• Sonntag, 20. April 2025 02:40

Sitzung 80

Anarath
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Hier standen wir nun vor dem Abbild von Loganar Logoth. Dem Sohn des roten Großdrachen, der in den Schatten seine Fäden in Logothil zog und eine immense Bedrohung darstellte.
Es blieb nicht viel Gelegenheit über die Situation nachzudenken. Loganar ergriff direkt das Wort. Offenbar erwartete er uns. Mehr noch hatte er die Begegnung Leeroy’s mit seinem Bruder eingefädelt. Und es wurde verdeutlicht, dass dieser Leonhard nicht jener war, den Leeroy kannte. Er war aus einer anderen Realität gezogen worden und tauschte den Platz mit dem hier ansässigen Bruder. War dies möglich?

Doch der Drache führte direkt weiter aus. Es gab einen Grund für unser Zusammentreffen mit ihm. Eine Aufgabe die er erfüllt wissen wollte. Wir sollten zu unserer Überraschung seinen Vater sabotieren.

So erfuhren wir von etwas, dass er Nexus nannte. Es gab einen in den Haze Peaks, mit welchem Shadar experimentiert hatte. Die Ereignisse seiner Eingriffe führten vor Jahrhunderten irgendwann zu dem Blightening. Jener Katastrophe, die Mocny ins Verderben stürzte und in dem desolaten Zustand zurück ließ, in dem es noch heute ist. Tórtòr war nur eines von unzähligen Opfern. Sorgenvoll dachte ich an all die weiteren möglichen Schicksale der hier einst lebenden Bevölkerung. Wer wusste schon, ob nicht mehr Personen in solchen Zwischenwelten gefangen waren wie er? … oder schlimmeres.

Loganar wurde irgendwann beauftragt den Nexus zu schützen und wurde somit zu seinem Hüter. Währenddessen nutzte Shadar sein neuerworbenes Wissen, um weitere Nexi zu kreieren. Ein kleines Netzwerk aus unglaublich mächtigen magischen Fokalpunkten. Diese generierten ein magisches Potenzial, welches mithilfe von Prime Nexus Orbs abgetragen und zu Shadar geliefert wurden. Sein Ziel ist etwas, dass Loganar ‚Concurrence‘ nannte. Im Kern sollte es Shadar zu einem Gott machen.

Nicht auszudenken was dies für Logothil und auch alles hinter den Landesgrenzen bedeuten würde. Loganar’s Ansinnen war, dass wir dies verhindern sollten. Doch dies hatte nichts mit Mitgefühl zu tun. Für ihn ging es um den Erhalt seiner Position. Würde Shadar sein Ziel tatsächlich erreichen können, dann würde Loganar nicht länger als Hüter gebraucht werden und seine durch den hier befindlichen Nexus verliehene Macht aufgeben müssen. Dieser Gedanke missfiel ihm zutiefst. Folglich musste er intervenieren, doch es durfte nicht danach aussehen, als ob er gegen seinen Vater aufbegehrte. Dies war nunmehr das Stichwort für unsere Involvierung.

Wir sollten den Transport eines dieser Orbs verhindern. Scheinbar war es ein kritischer Bestandteil zu Shadar’s Plan. In nicht weniger als drei Tagen und einigen Stunden würden wir, so hatte es Loganar vorausgesehen, die Chance haben eine Gruppe Kobolde und einiger weiterer Begleiter abzufangen. Dem einäugigen Drachen war egal wie wir an den Orb kommen würden, nur das es geschah. Und was mit dem Objekt selbst passierte … das wäre unsere Belohnung.

Die Macht der Orbs war groß. So groß, dass sie uns ermöglichen könnten einige unserer Langzeitziele in einem Wimpernschlag zu erreichen. Es schien zu gut um wahr zu sein. Gleichermaßen hatten wir nun aber auch zwei neue Begleiter bei uns, die noch ungeahnte eigene Ziele hatten. Inzwischen hatte ich zu viel gesehen und erlebt, was mich dazu trieb zu hinterfragen wie vertrauensvoll ich sein durfte. Gedanken, die ich bis vor einigen Monaten nie gehabt hatte …

Zunächst wartete er unsere Reaktion ab. Wir waren zögerlich uns als Schachfiguren einsetzen zu lassen und zudem einer potentiellen Bedrohung Unterstützung zukommen zu lassen. Loganar aber machte eines sehr deutlich: Es war egal, ob wir ihm trauten oder seine Ziele gut fanden. Wenn unser Ziel war Shadar aufzuhalten, dann hatten wir diese Aufgabe zu erfüllen. Es wäre zwar nur eine Verzögerung von Shadar’s Plänen, aber es erkaufte Zeit die Verwirklichung gegebenenfalls aufhalten zu können.

