• Sonntag, 5. Januar 2025 06:07

Sitzung 3

Tueddelig
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Als ich morgens aufstand, schliefen die anderen noch, daher schlich ich mich raus und begann meine Übungen. Konnte nicht schaden… schließlich würde uns unser Weg heute vielleicht zu diesem beschissenen Ort namens Drakkenheim führen. Und es würde meinen Kopf von Gedanken frei halten. Nach einer Weile kamen, Mum, Rhyia und Carolyn heraus und wir machten uns auf den Weg zum Frühstück. Nach meinen gestrigen Erfahrungen hatte ich eigentlich wenig Lust, den Betrügern aus dem Bark & Buzzard noch mehr Geld in den Rachen zu schmeißen, daher schlug ich vor, woanders zu essen. Hatte ja große Lust aufs Skull & Sword, aber die anderen waren da nicht für zu haben. Auf Nachfrage erklärte ich ihnen, was gestern passiert war - worauf Rhyia gestand, dass sie dafür verantwortlich war. Das Mum beanspruchte, zu wissen, was am Besten für mich sei, okay, ist halt Mum. Aber dieses Leichtgewicht, dass nie trank und folglich nicht den Hauch einer Ahnung hatte, was zu viel war und was nicht, wollte jetzt darüber entscheiden, was ich abends tat und was nicht? Im Leben nicht. Ich fauchte sie an, dass sie das gefälligst lassen sollte und stapfte zum Bark & Buzzard, die anderen hinter mir lassend. Dort eintretend machte ich dem Barkeeper erstmal klar, dass er mich als Kunden verlieren würde, wenn er Rhyia sowas nochmal durchgehen ließe, dann setzte ich mich mit dem Frühstück an den Tisch. Gab dasselbe wie gestern, verschwendet wurde hier echt nix.

Als die anderen eintraten, war mein Zorn bereits verraucht. Klar, war scheiße, was Rhyia da abgezogen hatte, aber ich kannte sie ja - sie hatte keine Ahnung, wie gewöhnliche Leute tickten, aber hatte aus ihrer Sicht stets die besten Absichten. Keine gute Kombination, aber auch keine, die ich ihr wirklich anlasten konnte. Ich nahm mir vor, sie bei Gelegenheit mal davon zu überzeugen, mal ein paar Tage abseits der Kirche zu verbringen. Das Fußvolk kennenzulernen, sozusagen. Dann wurde das weitere Vorgehen besprochen. Ich ließ es zu, dass sich mein Kopf teilweise auf Arbeitsmodus umstellte. Hoffte, dass die Gedanken nicht wieder kämen und hatte Glück. Uff. Klar war erstmal, dass wir uns am Mittag dann das Buch zur Handhabe von Delerium besorgen würden und dann möglichst in Bälde nach Drakkenheim aufbrechen würden, unseren ersten Abstecher allerdings ohne Auftrag. Aufträge bekam man schließlich erst, wenn man sich bewiesen hatte, wie uns nun schon mehrfach gesagt wurde.

Da bis dahin noch Zeit blieb, beschloss ich, der örtlichen Schmiede einen Besuch abzustatten. Die Preise hier waren gesalzen, vielleicht konnte ich mir dort ein bisschen was dazuverdienen, indem ich aushalf. Aus irgendeinem Grund beschlossen die anderen, ebenfalls mitzukommen, so dass ich dort mitsamt Anhang aufkreuzte. Nachdem ich Emma kurz zuwinkte, die durch die Tür lugte und die zur Schau gestellten Rüstungen und Waffen begutachtet hatte (die von bemerkenswert guter Qualität waren), sprach ich mein Vorhaben bei dem Schmied an. Zu meiner großen Zufriedenheit schien er sehr angetan davon zu sein, eine weitere helfende Hand zu haben und wenngleich ich mir keinen Verdienst erhoffen konnte, würde ich doch kostenlos die Schmiede nutzen können und für eventuelle Reparaturen die Materialien bekommen, wenn ich im Gegenzug mit diversen Aufträgen aushalf. Dann zeigte der gute Crowe noch seine geschäftliche Seite und ich bog mich innerlich vor Lachen, als er unsere Rüstungen als mehr schlecht als bezeichnete, was besonders Rhyia mit ihrer sinnlos auf Hochglanz polierten Rüstung sauer aufstoßen musste. Wobei, zugegeben, n bisschen sauberer könnte meine schon sein. Außerdem kam im weiteren Gespräch heraus, dass dieser Komet offenbar auch ein seltenes Erz in sich trug, dass er sehr gerne haben und schmieden würde. Ganz verträumt wurde sein Blick dabei - der eines Mannes, der seinen Job liebt nunmal. Er erwähnte zwar auch, dass an selbiges wohl an Aldor den Immensen verkaufen könne, aber das war für mich nach dieser Liebeserklärung an sein Handwerk keine echte Option.

