Tagebuch: Astreth
Sitzung 111
Während uns der Sieg zwar etwas Respekt eingebracht hatte, brachte es uns in unserem eigentlichen Anliegen, die Überfälle auf Notherhall zu beenden, nicht wirklich weiter. Bargle gestand, dass er zwar der Größte und Stärkste war, aber nunmal keinerlei Befehlsgewalt. Dazu brauchte es wohl eine Art Krone oder Helm, die den Träger zum echten Anführer machte. Er selbst sah sich ganz offenbar nicht in der Lage, sie von ihrem derzeitigen Aufbewahrungsort - einer Feste im Norden - zu holen, aber uns traute er es zu. Oder wir waren einfach nur nützliche Idioten… in jedem Fall war es einen Versuch wert. Es gab noch ein bisschen Gerangel, wie er denn Anführer werden wolle, wenn doch wir die rechtmäßigen Besitzer des Helms wären, aber er schlug einen kleinen Showkampf vor, bei dem er natürlich siegreich wäre. Ich hielt davon nicht viel - es war unehrlich und missachtete die Traditionen seines eigenen Volkes. Doch angesichts der Umstände war es möglicherweise die beste Möglichkeit.
Bevor wir aufbrachen, gab er uns noch mit, dass wir einen Schutz brauchen würden, anderenfalls würden wir dort sofort sterben. Der Schamane des Stammes könne diesen weben - und tatsächlich kannten wir ihn wohl schon: Als wir ihn aufsuchten, entpuppte sich der dicke Wächter von dem Weg hierher entpuppte sich als ebenjener. Dieser erklärte sich auch bereit, den Zauber zu weben, da er aber nicht ewig halte, müsse er uns begleiten und alle Vorräte mitnehmen. Die wir natürlich erst besorgen müssten…
Interessanterweise schien sein Schamanismus sich vor allem auf die Verwendung und den Konsum alkoholhaltiger Substanzen zu konzentrieren, in Mischungen und Tinkturen, die ich noch nie gesehen hatte, aber häufig sehr bunt waren. Während die anderen aufgrund dessen sofort skeptisch wurden, war ich unbesorgt. Sein Weg, die vættr anzurufen, mochte ungewöhnlich sein, aber wir waren Schamanen. Jeder von uns hatte seine ganz eigene Art, dies war nunmal seine. Dennoch riss auch mir irgendwann der Geduldsfaden, als er nach 3 Tagen unterwegs noch einmal zurück wollte, weil dieses eine Getränk fehlte, dass er zwar nicht für den Zauber brauchte, aber ganz wichtig für ihn wäre. Wir machten ihm relativ eindrücklich klar, dass die Zeit drängte und wir deswegen nicht umkehren würden, was er grummelnd akzeptierte.
Niemand musste uns sagen, wann wir angekommen waren. Irgendwann überquerten wir einen weiteren schwarzen Hügel und standen plötzlich auf grellgelbem Sand, von dem der unangenehme Geruch von Schwefel ausging. Dies sei der Ort, erklärte uns unser Begleiter überflüssigerweise und begann mit dem Weben des Schutzzaubers. Der, auf Nachfrage, glücklicherweise recht lange hielt… trödeln sollten wir wohl dennoch nicht. Die vættr schützten niemanden, der sich allein auf sie verließ und nichts zurückgab. Das Ritual war derweil recht interessant und hätte meiner Familie vermutlich viel Freude und einen ausgelassenen Abend beschert. Die Methoden dieses Orcschamanen waren zugegeben wirklich sehr merkwürdig, aber unbestreitbar wirksam.
Nachdem er es sich mit einer weiteren bunten Tinktur (und warum diese Schirmchen?) bequem gemacht hatte, wünschte er uns alles Gute, allerdings war es offensichtlich, dass er nicht wirklich an unsere Rückkehr glaubte.
Auch meine Begleiter waren diesbezüglich recht vorsichtig, einzig Gorok und ich schienen der Sache etwas optimistischer entgegenzublicken - Gorok fast schon zu sehr. Zumindest blieb festzuhalten, dass der Schutzzauber wirkte… je näher wir der Festung kamen, desto heißer wurde die Luft und ich war mir sicher, dass wir unter gewöhnlichen Umständen längst erstickt wären, stattdessen blieben unsere Lungen gut gefüllt. Dicht vor dem Tor entdeckten wir schließlich die ersten Lebewesen in dieser feurigen Einöde, zwei schlangenartige Wesen, doch gänzlich anders als die Yuan-Ti. Beide kamen auf uns zu, Waffen im Anschlag, doch wirkten auf mich mehr wie Wächter, die wissen wollten, wer da kam. Ich machte also ein paar Schritte vor mir, doch mehr als ein paar Sätze kamen wir nicht (die Schlangewesen sprachen leider eine Sprache, die niemand von uns verstand), denn Gorok hatte die Situation offenbar gänzlich anders eingeschätzt und stürmte brüllend und Flegelschwingend auf die Wesen zu. Innerlich seufzend nahm ich seine Axt in die Hand und überließ mich in ihrer Führung den vættr. Ich hätte eine andere Lösung bevorzugt, doch es war nun nicht mehr zu ändern. Nachdem beide Schlangenwesen erschlagen vor uns lagen, war damit auch klar, das eine diplomatische Lösung nicht mehr möglich war. Zugegeben war das von Beginn an nicht besonders wahrscheinlich gewesen, aber nun, man durfte ja hoffen. Nichtsdestotrotz kamen wir überein, dass wir nach Möglichkeit weiteren Konfrontationen aus dem Weg gehen sollen - der Kampf zerrte offenbar an unseren inneren Reserven, die den Schutzzauber des Schamanen speisten.
