• Dienstag, 7. Januar 2025 01:26

Sitzung 2

Tueddelig
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Leider zu spät, denn noch bevor ich dort war und das neu entstandene Monstrum festsetzen konnte, hatte dieser bereits mit seiner Tentakel Ludwig gepackt und mit solcher Wucht zu Boden geschleudert, dass sein Kopf unnatürlich zur Seite stand. In der vergeblichen Hoffnung, dass Rhyia vielleicht etwas für ihn tun konnte und um Endra zu beschützen, rammte ich Ex-Rikard mit der Schulter, so dass er ein paar Schritte zurückstolperte und setzte nach, um die beiden aus seiner Reichweite zu bekommen. Begreifend, dass hier nichts mehr zu retten war, halbierte ich ihn mit Hilfe meiner Kumpane (war spitze, wieder ne Gruppe zu haben, Spaßbremsen hin oder her) mehr oder weniger unabsichtlich, nachdem er Mum gepackt und einen üblen Treffer versetzt hatte.

Die anderen berieten und rätselten, was wohl mit Rikard passiert gewesen sein mochte, soweit ich das mitbekam. Ich hatte Wichtigeres zu tun. Ich hatte noch deutlich in Erinnerung, wie es war, einen geliebten Menschen zu verlieren und niemanden zu haben, der für dich da war, das wollte ich Endra ersparen und bugsierte sie mehr oder weniger sanft von ihren toten Kumpanen weg und versuchte, für sie da zu sein. Allerdings reagierte sie nicht groß auf mich, was aber okay war. Musste jeder trauern, wie sie es brauchten. Dummerweise stellte sich später heraus, dass ich dafür die denkbar ungeeignetste Person war, denn als es um den Umgang mit ihren gefallenen Gefährten ging, fing sie an in Zeichensprache zu kommunizieren und Carolyn übersetzte neben den Wünschen zur Beerdigung, dass Rikard ihr Ehemann gewesen war. Ich hatte also ihren Ehemann gespalten und dann versucht, sie zu trösten. Fantastisch. Ich gab daher Carolyn ein Zeichen, dass sie sich um Endra kümmern möge und begann stattdessen, das Grab für Ludwig auszuheben, während Mum und Rhyia die Brandbestattung von Rikard vorbereiteten, nebst Diskussionen darüber, wie man das Feuer heiß genug bekommen könne. Merkwürdig, womit Mum sich nun so beschäftigte.

Wenig später war alles bereit und Rhyia vollzog die letzten Riten. Es mochte selbstsüchtig sein, aber ich konnte nicht anders, als an vor 3 Wochen zu denken, als ich meinen eigenen Ziehvater beerdigte, weit weniger zeremoniell, als er es verdient hatte. Ich unterdrückte die Tränen, doch ich glaube, Rhyia bemerkte es trotzdem, sagte aber dankenswerterweise nichts. Allerdings hätte ich Günter am nächsten Morgen am liebsten durchgeschüttelt, als er aufwachte und so tat, als wäre nichts gewesen, selbst wenn er es tatsächlich verschlafen hatte. Stattdessen stieg ich gemeinsam mit den anderen schweigsam auf. Wir waren nicht mehr weit von Drakkenheim entfernt, diesem verfluchten Ort, an den ich Dad versprochen hatte, zurückzukehren.

Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass der Rest der Reise ereignislos verlief, doch die nächste Nacht brachte einen Traum mit sich. Einen erschreckend realistischen Traum. Ich war wieder 7 und mit Mum auf dem Weg zum Markt. Sie hatte mich natürlich gegen meinen Willen mit geschliffen, doch wenigstens stellte sich wenig später ein Musiker neben die Kiste, auf der ich warten sollte, und ließ mich mitmachen. Während mein 7-jähriges Selbst begeistert auf eine Triangel einschlug, färbte sich die Luft um mich herum plötzlich rötlich und ich sah zwei schemenhafte Gestalten, die sich mit mir zu unterhalten schienen, doch ich verstand kein Wort. Mum war auch keine große Hilfe, also ging ich näher heran. Dann war ich plötzlich selbst als Erwachsene mit im Traum und verstand nur das Wort „Oben”. Als ich herauf blickte, war dort der Meteor. Ich schrie auf, doch weniger vor Entsetzen als vor Schmerz, als sich Linien auf meiner Hand bildeten und sich dort zur mittlerweile vertrauten Rune zusammenfügten. Dann ein Schirm aus blauem Licht um mich herum, als der Meteor einschlug. Dann nichts.