Einem Übel zu helfen, um ein anderes auszuschalten. In meiner Wertvorstellung war dies trotzdem falsch. Die Konsequenz es nicht zu tun wäre aber um ein vielfaches schlimmer zu diesem Zeitpunkt.

Durch den Spiegel ertönte erneut seine Stimme, nicht länger auf unsere Entscheidung wartend. Erläuternd was uns erwarten würde. Wir erhielten Informationen zur Stärke des Trupps und seiner relevanteren Begleiter. So sollte Shadar’s Haupttaktiker Urso, ein Mensch, ebenso im Zug befinden. Zusätzlich ein Kobold Pilger. Welche Bewandtnis diese Information hatte vermochte ich nicht einzuschätzen.

Auch ließ er uns wissen, dass er es war der den Azoicstrum Nexus verschleiert hielt. Dieser würde Shadar’s Plan ultimativ werden lassen. Jetzt erschloss sich die Nachricht von Ral plötzlich auch. Sie hatten wohl den Nexus dort bereits entdeckt und ebenso seine Existenz soweit möglich für sich behalten. Ob Loganar nun als Alliierter gesehen werden sollte … ich wusste es nicht. Wo immer ich hingekommen war schien jeder stets nur seine eigene Interessen zu wahren. Dieses Beispiel war nicht anders.

Auch vermochte Loganar angeblich in andere Realitäten zu blicken, derer es endlos viele geben sollte. An Leonhard’s Beispiel zu sehen war er aber auch in der Lage auf diese aktiver zuzugreifen. Wenn dies stimmte, dann lag hier immense Macht. Und er konnte bereits seit Jahrhunderten darauf zugreifen. Ich fragte mich, wieviele Schicksale er dadurch bereits manipuliert hatte. Und gleichermaßen sah ich hier und jetzt keine Option etwas dagegen tun zu können. Einmal mehr war ich den Geschehnissen ausgeliefert. Dieses Gefühl wurde mehr und mehr zermürbend.

Mehr oder minder als zufälligen Kommentar zu „dieser" Realität erwähnte er noch in Zusammenhang etwas zu Urso. Dieser hatte den grauen Mann rekrutiert. Es klang unzusammenhängend und mysteriös. Wer war dies und wieso sollte er vor Ark’Therion (gewesen) sein?

Loganar brach das Gespräch dann aber auch ab und überließ alles Weitere der nich weniger mysteriösen Frau, die zuvor ihr Dasein vermeintlich als Statue gefristet hatte. Constassina Valrius hieß sie. Wir versuchten also durch sie gewisse Dinge zu klären und auch die Situation mit Sir Henry und Leonhard aufzuklären.

Letzteres war nicht leicht. Leeroy gab sich alle Mühe eine plausible Erklärung zu vermitteln. Leonhard war sichtlich verwirrt, glaubte zudem auch zunächst kein Wort. Wer konnte es ihm übel nehmen? Schließlich mussten wir glaubhaft erklären, dass er aus seiner Realität herausgezogen wurde.

Wobei diese Situation sogar komplizierter war. Constassina erläuterte, dass es keinen physischen Wechsel gab. Vielmehr seien die Seelen vertauscht worden. Doch die jeweiligen Seelen waren dennoch an ihre originalen Körper gebunden. Sollte dem „bösen“ Bruder etwas geschehen, könnte das den „guten“ umbringen. Leeroy war über diese Nachricht ebenso erschrocken. Ein weiteres Problem reihte sich nun also in unsere eh schon lange Liste mit ein. Es war zum verzweifeln.

Besonders, da uns Loganar vermittelt hatte, dass der Orb drei Aufladungen hätte und wir eine direkt zur Flucht brauchen würden. Das machte noch zwei … und es gab so viel für uns zu entscheiden. Und zusätzlich kam nun die potenzielle Rettung Leonhards mit hinzu. Und nun gab es da noch Fin und Sorin. Über deren Ziele wir nichts wussten …

Von Sir Henry erfuhren wir, dass die Schildkrötenreiter Blitze mithilfe technischer Gerätschaften zu erzeugen vermochten. Also keine Magier, wie wir zunächst angenommen hatten. Was, wie wir durch Mocny’s Geschichte in Erfahrung bringen konnten, auch viel mehr Sinn ergab.

