Sitzung 1

Tueddelig
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Wir waren spät dran. Erin Marlowe, unser Auftraggeber, hatte sich beim Mittagessen etwas zu ausführlich bedient. Na okay, wir würden auch gut 2 Wochen unterwegs sein, aber trotzdem… ich war begierig darauf, nach Drakkenheim zurückzukehren. Wurde verdammt nochmal Zeit - unfinished business. Warum Mum so unbedingt dorthin wollte, wusste ich immer noch nicht. Sie hatte sich irgendwie gar nicht und doch sehr verändert, womit ich nicht nur ihr Äußeres meinte. Aber hey, es waren 15 Jahre gewesen. Kann nicht behaupten, dass ich mich nicht verändert hätte. Und bei allen nervigen Eigenschaften, es war einfach nur schön, sie wiederzusehen. Gerade nachdem Dad…

Als wir mit dem Wagen um die Ecke auf den Marktplatz einbogen, erwartete mich dort eine weitere Überraschung… ich kannte eine der beiden Personen, die mit uns Eskorte spielen würden. Damit meinte ich nicht die junge Frau (ich schätzte sie auf etwa mein Alter), die ganz in schwarz gekleidet dort stand, sondern eher die gut gerüstete, die gerade mit ihren Blicken Dolche in ihr sichtbar schrumpfendes Gegenüber stach. Wusste zwar nicht, was genau passiert war, aber wahrscheinlich irgendwas Götterlästiges - bezweifelte, dass Rhyia schon den Stock in ihrem Hintern gefunden hatte. Ich freute mich trotzdem aufrichtig, sie zu sehen. Sie hatte sich damals als echt hilfreich und zuverlässig erwiesen, könnten wir gut brauchen. Ich meine, wir waren unterwegs nach fucking Drakkenheim.

Nach einer kurzen Vorstellung - die Frau in schwarz hieß Carolyn und war offenbar so ne Art Magierin, was Rhyias gute Laune erklärte - ging es endlich los. Wobei mir die Fahrt schon nach wenigen Minuten zu lang vorkam - Rhyia und Mum hatten schnell darüber gebondet, intime und peinliche Sachen über mich auszuplaudern. Als wäre ich wieder ein kleines Kind. War schon fast froh, als Erin einen unvorsichtigen Kommentar machte und ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Gab mir Gelegenheit, das Thema mit dem Angebot eines Kartenspiels zu unterbrechen, was ausgerechnet Rhyia annahm. Carolyn hingegen schien Spaß nicht zu mögen - ich nahm mir vor, sie in Emberwood mal in ne Taverne zu schleppen, vielleicht würde sie das n bisschen lockern. Meine steigende Laune erhielt allerdings noch einen Dämpfer, als Rhyia nach Dad fragte. Tat auch nach 3 Wochen noch verdammt weh, und würde es wohl auch weiterhin, also sagte ich ihr recht ruppig, dass er tot war. Im Nachhinein tat mir meine Ruppigkeit Leid, aber ich hoffte, sie hätte es mir nicht übel genommen, sie wirkte eher mitfühlend als beleidigt.

Im Verlauf der Woche lernte ich mich, mit allem zu arrangieren. Gab ja sonst auch nix zu tun. Bis dann eines Tages ein Typ auf dem Pferd vor uns stand, sich als Bogan vorstellte und uns freundlicherweise anbot, uns um ein paar Waren zu erleichtern und im Gegenzug freies Geleit zu lassen. Hatte schon genug mit solchen Typen zu tun gehabt um zu wissen, wo das enden würde, also sprang ich genau wie Rhyia und Mum ab, Hand am Schwert - und dann ungläubig zuhörend, wie Mum mit ihm verhandeln wollte. Okay, passte zu einem weltfremden Bücherwurm, der sie eben auch sein konnte, aber hätte ich jetzt nicht mit gerechnet. Rhyia offenbar auch nicht, sie murmelte Mum ständig zu, sie solle das lassen. Ich beeilte mich, hinterher zu kommen, konnte es nicht gebrauchen, ein weiteres Elternteil zu verlieren. Soweit kam es aber nicht, denn noch während einer der Banditen zu uns unterwegs war, um uns um Gold zu erleichtern, schossen die anderen beiden Gehilfen plötzlich auf den Wagen. Offenbar hatte Carolyn die Nerven verloren. War etwas, womit ich umgehen konnte, aber ich machte mir Sorgen um den Typen auf dem Pferd… wenn der los ritt, würde er uns einfach niedertrampeln. Ich stürmte daher los, verpasste dem Banditen vor uns noch im Vorbeigehen einen Hieb und sprang dann auf den Anführer zu und riss ihm vom Pferd, dass daraufhin davon raste. Er befreite sich und während die anderen sich um die Banditen kümmerten, hatte ich meinen Gegner gefunden. Einen nicht untalentierten Gegner, wie ich gestehen musste, aber unser aufeinandertreffen endete, nicht zuletzt dank einem erneuten aufflammen meiner Rune ohne mein Zutun, trotzdem mit einem gebrochenen Schädel seinerseits. Mich umsehend bemerkte ich, dass auch die anderen sich ihrer Gegner entledigt hatten und Mum bereits dabei war, die Leichen nach nützlichen Gegenständen zu durchsuchen. Gute Idee, also machte ich das auch und fand immerhin ein paar Goldmünzen.

Erst später fiel mir und uns auf, dass den Leichen wie durch Zauberhand plötzlich immer ein Auge fehlte. Hä? Wie war’n das passiert? Rhyia begann zu spekulieren, dass Mum vielleicht etwas damit zu tun haben könnte, aber das verbannte ich für mich sofort in das Fantasieland, aus dem diese Idee stammte.

