• Sonntag, 20. April 2025 02:17

Sitzung 91

Tueddelig
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Ein weiterer Traum. Es ist schon eine Weile her, seit ich den letzten hatte und wie bei Träumen üblich, war er unklar. Ein Halbork mit brennendem Mantel. Ich müsse ihm helfen. Doch helfen wobei oder wie, das blieb im Dunkeln. Aber deswegen war ich unterwegs. Die Herausforderung reizte mich. Ich stieg aus dem viel zu kleinen Bett, fütterte Kendra und begab mich auf den Weg. Dem Traum war eine Vision gefolgt, ein dunkler Gang unter dem Tempel dieser Stadt. Eng. Unangenehm. Dorthin musste ich.

Es war nicht schwer, zu wissen, wohin ich musste. Ich hörte Geräusche. Ein Kampf? Ich folgte ihnen bis zu einer schweren Tür. Wir öffneten sie langsam. Ja. Ein Kampf. Fünf andere, attackiert von Schlangenwesen, eine bewusstlos. Und ein Halbork … war er es? Ich hatte einen Halbork gesehen, doch Erscheinungsbild bedeutete im Traum nicht viel. Genauso gut konnte es einer der Gefährten sein. Unabhängig davon war meine Priorität, sie aus der Situation herauszubekommen. Ich öffnete die Tür vollständig und rief ihnen zu, herauszukommen. Dann befahl ich Kendra, dem Elfen mit der bewusstlosen Frau zu helfen.

Das Manöver glückte. Der Echsenmensch (endlich sah ich mal einen in echt) kümmerte sich bereits um einen arg angeschlagenen seiner Gefährten. Ich wendete mich daher der bewusstlosen Elfe zu. Die Geister anrufend brachte ich sie wieder auf die Beine, doch es benötigte ein wenig Beruhigung, als sie erkannte, dass sie auf Kendra lag. Ich lächelte innerlich. Kendra war friedfertig wie ein Elchkalb, aber ihr Erscheinungsbild reichte für die meisten der hier lebenden Leute aus, um erst einmal ängstlich zu reagieren.

Mit der unmittelbaren Gefahr gebannt, besah ich mir das Bild aus meinem Traum nochmal in den Flammen meines gandr. Es passte, aber sicher konnte ich mir nicht sein. Zumal der Halbork daraufhin der Frau sagte, dass sie ja auch immer mit Feuer zaubere. War sie vielleicht das Ziel? Es ergab keinen Sinn, aber ausschließen konnte ich die Möglichkeit nicht. Sie selbst lieferte aber noch einen Hinweis auf das genaue Ziel. Erzählte von einer Vision, die der Halbork gehabt habe, in der er in Flammen stand. Offenbar war eine Vision für sie etwas Besonderes und die Ähnlichkeit war kein Zufall. Soviel wusste ich.

Weitere Worte wurden getauscht. Die Gruppe schien die Vorliebe der Leute dieses Landes, einfache Aussagen wortreich auszuschmücken, zu teilen. Abgesehen vom Halbork, der sich als Gorok vorstellte. Sein Gemüt schien direkter. Aber auch ungeduldiger, willkürlicher, wie seine Gefährten zu berichten wussten. Mehr und mehr setzte sich der Traum zu einem Bild zusammen, doch die genaue Bedeutung entwand sich mir. Nicht ungewöhnlich, nicht zuletzt deshalb war ich schließlich auf dieser Reise. Obgleich drei der fünf Gestalten (warum waren hier nur alle so klein?) selbst bereits eine Vision gehabt hatten, wirkten sie nicht überzeugt, als ich von meinem Traum und der damit verbundenen Suche nach Gorok (oder Layara?) erzählte. Erst war ich irritiert, doch dann erinnerte ich mich wieder daran, dass solcherart Informationsquelle hier nicht besonders verbreitet war. Doch ihre Befreiung hatte mir offenbar einen gewissen Vertrauensvorschuss gegeben, weshalb sie gewillt waren, mich weiter bei sich zu haben. Was mir wiederum die Gelegenheit gab, den Traum weiter zu ergründen, wofür ich dankbar war.