Nach diesem erfreulichen Intermezzo ging es zum Markt, wo wir nicht nur das viel zu ausführlich geschriebene Buch - na ja, Faltzettel - zum Behandeln von Delerium erstanden, sondern gleich noch eine kleine (Carolyn) und mittelgroße (ich) Bleikiste zum Transport derselben. Ansonsten stellte es sich heraus, dass wir diesbezüglich bereits erstaunlich gut ausgestattet waren, daher deckte ich mich noch mit Vorräten ein. Konnte ja nicht schaden, gerade hier.

Da es mittlerweile schon nachmittags war, beschlossen wir, lieber morgen erst aufzubrechen. Sehr zu meiner Freude… ich hatte keinesfalls vergessen, dass heute Abend in der Gilded Lily eine Talentshow stattfand, die einiges an Spaß verhieß. Auch wenn die anderen nicht so versessen darauf waren… Wunder über Wunder… aber immerhin begleiteten mich mal wieder alle (irgendwie kam ich mir heute vor wie eine Glucke mit Küken) in den Wald, um einen Baumstamm für meine Showeinlage zu organisieren. Als wir zurückkamen, sahen wir direkt einen großen Menschenauflauf. Offenbar war mal wieder ne Abenteurergruppe zurückgekommen… so what. Dann allerdings erspähte ich eine Person, die ich hier nicht erwartet hätte, über deren Anblick ich mich aber sehr freute. Obedaius! Der Zwerg hatte sich offenbar einer Abenteurergruppe hier angeschlossen, nachdem sich unsere Truppe damals aufgelöst hatte. Wie es aussah, eine sehr erfolgreiche Abenteurertruppe (wie wir später erfuhren, nannten sie sich die „Chaoskumpanen”). Ich ließ den Stamm fallen und watete durch die Menge, seinen Namen rufend. Er erkannte meine Stimme sofort und kam offenbar ebenso erfreut auf mich zu. Ein freundschaftliches Gerangel später lag er im Schlamm und ich half ihm lachend auf. Man, das tat gut… dann stellte er mir und den Mädels seine Truppe vor, einen recht schick gerüsteten Menschen namens Wan, offenbar der Anführer, einen gewaltigen Goliath, seines Zeichens offenbar Magier, und Rin, eine Halbelfe der man auf den ersten Blick ansah, dass sie ähnlich großes Selbstbewusstsein wie Carolyn hatte. Nach Mums üblicher Art, mir „Manieren beizubringen”, stellten auch wir uns vor, dann zog ich mit Obedaius und Rin (letztere mehr oder minder gegen ihren Willen) Arm in Arm in Richtung Skull & Sword ab, um ein bisschen in alten Zeiten zu schwelgen. Außerdem kam ich so auch noch in das Vergnügen, diese Kneipe kennenzulernen, deren Eingang ein Totenkopf auf einem Speer bewachte und der traditionell wohl von jedem begrüßt wurde, der hier zu Gast war.