So begannen wir deutlich vorsichtiger mit der Erkundung der Feste, die deutlich kleiner war, als es zunächst den Anschein hatte. Ein Raum mit Kisten brachte praktisch nichts brauchbares zu Tage, doch wenig später wurde es interessanter, als wir einen Raum öffneten, der eine Art Altar beinhaltete. Dort begrüßte uns ein weiteres dieser Schlangenwesen, dass merkwürdigerweise unsere Sprache sprach. Darüber hinaus erwies es sich durchaus als einigermaßen kooperativ, so erfuhren wir zum Beispiel, dass der Helm hier war, aber gut bewacht, näheres wollte es nicht preisgeben. Wir wollten es schon ziehen lassen, doch dann machte es Anstalten, eine Falle auszulösen. Notgedrungen kam es erneut zum Kampf und mit seinen Kumpanen, doch irgendetwas stimmte hier nicht - wenig später bemerkten wir auch, was. Nachdem das uns begrüßende Schlangewesen fiel löste sich die Illusion, die offenbar von seinem bunten Umhang her stammte und es erwies sich eher als eine Art überdimensionierter Vogel. Es tat mir Leid, was hier passiert war - vermutlich war es kaum freiwillig hier gewesen, warum sonst die Verkleidung und Täuschung? Ich nahm zumindest den Umhang an mich, um sein Andenken zu würdigen.
Dann inspizierten wir den Altar etwas genauer. Die Form war die eines Wesens, dass mir unbekannt war, aber unbestreitbar dämonisch aussah. Unter der Statue stand eine Schale, offenbar für Opfergaben. Immer begierig darauf, neue Dinge herauszufinden, testeten wir, was es tat. Anfangs nichts, doch als sich Layaras Arm mit einem Mal in eine Art Krebsschere verwandelte, beschlossen wir, es lieber sein zu lassen.
Doch nun war es Zeit - wir wussten, wo unser Ziel war, und natürlich lag es genau hinter den riesigen, metallenen Türen, die wir schon beim Hereinkommen gesehen hatten. Die sich zu unserer Verblüffung relativ leicht öffnen ließen und den Blick auf einen riesigen Kuppelsaal freigaben, der in jeder anderen Umgebung vermutlich prächtig gewirkt haben müsste. Als wir eintraten, war unser Blick jedoch ganz auf die andere Seite des Raums geheftet. Dort war der gesuchte Helm - er ruhte aus dem Kopf eines großen, dämonenartigen Wesens mit Scherenhänden, nicht unähnlich jener, die Layara nun besaß. Ob dies wohl das Wesen war, dem der Altar geweiht war. Viel Zeit, uns darüber auszutauschen gab es jedoch nicht, denn nachdem wir unser Anliegen kundgetan hatten, war das Wesen nicht länger gewillt, uns Eindringlinge in seinem Palast zu dulden. Brüllend erhob es sich und rauschte mit einer unglaublichen Schnelligkeit und einem gewaltigen Sprung heran, während es unzählige Wachen aus den Nebenkammern zu sich rief.
Ein Kampf entbrannte, doch dieser war weitaus brutaler und gefährlicher als alles, was wir bis dahin gekannt hatten. Während wir uns der Wachen recht leicht erwehren konnte, war das große Wesen überall, schnappte mit seinen Klauen und drängte uns zurück. Wenig später musste ich erfahren, wie gefährlich diese Klauen tatsächlich waren, als es mir nach einem gelungenen Angriff schlicht den Fuß oberhalb des Knöchels abtrennte. Unter Anrufung der vættr gelang es mir, diesen wieder anzusetzen, doch wir waren gewarnt. Entschlossen setzten wir unsere Angriffe fort, die endlich eine gewisse Wirkung zeigten.
Doch in die Enge getriebene Gegner waren die gefährlichsten - und das traf auch auf diesen zu. Wild entschlossen, dem Treiben ein Ende zu Setzen, drang vor allem Gorok rücksichtslos auf das Wesen ein - und in einem furchtbaren Hieb trennte das Wesen ihm den Kopf ab. Die Welt schien sich zu verlangsamen, als wir zusehen mussten, wie der Körper unseres hünenhaften Kumpanen, der mir von den vættr zum Schutz anvertraut worden war, leblos zur Seite sackte und der Kopf mit starrem Blick daneben kullerte. Ich fühlte mich einfach nur taub. Ich hatte versagt. War meinem Auftrag nicht gerecht geworden. Wie konnte das geschehen?
Layaras Reaktion auf den Tod ihres engsten Freundes war praktisch gegensätzlich zu meinem. Sie fing an, verzweifelt zu Brüllen und entlud Feuerzauber um Feuerzauber in unseren Kontrahenten, blind vor Wut und Trauer. Ich registrierte hingegen kaum, dass die Kreatur unter diesem magischen Ansturm und den Attacken von Fin und Valaria zusammenbrach, doch raffte genug meines Verstandes zusammen, um Goroks Körper und Kopf aufzusammeln und die rasende Layara über die andere Schulter zu werfen, wobei auch ich Ziel einiger Feuerzauber wurde. Doch es half nichts, wir mussten hier raus, der Kampf hatte den Schutzzauber des Schamanen an seine Grenzen gebracht. Valaria und Fin sammelten noch den Helm und einige andere Gegenstände ein, die das Monstrum fallen gelassen hatten, dann rannten wir heraus.
Und trotz all dessen konnte ich nicht anders, als immer wieder daran zu denken, dass ich versagt hatte. Der Tod war etwas Natürliches, Selbstverständliches, doch die vættr hatten andere Pläne mit Gorok gehabt. Es wäre meine Verantwortung gewesen, diese Pläne voranzutreiben, was nun nicht länger möglich war. Wie konnte das nur passieren?