Sein Schiff stammte aus Dusk, einer der beiden Regionen hier. Es war betrieben mit einer Dampfmaschine. Ich war mir nicht sicher, was ich mir darunter vorstellen sollte. Aber es erklärte das ungewöhnliche Aussehen.

Constassina hingegen erläuterte uns noch mehr dazu. Mocny war voller Hybris aufgrund ihrer technologischen Genialität. Hier glaubte man der Magie überlegen zu sein und kümmerte sich auch nicht um jene.

Mocny selbst war die Hauptstadt und lag von der Ausgrabungsstätte etwa einen Tag weiter im Südosten. Das Land war in zwei Regionen unterteilt. Dusk und Dawn. Der Bereich hier gehörte zu Dawn.

Auf ihre Rolle in dem Ganzen erwiderte sie, dass sie einst die Gräfin der Provinz Dawn gewesen war. Heute bereut sie ihre Ignoranz gegenüber magischer Lehren. Ob das Blightening aufzuhalten gewesen wäre vermochte sie nicht zu sagen, aber sie hatten sich jeder Chance beraubt. Durch sie Auswirkungen war sie nun Ethereal. Ihre Seele kann Körper wechseln, trotzdem ist ihre Essenz scheinbar weit weg von dem, was wir als menschlich bezeichnen würden.

Da mich Mazziah’s Kommentar zu meinem Namen seither stetig verfolgte versuchte ich einem wirren Gedankengang nachgehend etwas von ihr zu erfahren. Es war töricht gewesen anzunehmen, dass sie irgendwas genaues wusste. Schließlich war ihr Ableben auch weit zurückliegend gewesen. Doch der Name meiner Mutter klag für sie zumindest sehr nach einem aus Mocny.

Warum hätte mein Vater mir solche Informationen vorenthalten? Oder wusste er es selber nicht? Wenn die Nachfahren aus dieser Region so gegen Magie waren, hatte sie selbst – bezogen auf meinen Vater – dieses Vorurteil abgelegt, oder nie erlernt? Vermutlich bedeutete dies alles gar nichts. Das eigentliche Problem war, dass wir in so viele Ränkespiele verwickelt worden waren, dass mein Geist begann sie nun an jeder Ecke zu sehen. Für den Moment schüttelte ich die paranoiden Gedanken aber ab.

Leeroy hatte sich inzwischen insoweit mit seinem „Bruder“ verständigt, dass dieser uns wohl begleiten würde. Beide waren ob der Situation völlig neben sich und ich verstand es nur zu gut. Leonhard traute allem noch nicht wirklich, war aber zumindest Willens herauszufinden, ob Leeroy in der Tat die Wahrheit sagte.

Wir beschlossen nun also final Loganar’s Weisung zu folgen. Zuvor durchsuchten wir noch einmal die Räume. Leider war kein Rankommen an die uralten Bücher in den Regalen. Doch es gelang den anderen den Kristall aus dem Käfig zu holen.

Sorin untersuchte ihn und fand heraus, dass er über magische Eigenschaften verfügte. Offenbar aber keine, die er als besonders hilfreich ansah. In einer unerwarteten Geste übergab er mir das Objekt mit den Worten, dass ich dafür wohl mehr Nutzen hätte. Ich war verwundert und wusste nicht wie ich Sorin einschätzen sollte. Da er auf dem Geschenk bestand, nahm ich es aber an.

Nunmehr setzten wir uns in Bewegung, zusammen mit Constassina. Sie geleitete uns durch ihre zerstörte Heimat. Es galt den Trupp abzufangen, doch auch vorab mit einem sinnvollen Plan daherzukommen. Die Reisezeit gab uns hoffentlich genug Zeit dafür.

Mir war mulmig. Das Erlebte war nur Teil davon. Mocny selbst war kein einladender Ort. Es hing eine Art Schleier über der Region. Manchmal wirkten Objekte wie verschoben, als ob sie sich zwischen zwei Welten befinden würden. Es roch nacht nichts, kaum ein Tier war je zu sehen und je weiter wir vordrangen, desto mehr Anzeichen für die riesigen Schildkröten gab es.