Darüber hinaus war auch schnell klar geworden, dass die Gruppe mit recht großen Problemen zu kämpfen hatte. Ich verstand nicht alles, doch offenbar waren sie gerade mit knapper Not einem Kampf mit den Untergebenen eines dreki entkommen. Der kleine Echsenmensch der Gruppe - Sorin - hatte wohl deshalb beschlossen, sie zu verlassen und seine Leute zu warnen, worüber sie recht erschüttert zu sein schienen. Mich an meinen eigenen Abschied vor gar nicht langer Zeit erinnernd befand ich, dass dies nicht der richtige Ort für solche Gespräche war und schlug vor, an die Oberfläche nach Ailamere zurückzukehren. Auf dem Weg nach oben hatte Kendra offenbar einen Narren an Layara gefressen und wich ihr nicht mehr von der Seite. Wahrscheinlicher war aber, dass sie den Befehl, ihr zu helfen ausführte und sich dadurch mitten in der Gruppe, also am sichersten Platz, aufhielt. Ich führte die Gruppe zurück durch die Gänge in den helgistadr, wobei ich vorher meine Augenklappe aufsetzte. Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass die Leute eine große Frau mit Augenklappe hier für etwas weniger befremdlich befanden als eine mit verschiedenfarbigen Augen.

An der Oberfläche angekommen, war es Zeit, sich um den Abschied von Sorin zu kümmern. Ich schlug vor, die Taverne aufzusuchen, in der ich gestern noch gastiert hatte. Sie brauten dort ein recht gutes Zwergenbier und Alkohol vermochte, den traurigen Anlass eines Abschieds in eine fröhliche Erinnerung zu verwandeln. Ich grinste ein wenig bei der Erinnerung meines Bruders mit seinem “Kopfschmuck” spät in der Nacht meines Abschieds. Außerdem wirkte die Gruppe ohnehin, als hätte sie ein wenig Vergessen nötig und so ihre Gedanken zu ordnen. Während Gorok voller Enthusiasmus ob dieses Plans war, wirkte der Rest eher zurückhaltend und bestellten in der Taverne lediglich Wein, während Sorin zwar Bier bestellte, aber sich bei der Trinkweise eher an das Nippen der anderen hielt. Goroks Art zu feiern war schon eher nach Art der Goliath und er stand mir in nichts nach, das musste man ihm lassen. Das und seine eher impulsive Herangehensweise, die bei aller Verunsicherung immer wieder durchschimmerte, ließ mich vermuten, dass er sich vermutlich prächtig mit meiner móðir verstehen würde. Es war schön, soweit in der Fremde an die Heimat erinnert zu werden, so faszinierend hier auch alles war. Wenngleich der Abend nicht ganz so ausuferte, wie ich es gewohnt war, so wurde die Stimmung doch allmählich gelöster. Vielleicht sollte ich diesem Wein einmal eine Chance geben? Die zerbrechlichen Dinger, in denen er ausgeschenkt wurde wirkten zwar etwas unpraktisch, doch wie ich kürzlich festgestellt hatte, wurden auch Bierkrüge hier manchmal recht zerbrechlich gebaut.