Dann erwachte ich mit klopfendem Herzen und sehr verwirrt. Ich bemerkte, dass die Rune pulsierte und starrte sie einfach nur an. Ich erinnerte mich nicht an den Tag, als der Meteor einschlug, ich vermutete wegen dem Trauma, doch der Traum war so… realistisch gewesen. Mochte es sein, dass die Nähe zu Drakkenheim alte Erinnerungen weckte, wie Dad es gehofft hatte. Die anderen waren wohl von meinem Schrei geweckt worden und redeten auf mich ein, doch ich hörte kaum zu, war in meinen Gedanken gefangen. Erst Mum holte mich aus meiner Benommenheit, woraufhin ich allerdings begann, ihr Fragen zu stellen. Viel schien auch sie von damals nicht zu wissen, doch was sie sagte, schien die Vermutung zu bestätigen, dass es mehr als ein Traum gewesen war. Hatte der Scheißmeteor mir diese Rune verpasst? Oder sie nur erweckt? Man, das würde mir Kopfschmerzen bereiten.

Nach dem Frühstück brachen wir auf. Es gelang mir nach dieser Nacht nicht besonders gut, in meine übliche Unbekümmertheit hineinzufinden, so dass Rhyia bemerkte, wie nervös ich war, an diesen Ort zurückzukehren. Wir sprachen ein wenig darüber, ich ließ eine unvorsichtige Bemerkung darüber fallen, dass ich mich am Mörder von Dad rächen wollte. Rhyia war davon natürlich nicht begeistert und gab ihren Kirchensermon dazu wie Rache nichts bringen würde blablabla, doch was wusste sie schon von sowas.

In Emberwood angekommen hatte ich mich jedoch gefangen und war wieder mehr oder weniger ich selbst. Erinn bedankte sich recht herzlich für die Bewachung, bezahlte uns und gab uns den Tip, dass wir im Bark & Buzzard günstige Unterkünfte bekommen könnten, wenn wir erwähnten, dass er uns schickte. Der Mann wuchs mir immer mehr ans Herz. Während Mum, Carolyn und ich uns dorthin aufmachten, zog Rhyia mit Endra und Günter im Schlepptau Richtung Tempel ab. Wir hingegen wurden unterwegs von einem recht geschäftstüchtigem kleinen Mädchen abgefangen, dass uns für den „günstigen” Preis von einem Gold das Dörfchen zeigen wollte, was ich gerne zahlte. Tatsächlich gab es so einige nützliche Infos - unter anderem, wo die Hooded Lanterns stationiert waren, die mir sicher helfen konnten und außerdem, dass im Gilded Inn eine kleine Show geplant war, wo jeder sein Können zeigen konnte. Darauf hatte ich ziemlich Lust, Mum offenbar auch - sie wollte natürlich Bücher vorlesen. Zumindest in dieser Hinsicht war sie ganz die Alte und versuchte ständig, mich zum Lesen zu animieren, sie ließ nichtmal das Argument gelten, dass man ja schon wüsste, was man in Ruinen finden würde, wenn man vorher die Geschichte nachlas - das nähme doch jede Spannung weg. Im Lichte des Traumes konnte ich jedoch nicht anders, als zu überlegen, ob es nicht doch an der Zeit wäre, mir Dads Bücher näher anzusehen, die er mir für meine Rune gegeben hatte. Später. Jetzt war erstmal Zeit für wichtigere Dinge. Wir erreichten das Bark & Buzzard, wo wir auch wieder auf Rhyia trafen und ich bestellte nicht nur Räume, sondern auch Ale für jeden von uns, das uns als das Beste von Emberwood angepriesen wurde. Tatsächlich war es ziemlich gut, zu meiner großen Enttäuschung tranken Rhyia und Carolyn nichts davon. Bei Rhyia hatte ich es ja erwartet, aber Carolyn… jetzt waren es schon zwei in der Gruppe, die nicht wussten, wie man lebte. „Ein Leben ohne Fehler ist es nicht wert, gelebt zu werden”, hatte Dad immer gesagt. Die beiden waren immer so ernst, ließen irgendwie einfach nicht locker, egal, wie die Umstände waren… immerhin trank Mum mit und gemeinsam bekamen wir Carolyn dazu, ein wenig von sich zu erzählen. Sie hatte offenbar ein Zauberbuch gefunden, dass sie nach unvorsichtigem Umgang damit nicht loswurde und hörte seither Stimmen, aber konnte auch Magie wirken. Ihr Onkel hatte sie ausgebildet, stieß wohl aber jetzt an seine Grenzen, weswegen sie zur Akademie wollte… die geneuen Details entschwammen mir ehrlich gesagt, immerhin sollte das Ale von Rhyia und Carolyn nicht schal werden - es war wirklich sehr gut.