Als wir endlich von diesem schrecklichen Ort entkommen waren (sehr zur Überraschung des Schamanen, der dort tatsächlich auf uns gewartet hatte), legte ich Goroks Körper und Kopf behutsam auf den Boden, während Layara über ihm zusammenbrach und hemmungslos weinte. Ratlos standen wir um sie herum. Wir hatten bekommen, weswegen wir hergekommen waren - doch wir hatten unendlich viel mehr verloren…
Sitzung 100
Doch zunächst war noch Zeit. Nachdem wir behandelt worden waren, unterhielten wir uns zunächst ausführlicher mit dem álfr Joni. Wir waren neugierig, mehr über ihre Probleme mit den Orks zu erfahren, die sie angriffen. Nun, zumindest die meisten von uns, Layara und Fin fühlten sich mit jeder Sekunde unwohler. Bei Gelegenheit musste ich erfragen, was diesen Hass auf Elfen auslöste, immerhin standen ich, Valaria und Fin in ihrer Schuld, hatten sie uns doch das Leben gerettet. Diesbezüglich bot sich aber offenbar die Gelegenheit, uns schon bald zu revanchieren - Joni bat uns, ihnen bei ihrem Problem mit den meist jugendlichen Orks zu helfen. Da in unserer Gruppe Halborks und Elfen offenbar friedlich zusammenlebten, sollten wir glaubwürdige Vermittler sein. Aus meiner Sicht war es unsere Pflicht, ihnen zu helfen - ein Gefallen für einen Gefallen. Erneut waren es Fin und Layara, die diesbezüglich Bedenken hatten und auch Valaria war skeptisch - sie schien von ihrem eigenen Volk keine all zu hohe Meinung zu haben, doch letzten Endes gelang es mir und Gorok, sie zu überzeugen.
Da unsere Behandlung abgeschlossen war und wir lediglich zur Sicherheit eine Nacht warten sollten, stand es uns frei, die Stadt zu erkunden, worauf ich ganz begierig war. Zögern ließ mich nur, dass Gorok aufgrund der Gesamtsituation hier warten würde. Das letzte Mal, als ich ihn allein ließ, hatte er seinen mir nach wie vor unerklärlichen Bund mit dem Flegel geschlossen, blühte uns ähnliches, wenn wir ihn wieder alleine ließen? Er war der Grund, warum ich hier war… doch meine Neugier siegte letzten Endes, jedoch nahm ich mir vor, bei meiner Rückkehr einmal selbst zu versuchen, mit dem Geist der Waffe Kontakt aufzunehmen.
Notherhall war ein klein und von einer merkwürdigen, aber sehr ansprechenden Schönheit. Am auffälligsten war wohl die Aufteilung der Stadt in eine dunkle und eine helle Hälfte sowie einer leuchtenden Kuppel in der Mitte, in deren Richtung wir uns zunächst begaben. Unterwegs fiel uns auf, dass die álfr ungewöhnlich gut bewaffnet und gerüstet waren - selbst in einer Stadt im Krieg hätte ich nicht erwartet, dass jeder einzelne Rüstung und Waffen trägt. Was in mir die Frage aufwarf, was die Orks bewegen konnte, eine so gut befestigte Stadt anzugreifen - oder wie mächtig die Orks waren, dass sie diesen Ort bedrohen konnten. Doch meine Gedanken wurden jäh abgelenkt von Kendras Bellen und einem beißenden Gestank. Aufblickend sah ich eine Kreatur, die ich so noch nicht gesehen hatte und deren Anblick nur schwer zu beschreiben war - eine Art Kuh mit Eberschnauze und abnorm langem Hals? Nach anfänglicher Vorsicht stellte es sich als zwar übelriechend, aber nicht gefährlich heraus. Sein Besitzer hingegen war wenig erfreut über die Störung und unser dankendes Ablehnen seines Angebots, Milch von dem Wesen zu bekommen.
So setzten wir unseren Weg fort, nur um kurz darauf auf einen weiteren der merkwürdigen Bewohner dieser Stadt kennenzulernen. Auf ein Pfeifen von Valaria hin erschien eine Eule auf ihrer Schulter, die sie uns als Moony vorstellte. Allerdings hatte der Pfiff auch zwei hundeähnliche Wesen mit Skorpionschwänzen angelockt, die nun auf uns zu rasten und dabei eine kleine álfr hinter sich herzogen. Sie setzten sich vor uns hin und hielten ihre Pfoten hoch, auf Erklärung der verärgerten kleinen álfr hin erwarteten sie wohl eine Belohnung. Doch nichts, was wir hatten, war passend für diese Wesen, so dass das Mädchen verärgert und mit sichtlichen Schwierigkeiten wieder abzog.
Die Erklärung dafür, woher diese merkwürdigen Wesen kamen, bot uns wenig später, als wir die Mitte der Stadt und diese Kuppel erreichten. Uns fielen sofort zwei álfr auf, die einen Elefanten dorthin zogen. Neugierig warteten wir ab und wurden nicht enttäuscht. Nach Berührung der Kuppel verschwand der Elefant kurzzeitig in einem Lichtblitz und an seine Stelle trat ein merkwürdiges Wesen, das ein wenig wie ein überdimensionierter Frosch mit Tentakeln aussah. Faszinierend, aber unverständlich, und so fragte ich einen der umstehenden álfr, was es damit auf sich hatte. Er erklärte uns, dass es sich bei der Kuppel um ein Portal in die Feywild handelte und sie die Tiere transformierten, um sie gegen die Orks einzusetzen. Wir erfuhren darüber hinaus, dass die Orks wohl nicht nur auf brutale Gewalt setzten, sondern auch Assassinen entsandten. Das würde zumindest teilweise die Sorge um diese Angriffe erklären, denn die reinen Frontalangriffe konnten dafür kaum verantwortlich ein - der weitere Rundgang verdeutlichte nur, wie stark die Stadt befestigt war. Mich hielt die álfr übrigens ebenfalls für eine Mutation, was auch erklärte, warum mich so verhältnismäßig wenige verwunderte Blicke getroffen hatten. Sie befragte mich daraufhin zu meinem Volk, auch ob alle solche Markierungen trugen wie ich, woraufhin ich erklärte, dass mein Erscheinungsbild auch dort als ungewöhnlich betrachtet wurde - niemand, den ich kannte, hatte farbige Muster und solch helle Haut, die ihren waren schwarz auf grauer Haut.