Die Kneipe war dreckig, mit billigem Bier und voller rauflustiger Gestalten. Anders gesagt, genau nach meinem Geschmack. An solchen Orten wirkte die Welt irgendwie… ehrlicher, einfacher, so paradoxonal (oder wie das Wort auch heißt) das auch klang. Nach einiger Zeit stießen auch die anderen aus unseren Gruppen dazu, sie hatten mittlerweile wohl ihr eigenes Bonding betrieben. Ups, dabei hatte ich völlig vergessen, das Rin mit am Tisch saß. Nun, jetzt hatte sie ja Carolyn zum gemeinsamen Schweigen. Die beiden wären bestimmt ein süßes Paar… allerdings ging es recht schnell ins Geschäftliche über. Das Treffen mit Obedaius stellte sich als ein echter Glücksfall heraus. Nicht nur erfuhren wir einige recht interessante Dinge über die Fraktionen und die Umgansgweisen in Drakkenheim, sondern auch einen Tipp, dass wohl einige Abenteurer etwas gefunden hatten, aber nicht zurückgekommen waren. Natürlich hatte Rhyia wieder Platitüden über Leichenschändung, aber ich konnte nix Schändendes daran finden, wenn man etwas Wertvolles fand, dass diese nicht mehr benötigten und ihnen ohnehin nicht so recht gehört hatte. Zu scharf waren ihre Einwände allerdings auch nicht, schien wohl insgesamt ganz okay mit der Situation zu sein und so beschlossen wir kurzerhand, morgen sehr früh aufzustehen, um einen Vorsprung vor der Konkurrenz zu haben.

Doch zunächst war da noch die Show heute Abend, zu der ich die Chaoskumpanen prompt einlud. Obedaius hatte sich da ne nette Truppe zusammengesucht. Während Obedaius Feuer und Flamme war, als ich ihm die alte Show versprach, lehnten die anderen dankend ab. Nun ja, wer im besten Hotel des Dorfes schlief, hatte vermutlich genug Entertainment.

So verließen wir gemeinsam mit Obedaius das Skull & Sword zur entsprechenden Zeit zur Gilded Lily, wobei ich vorher noch den Baumstamm einsammelte. Würde ich ja brauchen und trotzdem sich die Gilded Lily tatsächlich als einer dieser Schickimicki-Läden herausstellte, ließ man mich ein ohne Fragen zu stellen. Offenbar war man hier dann doch einiges gewohnt, was ein Blick übers Publikum bestätigte. Deutlich bunter als erwartet. Vielleicht würde die Show doch verfangen, hatte schon meine Zweifel bekommen. Die Vorführung begann, einige waren recht talentiert, andere hingegen… nicht. Dann war ich dran. Rhyia raunte mir noch was Heiliges zu, nun, nett von ihr, ob ich nun an das Zeug glaubte oder nicht. Dann begann ich, zog die ganze Show ab, inklusive Freiwilligem, der den Baumstamm nicht anheben konnte mit anschließendem Wurf, der ganze Kladderadatsch halt. Kam erstaunlich gut an und am Ende des Abends hatte ich meine Auslagen für den Proviant wieder raus. Bingo. Doch dann hieß es, sich ins Bett zu begeben, der nächste Tag würde anstrengend und gefährlich werden. Damit nahm ich auch erstmal Abschied von Obedaius, aber den würde ich jawohl noch wiedersehen. Während wir gingen, fing ich plötzlich an zu Grinsen. Ich hatte ne Idee für die nächste Show, dafür würde es allerdings Obedaius brauchen…

Am nächsten… nun ja, nenne wir es einfach mal Morgen statt „mitten in der Nacht” standen wir auf, legten die Rüstungen an und zogen los. Unterwegs zog ich Rhyia noch beiseite und bat sie eindringlich darum, sich bei einem eventuellen Kampf im Hintergrund zu halten, statt wie letztes Mal reinzurennen. Mehr als wir anderen brauchten wir sie stehend.

Je näher wir der verfluchten Stadt kamen, desto größer wurde meine Anspannung. Immerhin - die jahrelang antrainierte Disziplin funktionierte noch, mein Kopf war vollkommen klar, arbeitete wie er sollte und hielt jeden ablenkenden Gedanken fern. Was mich doch sehr erleichterte…

Wenig später blickten wir von einer Anhöhe auf Drakkenheim. Der Anblick hatte nichts von seiner Scheußlichkeit verloren, doch was half es - wir würden herein. Die anderen hatten davon gesprochen, dass wir in die Innenbezirke nur kommen würden, wenn uns eine der Fraktionen durch ihr Tor ließe, sich hereinzuschmuggeln wäre ausgesprochen gefährlich. War das der Grund warum Vater…? Ich würgte den Gedanken sofort wieder herunter. Konzentration, Rhona… jedenfalls lag unser Ziel glücklicherweise in einem der Außenbezirke.