Während Carolyn immer mehr mit uns plauderte, ging plötzlich die Tür auf und eine Truppe von Abenteurern kam herein, offenbar reguläre Gäste, denn sie bestellten nur „das Übliche”, dann kamen sie auf uns zu und behandelten uns als Neulinge relativ von oben herab. Vermutlich hatten sie sich diesen Status verdient, es war nicht unüblich, dass man unter Schatzsuchern Frischlinge mit einem gewissen mitleidigen Hochmut betrachtete, ich nahm es ihnen also nicht krumm. Meine Begleiter schon eher. Ich nutzte die Gelegenheit und fragte sie, wo man hier Aufträge bekommen könne, was der Anführer - Frank - nur zu gerne beantworten würde… wenn einer von uns einen von ihnen sie in dem Spiel „Rattlecan” besiegte. Das klang nach Spaß, also meldete ich mich trotz Gegrummel und Gewarne meiner Gruppe nur zu gerne freiwillig. Wir gingen also alle nach draußen und um die Ecke, wo ein Figürchen mit einer Rüstung stand. Gewonnen hätte, wer als erster mit verbundenen Augen 3 Treffer landete. Okay, cool. Dann beging er einen Fehler, indem er mir die Wahl des Gegners überließ. Ich war mir ziemlich sicher, dass er am liebsten den Fleischberg, der Teil seiner Gruppe war, hätte antreten lassen, aber natürlich wählte stattdessen den eher schmächtigen Frank. „Großzügigerweise” ließ er mich zuerst antreten, was allerdings danebenging - die Rattlecan erwies sich als ziemlich schwatzhaft und ausweichend, so dass sie mich nach einer halben Minute ziellosen umherhauens ziemlich unsanft in die Ohnmacht schickte, aus der Rhyia mich wieder erweckte. Ich riss die Arme nach oben und jauchzte… das war ein Spiel nach meinem Geschmack! Frank hingegen schien nervöser vor seinem Versuch - wie sich herausstellte zurecht, denn schon der erste Schlag schickte ihn auf die Bretter. Würde mal sagen, ich hatte gewonnen. Schienen seine Leute von der Ivy League ähnlich zu sehen, denn sie erzählten, dass die Aufträge hier vor allem von den Fraktionen kämen. Mit dem Haken, dass man sich erst beweisen musste. Was wiederum hieß, dass wir zunächst auf eigene Faust losziehen und Delerium aus Drakkenheim mitbringen mussten. Ich erinnerte sofort an das Buch, dass uns beibringen würde, wie man sich beim Umgang mit Delerium Rikards Schicksal ersparte, doch die anderen hatten natürlich schon von selbst daran gedacht. Da es allerdings schon spät war und der Händler erst morgen erreichbar, gingen die anderen in die Scheune, die uns durch „ein Geschenk des Glaubens” für diese Nacht kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, während ich die… Vorzüge der Taverne auskosten wollte. Das Ale war einfach vorzüglich gewesen. Leider kostete der nächste Krug zwar weniger, schmeckte aber auch nach nichts. Klassische Verkaufstaktik, erst anlocken, dann das billige Zeug raushauen. Zu ihrem Pech war ich nicht betrunken genug, es zu merken. Musste mir mal überlegen, ob ich andere davor warnte, immerhin waren wir immer noch Gäste. Die folgenden Abende hier würde ich allerdings sicher nicht in dieser Taverne verbringen.

Nach diesem unerfreulichen Erlebnis machte auch ich mich auf den Weg ins Bett, ich war glücklicherweise angeheitert genug, dass mich meine Nervosität nicht daran hinderte, einzuschlafen und Kraft zu sammeln für unsere erste Expedition ins verfluchte Drakkenheim…