Zurück im Palast (wo ich zunächst erleichtert feststellte, dass Gorok nichts Unüberlegtes getan hatte) befragten wir die Wachen noch nach den Assassinen. Uns wurde bestätigt, dass es diese wohl gab, doch bisher wäre keine bis zum Palast vorgedrungen. Die Angriffe hingegen waren hochfrequent - täglich und meist zwischen 30-50 Orks. Keine kleine Zahl. Es hatte Todesopfer auf beiden Seiten gegeben. Ein Ritus vielleicht? Doch die álfr schienen nicht besonders an den Motiven interessiert, nur daran, die Angriffe zurückzuschlagen.
Während die anderen sich über das weitere Vorgehen beratschlagten, bat ich Gorok um seinen Flegel, den er zu meiner Erleichterung hergab. Doch die Zeremonie, mit der ich Kontakt zu den vættr schlug fehl - ich hörte lediglich eine Art andauerndes Knurren und auch zu Gorok sprach sie derzeit wohl nicht, gab ihm jedoch ein beruhigendes Gefühl. Ich würde mir etwas Neues einfallen lassen müssen, doch bis dahin hatten wir nun eine andere Aufgabe.
Am nächsten Morgen brachen wir früh auf, sehr zu Layaras und Fins Erleichterung. Dennoch konnten ich und Fin uns des Gefühls nicht erwehren, verfolgt zu werden. Als wir die anderen darauf aufmerksam machten, gab die uns folgende Elfin ihre Tarnung auf - sie war offenbar nicht über unsere Aufgabe unterrichtet worden und gerade aufgrund von Goroks Spezies misstrauisch. Es gelang uns zwar nicht, ihr Misstrauen gänzlich zu zerstreuen, doch zumindest die Situation zu entschärfen und wir setzten unseren Weg weitestgehend unbeobachtet fort dachten wir zumindest, bis wir morgens aufwachten und zusehen mussten, wie zwei Orks das Weite suchten, die sich offenbar über Gorok unterhalten hatten. Möglicherweise war unsere Theorie korrekt und er hatte aufgrund seiner Gladiatorentage einen Vertrauensbonus bei den Orks? Seinem Bericht zufolge respektierten sie vor allem Stärke, was mich fast wie zu Hause fühlen leß. Ich war sehr gespannt auf diese Leute.
Die nächsten Tage verliefen ruhig, was mir die Gelegenheit gab, meine Gefährten etwas besser kennenzulernen. So waren sie sehr interessiert an den vættr und ich erfuhr im Gegenzug einiges über ihren Glauben, so glaubte Layara beispielsweise an Sirion, den Gott… des umskipti und des Feuers. Hochinteressant, gerade für mich. Was mich daran erinnerte, ihren Hass auf die álfr näher ergründen zu wollen. Sie und Fin erklärten, dass sie als Halbelfen in Sylvanar offenbar sehr schlecht behandelt worden waren. Man hatte ihnen misstraut, sie generell verdächtigt, potentielle Verräter zu sein, und schließlich verstoßen. Eine mitleiderregende Geschichte, das stand fest, und es machte ihre Wut verständlich. Sie waren nicht die ersten, die das Unrecht replizierten, dass ihnen angetan wurde - es war eine natürliche Reaktion. Doch mein Lehrmeister hatte mir eingeschärft, was passieren konnte, wenn man die Vergangenheit nicht hinter sich ließ und den Kreis vervollständigte. Es stand mir natürlich nicht zu, über die beiden zu urteilen, doch ich merkte an, dass sie allein die Entscheidung träfen, was sie aus ihrer Vergangenheit lernten: das Unrecht weiterzugeben, dass ihnen widerfahren war - oder es besser zu machen, einen umskipti zum besseren zu bewegen. Immerhin betete Layara ja zum Gott desselben. Ob meine Worte etwas bewegten vermochte ich nicht zu sagen, die Zeit würde es zeigen.
