Sitzung 4

Tueddelig
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Nach einer kurzen Pause, um wieder zu Atem zu kommen, setzten wir unsere Suche nach Delerium fort. Schon kurz darauf stießen wir auf einen zerbrochenen Wagen - umringt von 3 Leuten. Oder besser 3 Leichen, wie Mum wenig später bestätigte. Es kam mir merkwürdig vor, dass nur diese 3 Leichen dort lagen und sonst niemand - es hieß, dass die Angreifer entweder keine Verluste erlitten hatten oder ihre Leichen beseitigt hatten, aber die ihrer Opfer liegen gelassen hatten. Eine Falle?

Ja. Doch obwohl wir uns so vorsichtig wie es mit metallisch klackenden Rüstungen halt ging fortbewegten, erkannten wir diese erst, als wir hineingetappt waren. Rune um uns herum schossen kleine… Rattenmenschen (?) heran. Über eine alleine hätte ich vermutlich gelächelt, doch es waren mehr. Viel mehr. Ehe wir es uns versahen, befanden wir uns ein weiteres Mal in einem Kampf auf Leben und Tod mit den erstaunlich treffsicheren Bastarden. Auch wenn sie einzeln kaum bedrohlich sein mochten, machte die Masse sie brandgefährlich. Rhyia bewies einmal mehr, wie hilfreich es war, sie auf der eigenen Seite zu haben, als sie mit einem Aufleuchten ihres Symboldings gleich mehrere niederstreckte, doch das konnte nicht verhindern, dass Mum von den Angreifern niedergeschlagen wurde. Ich spürte Panik in mir aufschreiben. Ich hatte sie gerade erst wiedergefunden und würde kein zweites Elternteil in diesen Ruinen verlieren! Voll verzweifelter Wut brach ich einem Ratling mit meinem Stiefel den Schädel und machte mich auf den Weg zu Mum, doch Carolyn und Rhyia waren bereits bei ihr, was mich unendlich dankbar machte und insbesondere bei Carolyn imponierte - im Gegensatz zu uns anderen war sie nicht schwer gerüstet, doch war bereit, ihr Leben für diese Person, die sie gerade erst kennen gelernt hatte, aufs Spiel zu setzen.

Rhyia rief noch einmal ihre Magie herbei und mehrere Ratten fielen. Man konnte von ihrem Glauben ja halten, was man wollte, aber er war… efizent? Diese Bücher… Doch nun hatten die Ratlinge sie als Ziel ausgewählt und auch Rhyia brach unter ihren Schlägen zusammen. Die Panik war wieder da. Zu unserem Glück hatte das letzte Aufleuchten und die Tatsache, dass Carolyn irgendwie den Kopf eines von 3 verbliebenen Ratlings einfach explodieren ließ (way to go, Carolyn!) ihren Kampfgeist erlöschen lassen und sie flohen. Als der Angriff vorbei war, übernahm die Panik vollends und ich stürzte zu Mum. Ich versuchte ihr zu helfen, und immerhin atmete sie noch, doch es schien, als hätte nichts einen Effekt. Ihre Wunden schlossen sich, doch ohne mein zutun, und doch wirkte es, als wäre sie nach an der Schwelle zum Tod. Nebenan kümmerte sich Carolyn offenbar erfolgreicher um Rhyia, deren Atmung sich beruhigte, doch ich starrte nur weiter auf Mum.

Die mit einem Mal die Augen öffnete und sich ruckhaft aufsetzte. Ich hinterfragte ihren verwirrten Ausdruck nicht groß, sondern freute mich nur, sie wiederzuhaben. In Windeseile bauten wir eine Trage für Rhyia aus dem zerbrochenen Wagen und durchsuchten die Gefallenen, wobei immerhin ein paar Kiesel Delerium abfielen. Völlig umsonst war der Ausflug also immerhin nicht gewesen. Beim Durchsuchen fiel uns weiterhin auf, dass die drei Leichen, die wir zuerst gesehen hatten, von der Hooded Lantern stammten und ganz offenbar nicht allein hier gewesen waren, doch wir waren nun wirklich nicht in der Verfassung, die Überlebenden zu suchen. Daher steckten wir nur ihre Abzeichen zur Identifizierung ein und zogen uns an einen sicheren Ort zurück um zum zweiten Mal an diesem Tag zu Atem zu kommen und Rhyia Gelegenheit zu geben, wieder zu Sinnen zu kommen.