Lange Nachdenken konnten wir ohnehin nicht darüber, da Caroyln uns plötzlich auf eine Bewegung aufmerksam machte und daraufhin ein weiterer Bandit aus dem Gebüsch trat und erstarrte. Er hatte sich den Ausgang offenbar anders vorgestellt. Ich überlegte nicht lange, raste auf ihn zu, packte ihn und schliff ihn zurück. Würde uns ein paar Fragen beantworten müssen, der gute Günther, wie er sich weinerlicherweise vorstellte. Unter den kaum verhohlenen Drohungen von Rhyia plauderte er panisch aus, dass die restlichen 6 Banditen ihr Camp nicht weit von hier hatten, was immerhin sein Leben rettete. Was auch immer das wert sein würde, Rhyia wollte ihn auf Teufel komm raus (hehe, Teufel) dazu verdonnern, sich ihrem Glauben anzuschließen. Meh, sie war halt ne Priesterin.

Wir kamen schnell darin überein, dass Camp dem Erdboden gleich- und die Straße damit sicherer zu machen. Wie genau, nun, das wurde ausgiebig diskutiert. Mum schlug vor, sich mit der Kleidung der Banditen zu tarnen, was ich anhand der offensichtlichen amna… anatam… körperlichen Unterschiede zwar merkwürdig fand, aber die anderen waren damit einverstanden und wie Mum mir in ihrer ganz eigenen Art verklickerte, müsste man ja nur ein paar Sekunden Verwirrung brauchen.

Tatsächlich hatte Günther vor Ort aber einen besseren Plan - er würde die anderen rauslocken und wir sie dann im Dunkeln überfallen. Gebongt. Ich nahm seine Fesseln ab und flüsterte ihm zu, dass er, sobald es losging, losrennen sollte. Jeder hatte ne zweite Chance verdient, und die sollte er doch bitte frei wählen, statt sich aus Angst irgendeiner Religion anzuschließen. Dann legten wir uns auf die Lauer.

Es dauerte zwar eine Weile, aber Günther machte seinen Job gut… etwa 10 Minuten kamen alle Banditen aus der Scheune heraus, Schubkarren und Fackeln in den Händen. Zwar erblickten sie entweder Rhyia oder Mum, doch da war es schon zu spät - Mum brachte sie irgendwie zum Leuchten und ich war schon mitten unter ihnen. Allerdings auch Rhyia und es war deutlich, dass sie zwar recht fähig war, aber der Kampf mit dem Hammer nicht ihre uneingeschränkte Stärke war. Es sah zwischendurch fast so aus, als würden wir sie verlieren, aber glücklicherweise rettete sie sich durch denselben Hokuspokus, mit dem sie auch mich schon wieder zusammengeflickt hatte.

Kurz darauf machten Mum und ich uns daran, die Leichen zu looten, während Carolyn und Rhyia sich die Scheune besahen. Vielleicht würden sie sich ja darüber mal ein wenig näher kommen… der Gedanke endete abrupt, als mir auffiel, dass den Leichen auch hier plötzlich wieder ein Auge fehlte. Ich stupste vorsichtig in die Augenhöhle. Nope, kein Trugbild. Buärks. Also informierte ich die anderen in der Scheune, die nebenbei einen Riesenbatzen Gold gefunden hatten. Bingo, Straße sicherer und schon dafür bezahlt worden, lief doch.

Wenig später stieß ein besorgter Günther zu uns, der uns mitteilte, dass Erin besorgt auf uns wartete. Hatten gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit verging. Günther war also nicht davongelaufen, sondern hatte sich Erins „Gang” angeschlossen. Auch cool, selbst wenn Rhyia natürlich wieder an ihren „Deal” erinnerte. Die Frau war wirklich null entspannt… aber halt zuverlässig. Reichte mir, aber Günther tat mir schon etwas Leid.

Die nächsten Tage verliefen wieder entspannter, bis uns erneut drei Gestalten entgegenkamen, diese aber eindeutig nicht in feindlicher Absicht. Zwei kleinere Menschen stützten einen verhüllten Hünen, der uns als Rikard vorgestellt wurde und trotz all seiner Kraft kaum laufen konnte. Er hatte wohl irgendeine Krankheit, sein Gesicht war halb verfault - Rhyia tat bewundernswerterweise ihr Bestes, ihm zu helfen, schien auch etwas zu wirken. Mum und ich teilten derweil unsere Rationen mit der ausgehungerten Truppe. Ludwig und Endra - so hießen Rikards Begleiter - erzählten, dass sie aus Drakkenheim kamen und dort Delerium gesucht hatten. Es war offenbar sehr schwer, dort Aufträge zu bekommen, bevor man welches zurückbrachte. Sie hatten auch tatsächlich welches gefunden, doch da sie es für unnötig befunden hatten, für eine Anleitung zur Handhabung des Minerals zu kaufen, war es schrecklich schief gegangen und Rikard schwer krank geworden. Nun wollten sie versuchen, Hilfe zu finden, die Kirche in Emberwood hatte sie abgewiesen. Rhyia war darüber sichtlich irritiert und bot an, die beiden mitzunehmen, sie würde die Kirchlinge schon überzeugen, ihnen zu helfen. Nett von ihr, und auch weder wir noch Ludwig und Endra hatten Einwände und so betteten wir uns gemeinsam zur Ruhe.

Zumindest für kurze Zeit, denn während meiner Wache bemerkte ich, wie Rikard plötzlich unruhig wurde. In Windeseile wuchs es sich zu einer Raserei aus und sein Gesicht verformte sich, der Arm, der nicht mehr als ein Tentakel gewesen war, kam zum Vorschein - vor meinen Augen verwandelte sich der Hüne in ein Monstrum. Laut rufend weckte ich die anderen und zog mein Schwert…