Am vierten Tag erreichten wir die Schwarzen Hügel. Ich war Berge gewohnt, doch nicht von dieser Sorte - sie trugen ihren Namen zurecht. Eine weitere Auffälligkeiten waren die schwebenden Augen, die umherschwebten. Eines davon näherte sich uns und nach kurzer Begutachtung schien es uns zu bedeuten, dass wir folgen sollten. Das taten wir und so sah ich nach kurzer Zeit unseren ersten Ork, der auf seinem Hochsitz mit Sonnenschirm und Getränk eher nach einem Faulpelz als einem Wachposten aussah. Was er sprach, verstand ich nicht, ich war ihrer Sprache nicht mächtig, doch Gorok, Valaria und Fin erklärten uns, dass wir dem Auge weiter folgen müssten, um nach Bargleton zu kommen. Der Weg dorthin verlief abgesehen von einem den Weg blockierenden Yak und seiner Reiterin ereignislos und so überblickten wir wenige Stunden später Bargleton - eine Zeltstadt. Wäre sie nicht ganz in schwarz und rot gehalten, ich hätte vermutlich etwas Heimweh nach meinem Stamm bekommen. Die Orks ignorierend hielten wir geradewegs auf das große Zelt in der Mitte zu. Wir vermuteten richtigerweise, dass sich der yfir-maðr Bargle dort aufhalten würde. Eine Orkfrau begrüßte uns, die erste hier, die uns auf der Gemeinsprache begrüßte - die Orks schienen ihre Sprache zu mögen, tatsächlich sagte auch mir der harte Klang zu. Es stellte sich heraus, dass sie die Frau des yfir-maðr war, der jedoch gerade mit einer Gespielin beschäftigt war. Offenbar waren die Sitten doch nicht dieselben wie bei uns, denn wenngleich sie von ihrem Gatten nur wenig begeistert schien, war der Grund für ihre Unzufriedenheit offenbar etwas anderes. Sicher jedoch nicht ihr Stand in der Ehe - es dauerte nicht lange, bis wir bemerkten, wer in dieser Beziehung das Sagen hatte. So ließ uns Bargle widerwillig in seinen Thronraum und wechselte sogar zur Gemeinsprache. Sein Thron war recht beeindruckend - der Schädel eines dreki! Ob er ihn selbst erledigt hatte, wagte ich jedoch zu bezweifeln, er ließ erkennen, dass er wohl nicht immer eine so beeindruckende Erscheinung gewesen war. Unabhängig davon wurde schnell klar, dass die Verhandlungen schwerer würden als gedacht. Die Orks waren offenbar ein eher anarchistisches Volk, Bargle sah hatte die Angriffe nicht befohlen und sah auch keinen Grund darin, sie zu beenden. Die jungen Orks wären halt neidisch auf ihn, sie würden nur zum Portal vordringen wollen, um verwandelt zu werden und die Elfen wollten sich ja offenbar mit ihnen bekriegen, da sie stets ihre Waffen zogen, wenn sie sie sahen. Er selbst war offenbar ebenfalls erpicht darauf, sich mit uns zu prügeln - als ich ihm erklären wollte, dass nicht jeder, der eine Waffe zog, auch kämpfen wollte und dazu Goroks Axt zog und fallenließ, war er sichtlich enttäuscht, aber nicht überzeugt. Möglicherweise war ein Wechsel der Verhandlungstaktik angebracht? In der Heimat hätte ich einen solchen Typen bei seinem Stolz gepackt, ihn provoziert und aus der Reserve gelockt. Das funktionierte auch bei Bargle und er drohte an, mich gewaltsam rauszuwerfen. Einen kurzen Moment zögerte ich - zu Hause hätte er mir einen Schlag verpasst und wenn ich ihn ohne zu klagen einsteckte, wären die Verhandlungen eröffnet. Doch ich erinnerte mich daran, dass die Sitten hier eben doch anders waren. So verließ ich widerwillig das Zimmer, hoffend, dass trotzdem der Nährboden bereitet war für erfolgreichere Verhandlungen. Lange hielt ich es jedoch nicht draußen aus und ich kehrte kurz darauf zu den anderen zurück, zu neugierig war ich. Bargle war darüber sichtlich verärgert und versuchte, ich zu ignorieren, wobei er allerdings kläglich scheiterte. Immerhin erfuhren wir nun etwas über ein Imperium von Schlangenmenschen, den Yuan-Ti, von denen sie einige gefangen hatten und die offenbar immer wieder aufstanden. Er bot uns an, gegen sie anzutreten und seine Leute zu unterhalten.
Stärke zeigen, hatte Gorok gesagt. War dies möglicherweise unsere Chance, hier doch noch etwas zu erreichen? Denn den Elfen nur zu sagen, dass sie ihre Waffen stecken lassen sollten und die Orks einfach zum Portal laufen zu lassen, das erschien mir wenig Erfolg versprechend. Nach etwas Überzeugungsarbeit Goroks und meinerseits willigten wir letzten Endes ein, das morgen zu tun. Draußen hatten wir noch eine recht amüsante Begegnung mit einem „kleineren” Ork, auf den ich offenbar Eindruck gemacht hatte - er bot mir erst seine Waffe und dann einen Zahn da, den er sich ausgerissen hatte. Laut Aussage der anderen ein Paarungsritual. Ich setzte ihm den Zahn wieder ein und ließ ihn sichtlich enttäuscht ziehen, innerlich grinsend. Ich schien nicht die einzige zu sein, die das Fremdartige hier schätzte.
Am nächsten Morgen wurden wir vom Klickern der Stricknadeln von Bargles Frau geweckt, die sich vor dem Zelt niedergelassen hatte. Auf meine Einladung konnte sie herein und teilte uns mit, dass die Arena vorbereitet sei und wir erwartet würden. So machten wir uns auf den Weg zu dem Kreis aus Palisaden und Orks, unter denen auch Bargle war. Was genau er seinen Begleitern erzählte, verstand ich nicht, genoss aber den gutturalen Klang des Orkischen. Dann holte er eine kleine Kiste hervor, aus der er zu meiner Verwunderung eine Schlange und fünf eher heruntergekommene Wesen holte. Das sollten nun unsere Gegner sein? Ich sah ihn an und fragte ihn, ob er zu feige sei, selbst gegen uns anzutreten. Ein solcher Kampf wäre mir wesentlich lieber als ein Gemetzel an diesen halb Verhungerten - wenigstens war die Bedingung nur der Sieg gewesen, von dem Tod der Gefangenen war keine Rede. Trotz allem hasste ich die Verschwendung von Leben. Doch ich konnte meine Herkunft nicht verneinen - ich war Goliath, eine zünftige Prügelei konnte recht erfrischend sein.