Es war schon Nacht, als Gorok vorschlug, bei seinem „guten Freund Tarovo” unterzukommen. Ich hätte ehrlich gesagt die frühere Idee des Campierens in der Wildnis bevorzugt, die Enge der Stadt behagte mir nicht. Doch auch, wenn ich noch nicht alles verstand, eines war klar: Die vættr hatten mein Schicksal an das dieser Gruppe oder zumindest eines ihrer Mitglieder gebunden. Gorok oder Layara? Ich tendierte zu Gorok. Gorok führte uns zu einem großen, kreisrunden Gebäude und verlangte dort direkt lautstark nach Tarovo. Ein schmächtiger Mann erschien daraufhin am Fenster, offenbar Tarovo, und ließ uns nach einem kurzen Wortgefecht mit dem Nachbarn herein. Nun, „kurz”. Dieser Tarovo hatte die hierzulande übliche Weise, wortreich um den Punkt herumzutanzen, zur Perfektion getrieben. Amüsant, interessant, doch wohl auch die Erklärung für das augenrollende Seufzen von Layara und Leeroy, als Gorok Tarovo ins Spiel brachte. Tarovo öffnete und umarmte Gorok überschwänglich. Ich erinnerte mich diesmal an die korrekte Grußformel und streckte ihm die offene Hand entgegen, doch er schien Gorok nicht loslassen zu wollen. Möglicherweise Furcht? Es wäre nicht unverständlich, da Kendra direkt hinter mir stand. Ich bat ihn, mein Zelt im Hof aufzustellen, doch als ihn dies zu beleidigen schien, akzeptierte ich stattdessen den Schlafplatz im Haus. Während die anderen ihre Lagerstätten aufsuchten, schien Gorok eine Liebesnacht mit einer der Kompagnons von Tarovo, Lorelei, bevorzustehen.

Als ich am nächsten Morgen herunterkam, saß Sorin bereits mit gepackten Sachen dort und wartete auf die anderen, um sich zu verabschieden. Es war bewegend, wenn man seine recht kurze Zeit in der Gruppe bedachte … der Kleine hatte sich offenbar schnell an die Gruppe gewöhnt und es tat ihm sichtlich weh, die Gruppe zu verlassen. Beim Durchschreiten der Tür standen ihm Tränen in den Augen.

Während des Frühstücks bemerkte ich, wie Gorok mich unentwegt anstarrte, doch über den Abschied und den Wortfluss des nun in bunte, verzierte Gewänder gekleidete Tarovos kam ich erst einmal nicht dazu, ihn anzusprechen. Der Mann war ein pái, zweifellos, doch laut Gorok hatte er das Herz am rechten Fleck. Erst, als er ging, konnte mir Gorok erzählen, dass er des Nachts einen Traum gehabt hätte, der meinem sehr ähnlich gewesen wäre. Damit war meine erste Interpretation bestätigt. Die vættr hatten befunden, dass mein Schicksal an das von Gorok gebunden war, ich ihm helfen sollte. Nun galt es herauszufinden, wie diese Hilfe aussehen musste.

Im Anschluss an das Frühstück zogen wir uns zu Beratungen auf das Zimmer zurück. Offenbar hatten sie akzeptiert, dass ich nun mit ihnen reisen würde. So wurde mir die Ehre zuteil, von ihren Geschichten zu erfahren. Eine lange Geschichte, in der sich viel um einen dreki namens Shadar Logoth drehte, dessen Name jedoch nicht ausgesprochen werden durfte. Sie hatten offenbar ein Artefakt aus dessen Besitz entwendet, dass sie 2 Wünsche erfüllen ließ. Da ich wenig darüber wusste, hielt ich mich zunächst zurück, stellte lediglich ein paar Fragen. Im Zuge der Beratungen stellte sich jedoch heraus, dass Layara ebenfalls einen dreki oder zumindest dessen Seele in sich hatte und sie dessen Mutter versprochen hatten, ihn wiederherzustellen. Diese Geschichte rührte mich, die erst seit kurzem von ihrer Familie getrennt war, zutiefst. Doch Layara erfüllte sie eher mit Furcht, da sie nicht Herrin ihres Körpers zu sein schien, wenn der dreki zum Vorschein kam. Die Angst davor, dass eigene Selbst zu verlieren, eine gute Eigenschaft. Als sie auch mich nach meiner Meinung fragte, gab es für mich daher nur eine Antwort: ja. Layara hatte Bedenken, was das mit ihr und vielleicht auch dem Drachen machen wurde, doch ich hatte gelernt, umskipti zu begrüßen. Selbst, wenn es nicht immer klar war, es war nichts wovor man Angst haben musste.