Tatsächlich war es dank der Beschreibung von Wan schnell gefunden, doch damit hatte unser Glück ein Ende, denn es wurde von 6 Wesen bewacht, die dem, in welches sich Rickard verwandelt hatte, nicht unähnlich waren. Erstaunlicherweise mussten wir tatsächlich erst überlegen, ob wir diese ausschalten würden - ich hätte nicht gedacht, dass das angezweifelt werden könne. Wenn wir hier Erfolg haben wollten, würden wir gewisse Risiken eingehen müssen, was wir letzten Endes auch taten.

Ich muss zugeben, die Viecher schlugen sich besser als gedacht und explodierten zu allem Überfluss, wenn sie starben… widerlich. Jetzt würde ich Rhyia wohl beim Rüstung polieren Gesellschaft leisten müssen. Allerdings schlugen wir uns aus meiner Sicht ziemlich gut für die paar Tage, die wir nun gemeinsam unterwegs waren und konnten wenig später die Kiste in Augenschein nehmen. Leider nicht ungestört - eine weitere Gruppe aus 3 Personen hatte ihr Auge darauf geworfen und schien nicht viel davon zu halten, als ich eine alte Regel der Schatzsucher rezitierte: Der Schatz gehört dem, der ihn zuerst erreicht. Sie entblödeten sich tatsächlich nicht, zu behaupten, sie hätten sie ja zuerst gesehen. Die Situation drohte zu eskalieren, Mum zeigte erstaunlich mangelhafte Skrupel und Rhyia versteigerte sich gar zu einer Todesdrohung im Namen des Gesetzes, was mir entschieden zu weit ging. Ihre übertriebene Begeisterung für Glauben und gesetzlich sanktionierte Exekutionen würde uns nochmal richtig in die Scheiße reiten, wenn sie so weitermachte. Die ganze Situation erinnerte ohnehin schon unangenehm an die, nach deren Ausgang ich Rhyia zum ersten Mal getroffen hatte. Aus der sie uns dann gerettet hatte. Welch Ironie…

Meine Gedanken rasten unangenehm schnell. Ein weiterer Kampf war das letzte, was wir jetzt brauchten. Wer auch immer daraus siegreich hervorging, der Lärm würde weitere von diesen Monstern anlocken, die dann mit den geschwächten Überlebenden leichtes Spiel hätten und nichts wäre gewonnen. Daher machte ich das Angebot, den Schatz mit ihnen zu teilen. Die anderen waren davon natürlich überhaupt nicht begeistert - ich ja auch nicht, aber wir hatten aus meiner Sicht kaum eine andere Möglichkeit und ich atmete erleichtert auf, als alle zustimmten, sich an einen sicheren Ort zurückzuziehen und dort die genauen Bedingungen auszuhandeln.

Als wir die Kiste öffneten, war dies jedoch gar nicht mehr nötig. In der Kiste war nicht das erhoffte Delerium, sondern ein metallenes Etwas, fast wie eine Art riesiges Insekt. Während ich noch laut überlegte, dass man es schlicht verkaufen und den Gewinn verteilen könne, hatte die andere Gruppe bereits jegliches Interesse verloren, offenbar wollten sie nur Delerium. Ihr Verlust, ich konnte mit dieser Entwicklung gut leben. Wobei die Frage war, ob wir es verkaufen würden, denn Mum schien ein merkwürdiges Interesse an der Kreatur zu zeigen, versuchte gar, es wieder in Gang zu bringen. Vielleicht würde ein Haustier, sogar ein mechanisches ihr gut tun, um sich etwas normaler zu benehmen?

Oh man. Jetzt klang ich schon wie sie, zumindest wie die Halbling, die sie vor dem Kometeneinschlag gewesen war…