Layara hatte unterdessen bereits eine Flammenwand um die Schlange herum erschaffen, wohl um die anderen zu schützen. Gorok hingegen bedeutete die herantaumelnden Gestalten misstrauisch, er schien eine ginning zu erwarten - womit er recht hatte. In Position gebracht ließen die Gestalten ihre Maskerade fallen und wandelten sich urplötzlich in gefährliche Gegner mit Schlangenarmen. Schon besser. Ich ließ Kendra von der Leine und bat die vættr um einen Schutzzauber, Fin stürzte sich auf die große Schlange und Gorok sowie Valaria stürzte sich auf die Verwandelten, während Layara einen Zauber wirkte und vorübergehend verschwand. Clevere Frau. Doch wir hatten die Stärke unserer Gegner offenbar unterschätzt - während meine Gefährten und Kendra durchaus vermochten, tiefe Wunden zu schlagen, wurden besonders Fin und Gorok durch heimtückisches Gift schwer verwundet. Auch Layaras Zauber schien nicht zuverlässig. Etwas musste passieren. Erneut rief ich die vættr um Unterstützung an und wurde nicht enttäuscht. Säulen schossen aus der Erde, direkt unter unseren Gegnern und auch Layara, die dadurch aus ihrer Reichweite gebracht war. Fin hatte sich in Sicherheit bringen konnte, Goroks Gegner konnten ihm für den Moment nichts anhaben. Zwar beharkten sie uns weiter mit merkwürdigen Zaubern, doch diese schienen weitaus schwächer als ihre vorhergegangenen Angriffe. Im nächsten Moment entzündete Layara einen Flammenball über uns, der die Yuan-Ti auf den Säulen schwer traf und die Säulen zum Einsturz brachte, was unseren Gegnern zusätzlich zusetzte und uns in die Lage versetzte, das Blatt zu wenden. Auch die große Schlange fiel kurz darauf, doch nicht durch unsere Hand - ein junger Ork hatte seinen Enthusiasmus nicht zügeln können und ihr den Todesstoß versetzt, doch dafür einen hohen Preis gezahlt - ein Flammenstoß aus der sterbenden Bestie verbrannte ihn zu Asche.
So standen wir da, Gorok und Fin recht angeschlagen, aber siegreich, voll von den in Rausch versetzenden starken Gefühlen, die so nur der Kampf auslösen konnte - ein Gefühl, dass ich noch immer genoss. Ein Ausdruck meiner Jugend hatte mein Lehrmeister es genannt, es würde vergehen. Wenn ich an die Toten dachte, wusste ich, dass es unweigerlich so sein müsste, doch für den Augenblick ließ ich mich von der Euphorie tragen.
Bargle hingegen schien unschlüssig - immerhin hatte einer seiner Leute den Kampf beendet. Sicher, wir hatten den Großteil der Arbeit erledigt, aber reichte das, um als unser Sieg zu gelten? So stellte er uns ein Rätsel: Aus seiner Kiste holte er drei weitere Kisten der unterschiedlichsten Qualität und wies uns an, diejenige auszuwählen, die Wünsche wahr machen könne. Ich war verwirrt - war das ein Trick? Die Antwort schien mir zu einfach. Doch meine Gefährten schienen ähnlich zu denken wie ich, nur Layara machte Anstalten, die erzeugten Kisten zu untersuchen. So wies ich also auf die Kiste Bargles - die Kiste, aus der er sowohl die anderen Kisten als auch unsere Gegner hatte erscheinen lassen. Unsicherheit blitzte in Bargles Augen auf, als er fragte, ob wir uns sicher seien, was mich in meiner Wahl nur noch bestärkte. Und so gab er sich geschlagen, denn tatsächlich war das Rätsel so einfach gewesen. Der Tag gehörte uns. Wir würden sehen, was wir mit Blick aus Notherhall daraus machen würden…
Sitzung 98
Das Essen war hervorragend. Die hiesige Küche vermochte zu gefallen. Layara hingegen schien sich etwas übernommen zu machen und um meinen Kommentar von vorhin wieder gutzumachen, bot ich an, ihre Portion zu übernehmen, was sie sichtlich erleichtert annahm. Beim weiteren Essen berieten wir, wie es nun weitergehen sollte. Unstrittig war, dass wir uns nun um die Suche nach Fins Freunden widmen wollten, doch wo starten? Road’s End schien die offensichtliche Wahl, doch im weiteren Verlauf wurden weitere Informationen offenbar, die das in Frage stellten. Fins Freunde waren offenbar Gefangene, die wohl kaum dorthin gerbracht werden würden. Die Gedanken gingen daher eher in die Richtung, dass es möglicherweise Gefängnisinseln oder –schiffe geben könnte. Möglicherweise wusste diese Bardin, Foamwave, mehr?
Ich hätte es bevorzugt, sie direkt zu fragen, doch leider erwies sich ihre Kollegin diesbezüglich als nicht besonders kooperativ. Also mussten wir halt zu ihr gehen. So standen wir nach einem weiteren Versuch auf und gingen hinein, um diesen fugi Ravel zu befragen, wann wir mit ihr sprechen könnten. Dieser stellte uns daraufhin sogar sein Büro zur Verfügung und ließ sie sofort rufen.
Leider war Foamwave nicht unbedingt dazu bereit, uns Informationen zu geben, zu merkwürdig und direkt war ihr dieses Aufeinandertreffen wohl. Nicht, dass ich es ihr verübelte, ich war mir sicher, dass die vættr uns früher oder später einen anderen Weg aufzeigen würden. Fin hingegen war deutlich ungeduldiger und wandte einen Zauber an, der sie reden ließ wie einen Wasserfall. Es war eine Sache, andere durch Taten und Worte zu überzeugen, doch durch einen Zauber ... er musste wirklich verzweifelt sein. Immerhin erfuhren wir so, dass es eine Inselgruppe in den „Points” gab, wo Gefangene hingebracht wurden. Als sie gegangen war, nicht ohne zu erwähnen, dass sie noch jemandem von uns berichten wollte.