Aber es beunruhigte mich ebenso, dass wir ein Objekt stehlen sollten, dass aufgrund seines Machtpotenzials sehr gut geschützt wurde. Wieder einmal würden wir wohl einen Kampf austragen müssen. Wieder einmal würden Leben verloren werden. So schlimm ich meine Heimat empfunden hatte, so sehr wünschte ich mir die „einfacheren“ Tage manches mal zurück.

Während wir voranschritten fand ich Zeit mich mit Fin zu unterhalten. Bisher war er eher zurückhaltend sein Äußeres zu zeigen. Aber es sollte sich herausstellen, dass er ebenso ein Halbelf war wie ich. Er kam aus Slyvanar und dort war es kaum besser für ihn gewesen, als für mich im Orden. Es half über die gemeinsam erlebten Dinge zu sprechen. Besonders, um ein wenig mehr Vertrauen aufzubauen. Vieles war aber immer noch unklar über ihn und seine Absichten. Aber aufgrund seiner Erzählungen schien es mir passend ihm auszuhelfen. So gab ich ihm den magischen Stein, den mir Sorin in der Ausgrabungsstätte übergeben hatte. Er war sichtlich berührt.

Wir reisten etwa einen halben Tag, bevor es Abend wurde. Die Nacht blieb aber nicht ohne Störung. Ein Reiter auf seiner Schildkröte tauchte auf und war im Begriff direkt auf uns zuzukommen. Um mit dem Reiter zu sprechen baute Sorin kurzerhand ein Männchen aus Holz, in das Constassina schlüpfen konnte. Hochgehalten durch die Echse ertönte nun ihre Stimme aus der kleinen Holzkonstruktion und erbat Zugang in dieser Region. Zu unser aller Erleichterung wurde er gewährt. Mich verfolgten noch die Bilder unseres ersten Zusammentreffens mit diesen gigantischen Kreaturen. Es sollte die restliche Nacht keine weitere Unruhe geben.

Am nächsten Morgen, wenn man dies in dieser stets im Zwielicht befindlichen Region so nennen konnte, reisten wir weiter. Wir kamen an einen Höhleneingang, ähnlich einer alten Mine. Obgleich sie sehr groß von aussen wirkte gingen wir kaum eine Viertelstunde, bevor wir die andere Seite erreichten.

Kurze Zeit danach kamen wir an einen Ort wo vor kurzem jemand kampiert hatte. Zeichen eines etwa ein bis zwei Tage alten Lagerfeuers und entsprechender Spuren. Offenbar handelte es sich um vier Pferde und sechs Personen … es waren unsere.
Völlig perplex machte uns Constassina dann klar, dass wir etwa noch vier Stunden hätten, bis der Trupp hier wäre. Es schien, als ob wir einen ganzen Tag verloren hätten beim hindurchschreitend der Mine. Und wir hatten nicht einmal gemerkt wieder zurückgegangen zu sein. Die Mine selbst war ein gerader Gang gewesen. Doch das schlimmste war die verlorene Zeit. Es gab bisher keinen tauglichen Plan für unser Vorgehen.

Wir versuchten uns ein wenig zu organisieren und Ideen zusammenzutragen. Schon bald hörten wir in der Ferne laute Geräusche. Wir näherten uns vorsichtig und erspähten das Lager. Eine Holzpalisade war darum gezogen, ein Graben davor. Zelte im Inneren und Wachposten auf kleinen Türmen.

Zunächst wollten wir mehr Informationen sammeln. Leeroy und Fin meldeten sich freiwillig in das Lager einzudringen. Damit sie eine Sorge weniger hätten verhüllt ich sie magisch. Dann schlichen sie davon. Es dauerte einige Zeit bis sie wieder bei uns waren. Jede Sekunde war nervenaufreibend gewesen, hoffend, dass sie nicht erwischt würden.

Ihrem Bericht nach gab es merkwürdige Laute von Kreaturen in nahgelegenen Zelten. Viele Wachen, teils gut geschützt. Und nicht zuletzt im großen Zelt in der Mitte offenbar den Menschen, den uns Loganar als Urso benannte. Von dem Orb fehlte bisher aber jede Spur.

Nun saßen wir uns versteckend im Niemandsland von Mocny, während wir darüber berieten was zu tun sei. Es musste ein Plan her, wie wir an den Orb gelangen würden. Und bestmöglich, entgegen des Drachens Einschätzung, ohne eine der magischen Aufladungen verbrauchen zu müssen …