• Sonntag, 22. Dezember 2024 14:57

Sitzung 98

Tueddelig
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Das Essen war hervorragend. Die hiesige Küche vermochte zu gefallen. Layara hingegen schien sich etwas übernommen zu machen und um meinen Kommentar von vorhin wieder gutzumachen, bot ich an, ihre Portion zu übernehmen, was sie sichtlich erleichtert annahm. Beim weiteren Essen berieten wir, wie es nun weitergehen sollte. Unstrittig war, dass wir uns nun um die Suche nach Fins Freunden widmen wollten, doch wo starten? Road’s End schien die offensichtliche Wahl, doch im weiteren Verlauf wurden weitere Informationen offenbar, die das in Frage stellten. Fins Freunde waren offenbar Gefangene, die wohl kaum dorthin gerbracht werden würden. Die Gedanken gingen daher eher in die Richtung, dass es möglicherweise Gefängnisinseln oder –schiffe geben könnte. Möglicherweise wusste diese Bardin, Foamwave, mehr?

Ich hätte es bevorzugt, sie direkt zu fragen, doch leider erwies sich ihre Kollegin diesbezüglich als nicht besonders kooperativ. Also mussten wir halt zu ihr gehen. So standen wir nach einem weiteren Versuch auf und gingen hinein, um diesen fugi Ravel zu befragen, wann wir mit ihr sprechen könnten. Dieser stellte uns daraufhin sogar sein Büro zur Verfügung und ließ sie sofort rufen.

Leider war Foamwave nicht unbedingt dazu bereit, uns Informationen zu geben, zu merkwürdig und direkt war ihr dieses Aufeinandertreffen wohl. Nicht, dass ich es ihr verübelte, ich war mir sicher, dass die vættr uns früher oder später einen anderen Weg aufzeigen würden. Fin hingegen war deutlich ungeduldiger und wandte einen Zauber an, der sie reden ließ wie einen Wasserfall. Es war eine Sache, andere durch Taten und Worte zu überzeugen, doch durch einen Zauber ... er musste wirklich verzweifelt sein. Immerhin erfuhren wir so, dass es eine Inselgruppe in den „Points” gab, wo Gefangene hingebracht wurden. Als sie gegangen war, nicht ohne zu erwähnen, dass sie noch jemandem von uns berichten wollte.

Als sie nunmehr weg war, wollte Layara von Fin wissen, was er da getan hatte, schien es aber zu akzeptieren, als Fin ihr versicherte dass er das noch nie bei jemandem von uns getan hatte. Genau wie wir anderen auch – aus Verzweiflung taten Leute häufig Dinge, die nicht ihrem wahren Charakter entsprachen, warum sollte es bei Fin anders sein. Mit der neuen Information drehte sich das weitere Gespräch eher darum, wie wir an ein Schiff kommen sollten. Da es gewisse Umstände gab, die den anderen eine Rückkehr in die Stadt erschwerten, bot ich an, zunächst allein dorthin zu gehen und ein Schiff zu chartern. Doch für heute war das keine Option mehr, es war zu spät. Layara kehrte kurz darauf von ihrem Gespräch mit Belaxarim und Tamarax zurück. Sie wirkte gelöster, selbstsicherer als ich sie kennen gelernt hatte. Es war gut zu sehen, wenngleich ich noch nicht alle Zweifel abgelegt hatte, was ihre Rolle in Goroks und meinem draumr betraf.

Doch am nächsten Morgen war alles anders. Leeroy war verschwunden und hatte zum Abschied einen Brief sowie einen Ring hinterlassen. Eine sehr merkwürdige Art, sich von seinen Freunden zu verabschieden. Es sprach nichts dagegen, dem eigenen Weg folgen zu wollen, doch so? Als ich ging, hatte es ein Fest gegeben und niemand hatte versucht, mich aufzuhalten. Wie vieles hier doch anders war. Zu allem Überfluss erzählte Gorok, dass er einen weiteren Traum gehabt hatte. Gerne hätte ich darüber gesprochen, doch ich musste ihn auf später vertrösten – Layara wollte versuchen ihn einzuholen und ich hatte vor, sie dabei zu unterstützen. Ich sattelte Kendra und wir ritten los. Leeroys Spur zu folgen war leicht, doch dann verlor sie sich. Besser gesagt, löste sich auf, in unzählige kleinere Spuren. Ein Rätsel, auf das ich mir keinen Reim machen konnte. So schien es, als würden wir diesen umskipti akzeptieren müssen – wir würden sehen, wohin es führte.