Als sie nunmehr weg war, wollte Layara von Fin wissen, was er da getan hatte, schien es aber zu akzeptieren, als Fin ihr versicherte dass er das noch nie bei jemandem von uns getan hatte. Genau wie wir anderen auch – aus Verzweiflung taten Leute häufig Dinge, die nicht ihrem wahren Charakter entsprachen, warum sollte es bei Fin anders sein. Mit der neuen Information drehte sich das weitere Gespräch eher darum, wie wir an ein Schiff kommen sollten. Da es gewisse Umstände gab, die den anderen eine Rückkehr in die Stadt erschwerten, bot ich an, zunächst allein dorthin zu gehen und ein Schiff zu chartern. Doch für heute war das keine Option mehr, es war zu spät. Layara kehrte kurz darauf von ihrem Gespräch mit Belaxarim und Tamarax zurück. Sie wirkte gelöster, selbstsicherer als ich sie kennen gelernt hatte. Es war gut zu sehen, wenngleich ich noch nicht alle Zweifel abgelegt hatte, was ihre Rolle in Goroks und meinem draumr betraf.
Doch am nächsten Morgen war alles anders. Leeroy war verschwunden und hatte zum Abschied einen Brief sowie einen Ring hinterlassen. Eine sehr merkwürdige Art, sich von seinen Freunden zu verabschieden. Es sprach nichts dagegen, dem eigenen Weg folgen zu wollen, doch so? Als ich ging, hatte es ein Fest gegeben und niemand hatte versucht, mich aufzuhalten. Wie vieles hier doch anders war. Zu allem Überfluss erzählte Gorok, dass er einen weiteren Traum gehabt hatte. Gerne hätte ich darüber gesprochen, doch ich musste ihn auf später vertrösten – Layara wollte versuchen ihn einzuholen und ich hatte vor, sie dabei zu unterstützen. Ich sattelte Kendra und wir ritten los. Leeroys Spur zu folgen war leicht, doch dann verlor sie sich. Besser gesagt, löste sich auf, in unzählige kleinere Spuren. Ein Rätsel, auf das ich mir keinen Reim machen konnte. So schien es, als würden wir diesen umskipti akzeptieren müssen – wir würden sehen, wohin es führte.
Zurück am Hort warteten Fin und Gorok bereits auf uns. Nun hatte Gorok auch Zeit, mir von seinem draumr zu erzählen und er war ... beunruhigend. Anscheinend sprach seine Waffe mit ihm. Nun, soweit nichts Besorgnis erregendes, die vættr nahmen viele Gestalten an. Beunruhigender war, dass die Waffe offenbar von ihm forderte, nur noch sie zu verwenden und Gorok vollständig von dem Wunsch beseelt schien, dieser Forderung Folge zu leisten. Laut den anderen war die Waffe ihm von Narchessa und damit einer eher dunkleren Quelle geschenkt worden. Gleichzeitig schien die Stimme aber dieselbe zu sein, die mich damals zu ihm geschickt hatte. Doch mir war kein Fall bekannt, in dem vættr die Bindung an einen Gegenstand forderten und die fanatische Ergebenheit Goroks war nicht gerade beruhigend. Zunächst konnte ich jedoch nichts tun, als seine Axt an mich zu nehmen. Auch, wenn er sie eben noch wegwerfen wollte – in meinem Volk gab es nicht wenige, die eine emotionale Bindung zur Waffe ihrer Wahl aufbauten und Gorok erinnerte mich sehr an sie. Vielleicht würde sie mir noch helfen.
Doch damit war das Besorgnis erregende Verhalten Goroks noch nicht am Ende. Leeroy hatte einen Ring hinterlassen, dessen Gegenstück in Layaras Besitz war. Nach ihrer Erklärung verlieh er den Trägern die Fähigkeit, zu verschmelzen und ihre Fähigkeiten zu kombinieren. Ein mächtiger Gegenstand fürwahr – und Gorok dachte sofort an die Möglichkeiten „Gemetzel” zu veranstalten und wie es im Camp helfen hätte können. Noch erschreckender war seine Aussage zu der zweiten Bedingung des Rings. Die Verschmelzung erforderte die Zustimmung beider Parteien, doch auch die Trennung. Gorok sah nicht ein, warum er inmitten eines Kampfes einer Trennung zustimmen sollte, wenn das beide in Gefahr bringen würde. Er wollte nicht einsehen, dass das Überleben eines Massakers manchmal schlimmer war als der Tod. Bis zu einem gewissen Grad hatte ich das am eigenen Leib erfahren müssen. Doch letzten Endes war es nicht meine Entscheidung und obwohl sich Layara sichtlich schwer damit tat, legte sie letzten Endes den Ring auf den Tisch, wissend, dass Gorok ihn sich nehmen würde, und verließ das Zimmer. Beim Hinausgehen übersandt sie mir die Nachricht, dass sie mir vertrauen würde, Gorok im Zweifelsfall zur Vernunft zu bringen. Während ich nicht sicher war, ob ich das konnte, versprach ich ihr doch, es zu tun. Hoffentlich musste ich ihr Vertrauen nicht enttäuschen. Oder mehr noch, hoffentlich würde es nie dazu kommen.
