiTna. Krathus hatte ein wenig Probleme, den steilen Berg auf Stelzen hinaufzukommen, doch die Übung (und Guddens ganz… besondere Hilfe) tat ihm offenbar gut, jedenfalls wurden seine Bewegungsabläufe mit der Zeit immer natürlicher und vielleicht würden wir die Täuschung tatsächlich aufrechterhalten könne. Mittlerweile war auch Olerian wieder mit von der Partie, offenbar war er Avra davongelaufen und mir gefolgt. Ich machte mir zwar ein wenig Sorgen, den Kleinen dabei zu haben, aber freute mich ehrlich gesagt auch über seine Anwesenheit. Olerian - würde ich ihn wohl wiedersehen? Im nächsten Moment fing Garret an zu humpeln. Im ersten Moment dachte ich, ihm sei etwas passiert, aber er wollte lediglich eine Tarnung schaffen, damit er seinen Stab mit hinein nehmen könnte. Natürlich! Dass ich daran nicht gedacht hatte - sie würden uns wohl kaum mit Waffen eintreten lassen.
Und richtig: Die Wachen am Tor des Wohnsitzes verlangten von uns, unsere Waffen abzugeben. Ich folgte widerwillig, aber ohne meinen Widerwillen zu zeigen. Es wäre schließlich sehr verdächtig, würden simple Kunstliebhaber, die die Ausstellung sehen wollten, sich nicht von ihren Waffen trennen wollen würden. Leider durchschauten die Wachen Garrets Maskerade sofort. Um ihm davon abzulenken, tat Gudden so, als würde er sich seine Waffe zurückholen wollen und ich stieg in das Schauspiel mit ein. Leider - mal wieder - ohne Erfolg. Die Wachen waren nun noch misstrauischer uns gegenüber und begannen, Krathus abzutasten. Mir stockte der Atem, würden sie doch jetzt die Stelzen ertasten. Doch zu unserem Glück missinterpretierten sie diese als eine Kriegsverletzung und ließen uns durch, nachdem wir noch erfragt hatten, wo sie unsere Waffen lagern würden - selbstverständlich unter dem Vorwand, uns Sorgen um die wertvollen Gegenstände zu machen, aber eigentlich eher, um zu wissen, wo wir sie finden könnte, wenn die Dinge hier aus dem Ruder liefen. Einmal mehr fiel mir auf, wie leicht mir derartige Täuschungen mittlerweile fielen. Was mich noch mehr irritierte war, dass es mich mit jedem Mal weniger störte.
Wir wurden zum Schreiber weitergeleitet, der sehr überrascht war, dass jemand die Sammlung sehen wollte, offenbar kam das nicht oft vor. Ein kurzer Blick in den Kalender und er verkündete uns, dass Itiu’Kitna tatsächlich Zeit für uns hätte - welch glückliche Fügung. Er geleitete uns zu einer Kammer im hinteren Teil des Anwesens und ließ uns dort auf den Verwalter warten. Der stand kurz darauf vor uns - ein Kobold, ganz wie Krathus, doch mit Flügeln. Das hatte ich noch nie gesehen, doch neugierige Fragen in diese Richtung würden uns verraten können und so schwieg ich. Auch der abgedeckte Gegenstand im Raum nebenan, der Garrets Interesse erweckt hatte, musste fürs Erste warten, denn Itiu’Kitna konnte es kaum erwarten mit der Tour zu beginnen. Schnell wurde klar, dass er seine Sammlung wirklich sehr liebte und noch dazu in der Geschichte dieser Welt sehr bewandert war - zu jedem Stück konnte er mindestens 15 Minuten erzählen, selbst zu einer schlichten Vase, hergestellt von einem Halbling namens Ozmain Krillto. So erfuhren wir zum Beispiel nebenbei, dass Caer Aeslyn vor einigen Jahren von seltsamen Schlangenmenschen eingenommen worden war, was mich sofort an Garrets Schilderungen seines ehemaligen Weggefährten und Verräter Harkis denken ließ. Auch den Keller, in dem unser Ziel lag, würde er uns zeigen, versprach er uns, allerdings als krönenden Abschluss. Ich beschloss, diese Wissensquelle anzuzapfen um mich vielleicht bei meinen eigenen Problemen weiterzuhelfen und fragte ihn, ob er auch etwas elfisches da habe. In der Tat führte er uns zu einem Gemälde, dass den Kampf um Ark’Therion und den „Großen Verrat” zeigte. Er bestätigte damit, was schon Layara gesagt hatte: Die Elfen von Sylvanar (in dem meine Familie in dieser Welt offenbar lebte) hatten den Verteidigungspakt gebrochen und damit den Untergang Ark’Therions besiegelt. Auch wenn ich es erwartet hatte, traf mich diese Nachricht hart. Zwei Dinge jedoch machten mich auch ein wenig stutzig. Zum einen sagte Itiu’Kitna „Hätte es bloß damals schon den Lightbringer gegeben”, was vermutlich lediglich auf eine gewisse Gehirnwäsche Itiu’Kitnas zurückzuführen war, aber potentiell ganz andere Möglichkeiten offen ließ. Und zum Zweiten wäre Sylvanar seitdem völlig still. Hatten meine Familie und die Sylvanar-Elfen vielleicht nicht eingreifen können, weil sie selbst Probleme hatten Waren sie vllt gar selbst ausgelöscht worden? Doch warum sprach Al’chara dann von den Trostbearers in der Gegenwart? Warum gab es kein Ravengrove, aber Elfen allgemein waren lediglich selten, nicht nicht existent? Fragen über Fragen…
Während des weiteren Rundgangs fiel uns auf, dass Itiu’Kitna uns überall hin führte, aber eine Ecke des Anwesens hinter einer großen Tür verborgen blieb. Darauf angesprochen sprach er davon, dass dieser Raum von niemandem betreten werden dürfe. Während ich das fast einfach akzeptiert hätte - hatte ich denn immer noch nichts gelernt? - beschritten die anderen den weitaus besseren Weg, ihn bei seiner Sammlerleidenschaft zu packen. Doch erst ein Anhänger Garrets und das Fernglas von Krathus, dass er schon öfter benutzt hatte, versetzte ihn in Verzückung, als er hindurchsah. Was auch immer er dort gesehen hatte, es schien ihn so zu faszinieren, dass er schlussendlich einwilligte, uns auch diesen Raum zu zeigen.
Ich war gespannt, doch hätte nicht mit dem gerechnet, was sich uns dort offenbarte: Der Raum war über und über bewuchert mit Pflanzen. Inmitten dieser Pracht fand sich dort auch eine Dryade, die Lorilla zum verwechseln ähnlich sah. Doch all das war nichts gegen die gewaltige, schimmernde Kugel in der Mitte des Raums, die dort von lianenartigen Gebilden festgehalten wurde. Kein Zweifel: Ein Nexus! Offenbar einer, der die natürlichen Kräfte der Natur speicherte und nutzbar machte. Plötzlich ergab das Wetter und der Wildwuchs in dieser Region einen Sinn. Und wer weiß: vielleicht würden sich hier noch manch andere Frage klären…