Letzten Endes wurde dem Plan gefolgt. Die Mutter hatte ihren Hort offenbar nicht weit von hier. Es war in eine Touristenattraktion verwandelt worden und sie selbst arbeitet dort in Gestalt eines Kobold namens Beatrix, eine Gestalt, die sie offenbar nicht freiwillig angenommen hatte. So brachen wir zu dem Unternehmen auf, dass diese Touren anbot, angepriesen von einer recht gelangweilten Frau. Als ich eben diesen Mangel an Enthusiasmus feststellte, setzte sie plötzlich eine Maske der Fröhlichkeit auf, doch ich versicherte, dass das nicht nötig sei. Ich vergesse immer wieder, wie indirekt die Umgangsformen hier sind. Gorok war indessen sehr still geworden, der Traum von letzter Nacht und die damit einhergehenden Veränderungen machten ihm schwer zu schaffen. Vielleicht sollten wir in einer ruhigen Minute mal etwas ausprobieren. Doch zunächst buchten wir einen Platz auf einem Wagen, der von einem Kobold gelenkt wurde, doch Kendra schien ihm nicht zu trauen und weigerte sich, aufzusteigen und knurrte den Kobold an. Ein ungewöhnliches Verhalten, auf den ich mir keinen rechten Reim machen konnte. So sattelte ich sie und ritt stattdessen hinter dem Karren her.

Beim Hort angekommen empfing uns dann ein tatsächlicher fugl namens Ravel, der die Vorzüge der Tour anpries, allerdings tatsächlich enthusiastisch. So oder so freute ich mich auf die Tour, niemand hatte schließlich je gesagt, dass ich nicht auch die Vorzüge und neuen Eindrücke einer langen Reise genießen durfte. Manchmal beschloss mich sogar der Gedanke, dass dies zumindest teilweise der Sinn der Sache war. Dem Souvenirshop stattete ich einen kurzen Besuch ab, dann gesellte ich mich wieder zur Gruppe ins Restaurant. Als die dort arbeitende Koboldin an unseren Tisch kam, bat ich sie, dass Essen und die Getränke auf das Zimmer zu bringen, damit wir dort ungestört reden konnten. Im Zuge dessen würde ich auch einmal einen Wein verköstigen.

Die Koboldin zeigte sich hocherfreut von dem Vorhaben der Gruppe, auch wenn sie es genau wie ich nicht ganz verstand. Doch wie nicht anders zu erwarten, war ihr Mutterinstinkt größer und sie stellte das Wohl ihres Kindes an erste Stelle. Es wurde beschlossen, das Vorhaben am nächsten Morgen in ihrem Hort auf die Probe zu stellen. Im weiteren Gespräch wurden dabei einige Sicherheiten eingefordert, doch auch von weiteren Drachen gesprochen, unter anderem ein Kreelgull, ein aus Sicht von Beatrix sehr merkwürdiger, grün-blauer Drache, mit dem sie nichts zu tun haben wollte. Nachdem Beatrix oder Belaraxim, was ihr Name als dreki gewesen war wieder ging, beschlossen auch wir, uns auf den morgigen Tag vorzubereiten. Ich stellte das leere Weinglas sehr vorsichtig beiseite. Ein interessanter Geschmack, doch aus meiner Sicht zu fruchtig und süß, ich bevorzugte es etwas herber.

Bevor es jedoch ins Bett ging (ich vermisste meine Lagerstätte im Zelt), galt es noch etwas anderes zu erledigen. Fin vermisste einige seiner Freunde, die während seiner Zeit als Dieb mit ihm gemeinsam gefangen genommen wurden und von denen er getrennt wurde. Möglicherweise konnte ich ihm dabei helfen, Kontakt mit ihnen aufzunehmen und er hatte zugestimmt, es zu versuchen.