Nach dieser Diskussion und Leeroys unerwartetem Verschwinden war es wenig verwunderlich, dass der Weg zurück nach Ailamere in Stille angetreten wurde. Nach kurzer Zeit wurden wir jedoch Zeuge eines eher merkwürdigen Bilds. Vier Haufen Goldmünzen, fein säuberlich aufgereiht, lagen auf dem Weg. Ich mochte diese Ländereien und ihre Sitten nicht besonders gut kennen, doch ich wusste, dass Gold nicht einfach ohne Hintergedanken an zufällige Wanderer verschenkt wurde. Mein Misstrauen wurde noch verstärkt, als Fin uns mitteilte, es würde ein Zauber auf den Münzen liegen. Gorok in seiner dennoch erfrischenden unvorsichtigen Art wollte sich dennoch das Gold einstecken, wovon ich ihn nur mit Mühe abhalten konnte. Ich hätte es bevorzugt, das Gold einfach beiseite zu schaffen und zu vergraben, bevor sich noch jemand anderes daran verging und mögliche Folgen erleiden musste, doch Fin steckte die Goldmünzen in einen Beutel, immerhin ohne sie zu berühren.
Direkt im Anschluss hörten wir plötzlich ein Klatschen neben uns und etwas, was ausgesehen hatte wie ein Baum, verwandelte sich in einen Halbork oder Halbelf, der von den anderen als Vronwe, ein weiterer der Ailamere Drei, identifiziert wurde. Da wir das Gold an uns genommen hatten, hätten wir damit zugestimmt, die Region sofort zu verlassen. Versuche von Fin, das Gold zurückzugeben, schlugen fehl – nun wussten wir auch, wozu der Zauber diente. Vronwe stellte uns vor eine Wahl: Entweder wir verließen die Region freiwillig, oder er würde uns davon senden. Dabei ließ er durchblicken, dass er auch Leeroy auf diesem Wege weggesandt hatte. Für mich war die Wahl klar. Wenn wir dem Deal zustimmten, konnten wir frei bestimmen, wohin wir gingen, vielleicht sogar einen Weg finden, unserem ursprünglichen Plan zu folgen. Doch die anderen waren nicht bereit, auf den Vorschlag einzugehen. Innerlich seufzte ich. Sturheit und Stolz ... eine gefährliche Kombination seit jeher. Und so kam es zum Kampf, der zwar einige Fragen beantwortete, aber dennoch nicht zu unseren Gunsten verlief. Vronwe teilte sich in drei Gestalten, von der sich zwei in viele verschiedene kleine Kreaturen verwandelten. Damit wussten wir schonmal, woher die vielen kleinen Abdrücke kamen. Ich rief die vættr an, und zuverlässig antworteten sie und verwandelten unsere Umgebung in eine einzige Falle für unseren Gegner. Dennoch stimmte etwas nicht – es dauerte nicht lange, bis wir alle drei Vronwes als Illusionen oder Fälschungen enttarnt hatten, doch der Urheber war nirgendwo zu sehen. Ich sah mich genauer um – und sah einen Schemen genau hinter Layara. Ich rief ihr eine Warnung zu und hetzte ihm Kendra auf den Hals, die bisher ängstlich im Hintergrund gewesen war. Enttarnt ließ Vronwe seine Unsichtbarkeit fallen, was die anderen in die Lage versetzte, ihn anzugreifen, inklusive der Elfin, die aus dem Nichts aufgetaucht und in den Kampf eingegriffen hatte. Die vættr hatten wohl beschlossen, dass wir weitere Hilfe nötig hatten. Doch als ich mich ebenfalls zu Vronwe begab, um die anderen zu unterstützen, spürte ich plötzlich einen Sog und wurde, ehe ich es mich versah, in ein lichtes Portal gesogen. Wie lange ich dort drin war, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, doch es riss an mir und es fühlte sich an, als würde sich mein Körper verformen – kein besonders angenehmes Gefühl, doch es minderte den Aufprall, als ich und wenig später auch die anderen auf einem Steinboden aufklatschten.
Noch bevor wir uns orientieren konnten, begrüßte uns eine merkwürdig zerstreut sprechende Stimme im Thronsaal von Notherhall. Ich blickte mich um. In der Tat, eine pompöse Halle einer Herrscherin. Nach Aussage des Elfen, der sich als Joni vorstellte, hörte diese auf den Namen Isteria Willowrush und war anwesend. Während die anderen (die zu Hilfe kommende Elfe war tatsächlich mitgekommen und hatte sich als Valaria Moonglaive vorgestellt, wie ich mitbekam) völlig von sich und dem Transport vereinnahmt waren, bemühte ich mich, bei der Herrscherin keinen Unmut aufkommen zu lassen und entschuldigte mich für unser Eindringen und ungebührliches Verhalten. Zu unserem Glück schien diese eher genervt von Vronwe zu sein, der wohl schon des Öfteren Leute auf diesem Weg hierher gesandt hatte. Gerade jetzt schien aber ein ungünstiger Zeitpunkt zu sein, denn die Elfen von Notherhall befanden sich seit kurzem im Krieg mit den Orks und erwarteten einen Angriff. Wenngleich sie uns den Abzug nicht verwehrten, den sich insbesondere Fin und Layara zu wünschen schienen, rieten sie uns doch dringend, zu bleiben, da die Effekte des Transport bei mir, Fin und Valaria sonst bis zum nächsten Morgen zum Tod führen würden. Es ließ mich an meinen ersten Ritus denken – der Tod hatte seinen Schrecken für mich seitdem verloren. Doch meine Neugier war geweckt. Wir wurden unerwartet hierher gebracht, mitten in einen Krieg und mit einer Krankheit, die uns mindestens einen Tag hier verweilen ließ – ich bezweifelte, dass das ein Zufall war. Möglicherweise gab es hier eine Aufgabe für uns zu erledigen. Unmöglich war es nicht. Ich war nicht versessen darauf, in die Fronten eines Krieges zu geraten, doch möglicherweise hatten wir hier die Möglichkeit, einen Wandel zum Positiven zu bewirken? Der morgige Tag würde es zeigen müssen.