Leider ließ sich diese Zeit damit, so dass wir sie zunächst auf der Trage weiter mitnehmen müssten. Gemeinsam mit dem Metallungetüm von vorhin keine leichte Aufgabe, doch die gelegentlichen Pausen, die wir dadurch einlegen mussten, erwiesen sich als fruchtbar, fand ich doch tatsächlich noch einen Behälter mit zwei deutlich größeren Deleriumfragmenten. Würde man uns in Emberwood vielleicht doch nicht auslachen. Als Rhyia dann nach mehreren Stunden immer noch nicht bei sich war, stieg schon langsam wieder Panik in mir auf, doch endlich schlug sie die Augen auf. Ich wollte sie schon überschwänglich umarmen aus Freude, doch erinnerte mich rechtzeitig an ihre Wunden und legte ihr nur die Hand auf die Schulter und sagte ihr, wie sehr ich mich freute, sie wieder unter uns zu wissen.

Mum hingegen benahm sich sofort wieder merkwürdig. Fragte Rhyia, was sie gesehen hatte, als sie auf der Schwelle des Todes stand. Ich beäugte Mum misstrauisch. Es war offensichtlich, dass sie etwas verheimlichte. MIR, ihrer Tochter, verheimlichte - und das tat weh. Mit zunehmender Ungeduld drang ich auf sie ein, endlich mal was zu erzählen, doch sie wich nur aus, was mich schlussendlich wütend machte. Irgendwann verstieg sie sich gar dazu, mich von oben herab wie ein kleines Kind von damals zu behandeln und mir zu sagen, dass sie es einfach besser wüsste als ich. Mein Geduldsfaden riss endgültig. Ich war ohnehin noch nie ein besonders geduldiger Mensch gewesen, aber das schlug dem Fass den Deckel ab. Ich explodierte, brüllte sie mit diversen Kraftausdrücken an und stampfte davon. Ich brauchte dringend Abstand von ihr. Ich besann mich schon nach kurzer Zeit darauf, dass es unklug war, hier allein zu sein und ließ die anderen wieder zu mir aufschließen, doch meine Wut auf Mum blieb. 15 Jahre hatten wir uns nicht gesehen und sie behandelte mich einfach weiter wie die 6-jährige von damals und schlimmer, log mir auch noch ins Gesicht, selbst wenn ich ihr sagte, dass ich ihr kein Wort glaubte!

Zurück in Emberwood, es war mittlerweile später Abend geworden, schauten wir zunächst bei der Hooded Lantern vorbei und gaben die Abzeichen ab. Der junge Captain, der sie sichtlich aufgeregt entgegennahm, fragte uns nach einer spezifischen Person, seiner Schwester Petra. Da sie nicht unter den Leichen war, nahm er offenbar an, dass sie noch lebte und drehte sich zum Gehen, vermutlich, um eine Expedition zusammenzustellen? Allerdings nicht ohne uns zu danken und im Gegenzug boten wir uns an, nach den Vermissten Ausschau zu halten. Ich war sehr froh darüber, dass die anderen das ebenfalls tun wollten, denn ich setzte gewisse Hoffnungen auf die Hooded Lantern, wie ich Georg, der mit uns im Hof zurückblieb, eröffnete. Dieser zuckte mit den Schultern und meinte, dass ich darüber mit dem Captain oder Lord Commander sprechen müsse, aber gab mir den Hinweis, dass die Queen’s Men in diesem Fall vielleicht eine gute Anlaufstele wären. Was Rhyia natürlich gar nicht gefiel.

Wir wandten uns zum Gehen. Die anderen wollten unsere Funde direkt verkaufen, ich hingegen sah die Zeit als günstig, mal ein bisschen Abstand von Mum zu gewinnen. Und ich wusste eine Person, die mir dabei helfen und vielleicht auch den Kopf gerade rücken würde. Ich informierte die anderen daher, dass ich zum Red Lion Hotel aufbrechen würde. Carolyn versprach ich noch, dass ich dort nicht, wie ich kurz vorher vorgeschlagen hatte, der Amethyst Academy auf den Pelz rücken würde, das war auch gar nicht mein Plan. Als ich mich schon ein bisschen entfernt hatte, holte Rhyia mich noch ein und bedankte sich bei mir für das Geschleppe ihrer selbst. War ja selbstverständlich, aber es tat gut, das zu hören. Da auch sie einiges für mein Überleben beigetragen hatte, erwiderte ich den Dank. Sie mochte teilweise extreme Ansichten haben, gepaart mit einer Lanze im Arsch, aber im Grunde war sie halt wirklich voll okay. Fast schon eine Freundin, auch wenn das Wort vielleicht (noch) etwas zu groß sein mochte.

Jedenfalls stiefelte ich dann los. Obedaius sagte, er wohne im Red Lion Inn, wir waren nur einen Tag weggewesen, die Chancen standen ganz gut, dass er noch da war. Allerdings wurde ich enttäuscht - die Chaoskumpanen waren nicht da. Allerdings wusste die Empfangsdame auch nicht, wohin, sie seien wohl noch nicht zurück. Schon wieder machte sich Unbehagen breit. Meine letzte Nacht in Drakkenheim war wohl die furchtbarste in meinem Leben gewesen - ich hoffte sehr, dass Obedaius und seine Crew nicht auf den Gedanken verfallen waren, dort eine Nacht zu verbringen. In der Hoffnung, sie vielleicht doch noch zu sehen, setzte ich mich eine Weile außerhalb des Dorfes an die Brücke. Dabei nagten sowohl Dads als auch Mums Worte zu den Büchern und dem Wissen darin an mir. Kurzerhand holte ich also Dads Bücher heraus und begann zu lesen. Muss sagen, war spannender als gedacht. Ich fand keine Rune von ähnlicher Beschaffenheit wie meine und verstand längst nicht alles davon, aber ein paar klangen in ihrer Wirkung sehr interessant.