Zurück am Hort warteten Fin und Gorok bereits auf uns. Nun hatte Gorok auch Zeit, mir von seinem draumr zu erzählen und er war ... beunruhigend. Anscheinend sprach seine Waffe mit ihm. Nun, soweit nichts Besorgnis erregendes, die vættr nahmen viele Gestalten an. Beunruhigender war, dass die Waffe offenbar von ihm forderte, nur noch sie zu verwenden und Gorok vollständig von dem Wunsch beseelt schien, dieser Forderung Folge zu leisten. Laut den anderen war die Waffe ihm von Narchessa und damit einer eher dunkleren Quelle geschenkt worden. Gleichzeitig schien die Stimme aber dieselbe zu sein, die mich damals zu ihm geschickt hatte. Doch mir war kein Fall bekannt, in dem vættr die Bindung an einen Gegenstand forderten und die fanatische Ergebenheit Goroks war nicht gerade beruhigend. Zunächst konnte ich jedoch nichts tun, als seine Axt an mich zu nehmen. Auch, wenn er sie eben noch wegwerfen wollte – in meinem Volk gab es nicht wenige, die eine emotionale Bindung zur Waffe ihrer Wahl aufbauten und Gorok erinnerte mich sehr an sie. Vielleicht würde sie mir noch helfen.

Doch damit war das Besorgnis erregende Verhalten Goroks noch nicht am Ende. Leeroy hatte einen Ring hinterlassen, dessen Gegenstück in Layaras Besitz war. Nach ihrer Erklärung verlieh er den Trägern die Fähigkeit, zu verschmelzen und ihre Fähigkeiten zu kombinieren. Ein mächtiger Gegenstand fürwahr – und Gorok dachte sofort an die Möglichkeiten „Gemetzel” zu veranstalten und wie es im Camp helfen hätte können. Noch erschreckender war seine Aussage zu der zweiten Bedingung des Rings. Die Verschmelzung erforderte die Zustimmung beider Parteien, doch auch die Trennung. Gorok sah nicht ein, warum er inmitten eines Kampfes einer Trennung zustimmen sollte, wenn das beide in Gefahr bringen würde. Er wollte nicht einsehen, dass das Überleben eines Massakers manchmal schlimmer war als der Tod. Bis zu einem gewissen Grad hatte ich das am eigenen Leib erfahren müssen. Doch letzten Endes war es nicht meine Entscheidung und obwohl sich Layara sichtlich schwer damit tat, legte sie letzten Endes den Ring auf den Tisch, wissend, dass Gorok ihn sich nehmen würde, und verließ das Zimmer. Beim Hinausgehen übersandt sie mir die Nachricht, dass sie mir vertrauen würde, Gorok im Zweifelsfall zur Vernunft zu bringen. Während ich nicht sicher war, ob ich das konnte, versprach ich ihr doch, es zu tun. Hoffentlich musste ich ihr Vertrauen nicht enttäuschen. Oder mehr noch, hoffentlich würde es nie dazu kommen.

Nach dieser Diskussion und Leeroys unerwartetem Verschwinden war es wenig verwunderlich, dass der Weg zurück nach Ailamere in Stille angetreten wurde. Nach kurzer Zeit wurden wir jedoch Zeuge eines eher merkwürdigen Bilds. Vier Haufen Goldmünzen, fein säuberlich aufgereiht, lagen auf dem Weg. Ich mochte diese Ländereien und ihre Sitten nicht besonders gut kennen, doch ich wusste, dass Gold nicht einfach ohne Hintergedanken an zufällige Wanderer verschenkt wurde. Mein Misstrauen wurde noch verstärkt, als Fin uns mitteilte, es würde ein Zauber auf den Münzen liegen. Gorok in seiner dennoch erfrischenden unvorsichtigen Art wollte sich dennoch das Gold einstecken, wovon ich ihn nur mit Mühe abhalten konnte. Ich hätte es bevorzugt, das Gold einfach beiseite zu schaffen und zu vergraben, bevor sich noch jemand anderes daran verging und mögliche Folgen erleiden musste, doch Fin steckte die Goldmünzen in einen Beutel, immerhin ohne sie zu berühren.