Nach einer knappen Stunde oder so sah ich ein, dass Obedaius nicht kommen würde. Oder war er vielleicht doch noch in Emberwood? Wenn ja, wusste ich wo… wenn ich ehrlich zu mir war, glaubte ich selbst nicht daran. Aber ich wollte gerade auch gar nicht ehrlich zu mir sein, dann hätte ich nämlich noch andere Dinge eingestehen müssen, die mir gegen den Strich gingen. Und das Skull & Sword hatte ich ja sowieso als Endpunkt des heutigen Tages auserkoren, also warum nicht?

Ich begrüßte den Schädel mit einem fröhlichen „Lass den Kiefer mal nicht hängen” und trat ein. Natürlich waren weder Obedaius noch einer der seinen da, aber ich genoss trotzdem die, nun ja, ausgelassene Atmosphäre und setzte mich mit einem Bierkrug hin. Heute musste vergessen werden. Ich hatte allerdings kaum den ersten Krug gelehrt, als ein neuer vor meine Nase gestellt wurde und sich ein Mann mit schmalzigen Haaren, der etwas zu verzweifelt versuchte, schick gekleidet zu wirken, vor mich setzte. Nun, die Nacht war jung, warum nicht… allerdings entwickelte sich das Gespräch in eine ganz andere Richtung. Er gab sich recht schnell als Black Jack Mel, einer von den Queen’s Men zu erkennen und machte mir ein nahezu unverschämt gutes Angebot. Er sei noch auf der Suche nach Champions für ein Tag Team Turnier der Königin und hätte da meine Gruppe oder zumindest mich ins Auge gefasst, wenn ich jemand anderen auftreiben könnte, der ähnlich muskulös gebaut war. Ich ging in Gedanken meine Gefährten durch und fing an zu Grinsen, als ich erkannte, auf wen das zutraf. Rhyia würde ganz und gar nicht begeistert sein, obwohl Mel versicherte, dass Tod bei dem Turnier unerwünscht (wenn auch nicht völlig auszuschließen) sei und extra ein Priester zur Heilung bereit stand. Was das Angebot aber wirklich attraktiv machte war nicht der versprochene Spaß, sondern, dass Michael... äh, Mel, ehrlich zu glauben schien, dass die Königin alles wissen würde, was in Drakkenheim vor sich ging. Also auch den Mörder meines Vaters kennen würde. Und am Ende des Turniers den Siegern einen Wunsch erfüllte…

BJ Mel verabschiedete sich und bestellte mir ein weiteres Bier. Er schien sich sehr sicher, dass ich auf das Angebot eingehen würde. Während diese Sicherheit sicherlich übertrieben war, so musste ich doch zugeben, dass ich es sehr ernsthaft in Erwägung zog. Auch wenn es scheiße schwer sein würde, die anderen und besonders Rhyia davon zu überzeugen.

Aber das musste eh bis morgen warten. Jetzt galt es, den Tag würdig zu beenden. Während ich also begann, den Fraß des Sword & Skull zusammen mit weiterem Bier in mich reinzulöffeln, wanderte mein Kopf relativ ungewollt zu dem Buch zurück. Gedankenverloren packte ich mein Schwert auf den Tisch (was anscheinend niemanden störte - ich liebte diese Kneipe) und ein paar der Runen hereinzusetzen. Bücher waren ja schön und gut, aber nichts war besser als die Praxis… wie gut es mir gelang vermochte ich kaum zu sagen, der Alkohol tat seine Wirkung.

Nach einiger Zeit, draußen war es schon lange dunkel, stand ich also auf und wankte glückselig betrunken zurück zu unserer Scheune. Während ich mich mit einigen Schwierigkeiten aus meiner Rüstung schälte, registrierte ich trotzdem noch, dass Mum wach war und an irgendwas rumnähte. Sollte sie doch, die blöde… Mum. Während ich mich ins Heu warf (was sich irgendwie länger anfühlte, als es sollte… Alkohol halt), registrierte ich noch, wie Mum etwas davon sagte, dass sie nicht mehr warten könne. Halb dachte ich noch darüber nach, ob ich sie fragen wollte, aber sie würde mir ja doch nur wieder ausweichen. Vielleicht morgen, wenn wir’n bisschen was geklärt hatten.