Direkt im Anschluss hörten wir plötzlich ein Klatschen neben uns und etwas, was ausgesehen hatte wie ein Baum, verwandelte sich in einen Halbork oder Halbelf, der von den anderen als Vronwe, ein weiterer der Ailamere Drei, identifiziert wurde. Da wir das Gold an uns genommen hatten, hätten wir damit zugestimmt, die Region sofort zu verlassen. Versuche von Fin, das Gold zurückzugeben, schlugen fehl – nun wussten wir auch, wozu der Zauber diente. Vronwe stellte uns vor eine Wahl: Entweder wir verließen die Region freiwillig, oder er würde uns davon senden. Dabei ließ er durchblicken, dass er auch Leeroy auf diesem Wege weggesandt hatte. Für mich war die Wahl klar. Wenn wir dem Deal zustimmten, konnten wir frei bestimmen, wohin wir gingen, vielleicht sogar einen Weg finden, unserem ursprünglichen Plan zu folgen. Doch die anderen waren nicht bereit, auf den Vorschlag einzugehen. Innerlich seufzte ich. Sturheit und Stolz ... eine gefährliche Kombination seit jeher. Und so kam es zum Kampf, der zwar einige Fragen beantwortete, aber dennoch nicht zu unseren Gunsten verlief. Vronwe teilte sich in drei Gestalten, von der sich zwei in viele verschiedene kleine Kreaturen verwandelten. Damit wussten wir schonmal, woher die vielen kleinen Abdrücke kamen. Ich rief die vættr an, und zuverlässig antworteten sie und verwandelten unsere Umgebung in eine einzige Falle für unseren Gegner. Dennoch stimmte etwas nicht – es dauerte nicht lange, bis wir alle drei Vronwes als Illusionen oder Fälschungen enttarnt hatten, doch der Urheber war nirgendwo zu sehen. Ich sah mich genauer um – und sah einen Schemen genau hinter Layara. Ich rief ihr eine Warnung zu und hetzte ihm Kendra auf den Hals, die bisher ängstlich im Hintergrund gewesen war. Enttarnt ließ Vronwe seine Unsichtbarkeit fallen, was die anderen in die Lage versetzte, ihn anzugreifen, inklusive der Elfin, die aus dem Nichts aufgetaucht und in den Kampf eingegriffen hatte. Die vættr hatten wohl beschlossen, dass wir weitere Hilfe nötig hatten. Doch als ich mich ebenfalls zu Vronwe begab, um die anderen zu unterstützen, spürte ich plötzlich einen Sog und wurde, ehe ich es mich versah, in ein lichtes Portal gesogen. Wie lange ich dort drin war, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, doch es riss an mir und es fühlte sich an, als würde sich mein Körper verformen – kein besonders angenehmes Gefühl, doch es minderte den Aufprall, als ich und wenig später auch die anderen auf einem Steinboden aufklatschten.

Noch bevor wir uns orientieren konnten, begrüßte uns eine merkwürdig zerstreut sprechende Stimme im Thronsaal von Notherhall. Ich blickte mich um. In der Tat, eine pompöse Halle einer Herrscherin. Nach Aussage des Elfen, der sich als Joni vorstellte, hörte diese auf den Namen Isteria Willowrush und war anwesend. Während die anderen (die zu Hilfe kommende Elfe war tatsächlich mitgekommen und hatte sich als Valaria Moonglaive vorgestellt, wie ich mitbekam) völlig von sich und dem Transport vereinnahmt waren, bemühte ich mich, bei der Herrscherin keinen Unmut aufkommen zu lassen und entschuldigte mich für unser Eindringen und ungebührliches Verhalten. Zu unserem Glück schien diese eher genervt von Vronwe zu sein, der wohl schon des Öfteren Leute auf diesem Weg hierher gesandt hatte. Gerade jetzt schien aber ein ungünstiger Zeitpunkt zu sein, denn die Elfen von Notherhall befanden sich seit kurzem im Krieg mit den Orks und erwarteten einen Angriff. Wenngleich sie uns den Abzug nicht verwehrten, den sich insbesondere Fin und Layara zu wünschen schienen, rieten sie uns doch dringend, zu bleiben, da die Effekte des Transport bei mir, Fin und Valaria sonst bis zum nächsten Morgen zum Tod führen würden. Es ließ mich an meinen ersten Ritus denken – der Tod hatte seinen Schrecken für mich seitdem verloren. Doch meine Neugier war geweckt. Wir wurden unerwartet hierher gebracht, mitten in einen Krieg und mit einer Krankheit, die uns mindestens einen Tag hier verweilen ließ – ich bezweifelte, dass das ein Zufall war. Möglicherweise gab es hier eine Aufgabe für uns zu erledigen. Unmöglich war es nicht. Ich war nicht versessen darauf, in die Fronten eines Krieges zu geraten, doch möglicherweise hatten wir hier die Möglichkeit, einen Wandel zum Positiven zu bewirken? Der morgige Tag würde es zeigen müssen.